Problemgruppennachtrag

Zum vorherigen Blogpost ein Nachtrag.

Jeder, der an Neujahr durch die Straßen lief, muss wohl unwillkürlich einen neuen Bewerber um die „Problemgruppe des Jahres 2020“ vor Augen gehabt haben: Silvesterfeuerwerker, die ihren Dreck nicht wegräumen. Die Müllmengen, die einfach so auf der Straße rumlagen, waren atemberaubend.

Ich bin kein Fan von Verboten und würde niemals auf die Idee kommen, ein Feuerwerkverbot zu befürworten. Aber drastische Geldstrafen (oder vielleicht mal die Prügelstrafe wieder einführen für besondere Vergehen gegen die Gesellschaft?) für die Verschmutzung unserer Straßen scheint mir angemessen. Würde auch gleich die Raucher erwischen – zwei Fliegen mit einer Klappe.

Wahl zur Problemgruppe des Jahres 2019

Das Thema „Klimawandel“ hat alles in 2019 überlagert. Und das auf eine derart ermüdende, schrille und faktenferne Art und Weise, dass es höchste Zeit wird, zum Abschluss des Jahres wenigstens ein einziges Mal gute alte Themen wie „Anstand“ und „soziales Zusammenleben“ hervorzukramen. Und so rufe ich auf zur Wahl der Problemgruppe 2019 und habe zwei Nominierungen.

Bitte beachten: Gruppenbildung ist eine – gewollte – Pauschalisierung, eine Regel. Keine Regel ohne Ausnahme. Individuen, die einer der genannten Gruppen angehören, dürfen selbstverständlich trotzdem für sich entscheiden, ob sie sich angesprochen fühlen.

Erste Nominierung: Radfahrer. (Werk-)Täglich begegnen sie mir bei meinem Nachessensspaziergang durch die Stadt. Für Radfahrer scheint irgendwie eine eigene Straßenverkehrsordnung zu gelten. Zebrastreifen haben maximal Hinweischarakter, Einbahnstraßen sind unverbindliche Empfehlungen, Gehwege und Fußgängerzonen implizit für Radler freigegeben. Aber wehe, ein verirrter Autofahrer fährt mal langsam und vorsichtig und offenbar versehentlich durch eine heilige Fahrradstraße (da gibt es eine, brandneu in Stuttgart, an der verkehrstechnisch vermutlich dümmsten Stelle der Welt, und führt hauptsächlich dazu, dass Fußgänger auf Zebrastreifen eher als Freiwild betrachtet werden), da versteht der Radfahrer keinen Spaß und wird auch gerne mal laut. Manchmal kommt der Radfahrer aber auch durcheinander und schreit einen Fußgänger an, der es wagt, den Zebrastreifen zu betreten, während sich der Radfahrer diesem in schnellem Tempo nähert. Nicht auszudenken, wenn man beim Radfahren durch einen unnötigen Bremsvorgang wertvollen Schwung verlieren würde! Am Ende würde es gar in sportliche Betätigung ausarten. Das ist natürlich unbedingt zu vermeiden, da müssen Opfer gebracht werden. Anderswo selbstverständlich.

Zweite Nominierung: Raucher. Um das volle Ausmaß an sozialer Inkompetenz der Raucher zu begutachten, genügt ein Blick auf den Boden. Kippen überall. Während der Großteil der Bevölkerung die Idee, seinen Müll nicht einfach auf den Boden zu werfen und andere entsorgen zu lassen inzwischen verinnerlicht hat, ist diese Erkenntnis an den Rauchern unbeschadet vorübergezogen. Umso schlimmer, da jede Kippe letztlich ein kleiner aber leider undichter Giftmüllcontainer ist, denn die Giftstoffe aus dem Rauch konzentrieren sich in nicht unerheblichem Ausmaß im Filter des Zigarettenstummels. Während man anderswo das Eindringen von jedem Nanogramm potenziell gefährlicher Stoffe peinlich genau überwacht und zu verhindern sucht, gilt für die Raucher weiterhin „Feuer frei“.

Nun bin ich ein großer Freund von Hanlon’s Razor, und so stelle ich allen, die sich in den obigen Nominierungen wiedererkannt haben, selbstverständlich frei ob der Grund für ihr schändliches Tun nun eher in grenzenlosem Egoismus, purer Bosheit oder abgrundtiefer Dummheit zu verorten ist.

Es ist entweder meiner guten Erziehung geschuldet oder einer unerklärlichen nachweihnachtlichen Milde, dass im Titel „Problemgruppe“ und nicht „Asozialengruppe“ oder „Arschlochgruppe“ steht.

Nächstes Jahr an der gleichen Stelle: neue Nominierungen. E-Roller-Fahrer versuchen sich gerade zu qualifizieren, aber es ist ein langer Weg an die Spitze.

Über Dinge die niemand haben oder machen muss

Eine beliebte Argumentation, um irgendwelche Verbote zu rechtfertigen, ist „das braucht doch niemand unbedingt“, oder „das ist doch wirklich nicht notwendig“. Aktuelles Beispiel: die Feuerwerksverbotszonen in diversen Städten unter dem Vorwand der notwendigen Senkung der Feinstaubbelastung. Oder des Tierschutzes. Oder <insert favourite reason here>.

Und natürlich ist es richtig, dass kein Mensch wirklich auf ein Feuerwerk oder auf Böller oder sonstwas dringend angewiesen ist. Ebenfalls verzichtbar: mehr als 10 Quadratmeter Wohnraum. Innenraumtemperaturen über 16 Grad. Mehr als Tempo 130 auf der Autobahn. Oder überhaupt Individualverkehr. Fleisch. Südfrüchte. Nichtregionales Obst und Gemüse. Haustiere. Auslandsreisen. Internet. Computer. Supermärkte. Strom. Fließend warmes Wasser. Telefon. Meinungsfreiheit.

Schon komisch. Viele scheinen gerne bereit, anderen etwas zu verbieten, solange sie selbst nicht allzu stark davon betroffen sind oder es zu sein glauben. Siehe beispielsweise Rauchverbot in Kneipen, Diesel-Fahrverbot in Innenstädten oder die ganze Geschichte rund um Hasskommentare, die durch Umsetzung des NetzDG die Meinungsfreiheit heftig ausgehöhlt hat und man sich anschickt, mit der Herausgabepflicht von Passwörtern gar noch einen draufzusetzen.

Die individuelle Freiheit stirbt leise, aber stetig. Gründe für Verbote finden sich immer, und seien sie noch so abstrus. Für „Wehret den Anfängen“ ist es schon Jahrzehnte zu spät. DDR 2.0 ante portas. Wer Grund für Optimismus findet, darf mir gerne eine Mail schreiben.

Mehr Klimaschutz: Tempolimit!

Ein allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen ist so eine Art Zombiediskussion. Seit Jahrzehnten geführt, ebenso lang mit denselben Argumenten und bis dato mit dem selben Ergebnis – lohnt nicht, wäre höchstens eine symbolische Maßnahme, nicht zuletzt weil es auf den meisten Autobahnabschnitten längst ein Tempolimit gibt. Aber seit die Klimaschutzdiskussion die seltsamsten Blüten treibt, und sich die Ratio aus dem politischen Entscheidungsprozess zumindest hierzulande endgültig verabschiedet hat, rechne ich fest damit, dass das Tempolimit kommen wird. Vermutlich nicht in der Ausbaustufe, die die Grünen in den 80ern gefordert haben (100 km/h), sondern eher in der gemäßigten Fassung (130 km/h), aber selbst darauf würde ich keine Wetten abschließen.

Wie dem auch sei – man soll ja nicht immer nur dagegen sein, sondern Alternativvorschläge machen (obwohl bekanntlich in den allermeisten Fällen die Alternative zu „verbieten“, nämlich einfach „nichts tun“, deutlich zu präferieren wäre, sofern man an der Idee der Freiheit des Individuums noch Gefallen findet). Und so ist mein Vorschlag ebenso einfach wie wenig diskutiert: Tempolimit für die Bahn im Fernverkehr! Für die Rettung der Welt muss diese klitzekleine Einschränkung an Komfort doch drin liegen. Ich würde so 80 km/h vorschlagen, da kann ein ICE ohne größere Reibungsverluste durch den Luftwiderstand entspannt durch die Landschaft rollen.

Vielen ist ja nicht bewusst, wie hoch der Energieverbrauch eines ICE im Fernschnellverkehr tatsächlich ist. Die Bahn hat ja mal groß Werbung gemacht mit dem ICE 3, der angeblich auf ein Energieäquivalent von 1l Benzin pro 100km pro Fahrgast kommen sollte. Das war eine typische Marketing- und Optimistenrechnung, denn verschiedene Dinge, die diesen Wert ermöglicht, können keinesfalls als allgemein gegeben hingenommen werden, denn sie geht z.B. von stets voller Auslastung des Zuges aus sowie von der Idee, man brauche keine zusätzliche Infrastruktur wie Bahnhöfe und Strecken und Weichen, deren Betrieb ja auch nicht insignifikant Energie benötigt. Dem Umweltbericht der Bahn kann man entnehmen, dass die sogenannte „stationäre Energie“ etwa 20% der Gesamtenergie frisst. Und auch die Idee, dass die Bahnfahrer natürlich nur von Bahnhof zu Bahnhof reisen wollen und nicht etwa von Haustür zu Haustür, kann wohl nur einem Schienenmenschen logisch vorkommen. Dazu noch der „Umwegfaktor“ – schließlich ist das Bahnnetz deutlich weitmaschiger als das Straßennetz – und schon hat man in Summe etwa 4l auf 100km pro tatsächlich beförderter Person. Über den groben Daumen gepeilt ist man damit mit einem modernen Kraftfahrzeug ab 2 Personen auf jeden Fall sparsamer unterwegs. Nicht schon mit einer Person, denn auch beim Auto muss man selbstverständlich diverse stationäre Verbräuche mit einkalkulieren, vom Energiebedarf der Raffinerie bis zum Straßenbau.

Also ist es dringend erforderlich, die Klimabilanz der Bahn aufzupolieren. Und wenn man weiß, dass aufgrund der doch eher kurzen Entfernungen von ICE-Halt zu ICE-Halt die ICE-Höchstgeschwindigkeit nur selten über längere Zeiträume überhaupt gefahren werden kann und sowohl Beschleunigung als auch höherer Luftwiderstand erheblich an der Energiebilanz kratzen – was liegt also näher, als für die allermeisten Strecken im Fernverkehr ein drastisches Tempolimit zur Einsparung wertvollen Stroms zu erlassen. Bei 150 km/h Höchstgeschwindigkeit würde sich an den Gesamtreisezeiten kaum etwas ändern, zudem wäre die Fahrt komfortabler, und man bräuchte nicht für Unsummen spezielle Schnellfahrstrecken in die Landschaft zu pflastern, die auch noch teure Tunnel- und Brückenbauten erfordern, um die notwendigen Randbedingungen wie große Kurvenradien und geringe Steigungen einzuhalten.

Aber langfristig ist das Rad-Schiene-Konzept aufgrund mangelhafter Effizienz sowieso zu beerdigen. Moderne Flugzeuge sind längst pro tatsächlich befördertem Reisenden energieeffizienter als die Bahn und konkurrenzlos schnell. Die dafür notwendige Infrastruktur ist deutlich weniger kosten- und platzintensiv. Die bisherigen Schienenwege kann man als ersten Schritt mal asphaltieren und LKWs und Busse im Kolonnenverkehr drüber fahren lassen. Das erhöht die Streckenleistung erheblich, senkt den Gesamtenergieverbrauch und entlastet die Straße, was wiederum dank vermiedener Staus erheblichen volkswirtschaftlichen Nutzen bringt.

Für die nächste Demo der rationalen Optimisten schlage ich folgende Claims vor: „Fernbus statt ICE“ und „Güter auf die Straße“. Des Klimas wegen.

Die geklaute Zukunft

Neulich in der Mittagspause: ich sitze gemütlich beim Steakhouse meines Vertrauens auf der Sonnenterasse, und es kommt der Demonstrationszug von „Fridays For Future“ vorbei. Nur ein versprengter kleiner Haufen (Ferien – da ist die freitägliche Demoteilnahme natürlich nicht so attraktiv wie zur Schulzeit), mit einigen Teilnehmern bei denen man hofft dass sie ihre Schulzeit schon sehr lange hinter sich haben, aber um den bekannten Schlachtruf dem geneigten, aber unbeteiligten Zuhörer darzubieten reicht auch diese sparsame Anzahl: „Wir sind hier, wir sind laut, weil Ihr uns die Zukunft klaut!“

Zunächst muss ich bewundern, wie clever dieser Schlachtruf gewählt ist. Nicht nur gemäß des universellen Wahlslogans der Legende Dr. Udo Brömme („Zukunft ist gut für uns alle“), auch weil der Spruch für jedes beliebige Thema taugt, nicht nur „Zukunft“ – der Reim steckt schließlich woanders.

Nach einigem Nachdenken muss ich allerdings sagen: ja, der Jugend von heute wird tatsächlich von Politikern und ihren willigen Helfern allüberall in der Republik und dem Rest der Welt die Zukunft geklaut.

Beispiel EZB. Durch die fatale Nullzinspolitik wird nicht nur eine sichere Altersvorsorge stark erschwert, sondern auch die Marktwirtschaft unterhöhlt. Wenn Risiken nicht adäquat in Krediten abgebildet sind, wenn Staaten sich quasi grenzenlos verschulden können, versündigt man sich an der Jugend (und dem Steuerzahler) – denn die Schulden von heute sind die Steuern von morgen. Oder der Bankrott.

Beispiel Energiewende. Wenn man tatsächlich Klimaschutz betreiben will, dann sollte man Instrumente wählen, die eine möglichst effiziente CO2-Reduzierung ermöglichen. Das genaue Gegenteil ist der Fall: ineffiziente Technologien werden subventioniert, CO2-freie und preiswerte Kraftwerke werden zwangsweise stillgelegt, Ergebnis sind horrende Kosten und quasi Stillstand bei der CO2-Reduzierung.

Beispiel Ausbildung. Durch das Anbieten von zahllosen Studienplätzen für Orchideenfächer ohne Chance auf spätere Mehrwertgenerierung wird ein großer Teil der nachwachsenden Generation zu dauerhaft zu subventionierenden staatsabhängigen Idioten ausgebildet. Dafür fehlt es an ausgebildeten Arbeitskräften in den für die Gesellschaft wirklich entscheidenden Bereichen, vom Handwerker über medizinische Berufe bis zum Ingenieur. Dazu die absurd hohe Abitursquote nebst Studienquote, was generell (siehe auch das Gejammer über die angeblich furchtbar schweren Mathe-Abi-Aufgaben, die doch gemessen an dem, was noch in den 90ern des vorigen Jahrhunderts gefordert wurde, eher unterkomplex wirken) zu einem sinkenden Ausbildungsniveau führt.

Beispiel Regulierungsdichte. Die katastrophal hohe Staatsquote in Deutschland ist auch den überkomplexen Regulierungen geschuldet. Jedes Gesetz verursacht Kosten, sowohl bei denen, die sich daran halten müssen, als auch bei denen, die die Einhaltung überwachen müssen. Dazu die daraus erwachsenden Schmarotzerbranchen, die man ohne diese Gesetze gar nicht bräuchte – von den Juristen bis zu den Beratern – und die sich dann stattdessen produktiveren Dingen widmen könnten.

Beispiel Rentenversicherung. Die Politik war da auf einem nicht allzu schlechten Pfad, nach den wegweisenden Reformen ab Mitte der Neunziger bis zu Franz Münteferings „Rente mit 67“. Aber seither gab es nur noch ultrateure Katastrophenreformen, von der abschlagsfreien Rente mit 63 über die Mütterrente mit ihren sehr merkwürdigen Regeln für wen sie gelten sollen bis zum jüngsten Projekt „Respektrente“. Hier werden gigantische Kostenblöcke für die Zukunft aufgebaut, die von der jungen Generation aufgrund der Demographie und der mangelhaften Ausbildung in der Breite schlicht nicht bedient werden können.

Beispiel Umwelt. Während beginnend in den 70ern des vorigen Jahrhunderts hauptsächlich sinnvolle Dinge vorangebracht wurden – Abgasreinigung bei Fahrzeugen und Kraftwerken, Abwasserreinigung zum Sauberhalten unserer Gewässer, Müllverbrennung statt Deponierung – scheint man jetzt hauptsächlich teure Pseudo-Umweltschutz-Maßnahmen zu favorisieren. Man schaue sich den – nicht zuletzt von der Politik herbeisubventionierten – Trend zur Bio-Landwirtschaft an. Komplett kontraproduktiv, weil aufgrund höherer Flächenintensität schlecht für Naturschutz, Insekten und CO2-Bilanz. Dazu dank merkwürdiger Vorschriften zu Düngung und Pflanzenschutz ebenfalls katastrophal für Naturschutz, Insekten, Grundwasser und so weiter.

Grund für Optimismus sehe ich derzeit nicht. Im Fokus der Debatte scheinen CO2-Reduktion (gegen den Klimawandel – hält man ihn denn für problematisch und bekämpfenswert – wird weder Deutschland noch die EU alleine nichts tun können, und wir werden nicht als leuchtendes Vorbild dienen für die Hauptverursacher China, Indien und USA – diese Vorbild-Idee ist auch schon bei Windkraft und Photovoltaik nachhaltig gescheitert), Plastikvermeidung, Reduzierung der Massentierhaltung, Schutz von Insekten und Bio-Landwirtschaft. Schlechte und teure Lösungen für doch vergleichsweise kleine Probleme. Ich würde sie allesamt für politische Ablenkungsmanöver halten, weil es schon immer in der Natur der Politik lag, plakative Lösungen für Nicht-Probleme zu propagieren. Leider fehlt es an der entsprechenden Medienlandschaft, um das Treiben der Politik hier kritisch zu begleiten. Leider scheint das Problem der Bildungsmisere im Journalismus als erstes angekommen zu sein.

5G und autonomes Fahren

Jede Zeit hat ihre Hypes. Aus meiner Sicht gibt es momentan ein paar ganz gewaltige Hypes, die weitgehend unkritisch und unreflektiert von den Qualitätsmedien in die Welt hinausposaunt werden. Digitalisierung, Industrie 4.0, Klimakatastrophe, Elektroautos. Zwei will ich hier verbindend unter die Lupe nehmen: „5G“, der kommende Mobilfunkstandard, der vor allem deutlich schnellere Datenübertragung ermöglichen soll, und „autonomes Fahren“, worunter ich ausschließlich „Level 5“ verstehe – Level 1 bis 2 haben wir eh schon, Level 3 bis 4 sind zwar schön aber nicht besonders viel nützlicher, und quasi alle Vorteile, aller Nutzen dieser Technologie wird erst bei Level 5 zur Verfügung stehen. Wer sich unter diesen Levels nichts vorstellen kann: hier der Wikipedia-Artikel, Abschnitt „Autonomiestufen“ lesen.

Wann immer in der letzten Zeit – aber natürlich vor allem im Zusammenhang mit Trumps Huawei-Geschichte, manchmal aber auch beim Feststellen der diversen dramatischen Infrastrukturmängel bezüglich mobilen Internets in Deutschland und Europa – von 5G die Rede war, wurde fast immer im selben Atemzug darauf hingewiesen, dass 5G quasi die Basistechnologie für die Zukunft sei, insbesondere auch für das autonome Fahren.

Nichts könnte beunruhigender sein.

Wenn ernsthaft das Vorhandensein von 5G die Voraussetzung für autonomes Fahren sein soll, dann heißt es: niemals in so ein Auto steigen. Absolute Vorsicht ist geboten (vor allem natürlich in Deutschland, wo man nicht mal 2G flächendeckend zur Verfügung hat).

Warum ist das so? Autonomes Fahren ist letztlich eine Aufgabe für KI, für „künstliche Intelligenz“. Dazu bedarf es einer ausreichenden Sensorik, um ein „Bild“ von den Geschehnissen außerhalb des Fahrzeugs, vor allem natürlich in Fahrtrichtung, zu haben. Spurverlauf, Hindernisse, Kreuzungen, Verkehrsschilder, Lichtsignalanlagen, andere Verkehrsteilnehmer.

So weit, so kompliziert. Man denke an Schlechtwettersituationen, an die üblichen Spontanbaustellen mit sich widersprechenden Spurkennzeichnungen, optimistische Verkehrsteilnehmer, spielende Kinder. Immer im Kopf behalten: wir reden von Level 5, also ohne Eingriffsmöglichkeit der Mitfahrer, man hat das Lenkrad und andere notwendigen Steuerelemente ja schon aus dem Fahrzeug verbannt. Und vielleicht hat ja nicht mal ein Mitfahrer einen Führerschein.

Nun kommt die KI ins Spiel: dieses „Bild“ muss man nun „verstehen“. Welche Spur führt wohin. Welche Ampel gehört zu welcher Spur. Blinkt das Fahrzeug vor mir nur zum Spaß oder wechselt es die Spur. Auf welche Spur muss ich wechseln um zum Ziel zu gelangen, auch wenn der direkte Weg vielleicht durch eine Umleitung versperrt ist. Gibt es da ein Hindernis auf meiner Fahrspur, obwohl die Ampel grün zeigt. Will der Fußgänger am Rande des Zebrastreifens diesen auch benutzen oder geht er vorbei. Darf ich hier parken. Steht die Fähre schon da und kann ich drauffahren. Ist diese Lücke groß genug für einen gefahrlosen Spurwechsel. Wird das Kind gleich seinem Ball auf die Straße folgen.

Quizfrage: für welche dieser Aufgaben braucht es – zwingend, wie es gerne von den Qualitätsjournalisten suggeriert wird – eine Vernetzung zwischen Verkehrsteilnehmern, eine Datenverbindung zu irgendwelchen Servern? Hoffentlich keine einzige – denn sonst müssten ja bei einem Ausfall dieser Vernetzung sofort alle autonom fahrenden Fahrzeuge stehenbleiben, in Bereichen ohne 5G-Abdeckung könnten solche Fahrzeuge niemals fahren.

Mit anderen Worten: die Verknüpfung von „5G“ und „autonomem Fahren“ ist Mumpitz. Das eine hat mit dem anderen rein gar nichts zu tun. Außer, dass man eine vage Hoffnung haben kann, dass beides möglichst schnell in der Realität zur Verfügung steht. Während ich bei 5G da für die nächsten 10 Jahre zumindest für die Ballungsräume keine größeren Hindernisse sehe (es sei denn, die „Strahlenangst“ in der Bevölkerung nimmt demnächst ähnliche Ausmaße an wie die Klimaangst), bin ich bei „Autonomes Fahren Level 5“ extrem skeptisch. Tesla hat „2020“ als Zieltermin aufgerufen, das halte ich für völlig absurd, innerhalb von einem Jahr von „recht schlecht funktionierendes Level 1-2“ auf „immer funktionierendes Level 5“ zu springen. Gefühlsmäßig ist Level 5 etwa 10x schwerer als Level 4, und Level 4 etwa 2x schwerer als Level 2. Angesichts der 20 Jahre, die es von prä-Level 1 auf Level 2 gedauert hat, bräuchte es schon mehrere disruptive Durchbrüche, vermutlich sowohl bei Rechenleistung als auch Sensorik als auch KI, um das in sagen wir den nächsten 50 Jahren für die breite Masse bezahlbar hinzukriegen.

Es bleibt spannend.

Anleitung zum Klimaschutz

Seit Beginn der freitäglichen Schulstreiks der „Fridays for Future“-Bewegung vergeht kein Tag ohne mediale Begleitmusik. Da ich immer vom Guten im Menschen ausgehe und selbstverständlich glaube, dass die Teilnehmer an den Demonstrationen, die sicherlich nur zufällig auf die Schulzeit und nicht etwa aufs Wochenende fallen und bestimmt auch nur zufällig nicht unter Durchsetzung der aktuellen Gesetzeslage (Schulpflicht!) leiden – warum würde sich ein Politiker auch unbeliebt machen wollen und auf den Rechtsstaat pochen, wo es doch um „die gute Sache“ geht – im höchsten Maße daran interessiert sind, ihre Klimabilanz zur Rettung der Erde seriös zu…

OK, der Satz ist viel zu lang und kompliziert. Nochmal. Kürzer. Zielgruppe junge Menschen. Kurze Aufmerksamkeitsspanne.

Liebe Fridays-For-Future-Kids: hier eine Liste der Dinge, die Ihr selbst in Eurem Leben sofort umsetzen könnt, um das Klima zu retten. Es geht um die Erde! Die Zukunft! Also um alles!

Vermeidet Mobilität. Nur „eher mal die Öffentlichen nehmen“ oder „mehr mit dem Fahrrad statt mit dem Auto“ hilft kaum weiter, denn auch Bus und Bahn sind CO2-Sünder, und sowohl zu Fuß als auch mit dem Rad stößt man durch Atmung unnütz CO2 aus. Deshalb: zuhause bleiben! Elektroautos lösen das Problem nicht, da steht der Auspuff nur woanders, und ihre Produktion ist viel zu energieintensiv.

Schluss mit Urlaubsreisen. Erholen (von was eigentlich?) kann man sich auch zuhause. Die CO2-Bilanz vor allem von Fernreisen ist katastrophal. Nicht nur durch das Verkehrsmittel Flugzeug – das ist bei Vollbesetzung eigentlich nicht schlechter pro km als der durchschnittliche ICE – auch das Vorhalten von Infrastruktur in den Zielländern ist ein Klimakiller. Bleibt zuhause, dann können sich die Menschen der heutigen beliebten Touristenziele endlich produktiveren Aufgaben widmen als Euch zu Diensten zu sein.

Internetnutzung ist CO2-intensiv. Maximal 1h pro Tag darf das Netz genutzt werden, alles andere kostet viel zu viel Strom. Auf keinen Fall Videos streamen, das ist absurd energieaufwändig.

Überhaupt: Geräte zur Internetnutzung sind geradezu Klimakiller, vor allem das jeweils neueste Smartphone braucht zudem auch noch wertvolle Rohstoffe, die in Ländern der dritten Welt unter Ausbeutung auch von Kinderarbeit unter katastrophalen Arbeitsbedingungen ausgebeutet werden. Nachhaltigkeit sieht anders aus! Die Nutzungsdauer eines Smartphones beträgt Minimum 5 Jahre – soviel Verzicht sollte einem die Rettung der Welt doch wert sein.

Passt Euren Tagesrhythmus an die Sonne an. Aufstehen bei Sonnenaufgang, ins Bett bei Sonnenuntergang. So braucht Ihr kein künstliches Licht, das nur unnötig Strom verbraucht. Fernsehen liegt aus Klimaschutzgründen sowieso nicht mehr drin.

Ein eigenes Zimmer – oder womöglich gar eine eigene Wohnung! – ist Luxus. Eine normale vierköpfige Familie kann problemlos auf 40 Quadratmeter Wohnraum zusammen wohnen. Das vermeidet CO2-intensive Bautätigkeiten und senkt Licht- und Raumwärmebedarf auf das unbedingt notwendige Maß. Auch bei der Heizung muss gespart werden: mehr als 18 Grad ist wirklich unnötig, der selbstgestrickte Pulli gibt genug Wärme. Und zusammen mit dem Rest der Familie kann man gemeinsam in der guten Stube sitzend endlich auch an verbesserter Kommunikation arbeiten und zusammen ein spannendes Brettspiel spielen.

Kleidung ist unglaublich energieintensiv sowohl bei Herstellung als auch beim Transport. Dazu die unwürdigen Produktionsbedingungen in den Sweat-Shops in Asien und Afrika. Was nützen einem zehn Shirts, fünf Hosen und sieben Paar Schuhe? Kann man doch eh nicht alle gleichzeitig anziehen. Also: Verzicht ist angesagt. Der aktuellen Mode folgen doch eh nur schwache Charaktere.

Das als kleine Vorschlagsliste. Nur, damit ich nächstes Mal in Interviews mit der demonstrierenden Jugend nicht wieder ebenso halbherzige wie hilflose Alibivorschläge wie „mehr regionales Gemüse“ oder „Plastiktüten vermeiden“ lesen muss, was nachweislich der Klimabilanz überhaupt nicht hilft.

Also, frisch ans Werk! Aber es gäbe natürlich eine andere Alternative: Kohle, Gas und Öl ersetzen durch saubere Kernenergie. Dann müsste man die obige Verzichtsliste nicht penibel befolgen, sondern könnte den heute selbstverständlichen Komfort und Luxus einfach beibehalten. Die Franzosen und Schweizer machen es bereits vor.

Sozialpolitik nach Art der SPD

Kurz vor der Europawahl – sicher nur ein zeitlich rein zufälliges Zusammentreffen von Ereignissen – hat Hubertus Heil die neueste Idee der SPD für „mehr Gerechtigkeit“ vorgestellt: die „Respektrente“. Ein Rentenzuschuss, der an langjährig Rentenversicherte ausgezahlt werden soll. Respekt für deren Lebensleistung, wie es heißt.

Verschiedene verkündete Eckpunkte dieses „Konzepts“ lassen mich ratlos zurück. Beispielsweise, dass es keinerlei Bedürftigkeitsprüfung geben soll. Das maximiert Mitnahmeeffekte und verhindert zielgenaue Unterstützung der wirklich Bedürftigen – wie kann das eine gute Idee sein?

Dann das Festmachen an den Beitragsjahren. Mindestens 35 sollen es sein. Warum nicht 39? Oder 27? Warum keine Berücksichtigung der geleisteten Arbeitsstunden, sondern der Beitragsjahre? Ist also 35 Jahre Minimalbeschäftigung laut SPD eine höhere Lebensleistung und verdient höheren Respekt als 34 Jahre Vollzeitbeschäftigung? Selbständige Arbeit hingegen verdient gar keinen Respekt? Und wessen Respekt überhaupt?

Dann die Finanzierungsideen – Griff in die Sozialkassen, also klassisches Linke-Tasche-Rechte-Tasche. Dazu die Verwendung der Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer, die doch eigentlich die erste EU-Steuer werden sollte – keine Ahnung, wie die SPD diese Steuereinnahmen, die ja noch nicht mal existieren, für ihre Zwecke abgreifen will.

Sehr amüsant auch die Erfolgsmeldung, dass sich Hubertus Heil bereits mit dem Finanzminister abgestimmt hat. Der heißt Scholz und ist auch von der SPD – Wahnsinn, zwei SPDler haben sich abgestimmt und Einigkeit erzielt. Zweifellos ein politischer Durchbruch. Wobei beim derzeitigen Zustand der SPD die Einigung zwischen zwei Genossen vielleicht tatsächlich schon als Erfolg gelten muss.

Es ist schlicht abenteuerlich, was sich die Genossen da auf ihrem Weg in Richtung 5%-Hürde ausgedacht haben. Wie man auch nur entfernt davon ausgehen kann, dass das Stammwähler zufriedenstellt und ehemalige Wähler wieder zur SPD bringt – es ist mir ein Rätsel. Respekt vor dem Steuer- und Beitragszahler ist es jedenfalls nicht, was die SPD-Idee der Ausgestaltung dieser „Respekt-Rente“ auszeichnet.

Kleine Nachhilfe für die SPD: Umverteilung in Richtung der „kleinen Leute“ war mal eure Kernkompetenz. Bei einem Konzept, das den Namen „Respektrente“ auch aus sozialdemokratischer Sicht verdient, würde ich folgendes vorschlagen: Einführung eines „Arbeitsstundenkoeffizienten“, um einigermaßen gerecht die geleistete Arbeit von Geringverdienern messenderweise vergleichen zu können. Zuschuss zur Rentenzahlung proportional zu dieser Metrik, und zwar nachdem die Rente mindestens auf Hartz IV-Niveau angehoben wurde. Zur Finanzierung eine Verschärfung der Einkommensteuerprogression mit einem Spitzensteuersatz von vielleicht 48% ab 200000€ zu versteuerndem Jahreseinkommen. Also rein steuerfinanziert. Weil soziale Gerechtigkeit nicht von den Beitragszahlern kommen darf, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sein muss.

Natürlich wäre das nur ein sinnvolles Konzept aus der linken Sicht der Umverteiler, aus einem sehr eingeschränkten Verständnis von „sozialer Gerechtigkeit“. Wirklich sinnvolle sozialpolitische Vorschläge habe ich hier vor einiger Zeit aufgeschrieben. Die Hoffnung, dass noch Reste von gesundem Menschenverstand in der Politik zu finden sind, die solche Vorschläge umzusetzen gewillt wären, schwindet allerdings von Tag zu Tag.

Ganz einfach und nachvollziehbar gerecht – und auf jeden Fall gerechter als das jetzt vorgestellte SPD-Konzept – wäre eine Rückbesinnung auf die Grundsätze der Marktwirtschaft und der Rentenversicherung. Lebensleistung wird in Lohn und Gehalt gemessen, Einzahlung in die Rentenversicherung erwirbt proportional Rentenansprüche. Eine Lebensarbeitszeit von 51 Jahren für einfache (und damit sozialversicherungspflichtige) Tätigkeiten sollte „normal“ sein, sofern keine Kindererziehungszeiten anfallen. Auch ein Universitätsabschluss – dem hoffentlich keine einfache, schlecht bezahlte Vollzeittätigkeit folgt – erlaubt noch 45 Beitragsjahre. Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Arbeitssuche können gerne angerechnet werden. Und schon wird sich herausstellen, dass jene, die gerne von „ein Leben lang gearbeitet“ reden, einen sehr dehnbaren Begriff von „Arbeit“ haben. Weder Steuerzahler noch Beitragszahler sollten für individuelle Fehlentscheidungen in der Lebensplanung Einzelner in Haftung genommen werden. Herstellung von sozialer Grundabsicherung über den Umweg der Rentenversicherung ist abzulehnen.

Über die EU und Europa

Im Aufgalopp zur Europawahl (warum eigentlich nicht „Wahl zum EU-Parlament“? Diese ständige Vermischung der Begrifflichkeiten „EU“ und „Europa“ ist höchst irritierend) kurz vor Annahmeschluss noch ein paar unsortierte Gedanken.

Medial ist die Begleitmusik wieder höchst eindimensional. Vor allem im Öffentlich-Rechtlichen Fernsehen ist die Berichterstattung frei von kritischen Tönen zum Thema „EU“. Dabei gäbe es wahrlich genügend Anknüpfungspunkte.

Beispielsweise die insgesamt merkwürdige Konstruktion mit EU-Kommission, Europarat und Europaparlament. Ein Parlament ohne Möglichkeit zur Gesetzesinitiative? Ein Parlament ohne das „Königsrecht“, die Abstimmung über Budgetfragen? Wild zusammengewürfelte Fraktionen? Ausschließlich Listenwahl und keine Persönlichkeitswahl? Merkwürdige Stimmgewichtung, die einem Wähler auf Malta ein deutlich höheres Stimmgewicht gibt als einem Wähler in Deutschland? Die EU macht es möglich. Alle typischen Kriterien, die ein Parlament in einer parlamentarischen Demokratie normalerweise so auszeichnet – hier werden sie weit verfehlt.

Dann das merkwürdige Konzept des „Spitzenkandidaten“. Der ist zwar für die Wahl zum Parlament aufgestellt, soll aber dann doch Präsident der EU-Kommission werden, also einer gänzlich anderen Veranstaltung. Das Parlament schlägt aber den Präsidenten gar nicht vor, der wird von den Regierungen der Mitgliedsstaaten ausgekungelt und darf dann vom Parlament abgenickt werden. Absurd.

Dann die aus meiner Sicht entscheidende Frage der Subsidiarität. Es gibt starke Kräfte in der EU, die eine immer engere EU favorisieren, immer mehr Regulierung EU-weit durchsetzen wollen, für eine stärkere Integration bis hin zu Militär, Außenpolitik und Steuern. Natürlich ohne entsprechende Anpassung der Rahmenbedingungen.

Die Frage „von der Einstimmigkeit zu mehr Mehrheitsbeschlüssen“ hat auch in der Diskussion im Vorfeld der Wahl eigentlich keine Rolle gespielt, obwohl das doch von zentraler Bedeutung sein sollte. Welche Partei steht hier für was? Es wurde nicht berichtet.

Fragen der Migration und der Wirtschaftsflüchtlinge – vermutlich DAS zentrale Thema der letzten drei Jahre – wurden ebenfalls bestenfalls am Rande behandelt. Vermutlich, um „den rechtsradikalen Parteien keine Munition zu liefern“. Ein gutes Beispiel, warum die heutige mediale Berichterstattung so verabscheuungswürdig ist. Die Fortsetzung des Nannystaates und der Volkserziehung wie damals im seligen Sozialismus.

Versöhnlich stimmen könnte mich, wenn die EU den scheinbar sehnlichsten Wunsch vieler Deutscher ernst nehmen würde und eine Höchstgrenze des Pro-Kopf-CO2-Ausstoßes festlegen würde und gleichzeitig – wenn schon Regulierung, dann richtig – vorschreiben würde, dass das durch verstärkten Einsatz der Kernenergie zu geschehen habe. Also ähnlich der jetzigen Festlegung auf Elektroautos als Lösung aller Verkehrsprobleme. Vermutlich die einzige Möglichkeit, das deutsche Wahlvolk von seiner kollektiven EU-Besoffenheit nachhaltig zu kurieren.

Mit welchen Fragen man sich – auch medial – hauptsächlich beschäftigt, wird unter anderem klar, wenn man die 38 Fragen des Wahl-o-mats anschaut. „In allen Mitgliedsstaaten soll eine Lkw-Maut auf Fernstraßen eingeführt werden.“ – da fehlt nur noch das Gruselwort „einheitlich“ zum perfekten Beispiel für eine Regelung, die ganz bestimmt nicht auf EU-Ebene getroffen werden muss. „In anderen EU-Staaten sollen weiterhin Atomkraftwerke betrieben werden dürfen.“ – warum diese Frage auf EU-Ebene überhaupt diskutiert werden sollte, ist völlig unklar. Oder diese: „Für die Besteuerung von Unternehmen soll es einen EU-weiten Mindestsatz geben.“ Gruselige Vorstellung, das Ende des Steuerwettbewerbs und ein weiterer Schritt zu einer tieferen Integration – und letztlich auch noch wertlos, weil ein Mindestsatz ja über die tatsächlich fällige Steuer gar nichts aussagt, wie das deutsche Steuerrecht täglich unter Beweis stellt. „Die EU soll sich dafür einsetzen, dass alle Mitgliedsstaaten die gleichgeschlechtliche Ehe einführen.“ – warum sollte das EU-weit einheitlich geregelt werden? „Mitgliedsstaaten, die die EU-Regeln zur Begrenzung der Staatsverschuldung verletzen, sollen konsequent bestraft werden.“ – um Gottes Willen, lasst die Budgethoheit bei den nationalen Parlamenten, und spart Euch einfach die europäischen Rettungsaktionen – wer sich die Suppe einbrockt, soll sie auch selbst auslöffeln. Und ja, das bedeutet, dass die EZB ganz dringend von ihrer suizidalen Nullzinspolitik nebst Staatsanleihenaufkäufen dringend abrücken muss. Außerdem riecht der Punkt stark nach der inzwischen auch schon üblichen Vermischung zwischen Themen der Eurozone und EU-Themen. Und es lässt vermuten, dass das langfristige Ziel der EU-Oberen und Propagandisten der immer engeren Integration innerhalb der EU der „Euro für alle EU-Mitglieder“ ein nicht allzu fernes sein soll. „In allen EU-Mitgliedsstaaten sollen Plastikverpackungen besteuert werden.“ – das entscheidet natürlich über Wohl und Wehe des Planeten. Oder ist doch nur „yet another tax“ wie die legendäre Sektsteuer zur Finanzierung der kaiserlichen Marine. „Die EU soll sich für die Einführung eines nationalen Mindestlohns in allen Mitgliedsstaaten einsetzen.“ – hier ist schon unklar, was denn „einsetzen“ heißen soll – eine EU-Richtlinie, oder doch nur eine unverbindliche Quasselrunde im Europaparlament? Klar ist nur: es sollte die EU einen Scheißdreck angehen.

Am Ende erschreckt mich fast jede der 38 Fragen, weil sie meiner Ansicht nach nicht von der EU entschieden werden sollte. Aber ich scheine da eine Minderheit zu sein. Und was ich in dieser Position wählen soll, ist auch völlig unklar. Eigentlich sollte es doch eine liberale Partei geben, die eine lockere EU als Freihandelszone mit Minimierung nichttarifärer Handelshemmnisse UND SONST NICHTS anstrebt. Gibt es aber nicht. Also zumindest nicht in einem Bereich, der ein Wahlergebnis höher als 0,5% erwarten lässt, die LKR könnte eventuell eine solche sein. Allerdings nur dem Namen nach – schaut man die Antworten auf die Wahl-o-mat-Fragen an, ist es auch schnell aus mit der Idee, hier könnte es sich um eine „liberale“ Partei handeln. Wie kann man es wagen, sich liberal zu nennen, und gleichzeitig für eine vorrangige Förderung von Bio-Landwirtschaft eintreten? Die Detailbegründung ist sogar noch erschreckender, als das „stimme zu“ zunächst den Anschein hat – der geneigte Leser darf durchaus gerne selbst recherchieren. Es ist übrigens durchaus empfehlenswert, sich die Detailbegründungen der einzelnen Parteien anzuschauen, das hat deutlich mehr Aussagekraft als „ja/nein/neutral“ und zeigt oft recht genau, wie die jeweilige Partei tickt.

Nichtwählen oder Protestwählen scheinen die einzigen sinnvollen Alternativen zu sein. Eine Schande.

Apropos Wahl-o-mat: ich habe, bevor der Gerichtsentscheid zum Wahl-o-mat erging, das Dingens genutzt und dachte lange, dass das Problem daran sei, warum man denn nur eine maximale Anzahl von acht Parteien miteinander vergleichen kann. Das war aber offenbar gar nicht das Problem, denn der jetzt wieder freigeschaltete Wahl-o-mat hat immer noch dasselbe kreuzdämliche „Feature“. Aus meiner Sicht aber völlig unverständlich – ich will das Ergebnis doch nicht auf einer DIN-A5-Seite ausdrucken können, sondern habe im Browser die „endlose Seite“ – warum nicht alle Parteien auf einmal vergleichen? Warum, wenn man schon auswählen muss, eine Höchstgrenze von 8? Warum nicht 6? oder 12? Absurd.

Übrigens – die Berichterstattung zum Wahl-o-mat-Problem erweckte lange den Anschein, dass dort nur insgesamt 8 bestimmte Parteien miteinander verglichen werden konnten und das eine Benachteiligung kleinerer Parteien darstellen würde. Das war natürlich nie der Fall, und nur ein weiteres Beispiel für die äußerst schlampige Berichterstattung unserer Qualitätsmedien.

Das E-Auto-Update – Tesla taumelt

Zuletzt hatte ich im Juli 2017 die „Tage der Entscheidung für Tesla“ ausgerufen. Nicht ohne anzumerken, dass es durchaus auch Monate oder auch Jahre sein könnten. Knapp zwei Jahre später ist es also Zeit für eine erneute Bestandsaufnahme nebst Blick in die Glaskugel.

In der Vergangenheit fand ich Teslas Strategie und Vorgehen eigentlich immer recht stringent und einleuchtend, wenn auch nicht zwingend erfolgsversprechend. Seit einiger Zeit sehe ich aber ein eher chaotisches Bild dieser Firma, die sich mit Ankündigung der Model 3 ja auf die Fahnen schrieb, die Elektromobilität massentauglich zu machen, ohne die bis dahin im mittleren Preisbereich üblichen unschönen Einschränkungen bei Reichweite, Preis und Ladezeit. Man wollte für 35000 US$ (netto – deshalb waren viele deutsche Medienberichte, die das kurzerhand in „32000€“ umrechneten, ein typisches Beispiel für minderbemittelten Journalismus) ein Mittelklassefahrzeug anbieten – die Klasse von Audi A4, Mercedes C-Klasse und 3er BMW, um mal die angepeilte Premium-Konkurrenz zu nennen – und erntete für diese Ankündigung reichlich kostenpflichtige Reservierungen. So an die 500000 dürften es wohl gewesen sein. Vermutlich eine Zahl, die in den Strategieabteilungen der etablierten Anbieter von konventionell angetriebenen Kraftfahrzeugen durchaus für Betriebsamkeit sorgte.

Dann allerdings begannen die Probleme, und ein aus meiner Sicht merkwürdiges, bisher so nicht gekanntes Hüh-und-Hott in den strategischen Entscheidungen.

Zunächst der völlig überflüssige Nebenkriegsschauplatz mit der amerikanischen Börsenaufsicht aufgrund dämlicher Twitterei von Elon Musk, die diesen letztlich seinen Platz im Verwaltungsrat kosteten und mindestens einen Imageschaden nach sich zog.

Dann die Probleme beim Serienanlauf des Model 3, die eigentlich bis heute nicht behoben sind – der monatliche Fahrzeugausstoß ist jedenfalls immer noch nicht berühmt. Dann die Tatsache, dass noch lange nicht alle Reservierungen aus den USA abgearbeitet sind, aber schon mit der Auslieferung in internationalen Märkten begonnen wurde – vermutlich eng verbunden mit der Tatsache, dass man weiterhin das Basis-Modell für die berühmten 35000US$ nicht kaufen kann. Zumindest nicht mehr Online, sondern nur in den Verkaufszentren. Ja, genau in den Verkaufszentren, die man vor kurzem noch komplett schließen wollte und nur noch auf Online-Verkauf setzen wollte, um die Kosten zu senken bzw. die Marge zu erhöhen.

Die zuletzt veröffentlichten Verkaufszahlen zeigten einen recht konstanten (und meines Erachtens viel zu niedrigen) Output, allerdings mit deutlichen Verschiebungen zugunsten des Model 3. Was für Tesla keine guten Nachrichten sind, da an Model S und Model X weiterhin deutlich mehr pro Stück verdient sein dürfte.

Weltweit ist weiterhin zu beobachten, dass signifikante Verkaufserfolge hauptsächlich dort stattfinden, wo staatliche Subventionen den Preis auf ein erträgliches Maß reduzieren. In den USA wird gerade die staatliche Beihilfe ja deutlich reduziert, was Tesla durch Senkungen des Verkaufspreises kompensieren will – Gift für die Marge.

Derzeit steht der Aktienkurs irgendwo um 240 US$. Gegenüber dem Höchststand von Ende Juni 2017, wo um die 345 US$ aufgerufen wurden, schon ein gewisser Absturz. Aber auch folgerichtig – Mitte 2017 war die Wachstumsstory intakt, es wurde zwar massiv Geld verbrannt, aber eben für das Versprechen kommender Marktdominanz. Diese Wachstumsstory ist aus meiner Sicht heute nicht mehr valide – zu gering die Investitionen in die Zukunft (siehe beispielsweise die Ankündigung des Ausbaustopps der Gigafactory in Nevada), zu groß die Probleme beim Weg zum Massenhersteller, zu gering die Aussichten, gegen die etablierten Hersteller langfristig bestehen zu können. Denn sowohl bei den preiswerteren Elektroautos, sei es von Renault, Nissan, Kia oder Hyundai, als auch bei der eher vergleichbaren Oberklassenriege von Jaguar oder Audi, zeigt sich, dass es eigentlich keinen relevanten technischen Vorsprung von Tesla gibt. Besonders der vielgehypte Autopilot enttäuscht doch angesichts fehlenden Fortschritts in Richtung des echten automatisierten Fahrbetriebs, dazu anscheinend ansteigende Unfallzahlen. Keine guten Nachrichten für Tesla.

Aus meiner Sicht ist der Angriff der Konkurrenz in der Oberklasse – 2019/2020 stehen ja auch noch Porsche und Mercedes in den Startlöchern – deutlich kritischer, denn die neue Konkurrenz trifft auf die schon veralteten Tesla-Modelle S und X, für die Tesla noch nicht mal eine große Modellpflege angekündigt hat. Bei diesen margenstarken Modellen tut potente Konkurrenz doppelt weh. Zumal Tesla im Bereich SUV nichts vernünftiges anzubieten hat – weder das Model X noch das Model Y gehen optisch auch nur annähernd als SUV durch.

Dazu kommt das Problem, dass das vermutlich einzige echte Tesla-Alleinstellungsmerkmal, das weltweite Supercharger-Netzwerk, eben auch nicht von alleine skaliert. Und es ist ein recht kapitalintensives Geschäft, dem Tesla ja dahingehend schon Tribut zollte, dass die Supercharger-Nutzung schon lange nicht mehr für alle Tesla-Besitzer kostenlos ist – beim Model 3 wie von mir erwartet. Langfristig wird man über deutlich erhöhte Ladeleistungen nachdenken müssen, die knapp 150 kW eines Superchargers ziehen die Wurst nicht mehr vom Brot. Will man den Massenmarkt erobern, wird man eher über 1 MW nachdenken müssen, um Ladezeiten entsprechend der bisher gewohnten Tankzeiten anbieten zu können. Das bleibt aus meiner Sicht aber weiter die Achillesferse der E-Mobilität, denn die Alternative zu wenigen extrem leistungsfähigen Ladestationen ist eben, quasi überall, an jeder Straßenlaterne, in jeder Garage, auf jedem Parkplatz, eine einfache Ladesäule aufzustellen.

Und am Ende muss man konstatieren, dass im Bereich Akkutechnologie der Durchbruch weiterhin auf sich warten lässt. Die Preise sind nicht in dem Maße wie prognostiziert gesunken, die Kapazitäten eher evolutionär gestiegen. Das könnte darauf hinweisen, dass Konkurrenztechnik wie Plug-In-Hybride noch lange nicht aus dem Rennen sind. Für viele Fahrprofile reichen 100km rein elektrische Reichweite locker aus, noch einen preiswerten Benzinmotor anflanschen, fertig ist das preiswertere und damit bessere meistens-ein-E-Auto-aber-ohne-das-lästige-Reichweitenproblem.

Wie kann Tesla das Ruder noch herumreißen, um aus der Abwärtsspirale zu entkommen? Weniger Hype, mehr liefern. Existierende Kunden zufrieden machen, Neukunden durch innovative und im wahrsten Sinne des Wortes preiswerte Produkte an Land ziehen. Das erfordert eine Umstellung der Firmenphilosophie vom Konzept des „genialen Führers“ hin zu einer seriös wirtschaftenden Firma. Kann ich mir im Moment schwer vorstellen. Ich würde eher auf schleichenden Niedergang mit ein paar letzten Zuckungen wetten. Kann aber Jahre bis Jahrzehnte dauern.