US-Wahl live – in erträglicher Form

Wer auch immer die US-Präsidentschaftswahlen live verfolgen will, ohne die erneut katastrophale Berichterstattung auf ARD, ZDF, Sat1/Pro7, RTL, n-tv, WELT…ertragen zu müssen:

Ich empfehle den Tangle-Livestream auf YouTube. Jetzt.

Update am frühen Morgen – 04:52h Ortszeit (aka CET)

Georgia vermutlich an Trump. North Carolina vermutlich an Trump. Extrem enges Rennen in Wisconsin und Pennsylvania. Wenn Trump entweder Wisoncsin oder Pennsylvania gewinnt, dürfte das Rennen gelaufen sein. Decision Desk HQ scheint eine gute Adresse zu sein für Live-Auswertungen der Daten, also das, was man hierzulande „Hochrechnung“ nennt.

Spannend: die „popular vote“ ist extrem knapp (wenn auch bedeutungslos), auch ein Indikator, dass Trump eher das Rennen machen dürfte.

Wasserstandsmeldung Ukraine-Krieg

Wasserstandsmeldung klingt verharmlosend – es ist ja mehr so der Leichenberg-Stand und die Materialfriedhof-Belegung.

Der ukrainische Vorstoß in die Region Kursk ist von dauerhafterer Natur als viele prognostiziert haben. Ob die Russen das heimische Terrain nicht zurückerobern wollen oder können, weiß keiner so recht. Vermutlich wollen die Russen ihre übliche Taktik „intensive Verwüstung der Landstriche mit Artillerie und Gleitbomben, danach langsames Vorrücken der Infanterie“ nicht auf eigenem Gebiet einsetzen. Das ist zwar inkonsistent mit dem Vorgehen in den „neuen Volksrepubliken“, aber Konsistenz war noch nie eine russische Stärke.

Im Bereich der restlichen Frontabschnitte sind die Nachrichten unterschiedlich. Teilweise wird von einem schnellen russischen Vorrücken an einzelnen Stellen berichtet, wobei „schnell“ hier „2km pro Tag“ bedeutet anstatt wie vorher „100m pro Tag“. Den russischen Truppen ist ein Übergang in den Bewegungskrieg noch nirgendwo gelungen, ob das an „nicht können“ oder „nicht wollen“ liegt weiß im Moment keiner. Auch wenn sich alle fragen, was denn der Nutzen der Russen wäre, wenn man langsamer als man könnte vorrückt.

Die Ukraine hat zunehmend Erfolge gemeldet bei der Zerstörung von Munitions- und Treibstoffdepots, auch etwas abseits der eroberten Gebiete in der Ukraine, im im weitestens Sinne „grenznahen“ Bereich. Man scheint Fortschritte bei der Entwicklung von Drohnen, Marschflugkörpern und ballistischen Raketen zu machen, offenbar war es den Ukrainern zu blöde, auf die Europäer und Amerikaner zu warten, ob oder ob nicht nun endlich der Einsatzverbot weitreichender Waffensysteme aufgehoben wird.

Die Unterstützung für Russland aus Nordkorea nicht nur in Form von Waffen- und Munitionslieferungen sondern nun wohl auch in Form von Soldaten – wo die eingesetzt sind oder werden und wieviele es sind, scheint derzeit noch unklar – ist ein interessanter Denkanstoß bezüglich der Stärke des russischen Militärs. Bis heute hat Russland es ja vermieden, eine „echte“ Mobilisierung zu fahren. Man setzt auf Freiwillige, die man natürlich entsprechend ködern muss – Straferlass bei Gefangenen ist ein probates Mittel, Geldprämien bei Verpflichtung, großzügige Versorgung der Angehörigen bei Tod auf dem Schlachtfeld. Wie man hört, sind die Geldprämien inzwischen aber in schwindelerregende Höhen geklettert, was bei den derzeit kolportierten 30000 neuen Soldaten pro Monat ziemlich ins Geld geht. Die Leitzinsen der russischen Zentralbank wurden letztens auf sage und schreibe 21% erhöht. Ende 2023 lag man bei auch schon ziemlich hohen 16% (Russland war noch nie Nullzinsland, aber 2021 lag der Leitzins mal bei 4% und Mitte 2022 bis Mitte 2023 bei 8%). Zusammen mit dem Umstellen auf Kriegswirtschaft, der erheblichen Inflation und den irrsinnig gestiegenen Gehältern in den Industriebetrieben ergibt das ein schönes Potpourri an Risikofaktoren für Russland. Krieg ist eben unglaublich teuer und meistens für beide Seiten ein sehr schlechtes Geschäft. Nicht unberücksichtigt sollte man auch lassen, dass eine Menge hochqualifizierter junger Menschen Russland bereits verlassen hat und somit weder als Kanonenfutter noch als Industriefachkraft zur Verfügung steht.

Wie man hört, zahlt Russland an Nordkorea für das Zur-Verfügung-Stellen der Soldaten einen dreistelligen Millionenbetrag (in welcher Währung wohl? Rubel, damit Nordkorea auf jeden Fall in Russland einkaufen muss?), dazu Nahrungsmittel und Technologie. Letzteres ist natürlich fatal, denn zwei der letzten schwer verfügbaren Technologien, die Russland als eines der wenigen Länder beherrscht, sind Atom-U-Boote und Interkontinentalraketen. Langfristig gesehen könnte davon allerdings auch Russland bedroht sein, umso mehr atmet diese ganze Geschichte eine Menge Verzweiflung auf Seiten der Russen. Aber Putin ist wohl im „nach mir die Sintflut“-Modus, wer bei klarem Verstand würde sonst mit dem Iran und Nordkorea paktieren. Und dann auch noch der fallende Ölpreis – nach Februar 2022 lag für viele Monate der Preis bei über 100 US$/Barrel, jetzt hat er sich eher unter 75 US$/bl. eingependelt. Schon zur Zeit der Sowjetunion hat ein niedriger Ölpreis für jede Menge Schwierigkeiten gesorgt, das ist heute nicht anders, weil Russland beim Export im Prinzip nur Rohstoffe anzubieten hat – dass die Waffen aus russischer Produktion nix taugen, wurde nun ja eindrucksvoll im Feld bewiesen.

Die Russen haben also zweifellos große Probleme. Allerdings haben die Ukrainer tendenziell eher noch größere Probleme. Materialmangel aller Orten aufgrund der dramatisch unzureichenden Lieferungen der Unterstützerstaaten. Dazu die schon lange andauernde Mobilisierungsproblematik – je weniger Material man hat, desto mehr Personal benötigt man. Bisher scheint es noch auszureichen, um die Lücken an den diversen gefährdeten Frontabschnitten zu stabilisieren. Aber an ausreichende Rotation der Truppen oder Reservenbildung ist wohl momentan kaum zu denken. Das könnte sich rächen, ob früher oder später oder gar nicht – das wird die Zeit zeigen. Im ersten Weltkrieg war die Front im Westen auch sehr lange stabil und im Stellungskrieg. Jahrelang. Und ist dann urplötzlich zusammengebrochen.

Während alle wie gebannt auf die US-Wahlen schauen, hat es Europa wissentlich und willentlich unterlassen, sich auf das oft an die Wand gemalte Schreckensszenario „die Amerikaner fahren die Unterstützung für die Ukraine runter“ vorzubereiten. Was auch immer das Endergebnis beim russischen Vernichtungsfeldzug sein wird, die Hauptverantwortlichen heißen Putin, Merkel, Scholz, Macron, Johnson, Starmer und Co. – und natürlich das Duo von der traurigen Gestalt Biden/Sullivan. Sollte Trump die Wahl gewinnen, wird natürlich Trump an allem Schuld sein – aber man sollte für die Nachwelt festhalten, dass hauptsächlich die USA die Möglichkeit und die Verpflichtung (nachzulesen im Budapester Memorandum) gehabt hätten, seit Februar 2022 die Ukraine mit allem Notwendigen auszustatten, um die Grenzen von 1991 wiederherzustellen.

Am Beispiel Deutschland kann man schön das flächendeckende Versagen der vorgeblichen Ukraine-Unterstützer illustrieren. Der erste Weckruf war die Annektion der Krim 2014. Der allerletzte Weckruf war der Angriff Russlands im Februar 2022. Man hatte also fast drei Jahre Zeit, die allergrößten Lücken bei der Bundeswehr zu füllen – klar, personaltechnisch geht ohne Wiedereinführung der Wehrpflicht (oder genauer: die Aussetzung der Aussetzung der Wehrpflicht) gar nichts, aber für das jetzt aktuell vorhandene potenziell kampfbereite Personal fehlt ja nach wie vor dramatisch Material. Artillerie, Transportpanzer, Schützenpanzer, Kampfpanzer, Helikopter, U-Boote, Flugabwehr, Jagdbomber, Abfangjäger, Aufklärungsdrohnen, und natürlich Munition, Munition, Munition. Allerspätestens im Februar 2022 hätten bei der heimischen Industrie, egal ob Rheinmetall oder Krauss-Maffei Wegmann oder Diehl oder Airbus oder Heckler&Koch oder Mauser oder MBDA oder am besten bei allen gleichzeitig, die Großaufträge eintrudeln müssen. Dabei rede ich gar nicht von dringend notwendiger Neubeschaffung modernen noch zu entwickelnden Gerätes, sondern einfach nur ein anständiger Munitionsvorrat, anständige Aufstockung der Stückzahlen und der Ersatzteile, sowie der einsatzfähigen Gerätschaften. Das alles ist nicht passiert. Wenn also mal wieder jemand fragt, wer neben Putin der Hauptschuldige am Sterben in der Ukraine ist: die Antworten „Merkel“ und „Scholz“ und „CDUCSUFDPSPDGrüne“ sind auf jeden Fall korrekt.

Trump oder Harris?

Am Vorabend der Wahl in den USA nochmal ein paar unsortierte Gedanken. Nach wie vor melden die Demoskopen hauptsächlich „nix genaues weiß man nicht“. Das Umfrageinstitut, dass bei der letzten Wahl 2020 die entscheidenden Ergebnisse in allen Swing States am genauesten vorhergesagt hat, hat derzeit Trump in praktisch allen Swing States vorne. Das Umfrageinstitut, dass 2016 und 2020 in Iowa am präzisesten vorhergesagt hat (deutlicher Vorsprung für Trump – Iowa ist daher diesmal nicht als Swing State in der veröffentlichten Debatte genannt), hat in seiner neuesten Umfrage zur allgemeinen Überraschung einen recht deutlichen Vorsprung für Harris gemessen.

Was folgt daraus? Nix genaues weiß man nicht. „Within the margin of error“, sagen die Spezialisten. Egal ob es um das (irrelevante) Ergebnis der „popular vote“ geht (da hat Harris lange Zeit die Umfragen deutlich angeführt, inzwischen ist Trump je nach Institut knapp dahinter oder knapp davor) oder um das (relevante) Ergebnis in den Swing States wie Nevada, North Carolina, Wisconsin, Georgia, Arizona, Pennsylvania and Michigan.

Es gibt viele Theorien, was letztlich den Ausschlag geben wird. Kann Harris die Frauen mobilisieren mit ihrem Pro-Abtreibungswahlkampf (oder einfach nur, weil Frauen bevorzugt Frauen wählen, aber das hat Hillary Clinton auch nicht gerettet, aber Merkel)? Oder die Senioren mit ihrer „Trump ist ein Faschist“-Kampagne? Kann Trump bei den Latinos, den Schwarzen, den Männern überraschend gut abschneiden? Ich habe inzwischen so viele gut begründete Hypothesen gelesen (natürlich nicht in Presse und Rundfunk hierzulande, da ist man immer noch stramm auf Pro-Harris-Kurs, wie wenn die Wahl in Deutschland entschieden wird), das mir fast schwindelig wird.

Interessant fand ich Überlegungen, welcher Art wohl die Korrekturfaktoren mehrheitlich sein werden, die die Demoskopen in ihre Modelle eingebaut haben. Aus der jüngeren Vergangenheit weiß man, dass man teilweise die Republikaner-Wähler krass unterschätzt hat (2016) oder krass überschätzt hat (2022). Wie stark hat man da wohl gegengesteuert, und gegebenenfalls überkompensiert? Man weiß es nicht. Je mehr Details man liest, desto unklarer wird die Lage. Es ist ein bisserl wie beim Fußball: da hat vor dem Spiel auch jeder eine Meinung und eine Prognose, aber erst nach dem Spiel sind alle klüger.

Und dann wird ja auch noch für den Senat und das Repräsentantenhaus gewählt. Da sind die Demoskopen ebenfalls sehr sehr uneinig – der wahrscheinlichste Ausgang wird mit „Senat wird republikanisch, Repräsentantenhaus wird demokratisch“ beschrieben.

Macht es am Ende überhaupt einen Unterschied, ob Trump oder Harris am Ende gewinnt? Keinen großen, denke ich. Die USA sind hoffnungslos gespalten, und egal wer gewinnt, die andere Seite wird mit Gewalt antworten. Ich befürchte, dagegen werden die oftmals als „Ausschreitungen“ verniedlichten Zerstörungsorgien der Terroristen von BLM noch harmlos aussehen. Und es wird wieder Vorwürfe bezüglich Wahlbetrug geben. Und wenn man das US-Wahlsystem kennt, muss man diese für plausibel, wenn auch schwer nachweisbar halten. Eine Nation, die mangels Einrichtungen wie „Personalausweis“ oder „Melderegister“ nicht mal genau weiß, wer da eigentlich wählen darf und wer nicht, begibt sich mutwillig und gewollt in diese Position. Geliefert wie bestellt, um einen bekannten deutschen Blogger zu zitieren.

Eines kann man aus europäischer Perspektive jedenfalls festhalten: verschiedene Katastrophen, die angeblich ganz sicher eintreten, wenn Trump Präsident wird, wurden prognostiziert. Aber wirklich vorbereitet darauf hat man sich nicht. Ich sage nur Ukraine-Krieg. Ein absolutes Desaster, und ein erstklassiges Beispiel dafür, woher Politikverdrossenheit kommt: erst große Töne gespuckt, und dann fast drei Jahre nahezu das Gegenteil gemacht. Ob das allerdings reicht, um sich Harris als Präsidentin zu wünschen, nur um der hiesigen Politik die „Trump ist schuld“-Ausrede zu nehmen – so weit würde ich dann doch nicht gehen. Viele ihrer Positionen sind so eindeutig linksradikal, dass man es nicht übers Herz bringt, den Amis diese Präsidentin zu wünschen und von Herzen zu gönnen.

US-Präsidentschaftswahlen

Demnächst dürfen die US-Amerikaner, hierzulande liebevoll „die Amis“ genannt, mal wieder ihren Präsidenten wählen. Trump oder Harris? Im Moment würde ich mein Geld auf Trump setzen. Warum, will ich gerne erläutern.

Ein Grund für den Sieg Trumps wird die Bilanz der Biden-Harris-Jahre sein. Kamala Harris versucht sich ja irgendwie als „die Neue, der frische Wind“ zu inszenieren. Ab und zu, wenn der Interviewer nicht ein sorgfältig ausgewählter Demokraten-Fan ist, wird die Frage gestellt, was sie denn anders machen wird als die vergangenen vier Jahre. Diese Frage wurde noch nie sinnentfaltend beantwortet. Der Wähler muss also davon ausgehen: weiter wie bisher. Und das ist fatal, denn die letzten vier Jahre waren in so vielerlei Hinsicht katastrophal, dass sich kein vernünftiger Mensch eine Fortsetzung wünschen kann. Der wirtschaftliche Niedergang wurde nur mit Hilfe eines gigantischen kreditfinanzierten Konjunkturprogramm aufgehalten, und dank des KI-Hypes sind die meist aktienbasierten Altersvorsorgevermögen überdurchschnittlich gestiegen. Aber die ärmeren Bevölkerungsteile ächzen noch unter den Nachwirkungen der Rekordinflation, und die Mittelschicht kann sich dank Rekordzinsniveau (auch eine Nachwirkung der Inflation) den Traum vom Eigenheim nur noch schwer erfüllen. Aus deutscher Sicht sind das natürlich Luxusprobleme, weil die Gehälter in den USA deutlich höher sind als hierzulande, und die Steuern und Abgaben viel niedriger. Und die Vermögen viel höher. Aber hierzulande hat man sich mit dem Abstieg ja scheinbar arrangiert, es werden die letzten 30 Jahre ja stets dieselben Versagerparteien und -kanzler gewählt.

Ein weiterer Grund für den Sieg Trumps: die Schmierenkampagnen der linksaktivistischen Journaille, die in den USA die deutliche Mehrzahl stellt, verfangen nicht. Trump ist der Teflon-Mann. Er hat schon so viele krasse Sachen gesagt, dass jede neue krasse Geschichte mit einem Achselzucken von seiner Wählerschaft zur Kenntnis genommen wird. Dazu kommt, dass die Journaille schon recht häufig beim Lügen erwischt wurde – wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Und wenn mal wieder eine Geschichte durch die Gazetten geistert aufgrund von „anonymen Quellen“ – die Glaubwürdigkeit solcher Räuberpistolen ist halt unter dem Gefrierpunkt.

Noch ein Grund für den Sieg Trumps: die demokratische Kampagne und ihr Fokus auf „Trump-Dämonisierung“. Eigene Inhalte sind da weitgehend Fehlanzeige, keiner kann sagen, was nach einem Sieg von Harris für eine Politik ansteht. Und das Gerede von der großen Katastrophe, falls Trump Präsident wird, hat im Angesicht der ersten Amtszeit Trumps, die für die USA ja weitestgehend positiv verlief, halt sehr wenig Grundierung in der Realität. Noch ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Und noch ein Grund für den Sieg Trumps: während Trump es schafft, die Probleme im Volk in einfachen Worten zu fokussieren, ergeht sich Harris in pseudointellektuellem Linkengebabbel. Da ist sie Hillary Clinton nicht ganz unähnlich. Dazu kommt das Glaubwürdigkeitsproblem ihres Vize-Running-Mates, der auch einmal zu oft beim Lügen erwischt wurde. Zusammen mit ihrer Vorgeschichte als unbeliebte, erfolglose und abgehobene Vizepräsidentin ist das schon eine Bürde für den Wahlkampf.

Ein letzter Grund für den Sieg Trumps: das lange Festhalten an Biden als Kandidat, um dann hopplahopp die Pferde zu wechseln ohne den demokratischen Wählern die Chance auf Mitsprache einzuräumen – ich halte eine Partei, die so agiert, schlicht für unwählbar. Das wird zu einem Mobilisierungsproblem für die Demokraten werden, und das könnte bei einem derart engen Rennen den Ausschlag geben.

Ob ich richtig liege? Wir werden sehen. Bisher ist das Rennen ja nicht gerade überraschungsarm gewesen – vom Trump-Attentat bis zum Biden-Rückzug gab es ja schon derart gravierende Game-Changer, da würde es mich nicht wundern wenn die Demoskopen ein erneutes Fiasko erleben und das Rennen ganz anders ausgeht.

KI wird die Welt retten

Jeder, der mich und insbesondere meine Einschätzung zu dem, was gerade als „KI“ bezeichnet und vor allem verkauft wird kennt, wird jetzt mindestens verwundert die Stirn runzeln. Was hat er denn jetzt geraucht?

Ich will das erklären. Die ganzen neumodischen IT-Trends der letzten Jahre, beginnend mit der Blockchain mit Kryptowährungen als erstem Anwendungsfall und virtuellen Hostern gefolgt von Amazons Hyperscaler-Weltidee „Elastic Cloud“, inzwischen kopiert von Microsoft mit Azure und Alphabet mit der Google Cloud und mit Milliardenumsatz gesegnet, haben eines gemeinsam: drastisch gestiegener Strombedarf für die notwendigen riesigen Cloud-Rechenzentren. Nicht unbedingt in Summe – firmeneigene Rechenzentren haben ja auch früher schon Strom gebraucht, und Skalierung sorgt hier eher für weniger als mehr Stromverbrauch – aber konzentriert auf bestimmte weltweit verteilte Standorte. Aufgrund der notwendigen Infrastruktur und der Zielkundschaft aber doch derzeit noch hauptsächlich in den USA beheimatet.

Und so begab es sich, dass die selbsternannten Weltenretter aus dem Silicon Valley, die im Herzen aber doch letztlich Kapitalisten sind, vor dem Problem stehen, Profitgier mit Natur-, Umwelt- und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen. Und wie jeder, der vorurteilsfrei sich diesem Problem stellt, haben sie die einzige derzeit bekannte Lösung gefunden: Kernenergie.

Der einleitend genannte Hype „Kryptowährung“ hat deshalb, trotz exorbitantem Stromverbrauch, logischerweise nicht zum Einsatz von Kernenergie geführt. Denn Bitcoins kann man ganz einfach dort schürfen, wo billigster Kohlestrom verfügbar ist. Man braucht nur ein Land, das keine CO2-Besteuerung hat. Es ist ja keine anderweitige Infrastruktur wie „schnelles Internet, nahe an den internationalen Datenknotenpunkten“ oder „qualifiziertes Personal“ notwendig. Und es wäre auch nichts davon bekannt, dass dort die selbsternannten Weltenretter operieren würden – die „Crypto-Bros“, wie wir sie liebevoll nennen, haben andere, weniger heroische Ziele.

Also Cloud und KI als Treiber der Entwicklung. Neueste Nachrichten: Microsoft wird das KKW TMI-1 (indirekt) wiederbeleben, Amazon ist in „Small Modular Reactors“ (SMRs) investiert, Google ebenso. Die SMRs sind ja schon ewig in der Diskussion. Manche behaupten, dass der hierzulande gebaute THTR-300 in Hamm-Uentrop der erste Vertreter dieser Bauweise war – zwar ein Prototyp (wer würde schon bei einem seriös für kommerzielle Zwecke gebauten Reaktor einen aufgehängten Trockenkühlturm verwenden!), aber die erlangten Praxiserfahrungen hätten in einem weniger kernenergiefeindlichen Umfeld ganz sicher zu einer kommerziellen Variante geführt. So musste man nach längerem Irrweg über ein stets unterfinanziertes halbstaatliches Projekt in Südafrika letztlich darauf warten, dass die Chinesen eine Variante davon bauen – „HTR-PM“ lautet der Name dafür. In Betrieb seit Ende 2021, zwei Reaktoren leisten über eine Turbine insgesamt 210 MWel. 35 Jahre nach seinem deutschen Vorgänger. Allerdings glaube ich nicht, dass die Chinesen dieses Konzept weiter verfolgen werden – sie planen zwar einen Nachfolger, den HTR-PM600 (nicht etwa ein größeres Reaktormodul, sondern sechs statt wie bisher zwei zusammengeschaltete Module), aber dieser wirkt doch als Fremdkörper im sonstigen klassischen Leichtwasserreaktorportfolio der Chinesen. Allein die „Pebble Beds“ als Brennstoff erfordern gänzlich andere Produktion und Entsorgung. Ich würde mein Geld stattdessen auf den Hualong One oder Two als zukünftiges chinesisches Standard-Reaktormodell setzen. Standardbauweise, Standardtechnologie, und eine weitestgehend heimische Entwicklung und auch Produktionskapazität dafür.

Jedenfalls scheint mir das derzeitige Umfeld günstig, um die typischen Probleme des Kernreaktorbaus – katastrophal überreguliertes Umfeld, lange Planungszeiten, hohe Kapitalkosten – diesmal nicht zum finalen Stolperstein werden zu lassen. Die Protagonisten sind auch pragmatisch genug, um sich mit einer suboptimalen, aber ausreichend guten Lösung zufriedenzugeben. Auch das war ein Killer für die GenIV-Reaktor-Bemühungen: statt Evolution wollte man stets die Revolution und alle Probleme gleichzeitig lösen: langlebigen Abfall vermeiden, höhere Brennstoffeffizienz oder alternativen Kernbrennstoff verwenden (Brüter, Thorium), hohe Temperaturen um auch Prozesswärmeauskopplung und thermische Wasserstoffproduktion zu ermöglichen…so entstanden komplizierte Neuentwicklungen, die letztlich nirgendwo zu akzeptablen Kosten genehmigungsfähig waren und sind. Jetzt scheint der Trend eher zu simpleren Lösungen zu gehen – bewährte Leichtwasserreaktoren oder gut erforschte HTR-Varianten, übliche Brennelemente, Konzentration auf geringe Baukosten und Skaleneffekte durch Fabrikfertigung. Das könnte was werden.

Und wer wird jetzt der große Sieger in der neuen Welt der SMRs? Amazon setzt auf X-energy und deren Xe-100, ein gasgekühltes Kugelhaufen-HTR-Design. Google hat eine Partnerschaft mit Kairos Power, die einen Salzschmelzenreaktor entwickeln (KP-FHR). Die Briten stehen noch halbgar hinter dem Rolls-Royce-Ansatz mit dem Leichtwasser-SMR der etwas größeren Leistungsklasse mit geplanten 450MWel – man hört von diversen Interessenten aus den üblichen Ländern wie Tschechien und Polen, aber auch den Niederlanden und Norwegen – aber da scheint noch nichts fix zu sein, nur die Hoffnung auf „erstes Exemplar 2030 fertig“. GE-Hitachi als alte Hasen im Geschäft mit großen Siedewasserreaktoren sind mit dem BWRX-300 auch noch zu beachten. Häufig in der Diskussion ist auch noch der Holtec SMR-160, klassische Druckwasserreaktortechnik im verkleinerten Maßstab. In der EU ist ab und an noch von NUWARD, einer EDF-Ausgründung die Rede. Erster Prototyp nicht vor 2030 – scheint mir reichlich spät zu sein, da will die Konkurrenz schon im kommerziellen Leistungsbetrieb sein, und die Franzosen haben sich mit diversen EPR-Desastern nicht gerade as zuverlässiger Lieferant erwiesen.

Es gibt noch zahllose andere charmante Unternehmungen im Bereich der SMRs (ich nenne mal das dänische KKW-im-40-Fuß-Container-Projekt von Copenhagen Atomics oder TerraPowers natriumgekühlter Reaktor mit Salzschmelzewärmespeicherung) – der obige Absatz enthält nur Referenzen, die aus europäischer Sicht interessant werden könnten oder die ich als am weitesten fortgeschrittenen wahrnehme. NuScale fehlt da, die hätte ich bis vor zwei Jahren noch als Favorit gehandelt, ihr FOAK-Projekt ist aber vor kurzem gecancelt worden, ausgerechnet aus Kostengründen, was ja gerade der große Vorteil der SMRs hätte sein sollen. Auch die Südkoreaner und die Chinesen arbeiten an Lösungen, aber eher mit dem Ziel „irgendwo auf ein Floß installieren“, als mobiles Kraftwerk beispielsweise für die Anwendung in Häfen. Und dann gibt es noch militärisch ausgerichtete Projekte für noch kleinere Reaktoren wie BWXT oder eVinci – da „militärisch“ meist synonym für „gut, aber sehr teuer“ steht, glaube ich nicht, dass ausgerechnet aus dieser Ecke der kommerzielle Durchbruch kommt.

Wer sich generell für einen Überblick der unzähligen SMR-Projekte interessiert, findet bei NukeKlaus einen schönen Artikel Stand 2023.

Wann können wir nun damit rechnen, dass die Weltrettung auch in Deutschland seinen Lauf nehmen wird? Ich schätze mal so ab 2050 – der Rest der Welt wird ausreichend Erfahrung gesammelt haben mit Produktion und Betrieb von SMRs und es werden weltweit schlüsselfertige Reaktoren für Drittwelt-Ex-Industrienationen wie Deutschland zum Kauf zur Verfügung stehen. Dann ist eh Zeit, die PV- und WKA-Investitionsruinen nebst den absurd teuren Aufrüstungen des Stromnetzes langsam wieder zurückzubauen. Bleibt zu hoffen, dass man noch nicht die vorgesehenen Billionen in dann weitestgehend nutzlose Speichertechnologien versenkt hat.

Schlusswort: der vernünftige und gezielte Einsatz von Kernenergie ist tatsächlich die einfachste und preiswerteste Art, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Keine andere Technologie vereint derart optimal Natur-, Umwelt- und Klimaschutz. Dass nun ausgerechnet der KI-Hype mit dem daraus resultierenden enormen Stromverbrauch der Trigger für die lang erwartete Renaissance wird – überraschend, aber irgendwie auch eine amüsante Volte der Geschichte.

Macht Scholz den Biden?

Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit katastrophalen Zustimmungswerten zu kämpfen. Klar, dass da die Gerüchteküche am Start ist – schließlich stellt die SPD mit Boris Pistorius gleichzeitig den beliebtesten Politiker Deutschlands. Verständlich, aber ein weiterer Beweis dafür, wie niedrig die Latte inzwischen hängt.

Es liegt also nahe, dass die SPD vor der Wahl versuchen wird, Olaf Scholz abzuservieren – verschiedene ehemalige SPD-Vorsitzende können ein Lied davon singen, dass die Partei eine Schlangengrube ist. Wenn die SPD sich an den US-Democrats orientiert, werden zuerst ein paar Hinterbänkler zündeln, bevor dann die Parteiprominenz und die befreundete Presse Olaf Scholz den Rückzug nahelegen werden.

Manche sagen ja, dass es noch andere Parallelen zwischen Scholz und Biden gibt – beispielsweise die noch übrig gebliebene Gedächtnisleistung, wobei Scholz eher selektiv unter einer Cum-Ex-Lücke zu leiden scheint. Nominell war Biden allerdings der sehr viel erfolgreichere Regierungschef, beispielsweise was die wirtschaftliche Entwicklung angeht. Allerdings ist er auch ein Schuldenmacher vor dem Herrn (fairerweise: wie praktisch alle seiner Vorgänger), das blieb uns bei Scholz dank der FDP und der Schuldenbremse erspart.

Wobei man auch sagen muss: der jetzt sich herauskristallisierende Gegner, Friedrich Merz, ist auch nicht gerade der Sympathieträger. Aber da bei Scholz auch noch die Zustimmungswerte zur Ampelregierung und zur SPD allgemein (Kampf gegen die 5%-Hürde in Sachsen und Thüringen) wie Mühlsteine um seinen Hals hängen, kann ich mir nicht vorstellen, dass 2025 der SPD-Kanzlerkandidat Scholz heißen wird.

Wenn man 1 nicht von 2 unterscheiden kann (oder will)

Kleine Medienkompetenzübung. Wenn Fefe über Kernenergie schreibt, gilt es stets, genau hinzuschauen – wie generell bei Ihm bei nicht-IT-Themen. Er ist natürlich clever genug, nicht direkt zu lügen (zumindest, wenn man sehr sehr gnädig interpretiert), aber was er schreibt scheint bewusst vage und kann den unbedarften Leser in die Irre führen.

Deshalb kurz die Fakten zusammengefasst: Der 1979 havarierte Reaktor ist TMI-2. Die jetzt geplante Reaktivierung zur Erzeugung von mehr CO2-freiem Strom hingegen soll mit dem Reaktor TMI-1 passieren, der nach dem Unfall vorsichtshalber abgeschaltet wurde, aber dann von 1985 bis 2019 einwandfrei lief und dann aufgrund des totregulierten US-Strommarktes nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war. Dank des ausufernden Stromverbrauchs der diversen IT-Hobbies wie „Cloud-Rechenzentrum“ und „KI“ steigt nun allerdings seit Jahren der Bedarf an zuverlässiger Stromerzeugungskapazität, und weil Wind, Sonne und Akkus es nicht bringen, muss man halt wieder auf bewährte Technik zurückgreifen. In diesem Falle soll Microsoft der Abnehmer sein – die haben vermutlich gemerkt, dass bei 24/7-Bedarf die Kernenergie in preislicher Hinsicht nicht zu schlagen ist unter den CO2-armen Stromerzeugungsmethoden.

Da natürlich kein Kommentar zur Kernenergie ohne Tschernobyl-Referenz auskommt: die Situation mit „Unfall in TMI-2, TMI-1 erzeugte danach noch jahrelang Strom“ entspricht ungefähr der Situation bei Tschernobyl Block 4 (Super-GAU) vs. Tschernobyl Block 1-3 (Stromproduktion bis 1991, 1996, 2000). Nicht mal beim bisher schlimmsten Kernenergie-Unfall der Menschheitsgeschichte traf das Lügenmärchen der Anti-Atom-Schwurbler „ganze Landstriche für Millionen Jahre nicht mehr nutzbar“ zu.

Der Unfall von TMI-2 ist in mehrerlei Hinsicht sehr interessant und ich empfehle jedem, der ein tieferes Interesse an Kernenergie hat, die Details zu studieren. Für den Hausgebrauch reicht es aber eigentlich, die Essenz des Ganzen zur Kenntnis zu nehmen: ohne gravierende externe Katastrophe (Tsunami, Meteoriteneinschlag, Extremerdbeben) schafft es ein Leichtwasserreaktor westlicher Bauart dank der diversen Sicherheitsbarrieren selbst bei gravierenden Bedienerfehlern maximal zu einer partiellen Kernschmelze, und der Gefahrenbereich endet am Kraftwerkszaun. Die Äquivalentdosis durch die freigesetzte Radioaktivität für die Anwohner der Umgebung war ungefähr „die Hälfte einer Röntgenuntersuchung der Brust“ oder etwa ein zweihundertstel der Jahresdosis durch natürliche Radioaktivität (US-Durchschnitt). Demzufolge wurden in den vielen Studien auch nie seriöse Hinweise auf gesundheitliche Auswirkungen jedweder Art gefunden.

Unterm Strich: genau wie Fukushima zeigt der Unfall von TMI-2 eindrucksvoll, wie sicher schon in den 70ern Kernkraftwerke waren. Und im Gegensatz zu Deutschlands Zerstörungswahn zeigt sich auch: das Einmotten eines funktionsfähigen Kraftwerks ist eine gute Idee, denn das kann man immer mal wieder brauchen, wenn sich die Umstände ändern. In diesem Falle bedurfte es nicht mal eines russischen Angriffskrieges.

Auch interessant: die „operating license“, vergeben durch die als eher kernenergiefeindlich bekannte NRC (aus deutscher Sicht wäre es vergleichbar mit einer von Jürgen Trittin geleiteten Behörde, allerdings nochmal deutlich teurer für die Betreiber), wurde 2009 verlängert bis zum Jahr 2034 – der Reaktor 1 ist 1974 in Betrieb genommen worden. Die Reaktivierungspläne sehen eine weitere Verlängerung auf 2054 vor. Ein gutes Beispiel für den Fall, dass mal wieder ein Unwissender argumentieren will, dass die im Vergleich jüngeren deutschen Reaktoren der (Vor-)Konvoi-Linie irgendwie schon am Ende ihrer möglichen sicheren Laufzeit angekommen wären. Nein, die 40 Jahre waren nur eine angedachte Mindestlaufzeit, aber wie andere Länder zeigen, sind 60 Jahre überhaupt kein Problem. Und vermutlich nicht mal 80 Jahre. Ein qualitativ hochwertiges KKW ist ein echter Langläufer. Außer in Deutschland natürlich, dem Land mit der dümmsten Energiepolitik weltweit.

Die unerträgliche Machtgeilheit der CDU

Die CDU hat einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der SED (inzwischen in „Linkspartei“ umbenannt, die Älteren erinnern sich). Viele Mitglieder der Linkspartei sind ausgetreten und haben sich hinter der ehemaligen Chefin der Kommunistischen Plattform in der SED in einer neuen Partei namens BSW versammelt. Die CDU spricht jetzt in Thüringen und Sachsen mit dem BSW.

Eine ähnlich kreative Variante wäre, wenn die Parlamentarier der AfD in Thüringen eine neue Partei gründen – damit wäre der Brandmauerbeschluss nicht mehr bindend für diese neue Partei und die CDU könnte endlich eine rechskonservative Regierung bilden.

Früher haben CDUler (und meines Wissens FJS) ab und zu die Politiker auf der linken Seite als „vaterlandslose Gesellen“ bezeichnet. Vielleicht sollte man die CDUler jetzt „gewissenlose machtgeile Gesellen“ nennen. Und die Presse greift die Gesamtproblematik natürlich auch kaum auf. Klar, denn das BSW ist das neue Darling unserer nicht gänzlich unparteiischen Presse. „Nicht gänzlich unparteiische Presse“ – das wird sicher nominiert in der Kategorie „heftigste Untertreibung des Jahres“.

Eine neue elegante Beleidigung

Seit ich mir Anfang der 90er ein Modem zugelegt habe, bin ich in Diskussionsforen aktiv. Fidonet, Mausnetz, Usenet, später in Webforen. Die meisten zeichneten sich durch harte Diskussionen durchsetzt mitunter von nicht sehr freundlichen Kommentaren aus. Manchmal holzhammerartige Angriffe wie „Du schwurbelst Schwachsinn“ oder „So eine Grütze habe ich lange nicht gelesen“, teilweise etwas subtiler und vordergründig höflicher wie „Diese Betrachtung erscheint mir deutlch zu unterkomplex“ oder „Intellektuell einfacher strukturierte Menschen haben, wie man hier erkennen kann, ja öfter Pech beim Nachdenken“.

Jetzt endlich gibt es im Arsenal eine neue Beleidigung, die zumindest für den Moment durchaus Eleganz verströmt: „Hat das eine KI geschrieben?“ Da schwingen gleich multiple Vorwürfe mit: „schön formuliert, leider falsch“. „Inkohärenter und unlogischer Schwachsinn“. „Nicht mal etwas Mühe gegeben, sondern das Schreiben einer Maschine überlassen – was für eine Verachtung der Mitdiskutanten“.

Das Ganze passt natürlich nur so lange, bis tatsächlich ein signifikanter Anteil der Diskussionsbeiträge durch KI-Bots erzeugt werden. Manche sagen, dieser Punkt sei schon lange erreicht bzw. überschritten, insbesondere in Anbetracht der russischen Trolloffensive in diversen Diskussionsforen seit mindestens Februar 2022. Ich glaube das nicht – die Beiträge sind überwiegend hanebüchen und in katastrophal schlechtem Deutsch oder Englisch formuliert, ich kann mir nicht vorstellen dass Russland bei der KI so viele Jahre dem Stand der Technik hinterherhinkt. Insofern passt diese Beleidigung als Reaktion leider nur bei den seltenen Beiträgen, die nicht vor Rechtschreib- und Grammatikfehlern strotzen.

Die vier Phasen des Abstiegs

Der Brückeneinsturz zu Dresden ist Anlass für diese Überlegung. Woran erkennt man, dass sich eine Volkswirtschaft in einem Abwärtsstrudel befindet? Eine Skizze anhand des Zustandes der Straßenverkehrsinfrastruktur.

Der Normalzustand einer entwickelten wohlhabenden Industrienation ist eine einwandfreie, sichere und leistungsfähige Infrasruktur. Neubau und Instandhaltung laufen kontinuierlich, alternde Bausubstanz wird rechtzeitig saniert oder abgerissen und neu gebaut. Westdeutschland in den 80ern und 90ern dürfte ein gutes Beispiel für diesen Zustand sein.

Verlässt ein Land diesen Zustand, beginnt zuerst die Phase der Einschränkungen. Auf den Autobahnen werden Spuren gesperrt, Sanierungen dauern ewig und werden zeitlich zwecks Einsparungen lange gestreckt, es wird von der Substanz gelebt. Der Standstreifen wird temporär auf stark belasteten Strecken als Fahrspur freigegeben. Auch gerne genommen: Tempolimit auf Brücken, LKWs müssen Mindestabstände einhalten. So etwas wie der Einsturz einer Brücke ist aber immer noch nur im Falle von Naturkatastrophen denkbar.

Die nächste Phase des Niedergangs erleben wir jetzt. Das Prüfsystem für Infrastrukturteile wie Brückenbauwerke ist noch intakt und stellt den Niedergang fest – am Beispiel der Dresdner Carolabrücke verdeutlicht: die letzte TÜV-Untersuchung von 2021 ergab gravierende Mängel und Zweifel an der Brückenstabilität. Leider folgt aus diesem Prüfergebnis aber nichts mehr, weil die Verantwortlichen entweder zu dumm oder zu bösartig sind und Geld lieber für ideologischen Quatsch ausgeben als für den Erhalt der Infrastruktur. Diese Phase ist also gekennzeichnet durch ein Umsetzungsdefizit, nicht durch ein Erkenntnisdefizit – jedenfalls was gebildete, logisch denkende Menschen angeht. Dresdner Verantwortliche haben ja bis zuletzt den schlechten Zustand der Brücke geleugnet und sogar verhindert, dass der Öffentlichkeit eine ehrliche Bestandsaufnahme zur Verfügung gestellt wird. Nebenbei: dass die überregionale Presse sowie Rundfunk und TV solche Skandale, die auch Leib und Leben gefährden, nicht mehr für berichtenswert hält (oder alternativ: nichts davon wusste), ist ebenso erschreckend wie erwartet.

Die kommende Phase wird dann das Einstellen der Prüfbemühungen sein. Wenn aus Prüfungsergebnissen keine Aktion mehr abgeleitet wird, ist es ja nur folgerichtig, dass man wegen Sinnlosigkeit die Prüfungen einfach unterlässt. Spart Geld und ändert nichts. Dann können wir endlich wieder alle zusammen völlig überrascht davon sein, wenn irgendwo in Deutschland eine Brücke einstürzt.

Willkommen in Absurdistan. Die Dümmsten der Politiker werden jetzt wieder ein Aufheben der Schuldenbremse fordern, weil man ja die eigentlich für die Infrastruktur gedachten Einnahmen aus KfZ-Steuer und Mineralölsteuer (in gigantischer Höhe! Aber klar, die müssen ja auch noch zur Quersubvention des Schienenverkehrs herhalten) für anderweitige, sinnlose Ausgaben verplant hat.