Sag’s dem Lesch

Der von mir früher (als er noch – als gelernter Astrophysiker naheliegend – des Nächtens Astrophysik erklärt hat) hochgeschätze Harald Lesch, der inzwischen zu einem typischen links-grünen Pseudo-Umweltaktivist mutiert ist und ins Horn “Klimakatastrophe kommt und ist fürchterlich, aber die Lösung Kernenergie müssen wir leider ausschließen weil böse” bläst, hat neulich im ZDF, wo er aus mir unerfindlichen Gründen für seine Propaganda reichlich Sendezeit bekommt, eine Frage gestellt und um eine Antwort gebeten. Dem will ich gerne nachkommen.

Ich denke es war in “Leschs Kosmos”, als es natürlich wieder um die dräuende Klimakatastrophe ging. Der Satz ging ungefähr so: “Wer jetzt als Lösung Kernenergie vorschlägt, muss auch sagen, wie die Lösung für die Endlagerung aussieht.” Es wird Professor Lesch sicher schockieren (oder auch nicht, als Wissenschaftler hat er sich ja sicherlich intensiv mit der Materie auseinandergesetzt und kennt die Sachlage vielleicht sogar so gut wie ich, führt die Zuseher aber lieber in die Irre): Ich kann da sogar mit drei Lösungen dienen.

Lösung 1 ist, das Zeugs einfach in tiefen geologisch stabilen Schichten zu verbuddeln. Die Finnen haben das in die Tat umgesetzt, in Deutschland scheitert das seit den 80ern an ewiger Bedenkenträgerei- denn aus geologischer Sicht ist ein unberührter Salzstock, wie er in der norddeutschen Tiefebene reichlich vorkommt, nahezu optimal. Nur Katastrophenspezialisten, die sowohl 100%ige Sicherheit gegen Meteoriteneinschläge sowie die zu erwartenden kilometerdicken Eispanzer der kommendem Eiszeit (war nicht gerade noch Klimaerwärmung?), haben an dieser Lösung etwas auszusetzen. Mein Vorschlag wäre ja, den Abfall aus kerntechnischen Anlagen ganz normal gemäß seiner Giftigkeit mit dem restlichen Giftmüll endzulagern, aber soviel Pragmatismus werde ich zu meinen Lebzeiten wohl nicht mehr erleben. Noch ein Tipp zur Erkennung üblicher Propagandatricks: gerne wird das Versuchsbergwerk Asse mit einem unberührten Salzstock in einen Topf geworfen. Weil beides ja irgendwie Salz. Und dann wird der unwissenschaftliche Aktivismus von Herrn König und Co von einer gründurchseuchten Behörde als Beweis genommen, dass es bei den Sanierungsplänen rund um die Asse um die dringende Bekämpfung eines tödlichen Risikos geht. Aber ich schweife ab.

Lösung 2 ist die Nachbearbeitung des Abfalls durch Separation (in den “abgebrannten” Brennelementen steckt noch jede Menge Uran und auch spaltbares Plutonium drin, aus dem man noch viele Jahrzehnte viel Energie gewinnen kann) und Transmutation in Reaktoren mit entsprechendem Neutronenspektrum. Das führt zum einen zur besseren Nutzung des Brennstoffes, und zum anderen zu einem Abfall, der nur etwa 500 Jahre gelagert werden muss, um auf ein ungefährliches Niveau endgültig zu zerfallen. Also ungefähr auf das Niveau von Natururan, das bekanntlich überall rumliegt und auch im Trinkwasser vorkommt. Für die Lagerung reicht also ein Bunker in einer trockenen Gegend. Durch ein paar Meter Beton versiegeln und fertig – für die typischen Schreckgespenster “wir müssen das Lager bis zum Ende der Menschheit bewachen, das kostet Unmengen an Geld” der Antiatomschwurbler gab es sowieso nie eine sachliche Basis, aber an diesem Beispiel wird das auch den intellektuell eher einfach strukturierten Menschen klar.

Lösung drei ist “Nach einem Jahrhundert Lagerung im Zwischenlager: verdünnen und ab ins Meer”. Klingt erst mal nach Umweltsauerei. Ist aber bei näherer Betrachtung kein tatsächliches Problem: die Ozeane sind riesig und selbst radioaktiv. Der zusätzliche Eintrag an Radioaktivität wäre nicht relevant. Zumal die radioaktiven Bestandteile mit kurzer Halbwertszeit bereits lange bei ihrem stabilen Isotop in der Zerfallsreihe angekommen sind. Ebenfalls hilfreich: durch die immense Energiedichte sind die Abfallmengen extrem klein. Nun kann man natürlich aus prinzipiellen Gründen gegen die Entsorgung von Abfall im Meer sein – so wie man gegen die Entsorgung von CO2 und Schadstoffen in die Atmosphäre sein kann. Aber man sollte nicht Minimalrisiken zur absurd übersteigerten Gefahr für Leib und Leben aufblasen.

Noch ein Wort zum Bedrohungsszenario “Terroristen kommen an den Müll ran und bauen eine schmutzige Bombe”: “schmutzige Bomben” sind, wenn sie auf der Verteilung von radioaktivem Material basieren, ein typisches Hypochonderproblem wie damals die radioaktiven Wildschweine im bayrischen Wald nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl: die Menge an Radioaktivität, der der einzelne selbst theoretisch ausgesetzt werden könnte, ist weit unter dem, mit dem der Mensch nachweislich prima (und tendenziell lebensverlängernd – siehe “Radiation Hormesis”) leben kann. Grüße nach Colorado, nach Ramsar und in den Schwarzwald. Und im Angesicht der drei vorgeschlagenen Lösungen sowieso eine höchst theoretische Angelegenheit: sollten Terroristen die technischen und finanziellen Fähigkeiten haben, durch den dicken Beton eines Bunkers, durch tausend Meter Deckgebirge eines Endlagers oder durch die Wand eines CASTOR-Behälters zu bohren – warum würden solche Terroristen nicht lieber gleich eine echte Atombombe bauen? Oder das radioaktive Material anderweitig beschaffen oder produzieren?

Bonusdenkanregung für Aufgeweckte, deren Hirn noch nicht von der Antiatomschwurbler-Propaganda verödet wurde: wenn beispielsweise Plutonium ein solch gefährlicher Stoff ist, wäre dann nicht der beste Platz für Plutonium ein laufender Kernreaktor?

Am Ende noch der obligatorische Hinweis: wer gegen Kernenergie ist (und insbesondere für die Abschaltung und den Rückbau von einwandfrei funktionierenden Kernkraftwerken), behauptet implizit gleichzeitig, dass CO2-Ausstoß in Wahrheit kein Problem ist. Jede kWh Strom aus Kernenergie spart eine kWh aus Kohle ein – zumindest in Deutschland. Und das noch für sehr sehr lange Zeit.

Unwort des Jahres: “Sanierungsstau”

Ich will nicht über marode Autobahnbrücken, den Digitalisierungsstand unserer Behörden oder den Zustand des Schienensystems der Deutschen Bahn referieren. Denn dort wäre es ja eine zutreffende Beschreibung der Misere. Nein, die oftmalig irreführende Verwendung im Bereich der Wohngebäude soll das Thema sein.

Gerne erwähnt wird der “Sanierungsstau” in Propagandaartikeln rund um die energetische Sanierung und die Energiewende – gerade habe ich es in einem Artikel zum Thema Immobilienpreise gelesen. Was, noch keine Wärmepumpe eingebaut? Sanierungsstau! Was, noch nicht die Fenster getauscht und die Sparrendämmung durch die Aufdachdämmung ersetzt? Sanierungsstau! Was, noch keine Fußbodenheizung? Sanierungsstau! Man könnte fast meinen, dass “Sanierung” etwas ist, was der Hausbesitzer gerne und häufig macht. Oder zumindest machen sollte. Weil…ja, warum eigentlich?

Für einige Zeitgenossen scheint es Hobby und Berufung gleichzeitig zu sein, möglichst viel Geld (und wenn es geht auch noch Zeit) zu verschwenden. Gerne auch das Geld und die Zeit anderer Leute. Für unsereins hingegen – die wenigen übriggebliebenen Vertreter der Fraktion lebt-nicht-von-Steuergeld-und-schlechten-Ratschlägen – sollten sich solche Maßnahmen auch irgendwann mal rechnen. Vorzugsweise zu unseren Lebzeiten. Also: Bleistift raus, Überschlagsrechnung steht an.

Nehmen wir ein fiktives kleines Häuschen. Bewohnt von 3 Personen, 200qm Wohnfläche, aus der Zeit der ersten Wärmeschutzverordnung. Also Anfang bis Mitte der 80er ungefähr. Bisher unsaniert was die Dämmung angeht, noch mit der Original-Ölheizung drin. Nicht mal Brennwerttechnik, sondern Niedertemperatur. Normale Heizkörper im ganzen Haus, und natürlich die guten damals “state-of-the-art”-doppelverglasten Fenster. Wärmebedarf im Jahr unter 25000kWh. Davon zu Heizzwecken vermutlich um die 20000kWh. Verursacht nach derzeitigem Heizölpreis ungefähr 2000€ Heizkosten pro Jahr.

Der durchschnittliche Energieberater (also jemand von der Fraktion lebt-weitgehend-von-Steuergeld-sinnlosen-Gesetzen-und-schlechten-Ratschlägen) wird jetzt das Standardprogramm vorschlagen. Aufdachdämmung, Fenster tauschen, Fassadendämmung. Auf keinen Fall unter 100000€ zu haben. Und wir reden hier noch nicht von einer wärmepumpengeeigneten Sanierung, da müsste man nochmal nachlegen – größere Heizkörper oder eine Fußbodenheizung, um die Vorlauftemperatur senken zu können beispielsweise. Und natürlich eine Wärmepumpe kaufen.

100000€ kann man gerade konservativ anlegen und 3500€ Zinsen im Jahr dafür bekommen, bleiben nach Steuern rund 2500€ netto übrig (den Freibetrag hat der sparsame Schwabe natürlich schon mit anderen Zinseinkünften abgefrühstückt, deshalb geht der hier nicht in meine Vergleichsrechnung ein). Mit anderen Worten: die Maßnahmen amortisieren sich niemals. Dafür gibt es zuhause zum Ausgleich eine längere Baustelle, das Änderungsrisiko von Schimmelbildung bis unfähigen Handwerkern und ein Sparpotenzial von real 1000€ bis 1500€ im Jahr. Zuzüglich Zeitaufwand natürlich, denn noch nie lief eine Sanierungsmaßnahme ohne Zutun des Hausbesitzers ab.

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass in den letzten 40 Jahren bei dieser Ausgangssituation nur komplette Idioten, die nicht rechnen können, so ein Häuschen saniert hätten. Clevere Subventionsjäger haben vielleicht eine hauptsächlich vom Staat finanzierte Pellet-Heizung zwischendrin abgestaubt, das hat Chancen auf Amortisation, wenn der Pellet-Preis mitspielt. Oder jemand hat die noch vor wenigen Jahren den alternden Ölbrenner durch eine kompakte Gastherme ersetzt und so das Tanklager in einen Hobbyraum umgewandelt. Das sind jetzt aber die einzigen Szenarien, die mögliche Amortisation zu Lebzeiten versprechen. “Dämmung” gehört jedenfalls – bei diesen Baujahren und später – niemals dazu.

Es lebe der Sanierungsstau. Der einzige Stau, der sich finanziell und zeitlich auszahlt.

Nachtrag 2024-03-24

Besonders weltfremd sind übrigens die Stimmen, die “Sanierung” empfehlen um den Wiederverkaufswert einer Immobilie zu stabilisieren. Kompletter Schwachsinn, denn der nächste Besitzer kann z.B. lieber eine Holzhackschnitzelheizung wollen oder kommt preiswert an Brennholz und will den Kachelofen stattdessen viel stärker nutzen. Oder würde das Dach gerne mit Photovoltaik zupflastern und die Wärme per Heizstab mit Überschussstrom erzeugen. Oder kann Wärmedämmung viel preiswerter in Eigenleistung erledigen. Es ist wie bei Sonderausstattung im Auto: beim Wiederverkauf wird einem nur ein viel zu kleiner Bruchteil des Neupreises bezahlt. Nichtsanierung ist finanziell gesehen fast immer die richtige Entscheidung.

Herzliche Grüße übrigens an alle, die sich vor zehn Jahren eine Wärmepumpe aufschwätzen haben lassen und nun zum halben Preis eine viel bessere Jahresleistungszahl bekommen könnten. Oder die, die in eine leider nicht optimal feuerhemmende Fassadendämmung investiert haben und nun einen saftigen Aufpreis bei der Gebäudeversicherung hinnehmen dürfen. Oder die, die dank “Solarpflicht” in unserem südwestlichen Lieblingsbundesland sich Solarthermie aufs Dach geschraubt haben, um dann rauszufinden, dass das während der kalten Wintermonate wirklich kaum Unterstützung für die Heizung liefert und die Dachfläche besser für eine PV-Anlage genutzt werden würde.

Verständnis für Habeck

Robert Habeck hat sich mal wieder zu einem Thema zu Wort gemeldet, von dem er wirklich gar keine Ahnung hat: zur Auswahl des Ausrüsters des DFB ab 2027.

Nun kann ich mich nicht daran erinnern, dass Habeck zu irgendeinem Thema mal etwas für mich Nachvollziehbares geäußert hat. Der Mann scheint eine echte Inselbegabung zu haben, die Insel hat nur noch niemand gefunden. Wenn ich mir seine Kernkompetenz (Kinderbuchautor) vor Augen führe, könnte es Lummerland sein.

Das DFB-Kriterium für die Auswahl des Ausrüsters scheint mir recht einfach zu sein: wer am meisten bezahlt, bekommt den Zuschlag. Einfach, nachvollziehbar, marktwirtschaftlich, ohne Vetterleswirtschaft, ohne Rückfrage nach Erlaubnis bei der hohen Politik. Klar, dass Habeck, der König der Sonderlocken, der Spezialist für komplizierte und maximal ineffiziente Lösungen, der Meister der Ausgabenaufblähung, nix damit anfangen kann. Da muss man schon mal Verständnis aufbringen.

Habeck war übrigens nicht allein mit seiner unqualifizierten Einlassung – auch Söder wollte sich blamieren. Und Rhein. Und Lauterbach. “Avanti Dilettanti” kommt mir da in den Sinn, oder “Populisten aller Parteien, vereinigt Euch!”. Dummheit kennt halt keine Parteigrenzen.

Besonders amüsant natürlich, dass ausgerechnet Habeck plötzlich die patriotischen Gefühle übermannen. Wer sein inzwischen berühmtes Zitat aus grauer Vorzeit nicht kennt, hier nochmal im Original: “Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen.”

Presseenttäuschungen zum Jahresende

Ergänzung 2023-12-29 – siehe unten

Immer, wenn ich diverse Presseerzeugnisse querlese oder Zeuge von anderen qualitätsjournalistischen Kapitalverbrechen werde, denke ich “ich müsste jeden einzelnen Schreibfehler, jede falsch oder irreführend zitierte Quelle, jeden logischen Fehlschluss in einem Blogartikel aufgreifen”. Aber dann erkenne ich: das würde täglich mehrere hundert Stunden Arbeit bedeuten, nur um nachzuweisen, dass die Journaille beim Niveaulimbo problemlos Jahr für Jahr ein gutes Stück tiefer rutscht. Was inzwischen eh jeder weiß, bei dem die Chance besteht, dass er Wahrheit und Lüge voneinander überhaupt unterscheiden kann.

Heute belasse ich es, ohne Namen zu nennen, bei den folgenden Beobachtungen: die einen schreiben Sylvester (der Kater aka “Mietzekatze” von Tweety) und meinen Silvester (den letzten Tag des Jahres im gregorianischen Kalender und nach Papst Silvester benannt). Die anderen können nicht mal den Vornamen von Wolfgang Schäuble buchstabengetreu in einer Überschrift unterbringen. Und dann gibt es noch die, die den VW-Diesel-Abgasskandal auf gefälschte CO2-Werte zurückführen.

“Professioneller” Journalismus ist Vergangenheit. Kann weg. Keine Sorgfalt, keine Qualität, kein Hintergrundwissen, keine Faktentreue, kein Mehrwert – mehr Kosten als Nutzen, mehr Schein als Sein, mehr Propaganda als Berichterstattung. Die wenigen rühmlichen Ausnahmen bestätigen die Regel.

Ergänzung vom 2023-12-29

Den größten mir bekannten Presse-Fail des Jahres 2023 habe ich doch jetzt glatt vergessen. War schon Ende November/Anfang Dezember, ich erinnere mich nicht mehr präzise. Jedenfalls hat unsere Lokalzeitung groß mit Bild aufgemacht, sinngemäß unter dem Titel “Planungen für die WM in Stuttgart” und ich dachte so – cool, eine Weltmeisterschaft, welche Sportart haben sie denn da – endlich mal wieder nach der legendären Leichtathletik-WM 1993 – ins Ländle geholt. Dann fiel mein Blick auf das Bild, und das war İlkay Gündoğan im DFB-Dress. Watt? Ich lese den Text dazu, und da steht tatsächlich und wahrhaftig “Fußball-Weltmeisterschaft 2024 in Deutschland”. Diese Mischung aus Gleichgültigkeit, Nichtwissen und Dummheit kann einen wirklich in den Wahnsinn treiben. Presse: kann weg.

Vorwahlabendspannung

Es wird mal wieder gewählt. Die Landtage in Bayern und Hessen, um genau zu sein.

Nun werden Landtagswahlen in ihrer Bedeutung gerne überschätzt. Die Länder haben in der Gesetzgebung relativ wenig zu melden, die Hälfte der Zeit scheint eh draufzugehen, um mit Bund und Kommunen in ein Kostengeschacher zu gehen, egal ob es um das Deutschlandticket, die Kita-Versorgung oder die Unterbringung von Wirtschaftsflüchtlingen geht. Der Föderalismus in Deutschland leidet eben unter der typischen deutschen Krankheit namens “Verantwortungsdiffusion” – niemand weiß mehr genau, wer was zu entscheiden, zu verantworten und zu finanzieren hat. Die Politik hat über die letzten mindestens 60 Jahre erfolgreich ein solches Kompetenzwirrwarr angerichtet, so dass nicht nur die Wähler, sondern auch die Politiker nicht mehr wissen, was eigentlich Sache ist.

Am Ende werden die, die eher verlieren, den “Gegenwind der Bundespolitik” verantwortlich machen, und natürlich, dass man dem Wähler die vielen wichtigen landespolitischen Themen nicht nahebringen konnte. Es liegt natürlich nie an den eigenen Inhalten. Außer, man gewinnt – dann war natürlich alles dufte und der Wahlkampf super und bundespolitischer Rückenwind spielte kaum eine Rolle. Wobei die Frage ist, welche Partei denn überhaupt von der Bundesebene gerade Rückenwind verspüren könnte.

Wie dem auch sei, der Ausgang dieser beiden Wahlen ist für den interessierten Beobachter trotzdem spannend. Wird die AfD ihren demoskopischen Höhenflug diesmal auch in ein entsprechendes Wahlergebnis ummünzen können? Wird das Anti-AfD-Dauerfeuer des vereinigten deutschen Qualitätsjournalismus Wirkung zeigen? Ist die Schmutzkampagne des Neuen Süddeutschlands (aka Prantl-Prawda) gegen Aiwanger wirklich komplett nach hinten losgegangen oder ist etwas hängen geblieben? Werden wir dank Nancy Faeser nun erfahren, wie groß die reine Stammwählerschaft der SPD in Hessen tatsächlich ist? Wird bei den Grünen nun der umgekehrte Effekt gegenüber der Bundestagswahl eintreten – damals demoskopisch überschätzt und vom Wähler gestutzt, jetzt demoskopisch eher zurückhaltend (wenn auch, die Ampel-Performance zu Grunde legend, immer noch überraschend hoch) eingeschätzt – gibt es jetzt eine Überraschung in die andere Richtung? Wer schon mal Katharina Schulze zugehört hat, kann das zumindest für Bayern kaum für möglich halten.

Meine Prognose für Bayern ist: CSU auf Niveau 2018, SPD einstellig, FW vor AfD vor Grün, FDP und Linke raus. Meine Prognose für Hessen ist: CDU deutlich vorne; AfD, SPD und Grüne gleichauf deutlich dahinter; FW, FDP und Linke raus.

Das Wichtigste ist eigentlich, dass Markus Söder am Ende nicht als der große Triumphator aus dem Wahlabend rausgeht – denn einen Söder als Kanzlerkandidaten, das hat nun wirklich keiner verdient. Außer den Merkel-CDU-Wählern natürlich.

Grundsätzliche Überlegungen zum Fortgang des Krieges

Vieles wurde schon geschrieben, viel wird spekuliert, in die eine oder andere Richtung. Das will ich doch jetzt auch mal versuchen.

Als gegeben nehme ich mal hin, dass der jetzige Status Quo für beide Kriegsparteien nicht annehmbar ist. Wer auch immer nach Verhandlungen ruft, hat den Schuss nicht gehört. Die Russen wollen eine vollstände Eroberung der Ukraine inklusive Einsetzen einer Marionettenregierung und anschließender Säuberung von den vielen Millionen Nazis in der Ukraine. Die Ukrainer wollen eine vollständige Wiederherstellung der Landesgrenzen von 2014. Inklusive Krim selbstverständlich, die völkerrechtlich bekanntlich klar zur Ukraine gehört, eigentlich auch garantiert von Russland. Früher mal.

Klar scheint mir auch, dass ein Verhandlungsergebnis mit dem heutigen Russland keinen Schuss Pulver wert ist. Bestehende Verträge, selbst bei so Kleinigkeiten wie Gaslieferungen über Nord Stream, wurden gebrochen. Die großen völkerrechtlichen Verträge wie das Budapester Memorandum und die NATO-Russland-Grundakte ebenso. Wer sollte darauf vertrauen, dass ein Vertrag mit Russland irgendeine Bedeutung hat? Minsk/Minsk II (da war Russland nur Verhandlungspartei, aber nicht Vertragspartei – auch so eine merkwürdige Konstellation, die direkt aus dem Hirn von Angela Merkel stammen könnte) als letztes Beispiel, das hat bestenfalls ein paar Tage gehalten. Man lese die Berichte der OSZE-Beobachtermission aus 2014ff.

Es erscheint demzufolge wahrscheinlich, dass es einen längeren Krieg gibt. Die entscheidenden Faktoren werden also Personal, Material, Taktik und Strategie sein. Beim Personal sehe ich eher ein Patt. Zwar hat die Ukraine natürlich eine sehr viel kleinere wehrfähige Bevölkerung, aber Russland hat eine deutlich schlechtere Mobilisierungsposition – Russland muss auch andere Grenzen sichern, Russland kann schwerlich eine Generalmobilmachung für eine militärische Spezialoperation begründen, Russland muss auch seine industrielle Produktion für die Kriegswirtschaft am Laufen halten. Nicht zu vergessen die Nahrungsmittelproduktion – durch den Verfall des Rubels ist Russland quasi nicht in der Lage, diese Dinge aus dem Ausland zu beschaffen. Und wenn das Volk hungert, wird es schnell ungemütlich. Die Ukraine hingegen kann vollständig mobilisieren für den Kampf und den Rest an die westlichen Unterstützerstaaten auslagern – Industrieproduktion, Nahrungsmittelproduktion, und das alles quasi ohne Bezahlung als Spende.

Beim Material sehe ich die Dinge auch eher ausgeglichen, tendenziell mit leichten Vorteilen für die Ukraine. Russland ist in der Lage, Low-Tech in erheblichen Mengen selbst zu produzieren – Artillerie, Munition, Schusswaffen, Raketen, Marschflugkörper, Gleitbomben – das sollte alles kein Problem sein. Bei komplexerem Kriegsgerät wie Präzisionsmunition, Kampfpanzer, Kriegsschiffe oder Kampfflugzeuge würde ich schon eher ein Fragezeichen setzen. Selbst Kriegsgerät von der Qualität der noch 1990 von der SU produzierten Waffen wie ein T-90 oder eine Mig-29 würde ich für schwierig halten – die Produktionsanlagen wurden abgebaut, ob da noch qualifizierte Fachkräfte vorhanden sind um das wieder zeitnah aufzubauen ist zu bezweifeln. Neueres Kriegsgerät krankt daran, dass reichlich Zeugs vom Weltmarkt eingebaut wurde – da ist jetzt die Beschaffung diverser Komponenten durch das Sanktionsregime erheblich erschwert, wenn auch nicht verunmöglicht. Wenn die diversen Beobachtungen zu den eingesetzten Waffentypen von Oryx & Co stimmen, wird das Material immer älter (sprich: kommt aus den eingelagerten Beständen) anstatt jünger. Irgendwo habe ich gelesen, Russland würde jetzt pro Monat 200 neue Kampfpanzer produzieren – an der Front wurden diese jedenfalls noch nicht gesichtet.

Die Ukraine hat da gänzlich andere Probleme, da sie weitestgehend am Tropf der westlichen Unterstützer hängt. Dort sind die Bestände zwar noch in ausreichender Zahl vorhanden, aber logistisch ist es natürlich ein Alptraumszenario, gleichzeitig schwedische, französische, britische, amerikanische und deutsche Kampfpanzermodelle in die Schlacht zu werfen. Andererseits besteht hier noch ausreichend Eskalationspotenzial – in den Arsenalen schlummern noch jede Menge Waffensysteme, die noch nicht ins Schlachtfeld geführt wurden. Siehe im Moment die Diskussion über die Taurus-Marschflugkörper. Vor allem westlichen Kampfflugzeuge sind momentan ja noch vollständig abwesend, da gäbe es noch reichlich Potenzial. Die Frage ist da eher, wann und ob geliefert wird. Auch die Idee, dass nicht ausreichend nachproduziert werden kann, halte ich für abwegig. Punktuell hat man schon gesehen, dass mit ein paar Monaten Vorlauf praktisch alles in Richtung Munition und Ersatzteile in erheblichen Mengen nachproduziert und instandgesetzt werden kann. Sogar, wenn die Entscheidungswege so lang sind wie bei unserer Bundesregierung.

Bei Taktik und Strategie sehe ich den Vorteil auch eher auf Seiten der Ukraine. Die Russen haben sich bisher in diesem Konflikt selten dämlich angestellt, vermutlich hauptsächlich aufgrund der Überschätzung der eigenen Stärke und Fähigkeiten. Seit dem Reality Check haben die Russen wenig mehr zustande gebracht als sich einzugraben, defensive Stellungen zu errichten und maximal noch Nadelstiche zu setzen. Was soll denn das für eine Strategie sein? Dass Russland ernsthaft glaubt, einen Abnutzungskampf, eine Materialschlacht gegen die westliche Industrieproduktionskapazität zu gewinnen – unverständlich. Vielleicht sollten sie mal ein paar Historiker und Sachverständige zum vorigen Weltkrieg befragen, auf wessen Unterstützung Russland damals massiv angewiesen war.

Ich würde mein Geld auf die Ukraine setzen. Von der Wankelmütigkeit der westlichen Unterstützer, auf die Putin wohl hauptsächlich gesetzt hat, ist im Moment noch wenig zu sehen. Dass ein möglicher Wahlsieger Trump da einen entscheidenden Unterschied macht, glaube ich nicht – für die USA ist es doch strategisch eine goldene Gelegenheit, das konventionelle Arsenal eines alten Feindes dramatisch abzurüsten, ohne eigenes Personal dafür in den Krieg führen zu müssen. Diese Sachlage lässt sich einem “Dealmaker” wie Trump sehr einfach erklären. Jeder russische Panzer, der in der Ukraine zerstört wird, ist eine Sorge weniger für die NATO und die USA. Und die Europäer wissen genau, dass ein Sieg Russlands für sie sehr teuer werden würde – alleine die Masse an Flüchtlingen aus der Ukraine wären kaum bewältigbar.

Auf der anderen Seite muss man natürlich konstatieren, dass die Chancen der Ukraine auf einen vorteilhaften Ausgang nur existieren, solange die westlichen Unterstützer weiterhin willig sind. Und nur weil eine weitere Unterstützung nach gesundem Menschenverstand geboten und vernünftig ist, heißt das noch lange nicht, dass unsere Politiker das Gebotene und Vernünftige auch tatsächlich tun werden. Eine Art Restrisiko.

Bergkarabach und was das über Russland aussagt

Ist der erste Dominostein gefallen, oder ist es einfach bloß Zufall ohne weitere Bedeutung? Ich habe in vorherigen Posts zum Thema mal den Verdacht geäußert, dass sich an Russlands Rändern bzw. den ehemaligen Sowjetrepubliken durch die unterirdische Performance des russischen Militärs einige Player ermutigt fühlen könnten, mal schnell Fakten zu schaffen, während der Großteil der russischen Truppen in der Ukraine damit beschäftigt ist, eine Niederlage zu vermeiden oder zumindest hinauszuzögern.

Nun hat also Aserbaidschan (oder Azerbaijan in der englischen Sprachwelt) als erstes Fakten geschaffen und die armenische Enklave Bergkarabach, auch Nagorny Karabach (oder Nagorno-Karabak in den US-Medien) genannt, annektiert. Oder befreit. Oder befriedet. Oder besetzt. Kommt drauf an wen man fragt.

Nun ist das – die Armenier werden das vielleicht anders sehen – weltpolitisch gesehen völlig unbedeutend, wem dieser Landstrich, der seit den 20ern des letzten Jahrhunderts umstritten ist, nun letztlich “gehört”. Aber: als das letzte Mal dort Zoff war, hat Russland eingegriffen auf der Seite der Armenier, und hat gar “Friedenstruppen” da gelassen. Man kann also davon ausgehen, dass der jetzige Zustand nicht die ungeteilte Zustimmung Moskaus erfährt. Und es sieht nicht so aus, wie wenn Moskau etwas dagegen tun kann oder will.

Mal sehen, ob sich das nun weiter ausbreitet. Georgien, Kasachstan, Usbekistan, Turkmenistan, Kirgisistan, Moldau…da ist noch Luft nach oben. Ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse auf dem Tisch. Aber ein Alarmsignal für den nahenden russischen Zusammenbruch wäre wohl nur, wenn sich Weißrussland abwendet.

Zum Umgang mit Russland

Spätestens mit dem Beginn des russischen Angriffskrieg mitten in Europa gegen die Ukraine wird wieder über das Großthema “Geld verdienen und Moral” diskutiert. Meist in Bezug auf das Konzept “Wandel durch Handel” (alternativ “Wandel durch Annäherung”), das irgendein Illusionär und/oder Naivling (vermutlich Egon Bahr) in den 60ern des vergangenen Jahrhunderts ins Spiel gebracht hat.

Schon die erste Implementierung des Konzepts, die neue Ostpolitik der sozialliberalen Koalition ab 1969, ist ja ein kapitaler Fehlschlag gewesen. Das Ende des eisernen Vorhangs und der kommunistischen Diktatur im Osten Europas endeten wegen der Pleite des Kommunismus, forciert durch die clevere Strategie “wir rüsten sie einfach tot” die maßgeblich auf Ronald Reagan zurückgeht. Mit einem nicht zu unterschätzenden Beitrags des damaligen Technologie-Embargos nebst dem beginnenden Informationszeitalters – der Neid im Osten auf den Wohlstand im Westen war m.E. ein signifikanter Treiber der friedlichen Revolution beginnend in 1989.

Besonders die Gasgeschäfte oder generell Rohstoffgeschäfte mit Russland werden ja rückblickend als irgendwie verwerflich dargestellt. Ich halte das für eine merkwürdige Einschätzung. Ich bin strikt gegen eine Vermischung von politischem Moralisieren mit wirtschaftlichen Interessen. Ist doch eine super Sache, wenn wir Gas preiswert von Russland kaufen können. Dumm war halt nur sich in die Abhängigkeit zu begeben, aber das war halt politische Kurzsichtigkeit wie sie die deutsche Energiepolitik generell seit Jahrzehnten prägt. Lange Pipelines sind der Weg in die Abhängigkeit, LNG war schon seit mindestens 40 Jahren das Mittel der Wahl um Anschluss an den Weltmarkt mit all seinen preissenkenden Konkurrenzeffekten zu bekommen. Blöd, wenn man das dann ab 2022 hektisch nachholen muss (und bis heute nicht fertig ist und bei den Lieferanten Premium-Zuschläge bezahlen darf).

Die moralische Komponente von wirtschaftlichen Transaktionen wird sowieso häufig merkwürdig einseitig betrachtet. Letztlich ist jede nicht-marktwirtschaftliche Komponente einer Überlegung wohlstandsreduzierend. Man könnte sagen: man opfert die Armen der Republik auf dem Altar der gefühlten moralischen Überlegenheit. Quasi die Definition von “unsozial”. Denn am Endergebnis ändert sich typischerweise nichts. Um es überspitzt zu formulieren: noch nie wurde ein Völkermord verhindert, indem ein deutsches Waffensystem NICHT exportiert wurde. Unter anderem deshalb, weil die ausländische Konkurrenz gerne liefert und sich nicht in Bedenkenträgerei ergeht, aber auch weil Völkermord auch mit Maschinenpistolen oder simplen Macheten funktioniert und Panzer dafür gänzlich unnötig sind.

Die Grenze würde ich dort ziehen, wo das Gefahrenmoment für uns selbst zu groß wird. Uranzentrifugen an den Iran? Schlechte Idee. Aber wie man am Beispiel Pakistan und Nordkorea sieht, sind unsere Einflussmöglichkeiten da leider begrenzt.

Unterm Strich bin ich gegen die – wie sie neuerdings genannt wird – wertebasierte Außenpolitik. Menschen und erst recht Politiker und politische Systeme ändern sich nicht, wenn man moralische Vorträge hält und sinnlose Symbolpolitik betreibt. Und die moralischen Vorträge lassen sich zudem zu Hause gut propagandistisch ausschlachten – “wir gegen die”, “gegen den Feind von außen” – das ist der Kitt, der Autokratien und Diktaturen zusammenhält. Ohne die Erzählung vom Klassenfeind wäre die glorreiche Sowjetunion kaum bis in die 90er gekommen.

Und so empfehle ich auch, dass Russland nach dem verlorenen Ukraine-Krieg recht bald wieder in die “Gemeinschaft der Völker” aufgenommen wird. Nach Zahlung von ein paar hundert Milliarden an Reparationen natürlich – Gas würde sich als Bezahlung anbieten. Auf keinen Fall hingegen Bezahlung durch Waffen aus russischer Produktion, da wissen wir ja jetzt, dass das Zeugs wirklich gar nichts taugt.

Ukraine-Update

Nach langer Zeit wollte ich mal wieder was zum aktuellen Stand des russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine schreiben. Stellt sich raus: meine Beschreibung vom September 2022 – ja, das ist schon über ein Jahr her – ist eigentlich immer noch zutreffend. Mit leichten Detailabweichungen bei den anstehenden Waffenlieferungen an die Ukraine.

Die seit längerem andauernden Offensivbemühungen der Ukraine haben jedenfalls noch keine signifikanten Erfolge gezeitigt, allerdings sagt das für die Zukunft wenig aus – Geschichtsinteressierten sei der “schwarze Tag des deutschen Heeres” von 1918 zu Studienzwecken ans Herz gelegt. Es scheint im Moment ein Stellungs- und Abnutzungskrieg zu sein, und aus meiner Sicht ist längerfristig unklar, ob das eher den Ukrainern oder den Russen in die Hände spielt. Die notwendigen Daten zur Bewertung wie z.B. inwiefern die russische Rüstungsindustrie in der Lage ist, ausreichend Material zu produzieren, verstecken sich im Nebel des Krieges.

Ähnlich wenig Berichtenswertes gibt es übrigens von der Scholzschen Zeitenwende. Nicht mal den adäquaten Ersatz für an die Ukraine geliefertes Material hat die Bundeswehr bzw. das Verteidigungsministerium bis jetzt in die Tat umgesetzt, und die ursprünglich versprochene Kombination aus “100 Mrd. Sondervermögen + 2% Ziel” ist schon lange ad acta gelegt worden – das denkbare Maximum scheint derzeit eine Auffütterung des Verteidigungshaushalts durch das Sondervermögen auf das 2%-Ziel in den kommenden paar Jahren. Wobei die Personalsituation bei der Bundeswehr nun auch nicht so aussieht, wie wenn man das allerneueste Material in großen Mengen überhaupt einsetzen könnte. Aber wenigstens könnte man versuchen, das alte kaputte Material instandzusetzen oder zu ersetzen. Und vielleicht mal einen anständigen Munitionsvorat anzulegen – Munition soll ja wichtig sein im Gefecht, habe ich als Ungedienter jedenfalls mal gehört.