Revolutionäres Forschungsprojekt sichert Gelingen der Energiewende

Viele haben berichtet, auch mit durchaus angemessenem Sarkasmuslevel. Das Bild von der “Eröffnung” ist wirklich spektakulär – Photovoltaik-Module auf einer ausgefuchsten tragenden Konstruktion (vier Pfeiler im Betonsockel), einen Straßenabschnitt überspannend. Nein, nicht etwa über die Autobahn, wie der Heise-Artikel frech behauptet (kann man das schon Lügenpresse nennen?), sondern neben der Autobahn auf einem Rastplatz.

Man weiß nicht, ob man lachen oder weinen soll. Man weiß nicht, warum Forschungsinstitute wie das Fraunhofer solche Projekte bezahlt bekommen – gut, es könnte natürlich sein, dass die Fraunhofer-Solarexperten nur auf extrem niedrigem Niveau arbeiten, das ist (zumindest mir) ja schon früher aufgefallen bei diversen Studien zur Stabilität von Stromnetzen mit hohem PV- und Windanteil. Zumal unter den Orten, wo PV-Ausbau stattfinden sollte, verbraucherferne Standorte zuallerletzt in Betracht gezogen werden sollten. Wobei, dank des kurz bevorstehenden Durchbruchs des Elektroautos nebst daraus resultierender Notwendigkeit einer großen Anzahl Schnellladestationen entlang der Autobahn (Daumenregel: 10 Schnellader ersetzen eine Zapfsäule), könnte das bei Sonnenschein ja sogar sinnvoll sein. Am besten noch ein paar Hotels hinbauen, denn bei Wolken oder bei Nacht bleibt der Akku dann leider leer und sorgt für entsprechende Zwangspausen. Wir wollen ja nur Ökostrom im Elektroauto, denn es wird ja gerne und häufig als CO2-frei angepriesen.

Wenn man solche Projekte sieht, versteht man plötzlich, wie unsere Regierung auf so einen Schwachsinn wie das Heizungsgesetz von Robert H. (oder war es doch von Patrick G.?) verfallen kann – das ist ja schon fast eine intellektuelle Meisterleistung gegenüber diesem Rohrkrepierer.

Als Gegenvorschlag empfehle ich mal folgendes: alle sich im Besitz des Bundes befindlichen Gebäude mit PV-Dachanlagen versehen und mit Wärmepumpen sowie ausreichendem Warmwasserspeicher für die Pufferung die Heiz- und Brauchwasserwärme bereitstellen. Wichtig: Netzstrom darf zur Wärmeerzeugung nicht verwendet werden, damit die Feedbackschleife der Bewohner zum Thema “PV macht uns unabhängig von fossiler Energie” möglichst kurz ist, Hat auch darüber hinaus weitere Vorteile: keine Unfallgefahr für Autofahrer, die den Betonsockel der tragenden Konstruktion treffen. Verbrauchernahe Erzeugung des Stroms. Schon vorhandener Netzanschluss zur Einspeisung von Überschüssen. Tragende Konstruktion existiert schon (Dach). Diebstahl der PV-Module ist erschwert. Wenn der Bund damit fertig ist, kann man über Autobahnüberbauung nachdenken. So in 30 bis 40 Jahren schätzungsweise.

Ukraine-Update – kein Mangel an Phantasie

Seit meinem letzten Ukraine-Update von Anfang September letzten Jahres hätte es viele Gelegenheiten gegeben, über den weiteren Verlauf des russischen Angriffskrieges zu spekulieren. Beispielsweise nach Beginn der russischen Winter-Offensive, wo man sich bis heute fragt, ob die eigentlich stattgefunden hat oder ob Russland so schwach ist, dass man trotz Konzentration aller verfügbaren Kräfte es gerade mal für einen Pyrrhus-Sieg in Bachmut gereicht hat. Oder alles einer cleveren, aber bisher undurchsichtigen Strategie der Russen folgt, um welches-Ziel-auch-immer zu erreichen. Oder die ganzen Geschichten zu den Waffenlieferungen von Schützenpanzern über Kampfpanzer bis hin zu F16-Kampfflugzeugen, und ob es jetzt 16 oder doch 18 deutsche Leo 2 sein werden. Oder warum die bei der Bundeswehr lange ausgemusterten Gepard-Flakpanzer in der Ukraine als ein sehr beliebtes und erfolgreiches Waffensystem reüssierten. Oder die langdauernde Vorbereitungsphase der ukrainischen Gegenoffensive, die eventuell oder auch nicht dann tatsächlich im Mai begonnen hat. Oder über die ausbleibenden Fortschritte dieser Offensive nebst Verlust “westlicher Panzer”, die so natürlich niemals nicht hätten passieren dürfen – schließlich ist so ein Leo 2 bekanntlich unverwundbar und topmodern mit seiner Grundkonstruktion aus den 70ern, so eine High-Tech-Kiste kann ja niemals auf dem Schlachtfeld ausfallen. Dann die Sprengung des Kachowka-Damms (“Die Russen waren es! Nein, die Ukrainer! Alles von den Amis eingefädelt! Das waren doch diese britischen Marschflugkörper, die sind extra dafür geliefert worden! Nein, die Russen wollten doch nur ein kleines Loch reinsprengen und dann haben sie es verkackt!”). Unwillkürlich fühlte man sich auf der Suche nach Schuldigen an die Sabotage der Nordstream-Pipeline erinnert, wo ja auch jeder seine Lieblingstheorie hat.

Und nun die große Wagner-Revolution. Was Freitag noch wie ein großangelegter Putsch mit durchaus guten Erfolgsaussichten aussah, entpuppte sich einen Tag darauf als Revolutiönchen, das schneller im Sande verlief als irgendjemand glauben mochte. Und unter allen Ereignissen dieses Krieges ist es eins der rätselhafteren, und da gibt es ja wahrlich genug Konkurrenz. Einige brachten die Theorie ins Spiel, Prigoschin sei von den Amis gekauft worden, um Putin zu eliminieren. Das war zu Anfang vielleicht noch eine zumindest plausible Hypothese, aber nach der Exil-in-Weißrussland-Auflösung zunehmend unwahrscheinlich. Dann gab es die Idee, das alles ein abgekartetes Spiel zwischen Prigoschin und Putin wäre – das erklärt aber nicht die sehr unsouveräne, fast panikartige Reaktion von Putin und der tatsächlich stattfindenden Scharmützel zwischen Wagner und russischer Armee, Nationalgarde, und was da sonst noch am Start ist. Wenn man sich anschaut, wie schnell die Wagner-Truppen quasi ohne Widerstand gen Moskau vorgestoßen sind, fragt man sich schon, ob Putin wirklich daran interessiert sein kann, zu illustrieren, wie schutzlos sein Land im Moment durch die Konzentration der kämpfenden Truppe in der Ukraine wirklich ist. Vor allem, weil er ja nicht müde wird zu behaupten, dass die NATO quasi demnächst in Russland einmarschieren wird. Eine Verfeinerung der alles-abgesprochen-Theorie ist, dass Putin unauffällig eine schlagkräftige Truppe nach Weißrussland verlegen wollte, um dort die Front im Norden wiederzueröffnen. Diese Hypothese erscheint mir eher abwegig, denn 30000 Mann sind jetzt von der Schlagkraft her eher übersichtlich, zumal sie ja schwere gepanzerte Waffensysteme brauchen würden – und deren Transport ist kaum geheimzuhalten und nach jetzigem Erkenntnisstand (noch?) nicht erfolgt.

Die ganze Aktion hat die russischen Truppen in der Ukraine ja auch durchaus geschwächt, die Wagner-Söldner sind ja durchaus kampferfahren und wären vor Ort sicherlich wertvoll bei Verteidigung und Gegenangriff gewesen. Es könnte aber sein, dass die russische Strategie tatsächlich schon – wie Prigoschin die letzten Monate ja nicht müde wurde zu behaupten – eine Art Aushungern der Wagner-Truppe durch schleppende Material- und Munitionsversorgung war mit dem Ziel, die Wagner-Kämpfer langfristig in die russische Armee zu überführen oder alternativ aus dem Spiel zu nehmen, ironischerweise vielleicht sogar wegen befürchteter Putschgefahr. Wenn Prigoschin das so gesehen hat, wäre es gut denkbar und plausibel, dass er den – so er denn stattgefunden hat, die russische Armeeführung bestreitet das ja vehement – Angriff russischer Einheiten auf ein Wagner-Camp zum Anlass für einen Befreiungsschlag genommen hat. Lieber mit einem Knall gehen und noch ein paar Feinde mitnehmen, als dem langsamen Siechtum beizuwohnen. Dass er die Wagner-Truppen nicht bis zum bitteren Ende gegen russische Einheiten kämpfen lässt, passt auch gut zu Prigoschins vermutetem Mindset: kein Blut von Russen vergießen. Und vielleicht waren seine Erzfeinde Schoigu und Gerassimov wirklich das Ziel dieser Aktion, und nachdem deren Eliminierung kurzfristig nicht erreichbar war, sollte der Marsch auf Moskau eben nicht im großen Bürgerkrieg enden – auch das passt zu Prigoschin und seinen kolportierten Ansichten.

Interessant ist auf jeden Fall, dass jetzt plötzlich wieder Lukaschenko im Spiel auftaucht, der ja eigentlich seit seiner Ablehnung einer aktiveren Rolle Weißrusslands im Krieg gegen die Ukraine mehr oder weniger unbeteiligt an der Seitenlinie steht. Seine Vermittlerrolle kam für mich doch eher überraschend, aber aus Putins Sicht vermutlich willkommen – sehr lange hat Putin ja die Eskapaden von Prigoschin gedeckt und die Wagner-Truppen auch dringend gebraucht, sei es in Syrien, Mali oder in der Ukraine. Wagner konnte dahin gehen, wo die russische Armee nicht eingreifen konnte oder sollte. Vermutlich hat deshalb Putin seinen großen Worten bezüglich der Behandlung der Verräter da keine Taten folgen lassen, weil er nach der ersten Panik erkannt hat, dass ein Deal mit Prigoschin auf lange Sicht die bessere Idee ist.

Ist Putin nun angeschlagen? Götterdämmerung in Russland? Bröckelt der Koloss auf den tönernen Füßen? Hilft all das der Ukraine? Man weiß es nicht. Es bleibt viel Raum für Phantasie. Für mich ist besonders interessant zu beobachten, ob Prigoschin weiterhin die Öffentlichkeit mit seiner doch recht drastischen Kritik vor allem an der russischen Armeeführung suchen wird, und wie lange er in Weißrussland überlebt – Profi-Tipp: am besten immer im Erdgeschoss aufhalten. Und was mit den ganzen Wagner-Söldnern nun eigentlich passiert. Zumal Wagner ja auch noch andere Geschäftsbereiche hat als “wir führen Krieg für Wladimir”, aber letztlich zu großen Teilen von Staatsaufträgen gelebt hat. Da wird sich aber sicher ein Oligarch von Putins Gnaden finden, der sich da großzügig opfert um den Geschäftsbetrieb weiterzuführen.

Der Kanzlerkandidat der Union

Nicht mal ganz Halbzeit bei der Ampel-Regierung. Wenn man mal davon ausgeht, dass sich diese sich eher feindlich gesonnene Chaotentruppe über die ganze Legislaturperiode zusammenreißt. Böse Zungen behaupten ja, dass die wahre Oppositionsarbeit innerhalb der Regierung geleistet wird. Und da dachte sich die Union wohl (oder genauer, es scheint derzeit eine CDU-Debatte zu sein), man sollte jetzt dringend mal die Kanzlerkandidatenfrage aufgreifen. Wobei, vielleicht war es auch die Presse, die da die Saat gelegt hat, um nicht ganz nackt im Sommerloch dazustehen. Die Aufregung um das katastrophale Heizungsgesetz wurde ja recht schnell wieder auf die hinteren Seiten der Postillen verbannt.

Wie dem auch sei, der Senf ist aus der Tube, und zumindest die Presse diskutiert über Merz vs. Wüst. Und manchmal wird auch noch Söders Hut – stellvertretend, denn er selbst ist zu clever für Äußerungen in diese Richtung – in den Ring geworfen. Und tatsächlich ist Söder m.E. der Einzige, der momentan von dieser Debatte profitiert, denn kaum ein Kommentar (also praktisch alle Artikel in der heutigen Presse – “Bericht” kann man diese meinungsstarken Debattenbeiträge ja allesamt nicht nennen) kommt ohne die Bestandsaufnahme aus, dass für den Fall, dass Söder ein überzeugendes Ergebnis bei der kommenden Landtagswahl in Bayern (2023-10-08) einfährt, selbstverständlich Söder im engsten Favoritenkreis zu sehen ist. Eine Art Win-Win-Situation für Söder, denn einige bayrische Wähler könnte das dazu veranlassen, Söder ihre Stimme zu geben, damit endlich mal ein CSU-Kandidat Kanzler wird. Und wenn der Rückenwind nicht reicht, macht er halt nochmal 5 Jahre den bayrischen Ministerpräsidenten und stänkert wie gewohnt von München aus gegen “die da in Berlin”.

Ich halte Söder für einen Totalopportunisten ohne stabiles eigenes Wertesystem, für einen Dampfplauderer allererster Güte, für aalglatt und prinzipienlos. Und doch würde ich ihn Merz oder Wüst jederzeit vorziehen. Was einiges über die Qualität des CDU-Personals aussagt – zu Kohl-Zeiten konnte man sich problemlos Schäuble, Späth, Biedenkopf oder Stoltenberg als Kanzlerkandidat oder sogar Kanzler vorstellen. Heute hofft man eigentlich nur, dass niemand auf die Idee kommt, Ursula von der Leyen ins Spiel zu bringen. Das wäre doch mal ein Bundestagswahlkampf – UvdL oder AKK für die Union, Claudia Roth oder Ricarda Lang für die Grünen, Klara Geywitz oder Nancy Faeser oder Christine Lamprecht für die SPD, Marie-Agnes Strack-Zimmermann oder Bettina Stark-Watzinger für die FDP, Alice Weidel für die AfD.

Möge dieser Kelch an uns vorübergehen. Wobei vermutlich einige von ihnen es besser machen würden als Angela Merkel. Oder zumindest kürzer.