Über SARS-CoV-2-Mutationen

Aus europäischer Sicht kommt mit der Omikron-Variante (auch oft “Mutante” genannt – irgendwie sträubt sich mein Sprachgefühl aber gegen dieses Wort) die dritte seriöse und benannte Mutation des SARS-CoV-2-Wildtyps auf uns zu. Bzw. ist schon da. Nach Alpha und Delta nun also Omikron. Oder Omicron für meine anglophilen Freunde.

Mich wundert, wie viele Artikel zu Omikron schon durch den Blätterwald gerauscht sind, ohne dass wirklich substanzielle Erkenntnisse bereits vorliegen. Infektiöser oder nicht? Man weiß es nicht. Gefährlicher oder ungefährlicher oder ähnlich gefährlich? Man weiß es nicht. Schützt Impfung und/oder Genesung vor erneuter Ansteckung? Vermutlich nicht. Bleibt der Schutz durch Impfung oder Genesung gegen schwere Verläufe intakt? Vielleicht oder auch nicht. Wird Omikron Delta verdrängen? Man weiß es nicht.

Um mit Donald Rumsfeld zu sprechen: these are known unknowns. Wird es unknown unknowns geben? Wir werden es herausfinden.

Nur eines scheint klar: Omikron ist keine gute Begründung dafür, auf die jetzt vermutlich schon lange oder mindestens demnächst fällige Auffrischungsimpfung zu verzichten. Denn die wirkt immer noch recht gut gegen Delta, und Delta ist immer noch die weit vorherrschende Variante aka “das derzeit sehr viel größere Problem”. Wenn dann klar ist, ob Omikron einen angepassten Impfstoff benötigt und falls ja wann dieser dann zur Verfügung steht – ich schätze da werden noch mindestens 3-5 Monate ins Land gehen, so lange sollte man nicht mit nachlassendem Schutz gegen Delta durch die Weltgeschichte rennen.

Übrigens habe ich den Titel dieses Blog-Beitrags absichtlich varianten-neutral formuliert, denn die Fragen und zunächst ausbleibenden Antworten werden bei jeder neuen Mutation wieder genau so auftauchen. Also: auf Wiedervorlage.

Klimawandel und COVID-19

Fast alle meine Blogposts dieses Jahr drehen sich entweder um COVID-19 oder um den Klimawandel. Zeit, die beiden Themen zusammenzuführen.

Ich bin ja sowas wie eine Schnittmengen-Randgruppe. Ich bin mir sehr sicher, dass der Klimawandel zwar ein potenzielles, aber höchstwahrscheinlich eher kleineres Problem darstellt und die meisten diskutierten Lösungsansätze zwar sehr teuer, aber eher wirkungslos sind (vor allem Deutschland mit der Energiewende inklusive Ausstieg aus der Kernenergie). Und ich bin mir auch sehr sicher, dass COVID-19 ein seriöses Problem ist, die Pandemie real und die Impfung wirksam ist.

Komischerweise stelle ich gewisse Häufungspunkte fest, es scheint zwei einander gegenüberstehende Fraktionen zu geben: wer glaubt, dass COVID-19 nur eine harmlose Grippe ist, glaubt meistens auch, dass der Klimawandel kein Problem ist. Und andersrum scheinen diejenigen, die in COVID-19 ein seriöses Problem erkennen, auch den nahenden oder schon existierenden Klimawandel für ein seriöses Problem zu halten.

Ich will mich nicht mit tiefenpsychologischen Diagnosen aufhalten, wie diese beiden Häufungspunkte zu ihrer aus meiner Sicht irrigen Position kommen – das gehört zu den typischerweise unfruchtbaren Tätigkeiten des Lebens. Ich will stattdessen Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Klimawandel und COVID-19 beleuchten. Natürlich nur aus meiner Sicht und damit aus der einzig richtigen.

Ein Unterschied: die Gefahren durch COVID-19 sind real, spiegeln sich in allen verfügbaren Zahlen wider, von der Übersterblichkeit in den Scheitelpunkten der Infektionswellen bis zu den Auslastungszahlen des Gesundheitswesens. Dagegen sind die Gefahren durch den Klimawandel überhaupt nicht klar, weil sie bisher nur durch Modellierung behauptet werden, aber real überhaupt nicht vorkommen. Ganz im Gegenteil sieht es derzeit eher so aus wie wenn es signifikante Vorteile durch die sich erwärmende Welt ergeben – von der Ergrünung der Wüsten bis zu sinkenden Schäden (relativ zum Wohlstand natürlich!) durch Naturkatastrophen wie Wirbelstürme und Überschwemmungen, alle Parameter sagen “es gibt aktuell kein Problem”. Auch die Flüchtlingskrise ist ganz sicher nicht durch den Klimawandel ausgelöst, sondern durch das Wohlstandsgefälle sowie das selten dämliche Verhalten diverser Möchtegern-Einwanderungsländer. Letztlich sind die Klimamodelle viel zu grob, um vernünftige Aussagen über zukünftigen Nutzen und Schaden daraus abzuleiten. Wo gibt es deutlich höhere Temperaturen, und in welcher Jahreszeit treten sie auf? Wie ändern sich die regionalen Niederschlagsmuster? Wo taut das Eis, wo wachsen die Gletscher? Keiner weiß es. Wie soll auf dieser Basis eine Vorhersage möglich sein? Durch die Unklarheiten bei der Wolkenmodellierung ist der Unsicherheitsfaktor derart groß, dass man genauso gut den Kaffeesatz oder die Glaskugel befragen kann. Ganz sicher ist nur eins: die beobachtete Klimaerwärmung seit Ende der kleinen Eiszeit Mitte des 19. Jahrhunderts hat keinerlei globale Probleme hervorgebracht, sondern ganz im Gegenteil den Boden bereitet für den rasantesten Zugewinn an Wohlstand in der Geschichte der Menschheit. Und zwar auch und ausdrücklich für die Armen dieser Welt.

Ein Unterschied ist auch die zeitliche Nähe des Problems. COVID-19 ist seit Anfang 2020 da, ständig präsent und für jeden in seinen Auswirkungen beobachtbar – jetzt mal ganz egal, ob man aus diesen Beobachtungen dann schließt, dass es eine tödliche Massenepidemie ist oder eine harmlose Grippe, die halt nur ein paar bedauerliche Opfer in der älteren vorerkrankten Bevölkerung fordert. Der Klimawandel ist zwar (was die Beobachtung durch den Menschen angeht) seit 150 Jahren da, aber kaum spürbar – und man braucht schon ganz gewiefte statistische Methoden und Einiges an Phantasie, um in ferner Zukunft sich ein potenzielles Problem abzeichnen zu sehen.

Eine Gemeinsamkeit ist die komplette Planlosigkeit der Politik bei der Bekämpfung der Probleme. Es werden vorwiegend teure und gerne auch wirkungslose Instrumente installiert, die bestenfalls nur sinnlose Symbolpolitik sind und schlimmstenfalls kontraproduktiv und teuer zugleich sind. Und gleichzeitig werden international erfolgreiche Muster der Problembekämpfung konsequent ignoriert. Was Taiwan, Südkorea, Finnland und Norwegen für die Pandemiebekämpfung ist – gute Vorbilder – ist Frankreich beim CO2-Ausstoß pro Kopf im Verhältnis zum Wohlstand.

Ebenfalls gemeinsam ist beiden Problemen, dass es recht einfache und preiswerte Auswege aus der Katastrophe gibt: Impfung auf der einen Seite, Kernenergie auf der anderen Seite. Kernenergiegegner verwenden gerne ähnlich gelagerte Schwurblerargumente wie Impfgegner, man denke an die übergroß dargestellten Gefahren der Kernenergie, insbesondere die Endlagerung – eine sehr auffällige Gemeinsamkeit. Die beschworenen Gefahren der Endlagerung sind äquivalent zu den unerforschten Langzeitnebenwirkungen der Impfung. Die Gefahren des Betriebs von Kernkraftwerken sind äquivalent zu den kurzfristig zu erwartenden Impfnebenwirkungen. Und die Beschwörungsformel “Kernenergie kann keinen relevanten Beitrag zum Klimaschutz leisten” ist äquivalent zu “die Impfung wirkt gar nicht”. Und sowohl Kernenergiegegner als auch Impfgegner sind rationalen Argumenten gegenüber wenig aufgeschlossen, verstecken sich in ihren ideologischen Schützengräben um nicht mit der Realität konfrontiert zu werden.

Zurückkommend auf die beiden gegenüberstehenden Fraktionen bleibt nur die (erfahrungsgemäß sehr schwache, beinahe illusorisch anmutende) Hoffnung, dass sich die Grundsätze des Zeitalters der Aufklärung – oder populär ausgedrückt “Fakten, Fakten, Fakten” – auf lange Sicht durchsetzen werden. Und ich werde dann sagen: “Ich hab’s Euch ja gleich gesagt”. Wenn ich es noch erlebe. Schaut man auf die Irrtümer der Vergangenheit – vom Marxismus über die Grenzen des Wachstums bis zum Waldsterben – kann man erahnen, dass Lebenslügen manchmal nicht mal mit der Lügengeneration aussterben.