Wenn man 1 nicht von 2 unterscheiden kann (oder will)

Kleine Medienkompetenzübung. Wenn Fefe über Kernenergie schreibt, gilt es stets, genau hinzuschauen – wie generell bei Ihm bei nicht-IT-Themen. Er ist natürlich clever genug, nicht direkt zu lügen (zumindest, wenn man sehr sehr gnädig interpretiert), aber was er schreibt scheint bewusst vage und kann den unbedarften Leser in die Irre führen.

Deshalb kurz die Fakten zusammengefasst: Der 1979 havarierte Reaktor ist TMI-2. Die jetzt geplante Reaktivierung zur Erzeugung von mehr CO2-freiem Strom hingegen soll mit dem Reaktor TMI-1 passieren, der nach dem Unfall vorsichtshalber abgeschaltet wurde, aber dann von 1985 bis 2019 einwandfrei lief und dann aufgrund des totregulierten US-Strommarktes nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war. Dank des ausufernden Stromverbrauchs der diversen IT-Hobbies wie “Cloud-Rechenzentrum” und “KI” steigt nun allerdings seit Jahren der Bedarf an zuverlässiger Stromerzeugungskapazität, und weil Wind, Sonne und Akkus es nicht bringen, muss man halt wieder auf bewährte Technik zurückgreifen. In diesem Falle soll Microsoft der Abnehmer sein – die haben vermutlich gemerkt, dass bei 24/7-Bedarf die Kernenergie in preislicher Hinsicht nicht zu schlagen ist unter den CO2-armen Stromerzeugungsmethoden.

Da natürlich kein Kommentar zur Kernenergie ohne Tschernobyl-Referenz auskommt: die Situation mit “Unfall in TMI-2, TMI-1 erzeugte danach noch jahrelang Strom” entspricht ungefähr der Situation bei Tschernobyl Block 4 (Super-GAU) vs. Tschernobyl Block 1-3 (Stromproduktion bis 1991, 1996, 2000). Nicht mal beim bisher schlimmsten Kernenergie-Unfall der Menschheitsgeschichte traf das Lügenmärchen der Anti-Atom-Schwurbler “ganze Landstriche für Millionen Jahre nicht mehr nutzbar” zu.

Der Unfall von TMI-2 ist in mehrerlei Hinsicht sehr interessant und ich empfehle jedem, der ein tieferes Interesse an Kernenergie hat, die Details zu studieren. Für den Hausgebrauch reicht es aber eigentlich, die Essenz des Ganzen zur Kenntnis zu nehmen: ohne gravierende externe Katastrophe (Tsunami, Meteoriteneinschlag, Extremerdbeben) schafft es ein Leichtwasserreaktor westlicher Bauart dank der diversen Sicherheitsbarrieren selbst bei gravierenden Bedienerfehlern maximal zu einer partiellen Kernschmelze, und der Gefahrenbereich endet am Kraftwerkszaun. Die Äquivalentdosis durch die freigesetzte Radioaktivität für die Anwohner der Umgebung war ungefähr “die Hälfte einer Röntgenuntersuchung der Brust” oder etwa ein zweihundertstel der Jahresdosis durch natürliche Radioaktivität (US-Durchschnitt). Demzufolge wurden in den vielen Studien auch nie seriöse Hinweise auf gesundheitliche Auswirkungen jedweder Art gefunden.

Unterm Strich: genau wie Fukushima zeigt der Unfall von TMI-2 eindrucksvoll, wie sicher schon in den 70ern Kernkraftwerke waren. Und im Gegensatz zu Deutschlands Zerstörungswahn zeigt sich auch: das Einmotten eines funktionsfähigen Kraftwerks ist eine gute Idee, denn das kann man immer mal wieder brauchen, wenn sich die Umstände ändern. In diesem Falle bedurfte es nicht mal eines russischen Angriffskrieges.

Auch interessant: die “operating license”, vergeben durch die als eher kernenergiefeindlich bekannte NRC (aus deutscher Sicht wäre es vergleichbar mit einer von Jürgen Trittin geleiteten Behörde, allerdings nochmal deutlich teurer für die Betreiber), wurde 2009 verlängert bis zum Jahr 2034 – der Reaktor 1 ist 1974 in Betrieb genommen worden. Die Reaktivierungspläne sehen eine weitere Verlängerung auf 2054 vor. Ein gutes Beispiel für den Fall, dass mal wieder ein Unwissender argumentieren will, dass die im Vergleich jüngeren deutschen Reaktoren der (Vor-)Konvoi-Linie irgendwie schon am Ende ihrer möglichen sicheren Laufzeit angekommen wären. Nein, die 40 Jahre waren nur eine angedachte Mindestlaufzeit, aber wie andere Länder zeigen, sind 60 Jahre überhaupt kein Problem. Und vermutlich nicht mal 80 Jahre. Ein qualitativ hochwertiges KKW ist ein echter Langläufer. Außer in Deutschland natürlich, dem Land mit der dümmsten Energiepolitik weltweit.

Spanien führend bei der Elektromobilität

Praktisch alle Autos hier haben das “E” auf dem Kennzeichen.

Scherz beiseite – trotz reichlich Sonne und Wind auf der hiesigen Ferieninsel muss man die Elektroautos mit der Lupe suchen. Vermutlich eine Folge des inseleigenen Hangs zu pramatischen Lösungen. Oder der zurückhaltenden Besteuerung von fossilen Kraftstoffen. Vielleicht hatte man auch den grandiosen Fehlschlag auf El Hierro noch vor Augen. Dafür ist hier die Seuche mit den E-Rollern – das Fortbewegungsmittel für alle, die auch ebenso problemlos aus eigener Kraft laufen oder fahren könnten – besonders ausgeprägt. Auch die Sorglosigkeit der Verkehrsgefährdung von Fußgängern hat hier eine ganz eigene Dimension.

Der Fukushima-Moment der Ampel

Die Älteren werden sich erinnern an eine der grandiosesten Fehlentscheidungen der Merkel-Ära (und da gibt es wahrlich große Konkurrenz): die Einleitung des Kernenergieausstiegs nach der Tsunamikatastrophe mit nachfolgendem Ausbleiben der Atomkatastrophe rund um die drei havarierten Reaktorblöcke im KKW Fukushima-Daiichi an der Ostküste Japans.

Man schrieb den März 2011, die CDU Baden-Württemberg mit ihrem unbeliebten Spitzenkandidaten und amtierenden Ministerpräsidenten Stefan Mappus bangten wegen eines sich am Horizont abzeichnenden Machtverlust bei der anstehenden Landtagswahl. Die Grünen hatten mit Winfried Kretschmann einen aus mir unerfindlichen Gründen beliebten Kandidaten mit Landesvaterpotenzial aufgestellt. In einer Art Panikreaktion verkündete Merkel dann die Neubewertung der Kernenergie, vermutlich wegen der allgegenwärtigen Tsunamigefahr in Deutschland, nebst temporärer Abschaltung willkürlich gewählter Reaktoren. Stichwort “Atommoratorium”, dessen nachfolgende Sicherheitsprüfung im Rahmen von Stresstests keine erkennbaren seriösen Probleme der deutschen Reaktoren ergab und das dann in der legendären “Ethikkommission” gipfelte. Weil wer könnte die Sachlage besser einschätzen als eine Kommission von fachfremden Dampfplauderern.

Der jetzige Aktionismus der Ampel-Regierung nach dem Messerattentat – oder besser Terroranschlag – von Solingen erinnert mich in einigen Aspekten an damals. Es gibt einen Anlass, man versucht durch weitgehend undurchdachten Aktionismus den Wahlkampfgegner in Form von AfD und BSW nicht das Feld zu überlassen, und weil man glaubt mit sachlich korrekter Argumentation nicht punkten zu können, verlegt man sich auf die Simulation von Handlungsfähigkeit.

Ich prognostiziere, dass dieses Pflästerchen auf das gigantische Migrationsproblem wahlausgangstechnisch keinen Effekt haben wird. Höchstens den gegenteiligen als den intendierten, denn letztlich signalisiert man damit dem Wähler, dass der Gegner eigentlich schon die ganze Zeit recht hatte und man jetzt auch zu den gleichen Erkenntnissen gelangt ist, aber sich immer noch weigert, wirkungsvolle Gegenmaßnahmen zu ergreifen.

Ganz im Unterschied zu den deutschen Fukushima-Nachwehen, die später zu einem der teuersten Fehler der deutschen Nachkriegsgeschichte kumulierten, werden die jetzt angekündigten Minimalmaßnahmen aber rein gar nichts ändern. Aktionismus, Homöopathie, Gesundbeten. Besonders das angekündigte Messerverbot ist wirklich ein hanebüchener Schildbürgerstreich. Man erinnere sich: Messer mit einer Länge von mehr als 12cm waren schon verboten, und trotzdem erdreistete sich der Attentäter, ein 15cm-Messer für die Morde zu verwenden. Was erlaube Terrorist! Gott sei Dank hat der Postillon unter der Überschrift “Jetzt wird durchgegriffen: Bundesregierung will Mordverbot beschließen” das Notwendige dazu geschrieben, das erspart mir den Sarkasmus-Overdrive-Modus.

Sag’s dem Lesch

Der von mir früher (als er noch – als gelernter Astrophysiker naheliegend – des Nächtens Astrophysik erklärt hat) hochgeschätze Harald Lesch, der inzwischen zu einem typischen links-grünen Pseudo-Umweltaktivist mutiert ist und ins Horn “Klimakatastrophe kommt und ist fürchterlich, aber die Lösung Kernenergie müssen wir leider ausschließen weil böse” bläst, hat neulich im ZDF, wo er aus mir unerfindlichen Gründen für seine Propaganda reichlich Sendezeit bekommt, eine Frage gestellt und um eine Antwort gebeten. Dem will ich gerne nachkommen.

Ich denke es war in “Leschs Kosmos”, als es natürlich wieder um die dräuende Klimakatastrophe ging. Der Satz ging ungefähr so: “Wer jetzt als Lösung Kernenergie vorschlägt, muss auch sagen, wie die Lösung für die Endlagerung aussieht.” Es wird Professor Lesch sicher schockieren (oder auch nicht, als Wissenschaftler hat er sich ja sicherlich intensiv mit der Materie auseinandergesetzt und kennt die Sachlage vielleicht sogar so gut wie ich, führt die Zuseher aber lieber in die Irre): Ich kann da sogar mit drei Lösungen dienen.

Lösung 1 ist, das Zeugs einfach in tiefen geologisch stabilen Schichten zu verbuddeln. Die Finnen haben das in die Tat umgesetzt, in Deutschland scheitert das seit den 80ern an ewiger Bedenkenträgerei- denn aus geologischer Sicht ist ein unberührter Salzstock, wie er in der norddeutschen Tiefebene reichlich vorkommt, nahezu optimal. Nur Katastrophenspezialisten, die sowohl 100%ige Sicherheit gegen Meteoriteneinschläge sowie die zu erwartenden kilometerdicken Eispanzer der kommendem Eiszeit (war nicht gerade noch Klimaerwärmung?), haben an dieser Lösung etwas auszusetzen. Mein Vorschlag wäre ja, den Abfall aus kerntechnischen Anlagen ganz normal gemäß seiner Giftigkeit mit dem restlichen Giftmüll endzulagern, aber soviel Pragmatismus werde ich zu meinen Lebzeiten wohl nicht mehr erleben. Noch ein Tipp zur Erkennung üblicher Propagandatricks: gerne wird das Versuchsbergwerk Asse mit einem unberührten Salzstock in einen Topf geworfen. Weil beides ja irgendwie Salz. Und dann wird der unwissenschaftliche Aktivismus von Herrn König und Co von einer gründurchseuchten Behörde als Beweis genommen, dass es bei den Sanierungsplänen rund um die Asse um die dringende Bekämpfung eines tödlichen Risikos geht. Aber ich schweife ab.

Lösung 2 ist die Nachbearbeitung des Abfalls durch Separation (in den “abgebrannten” Brennelementen steckt noch jede Menge Uran und auch spaltbares Plutonium drin, aus dem man noch viele Jahrzehnte viel Energie gewinnen kann) und Transmutation in Reaktoren mit entsprechendem Neutronenspektrum. Das führt zum einen zur besseren Nutzung des Brennstoffes, und zum anderen zu einem Abfall, der nur etwa 500 Jahre gelagert werden muss, um auf ein ungefährliches Niveau endgültig zu zerfallen. Also ungefähr auf das Niveau von Natururan, das bekanntlich überall rumliegt und auch im Trinkwasser vorkommt. Für die Lagerung reicht also ein Bunker in einer trockenen Gegend. Durch ein paar Meter Beton versiegeln und fertig – für die typischen Schreckgespenster “wir müssen das Lager bis zum Ende der Menschheit bewachen, das kostet Unmengen an Geld” der Antiatomschwurbler gab es sowieso nie eine sachliche Basis, aber an diesem Beispiel wird das auch den intellektuell eher einfach strukturierten Menschen klar.

Lösung drei ist “Nach einem Jahrhundert Lagerung im Zwischenlager: verdünnen und ab ins Meer”. Klingt erst mal nach Umweltsauerei. Ist aber bei näherer Betrachtung kein tatsächliches Problem: die Ozeane sind riesig und selbst radioaktiv. Der zusätzliche Eintrag an Radioaktivität wäre nicht relevant. Zumal die radioaktiven Bestandteile mit kurzer Halbwertszeit bereits lange bei ihrem stabilen Isotop in der Zerfallsreihe angekommen sind. Ebenfalls hilfreich: durch die immense Energiedichte sind die Abfallmengen extrem klein. Nun kann man natürlich aus prinzipiellen Gründen gegen die Entsorgung von Abfall im Meer sein – so wie man gegen die Entsorgung von CO2 und Schadstoffen in die Atmosphäre sein kann. Aber man sollte nicht Minimalrisiken zur absurd übersteigerten Gefahr für Leib und Leben aufblasen.

Noch ein Wort zum Bedrohungsszenario “Terroristen kommen an den Müll ran und bauen eine schmutzige Bombe”: “schmutzige Bomben” sind, wenn sie auf der Verteilung von radioaktivem Material basieren, ein typisches Hypochonderproblem wie damals die radioaktiven Wildschweine im bayrischen Wald nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl: die Menge an Radioaktivität, der der einzelne selbst theoretisch ausgesetzt werden könnte, ist weit unter dem, mit dem der Mensch nachweislich prima (und tendenziell lebensverlängernd – siehe “Radiation Hormesis”) leben kann. Grüße nach Colorado, nach Ramsar und in den Schwarzwald. Und im Angesicht der drei vorgeschlagenen Lösungen sowieso eine höchst theoretische Angelegenheit: sollten Terroristen die technischen und finanziellen Fähigkeiten haben, durch den dicken Beton eines Bunkers, durch tausend Meter Deckgebirge eines Endlagers oder durch die Wand eines CASTOR-Behälters zu bohren – warum würden solche Terroristen nicht lieber gleich eine echte Atombombe bauen? Oder das radioaktive Material anderweitig beschaffen oder produzieren?

Bonusdenkanregung für Aufgeweckte, deren Hirn noch nicht von der Antiatomschwurbler-Propaganda verödet wurde: wenn beispielsweise Plutonium ein solch gefährlicher Stoff ist, wäre dann nicht der beste Platz für Plutonium ein laufender Kernreaktor?

Am Ende noch der obligatorische Hinweis: wer gegen Kernenergie ist (und insbesondere für die Abschaltung und den Rückbau von einwandfrei funktionierenden Kernkraftwerken), behauptet implizit gleichzeitig, dass CO2-Ausstoß in Wahrheit kein Problem ist. Jede kWh Strom aus Kernenergie spart eine kWh aus Kohle ein – zumindest in Deutschland. Und das noch für sehr sehr lange Zeit.

Der Zusammenhang zwischen Leistung, Energie, Kapazität und Qualitätsjournalismus

Ein Ärgernis seit vielen Jahrzehnten ist die komplette Unfähigkeit von Journalisten, beim Thema Stromversorgung die Parameter “Leistung” und “Energie” auseinanderzuhalten. Meist äußert sich das im wilden Durcheinanderwerfen von Watt und Wattstunden, im Kraftwerksmaßstab also meist MW und kWh.

So auch das Pioneer Hauptstadt-Briefing vom Freitag, wo folgende Aussagen im Rahmen des völlig berechtigten Hinweises “ohne Speicher funktioniert die deutsche Energiewende nicht” getätigt wurden: “Bis 2030 gehen etwa die Forscher vom Fraunhofer ISE von einem Bedarf für Batteriekapazitäten in Höhe von rund 50 Gigawatt aus.” und “Mit der aktuellen Geschwindigkeit aber würden bis dahin keine zehn Gigawatt erreicht werden” und “Kyon ist der deutsche Marktführer für den Bau und Betrieb von Batteriegroßspeichern. Und dabei, die Marke von einem Gigawatt Speicherkapazität zu überspringen.” Die drei Zitate sind zusammengenommen ungefähr so dumm, wie wenn man bei einem Windpark schreibt “versorgt 50000 Haushalte” – in Wahrheit versorgt ein Windpark in Ermangelung von Stromspeichern genau 0 Haushalte.

All das zeigt, dass Journalisten nicht mal den Wissensstand von Mittelstufen-Physik (8. Klasse) verinnerlicht haben. Was per se schon traurig wäre, selbst wenn sie nicht Artikel über Themen der Energiewende und der Stromversorgung schreiben würden. So ist es höchst ärgerlich und zeigt die Dringlichkeit, den Durchschnittsjournalisten endlich durch einen KI-Bot zu ersetzen. Denn schlechter kann die Qualität nicht werden, egal ob es um Faktentreue oder logische Zusammenhänge oder Rechtschreibung und Grammatik geht.

Damit die Leser hierzublogs noch wenigstens ein paar gewinnbringende Erkenntnisse außer dem wohlbekannten “Presse und Rundfunk sind qualitativ großer Mist und kann weg” mitnehmen kann, hier mal ein paar Größenordnungen und Überschlagsrechnungen zum Thema Strom.

Ein wichtiger Parameter des Stromverbrauchs hierzulande ist die Lastspitze. Man muss regelmäßig mit einem Bedarf von rund 75 GW Leistung rechnen, man braucht also in Summe konventionelle Kraftwerke, die diese 75 GW stemmen können – denn bei der gefürchteten Dunkelflaute machen PV und Windkraft bekanntlich synchron schlapp, auch wenn inzwischen dank der irrsinnigen Subventionen die installierte Leistung (die Summe aller Erzeugungskapazitäten) in Deutschland bei inzwischen 220 GW liegt – zu schlechten Zeitpunkten wie “bewölkter Schwachwindtag” oder “schwacher Wind nach Sonnenuntergang” ist es kein seltenes Ereignis, dass die summarische Produktion aus PV und Wind unter 2 GW liegt – 2 GW aus 220 GW, Respekt. Bezüglich Netzstabilität: die einigermaßen zuverlässigen Erzeuger Steinkohle, Braunkohle, Gas, Öl, Wasser und Biomasse liegen in Summe bei 85 GW, zusammen mit der Netzkopplung im europäischen Verbundnetz mit etwa 30 GW Potenzial sind wir hier also noch auf der sicheren Seite. Übrigens ist die Spitzenlast über die Jahrzehnte deutlich gesunken, Mitte der 90er galt “95 GW” als Worst-Case-Winterabend-Spitze noch als Maßstab. Heute hat man im Tagesverlauf überwiegend eine Mittagsspitze zwischen 11:00h und 14:00h, und im Herbst bis Frühjahr eine Abendspitze von etwa 17:00h bis 19:00h. Wie sich das in Zukunft mit Weiterverbreitung von Wärmepumpen, Klimaanlagen und Elektroautos entwickelt ist schwer vorherzusagen. Wenn 20 Millionen Elektroautos über Nacht am Strom hängen, braucht man schon ein vernünftiges Lastmanagement, und auf Schnellladung sollte verzichtet werden – selbst an einer mickrigen 11kW-Wallbox, die bei heute gängigen Akkugrößen schon 6h zum Vollladen braucht, würde sich der Leistungsbedarf im Netz im Szenario “alle wollen laden” auf 220GW summieren. Gott sei Dank ist die durchschnittliche tägliche Fahrleistung nur bei knapp 40km, also müssen nur – je nach Fahrzeug – irgendwas zwischen 6 und 10 kWh nachgeladen werden.

Ein weiterer wichtiger Parameter ist der Jahresstromverbrauch. In den 80ern rechnete man noch mit in Summe 650 TWh, inzwischen bewegt sich das eher in Richtung 500 TWh (Deindustrialisierung sei Dank, und auch LED-Leuchten statt Glühlampen haben einen nicht zu verachtenden Anteil). Tendenz gleichzeitig steigend und sinkend – steigend wegen Wärmepumpe (aka “Heizen mit Strom”) und Elektromobilität, sinkend wegen der Abwanderung der industriellen Produktion.

Welchen Beitrag leisten die erneuerbaren Energien PV und Windkraft, die ja in Zukunft das Rückgrat der Stromversorgen bilden sollen? Es schwankt. An einem typischen Sommertag liegt Windkraft irgendwo zwischen 1 GW und 35 GW, PV zwischen 0 GW und 45 GW (wenn es sonnig ist) bzw. 15 GW (wenn es bewölkt ist). Kurz gesagt: man braucht Speicher, oder weiterhin einen kompletten konventionellen Kraftwerkspark und verabschiedet sich von der CO2-Neutralität, die hierzulande ja je nachdem wen man fragt zwischen 2040 und 2050 Realität sein soll. Auch wichtig zu wissen: 2022 lag die installierte Leistung aller PV-Anlagen in Deutschland bei rund 60 GW, die der Windkraftanlagen (onshore und offshore) ebenfalls. Wer sich jetzt wundern, warum wir nicht viele Tage im Jahr haben, wo Wind und Sonne unseren kompletten Strombedarf decken können: das hängt mit dem miserablen Jahresnutzungsgrad dieser Anlagen zusammen. Das Jahr hat bekanntlich 8760h, und bei PV-Anlagen liegt die Zahl der sogenannten Jahresvolllaststunden nur bei 1000, bei Wind etwa bei 2000 (offshore etwas mehr, aber wir haben in Deutschland einen deutlichen Onshore-Überhang).

Schlagen wir den Bogen zurück zum Ausgangspunkt – Stromspeicherung in großen Batteriespeichern. Beispielsweise gibt es da schlüsselfertige Anlagen mit dem schönen Namen “Megapack” von Tesla, wo jeder auf der Homepage nachlesen kann, was denn so ein Dingens so kostet. Speichert etwa 4 MWh und schafft je nach Konfiguration eine Leistung von 1 MW oder 2 MW. Anschaffung: grob 1,8 Mio US$ netto pro Stück (inklusive Installation in Kalifornen – Alaska ist “etwas” teurer, für Europa kenne ich keine Zahlen), wenn man gleich mal 100 Stück ordert. Lebenserwartung 20 Jahre. Mit Wartungsverpflichtung zu 0,5 Mio US$ jährlich. Machen wir eine kurze Überschlagsrechnung und gehen wir davon aus, dass wir nur auf Tagesebene puffern müssen und keinerlei Redundanz vorhalten wollen. Erst mal die Netzlast absichern: 75 GW kosten dann rund 70 Mrd. US$. Das kauft gleichzeitig eine Speicherkapazität von etwa 150 GWh. Bei 500 TWh im Jahr liegt der Tagesverbrauch bei gemittelt 1,4 TWh – oops, das wird dann wohl nicht reichen, also nochmal Faktor 10 draufschlagen (und das ist eine wichtige Erkenntnis – Leistung ist nicht unser Problem, sondern Kapazität bzw. Energie). 700 Mrd. US$. Speicherwirkungsgrad ist auch noch zu berücksichtigen, der liegt natürlich nicht bei 100%, Tesla gibt etwa 90% an (für den gesamten Lade-Entladezyklus – ob dabei der Stromverbrauch des Akkutemperaturmanagements schon inkludiert ist, weiß ich nicht). In der Praxis ist das Problem natürlich viel größer, denn es gibt durchaus Wochen im Jahr, wo Wind und Sonne kombiniert sehr wenig Ertrag bringen – grob gesagt zwei Wochen Stromverbrauch sollte so ein Stromspeicher deutschlandweit schon puffern können, denn den Mittelwert abzudecken bringt bei einem Stromnetz naturgemäß nichts, man muss leider für den Worst Case gewappnet sein. 10 Billionen US$ ist doch mal eine runde Summe, aber ob die reicht – unklar. Müsste man mal eine anständige Simulation mit den Erzeugerwerten der letzten 20 Jahre durchführen. Ein wenig abgemildert wird die Misere immerhin durch Biomasse und Wasserkraft, aber nicht wesentlich. Es sei denn, man will die “Vermaisung der landwirtschaftlichen Nutzfläche” extrem ausweiten und damit alle Bemühungen um Umwelt- und Naturschutz in den Wind schlagen. Und wer will schon Nahrungsmittel anbauen, Energiepflanzen sind doch viel wichtiger.

Jetzt verbinden wir die Erkenntnis “Kosten Stromspeicherung” noch mit “Jahresvolllaststunden PV und Wind”. Selbst ohne Speicher, und wenn wir mal Wind mit 2000 Volllaststunden ansetzen und alles durch Wind abdecken wollen – 500 TWh – also 500000 GWh – müssen eben allermindestens erzeugt werden. Macht eine installierte Leistung von 250 GW Windkraftanlagen. Wie gesagt: gerade sind wir bei etwa 60 GW, und die guten Standorte sind ja weitgehend belegt. Da gewinnt der Satz von der “Verspargelung der Landschaft” doch gleich eine gewisse Nachdrücklichkeit. Konsequent weitergerechnet bräuchte es demzufolge 500 GW installierte PV um dasselbe Ergebnis zu erreichen. Man hofft instinktiv, dass Deutschland in Zukunft seinen Strom hauptsächlich aus dem Ausland beziehen wird. Verschiedene Szenarien bezüglich Deutschlands zukünftiger Stromversorgung gehen übrigens von schlappen 200 TWh Stromimport aus – warum wohl.

Ich will nicht mit weiteren Überschlagsrechnungen langweilen, es sollte inzwischen klar geworden sein: es wird teuer. Sauteuer. Noch viel viel teurer als es jetzt schon ist. So teuer, dass ein Irrsinn wie das Habeck’sche Heizungsgesetz wie ein unbedeutendes preiswertes Kleinkleckerleswerk aussieht. Es sollte sich nun keiner mehr wundern, dass der Rest der Welt hauptsächlich auf wahlweise Klimaschutz-Lippenbekenntnisse oder Kernenergie setzt.

Die gute Nachricht: weil es so irrsinnig teuer wird, ist es recht unwahrscheinlich, dass wir 2040 tatsächlich 500 TWh Stromverbrauch haben werden. Durch die dann zwingend erfolgte großflächige Verarmung der Bevölkerung und der Vernichtung von Industrie und Dienstleistungssektor werden 200 TWh sicher reichen – willkommen in der dritten Welt, Deutschland. Oder um ein wahres Wort nochmal aufzuwärmen: “Das Tolle an der Energiewende ist, dass der letzte nicht mal das Licht ausmachen muss.”

Heizungsquatsch mit Robert

Als normaler Mensch mit GMV (“Gesunder MenschenVerstand”) fällt es einem schwer, sich in die Gedankenwelt grüner Politik zu begeben. Zu viel Unsinn, zu viele offensichtliche Widersprüche, zu viel Ideologie, kein Pragmatismus. Auch die neueste Idee (wobei, so neu ist sie nicht, schon im Koalitionsvertrag wurde dergleichen angedeutet, nun allerdings vorgeschlagen in einer verschärften Variante) fällt in diese Rubrik.

Nun soll also das Thema “Wärme und Heizung” mit der Brechstange auf Klimaneutralität getrimmt werden. Weg mit Gas und Öl, es bleibt im Prinzip Strom (bevorzugt: Wärmepumpe) und Pellets bzw. andere Holzheizungsformen. Wobei die letzteren Optionen vermutlich demnächst in Ungnade fallen werden, denn die nächsten EU-Grenzwerte zum Thema Feinstaub und Stickoxide stehen ja schon vor der Tür und werden dem Heizen mit Holz einen Riegel vorschieben. Und der Bürger sollte inzwischen gelernt haben, dass sowas wie “Bestandsschutz” in politischen Überlegungen nicht mehr vorkommt. Man schaue sich die schon bestehenden Regelungen zur EE-Pflicht und Ölheizungstauschpflicht in Baden-Württemberg an.

Klimaneutralität und Strom? Da war doch was…richtig, wir erzeugen ja erkleckliche Mengen an Strom noch gar nicht klimaneutral und werden dies auch auf absehbare Zeit nicht tun (und schon gar nicht im Winter, wo – man muss es wohl betonen bei dem allgemeinen Niveau der Diskussionsteilnehmer – weiterhin die Hauptheizzeit ist). Ist so ähnlich wie beim Elektroauto: man definiert einfach “Strom ist klimaneutral, weil theoretisch ja möglich und irgendwie wollen wir ja irgendwann da ja mal hin”, und definiert alle anderen – ebenso theoretisch klimaneutralen – Lösungen als böse und verbietet sie. Das hat man bei den Autos ja schon EU-weit geübt, auch wenn es da im Moment noch zaghaften, aber wenig zielführenden Widerstand bei der FDP gibt.

Nicht, dass eine Wärmepumpe zu Zwecken der Brauchwassererwärmung und für Raumwärmebereitstellung aka Niedrigtemperaturheizzwecke nun eine schlechte Idee wäre. Thermodynamisch gesehen ist das dufte, Stichwort “Leistungszahl”, und solange die Vorlauftemperatur niedrig genug ist (auf deutsch: bevorzugt gut gedämmter Neubau mit Flächenheizung), könnte es sich sogar ökonomisch rechnen. Ja, da isser wieder, der Konjunktiv. Denn die Anschaffung einer Wärmepumpe ist halt eine teure Angelegenheit, die Wartung derselben ebenso, und in der schönen neuen Welt der dargebotsabhängigen Stromerzeuger will man ja auch noch einen ausreichenden Wärmepuffer einbauen, um schwankende Stromerzeugung auf der Verbraucherseite ausregeln zu können. Das alles treibt die Kosten gegenüber einer supersimplen Gastherme, die jetzt auch relativ CO2-arm ist, zudem wartungsarm und preiswert, und emissionstechnisch auch nicht gerade problematisch ist. Wenn man nun seine gut gedämmte (also 00er-Jahre-Baujahr) 100qm-Etagenwohnung mit vielleicht 5000 kWh Wärmebedarf abfrühstücken kann – die Anschaffungsmehrkosten kann die Wärmepumpe während ihrer Lebensdauer niemals reinspielen. Eine Luftwärmepumpe mit Jahresleistungszahl 3 braucht dafür auch immerhin 1600 kWh Strom, der liegt gerade bei etwa 40 ct/kWh, während der Gaspreisdeckel gerade auf 12 ct/kWh den Gaspreis begrenzt (und der reale Gaspreis schon wieder deutlich niedriger ist, eher so bei 10 ct/kWh) – d.h. die laufenden Kosten sind bei der strombetriebenen Wärmepumpe derzeit sogar höher. Kurzer Crosscheck zum Heizöl: derzeit bei etwa 1 € pro l bei Abnahme von 3000l, macht 10 ct/kWh. Die Ökonomie spricht also eindeutig gegen die Wärmepumpe. Sagte jemand Erdwärmepumpe, um über die höhere Jahresleistungszahl die Bilanz zu schönen? Leider noch viel teurer in der Anschaffung, und zudem lange nicht überall möglich. Nicht alles, was einen höheren Wirkungsgrad hat, rechnet sich eben – alte Ingenieursweisheit.

Genauso wie die Ökonomie typischerweise gegen Nachrüstung bezüglich Dämmung von noch-nicht-ganz-so-Altbau spricht. Fallbeispiel Haus, erste Wärmeschutzverordnung (also Baujahr ab 1979), 4-Personen-Haushalt auf 200qm brauchen hier im Jahr etwa 30000kWh, wovon etwa 10% für Brauchwasser draufgehen dürfte. Bei derzeitigen Heizölpreisen (und die waren schon sehr viel niedriger, und werden vermutlich demnächst auch nochmal niedriger sein) also 3000€ im Jahr. Wenn man das übliche Programm Aufdachdämmung-Fassadendämmung-neue-Fenster fährt, also noch nicht mal eine Flächenheizung einbauen lässt und stattdessen durch etwas größere Heizkörper mit einer Vorlauftemperatur unter 50 Grad auskommen kann (das ist so grob der Richtwert, bis zu dem eine Wärmepumpe energetisch einigermaßen Sinn ergibt), liegt man bei der Renovierung schon im sechsstelligen Bereich, was die Kosten angeht. Wenn man Glück hat, senkt man damit die Verbrauchskosten auf 1000€ im Jahr. Preisfrage: was ist hier der Investitionshorizont? 100 Jahre? Selbst bei Einsatz von sündteurem BtL-Heizöl und 3fach kompensiertem CO2-Ausstoß geht die Rechnung niemals auf. Und dabei ist noch nicht mal berücksichtigt, dass sowohl Wartung als auch Lebenserwartung einer Wärmepumpe zuungunsten derselben ausfallen.

Und genau deshalb gibt unsere Regierung Unsummen aus für sinnlose kontraproduktive Förderprogramme bezüglich Dämmung, Wärmepumpe, Pelletheizung und Brennstoffzellen (und vor kurzem noch ironischerweise auch für Gasheizungen). Und überlegt sich nun gravierende Zwangsmaßnahmen, um die störrischen Bürger auf den Pfad der Tugend zu führen, der letztlich eine Mischung aus Enteignung und Sondersteuer bedeutet. Denn wenn man kühl rechnet, würde man die von der Regierung favorisierten Maßnahmen niemals durchführen.

Aber vielleicht kommt ja alles anders, die erneuerbaren Energien werden wirklich so billig bei der Stromproduktion wie schon seit Jahrzehnten versprochen, und der Strompreis sinkt auf 10 ct/kWh. Aber dann bauen wir wohl lieber wieder Nachtspeicheröfen und Durchlauferhitzer ein, wie es die Franzosen schon seit jeher tun – und auch deshalb die deutlich bessere CO2-Bilanz haben als Deutschland, dank Stromerzeugung aus Kernenergie und Wasserkraft. Denn je billiger der Strom, desto weniger lohnt sich eine Investition in eine Wärmepumpe – und auch in Wärmedämmung. Und je besser das Haus gedämmt ist, desto weniger lohnt sich logischerweise die Investition in Effizienzverbesserung der Wärmebereitstellung. Es passt also alles zusammen: die Grünen favorisieren wie immer die dümmste und teuerste Lösung.

Noch ein Schlenker zum politischen Abgesang auf die Gasheizungen: ein unverzichtbarer Bestandteil der Energiewende hin zur Klimaneutralität ist ja das sogenannte “Windgas”, also letztlich die Erzeugung von CH4 aus CO2 unter Einsatz von elektrischer Energie. Unverzichtbar zur Pufferung des erheblichen Ausregelbedarfs der erneuerbaren Energien vom Schlage Wind und PV. Klimaschutztechnisch wäre es genauso gut, dieses Windgas in den bestehenden Gasheizungen zu verfeuern oder in Erdgasfahrzeugen zu Transportzwecken zu nutzen als es in Gasturbinen zu Strom zu machen (Wirkungsgrad: 30-40%, GuD geht eigentlich nicht wegen der notwendigen schnellen Regelbarkeit) um damit Wärmepumpen zu betreiben. Die durch die Konstruktion der Energiewende geschaffene Notwendigkeit für energietechnische Absurditäten wie Windgas führt die Wärmepumpenideologie quasi inhärent selbst ad absurdum. Chance darauf, dass man das einem Politiker erklären kann: 0%.

Und alle diese Betrachtungen ignorieren ja sogar die Tatsache, dass Klimaschutz am preiswertesten woanders implementiert wird, wo durch geringeren Kapitaleinsatz deutlich höherer Nutzen generiert werden kann. Aber das würde das politische Hauptziel “Am Deutschen Wesen soll die Welt genesen” natürlich gefährden. Zum politischen Irrsinn hierzulande gehört eben auch, globale Probleme lokal lösen zu wollen. Zu einem Preis, der garantiert keine Vorbildwirkung für den Rest der Welt entfaltet.

Und wie würde nun die GMV-Lösung aussehen? CO2 gleichmäßig bepreisen, die absurden Bauvorschriften bezüglich Wärmedämmung einstampfen, und den Markt entscheiden lassen. Am Ende könnte sich synthetisch erzeugtes Heizöl oder Gas aus Hochtemperaturreaktoren (natürlich im Ausland betrieben, hierzulande ist das ausgeschlossen) durchsetzen. Oder große Wärmespeicher für ganze Siedlungen, die bei großem Stromangebot aus PV per Heizstab auf Temperatur gebracht werden und per Nahwärmenetz die Wohnungen versorgen. Oder die reine Elektroheizung-Variante, wenn PV lokal preiswert genug ist, damit jeder sein Balkonkraftwerk betreiben kann und vor allem will. Bei den geplanten EE-Ausbauzielen ist es sowieso unabdingbar, andere Speichermöglichkeiten außer “E-Auto” und “Windgas” bereitzustellen – Warmwasserspeicherung ist da verhältnismäßig einfach und preiswert zu machen.

Anmerkungen zur Energiekrise

Seit Russland seine militärische Spezialoperation – in faktentreuen Kreisen üblicherweise “Krieg” genannt – in der Ukraine durchführt, ist diversen Bevölkerungsgruppen schmerzlich bewusst geworden, wie so die Energieabhängigkeitsverhältnisse in Deutschland sind. Selbst einige Kinder der ersten und zweiten Ölkrise schienen gefühlt überrascht zu sein.

Nun gibt es zu unserer Abhängigkeit vom russischen Gas einiges zu sagen und vor allem zu differenzieren. Ich versuche mal eine grobe Einteilung in “Strom”, “Raumwärme” und “Industriebedarf”.

Dass unsere Stromversorgung in den letzten 40 Jahren deutlich gaslastiger wurde, hat zum einen mit dem CO2-Preis zu tun als auch mit dem Ausstieg aus der Kernenergie und dem Ausbau von dargebotsabhängigen Energieformen wie Wind und Sonne zur Stromerzeugung, von manchen liebevoll “Zappelstrom” genannt. Im englischen Sprachgebrauch hat sich als Verballhornung der “Renewables” inzwischen “Unreliables” etabliert. Dieser Teil der Erhöhung der Gasabhängigkeit wäre also problemlos vermeidbar gewesen. Zur Erinnerung: man war Ende der 80er, als das neueste deutsche KKW in Neckarwestheim ans Netz ging, bei etwa 40% Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung, zusammen mit den 5% aus Wasserkraft, war also fast die Hälfte der Erzeugung beinahe CO2-frei – auf ziemlich diesem Niveau werden wir ab 1.1.2023 nach Abschaltung der letzten 3 KKWs wieder sein. Hunderte Milliarden aus Klimaschutzsicht einfach verbrannt, um eine zuverlässige Art der Stromerzeugung durch eine unzuverlässige Art der Stromerzeugung, die durch Gas- und Kohlekraftwerke netzfähig gemacht werden muss, ersetzt. Großes Kino.

Bei der Raumwärme (und letztlich auch bei der Bereitstellung des Warmwasserbedarfs bei Haushalten und Kleinverbrauchern) sieht da Sache anders aus. Denn es gab lange Zeit (und eigentlich jetzt auch noch, in vielen Fällen) sehr sehr gute Gründe für Gas als Primärenergieträger. Erstens ist Gas ein sehr unproblematischer Brennstoff, der ohne großen Aufwand sauber verbrennt. Zweitens sind Gasthermen sehr zuverlässig und platzsparend und auch ressourcensparend, wenn man es beispielsweise mal mit einer Fernwärmeversorgung vergleicht. Drittens war Gas lange Zeit preislich deutlich attraktiver als Wärmepumpen, und ist es teilweise – vor allem im nicht besonders gut gedämmten Altbau bis ungefähr Ende der 90er – auch heute noch. Hohe Vorlauftemperaturen sind schlicht kein Problem und töten die Effizienz nicht gleich final wie bei Hochtemperaturwärmepumpen. Viertens ist eine Gastherme im Betrieb deutlich wartungsärmer und ressourcensparender als eine doch recht komplexe Wärmepumpe, oder ein Öl- oder Pelletbrenner die mit einem vergleichsweise “dreckigen” Brennstoff klarkommen müssen und deutlich mehr Pflege brauchen. Aber: Raumwärme hätte man auch “französisch” bereitstellen können, mit Kernenergie für Nachtspeicheröfen und/oder Heizstäbe und/oder Durchlauferhitzer. Wenn man das richtig macht, kann man damit sogar Strom im weitesten Sinne “speichern” und damit über die Verbrauchsseite vorhandene Erzeugungsüberschüsse zu beliebigen Zeitpunkten zu nutzen. Zu einem nicht unerheblichen Teil ist allerdings die jetzige breite Gasnutzung für Zwecke der Raumwärme- und Warmwasser-Bereitstellung in Privathaushalten auf politische Fehlanreize wie Subventionen für den Umstieg von Heizöl zu Gas sowie Förderung von Gas-Brennwertheizungen in Neubauten zurückzuführen.

Beim Industriebedarf sind nochmal andere Überlegungen anzustellen. Oftmals ist hier Gas kaum substituierbar, außer durch sehr viel teurere Varianten wie “regenerativ erzeugter Wasserstoff”. Insbesondere im Bereich Prozesswärme, also höherer Temperaturbereiche, ist Gas neben Kohle nahezu unverzichtbar. Aber letztlich ist die jetzige Gasnutzung der Industrie ein Ergebnis einer langjährigen Optimierung aufgrund gegebener hauptsächlich politischer Rahmenbedingungen. Und viele der industriellen Großverbraucher sind ja eh schon ins Ausland geflüchtet.

Wie kommt man kurzfristig aus der hiesigen Gasabhängigkeit raus? In der Gesamtsicht: gar nicht. Man kann aber die Abhängigkeit von Russland recht einfach reduzieren, indem man Gas wo möglich substituiert (Strom: Biogas, Kernenergie, Kohle) und die Lieferanten diversifiziert. Langfristig könnte man natürlich die Kernenergie wieder in angemessenem Umfang ausbauen – Kernenergie taugt für so ziemlich alle Anwendungen, bis hin zu Prozesswärmebereitstellung und Kraftstofferzeugung, und das bei niedrigstmöglicher Umweltbelastung, egal ob man entstehendes CO2 oder Flächenbedarf oder Stoffströme betrachtet. Und weil der “Brennstoff” namens Uran (oder für die Verwegenen: Thorium) so unglaublich hohe Energiedichte hat und gleichzeitig unglaublich preiswert ist, kann man sich mal einen schönen Mehrjahresvorrat anlegen, für den Fall, dass einer wie Putin mal wieder den “Irren Iwan” mimt (oder tatsächlich irre ist, da tagt die Jury noch). Eine andere Möglichkeit wäre, endlich das Frackingverbot hierzulande zu begraben – selbst das Umweltbundesamt hat in seiner letzten Evaluierung ja festgestellt, dass das Risiko für Umweltbeeinträchtigungen durch Fracking bei heutiger Fördertechnik extrem niedrig ist – und wer würde dem UBA (zumindest in diesem Einzelfall) schon widersprechen wollen. Gut, Habeck und andere Intelligenzabstinenzler erzählen dem Publikum immer noch jede Fracking-Horrorgeschichte aus der Steinzeit. Aber nur bei Gasförderung, nicht bei Geothermie, so viel Inkonsistenz muss schon sein, wenn man faktenunabhängiger Ideologe sein will. Wo kämen wir da sonst hin.

Möglicherweise muss man bei Gasknappheit die Stromerzeugung aus Gas ganz einstellen und auf der Verbrauchsseite kreativ werden. Ein Vorschlag meinerseits: Ladestationen für Elektroautos laden nur dann, wenn genügend regenerativ erzeugter Strom im Netz ist. Jede kWh hilft!

Kretschmanns Doppelschlag

An zwei aufeinanderfolgenden Tagen (Meldungen in den SWR-Radionachrichten, aus dem Gedächtnis sinngemäß hier wiedergegeben) hat der aus mir unbekannten Gründen bis ins Lager der konservativen Schwaben hinein immer noch beliebte BaWü-Obergrüne Winfried Kretschmann denkwürdige Statements abgeliefert.

Zuerst sagte er zu einer möglichen Laufzeitverlängerung der drei noch laufenden Kernkraftwerke sinngemäß folgendes: eine Laufzeitverlängerung sei völlig unsinnig, denn schließlich werden wir im Winter keine Stromknappheit, sondern Gasknappheit haben. Ein selten dummer Spruch, denn erstens nutzen wir reichlich Gas zur Stromerzeugung (im Mai 2022 angeblich sogar ein Allzeitrekord), und dieses Gas kann man allemal mit Kernenergie substituieren, gewinnt also reichlich Manövriermasse, um das Gas dort, wo es nicht so einfach durch Kohle oder Kernkraft zu ersetzen ist – nämlich für industrielle Prozesse und schnöde Wärmeanwendungen wie “beheizte Wohnung” – weiterhin zur Verfügung zu haben.

Dann sagte er, dass man durchaus über ein allgemeines Tempolimit, z.B. temporär für zwei Jahre, nachdenken sollte. Weil man habe ja schließlich Energiekrise. Dummerweise hatte er seine Logik vom Vortag, nämlich dass das ja nur Benzin oder Diesel spart und kein Gas, und wir ja nur eine Gaskrise und keine Energiekrise haben, schon wieder vergessen.

Ein echter Doppelschlag gegen Logik und gesunden Menschenverstand. Entweder ist Kretschmann schon im Altersdelirium und zu keinem rationalen Gedanken mehr fähig, oder er hält seine Wähler für komplett verblödet.

Mit letzterer Annahme könnte er sogar recht haben. Da frage ich mich, genau wie Hadmut Danisch es regelmäßig tut: wer wählt sowas?

Alle Reflexe noch intakt

Dank der neuen Beschlussvorlage der EU-Kommission zur “Taxonomie von nachhaltigen Aktivitäten”, die nun auch die Kernenergie mit dem Label “Nachhaltige Lösung” versieht, konnte man am Rauschen im Blätterwald wieder gut erkennen, dass vor allem bei den Grünen in Deutschland alle alten Reflexe aus der Gründerzeit noch intakt sind.

Nun kann man von Kernenergie ja halten, was man will – wie alle Energieerzeugungsarten hat sie sowohl Vorteile als auch Nachteile. Aber man kann wohl kaum ernsthaft bestreiten, dass die Kernenergie bezüglich entscheidender Parameter mindestens so “grün” und “nachhaltig” ist wie Photovoltaik oder Windkraftanlagen, bezüglich so profaner Dinge wie echtem Umwelt- und Naturschutz sogar um einiges nachhaltiger, weil der Flächenbedarf und der Stromleitungsbedarf und die Notwendigkeit des Überangebots zwecks Speicherung und die notwendigen Stoffströme und die Rohstoffintensität eben deutlich niedriger anzusetzen sind. Von den niedrigeren Preisen, der höheren Versorgungssicherheit, der Tauglichkeit für Wärmeanwendungen und der viel einfacher zu erlangenden Netzstabilität ganz zu schweigen. Wenn es also eine Energieerzeugungstechnik gibt, die das Prädikat “Nachhaltigkeit” sich redlich verdient hat, dann die Kernenergie.

Aber Fakten haben die grüngekleideten Rotfrontler der Grünen und der SPD noch nie gestört, und so durfte jeder sein Lieblingssprüchlein aus der Mottenkiste der Antiatomkraftschwurbeleien aus den goldenen 70ern und 80ern der “Bewegung” aufsagen. Stellvertretend will ich eine besonders dumme Äußerung von Saskia Esken zitieren, die mal wieder eindrucksvoll ihre totale Ahnungslosigkeit gepaart mit reichlich Selbstbewusstsein zur Schau stellt: “Atommeiler produzieren Abfälle, die über Jahrmillionen radioaktiv strahlen und damit das Leben auf unserer Erde gefährden.” Da muss man erst mal drauf kommen – aber vielleicht kann ihr ja ein Parteifreund die Sache mit der Radioaktivität und deren natürliches Vorkommen auf der Erde mal näher erläutern, nebst den Erkenntnissen aus der Medizin zum Themenkomplex “Wirkung von radioaktiver Strahlung auf den menschlichen Körper”. Und vielleicht, nur vielleicht, können ja die Finnen mal eine Führung durch ihr neues Endlager für hochradioaktive Reststoffe für eine deutsche Delegation organisieren. Aber das hätte vermutlich einen ähnlich niederschmetternd geringen Lerneffekt wie eine Führung durchs Konzentrationslager Auschwitz bei einem überzeugten Nazi. Frau Esken ist wirklich ein herausragendes Beispiel für einen Menschenschlag, der völlig zurecht gerne unter “Ewiggestrige” einsortiert wird. Und zusätzlich unter “Merkbefreite”. Und damit als Frau natürlich prädestiniert für höchste Parteiämter.

Der Fairness halber will ich aber auch noch einen durchaus wahren Satz von Saskia Esken herausgreifen und unterstreichen: “Atomstrom ist immer noch der teuerste Strom.” Damit liegt sie bezogen auf Deutschland vermutlich nicht weit von der Wahrheit weg, denn wir haben hier durch komplett überzogene staatliche Regulierung und Gängelung nicht zuletzt unter Trittin als Umweltminister erfolgreich dafür gesorgt, dass Betrieb, Rückbau und vermutlich auch Endlagerung zu maximal denkbaren Kosten geschehen wird. Exemplarisch kann man das an der Entscheidung zur Rückholung der radioaktiven Reststoffe aus dem Versuchsendlager Asse nachvollziehen, eine der allerdümmsten politischen Entscheidungen der Neuzeit, gegen den Rat aller Wissenschaftler. Selbst wenn man sie gelassen hätte, ist zweifelhaft, ob die Eigentümer deutscher Kernkraftwerke große Lust gehabt hätten, die pfennigguten Kernkraftwerke noch die mindestens angemessenen weiteren 20 Jahre zu betreiben.

Aber ich will nicht zu hart zu Saskia Esken sein – sie ist ja quasi universalahnungslos, da erwartet man ja per se keine geistigen Höhenflüge. Beim Thema Kernenergie fallen aber auch Menschen, die zu einigen Themen grundvernünftige Ansichten pflegen, auf die jahrzehntelange Propaganda rein. Aktuell kann man solche Faktenabstinenz bei Fefe nachlesen, der ebenso klassische wie abstruse Antiatomkraftschwurbeleien unkritisch zitiert und verlinkt. Was mal wieder zeigt, dass Experten eben meistens nur zu einem einzigen Themenkomplex Experte sind, bei anderen Themenkomplexen aber häufig komplett ahnungslos bis überfordert sind.

Zurück von der betrüblichen antiwissenschaftlichen Front in die Realität. Mal ganz grundsätzlich: ich persönlich halte eine solche “Taxonomie” für völlig überflüssig – würde die Politik ihrer Aufgabe nachkommen und z.B. über eine allgemeine CO2-Steuer (die natürlich auch importierte PV-Panels, die mit schmutziger Kohlekraft in China hergestellt wurden, betreffen müsste) dafür sorgen, dass Klimaschutz technologieneutral wäre, würde sich nachgeordnet auch die Investmentbranche automatisch für die umwelt- und klimaverträglichen Technologien mehr interessieren als für andere. Aber damit würde man natürlich das Lieblingsinstrument der Politik, die Einzelfallsteuerung mit ständiger Nachjustierung nach politischer Opportunität, aus der Hand geben. So lange es nicht völlig egal ist, ob ich einen Liter Diesel oder einen Liter Heizöl einspare, kann Marktwirtschaft nicht funktionieren. Und so gilt auch hier der alte Spruch: wenn man den Sumpf austrocknen will, darf man nicht die Frösche fragen. Dahingehend ist unser Politikbetrieb eine einzige Sumpflandschaft, und weitestgehend froschgrün. Folgerichtig ist heutiges Politikergeschwätz auch von Gequake nicht zu unterscheiden.

Klimaschutz und Kernenergie

Schon in verschiedenen Beiträgen in diesem Blog habe ich mich dem Thema Klimawandel sowie mit der Kernenergie beschäftigt. Gerne auch in Kombination, weil mir die Idiotie der Argumentation “Klimakatastrophe – größtes Problem der Menschheit” in Verbindung mit “Kernenergie darf nicht Teil der Lösung sein” regelmäßig ins Auge springt. Im Aufgalopp zu “Glasgow”, der neuesten Auflage des allseits bekannten und beliebten “Klimagipfels”, dessen erste weithin bekannte Inkarnation “Kyoto” mit dem beinahe ebenso bekannten “Kyoto-Protokoll” endete, gab es nun wieder Rauschen im Blätterwald, weil sich einige – inklusive des sonst hochheiligen IPCC – doch tatsächlich erdreisteten, zur Bekämpfung des nahenden Klimatods eine technische Lösung namens “Kernenergie” ins Spiel zu bringen. Für Deutschland als Kernenergieaussteigernation Nr. 1 natürlich besonders brisant, gibt es hierzulande doch noch ein paar völlig problemlos laufende, preiswerte, abgeschriebene und noch verhältnismäßig junge Kernkraftwerke, die man ja doch relativ problemlos weiterbetreiben könnte, um z.B. damit Kohlestrom zu substituieren.

Ich will mich an zwei Exemplaren von Berichterstattung durch typische Kernenergie-Contra-Argumente kämpfen und vor allem damit den Stand der Sachdiskussion betrauern, der seit “Tschernobyl – wir werden alle sterben” zumindest in Deutschland unverändert zu sein scheint.

Beweisstück 1: SPIEGEL Online veröffentlichte im Bereich “Wissenschaft” ein reines Meinungs- und Propagandapamphlet mit dem schon die Erwartungshaltung bezüglich der Neutralität des Artikels absteckenden Titel “Atomkraft? Nein, danke, wirklich nicht”. Basis dieses Artikels ist ein “Diskussionsbeitrag” genanntes fast 100 Seiten starkes Pamphlet der selbstverständlich in der Sache völlig neutralen Forschungsgruppe der “Scientists for Future”. Eine der Autoren ist die allseits bekannte EE-Propagandistin Claudia Kemfert, die über die Jahre ausreichend unter Beweis gestellt hat, dass man sie zu Sachfragen besser nicht befragen sollte – wobei, ihre Diskussionsbeiträge sind dahingehend wertvoll, dass man mit einiger Sicherheit davon ausgehen kann, dass das glatte Gegenteil ihrer Behauptungen richtig ist. Wer den Bericht in voller Schönheit konsumieren will – hier ist die Zusammenfassung, hier die Langversion.

Was also sind diese Murmeltiertag-Argumente, die immer wieder in die Diskussion eingebracht werden?

Punkt 1: die Sicherheit. Klar, da werden die Klassiker “Three Mile Island”, “Tschernobyl” und “Fukushima” aufgefahren. Abgesehen von der Tatsache, dass ganze drei seriöse Unfalle in 60 Jahren Kernenergienutzung doch für ein unglaublich hohes Sicherheitsniveau sprechen, und auch die offiziellen Statistiken wie die “Lost Workers Per Day” eindeutig sagen, dass von allen Energieerzeugungsarten inklusive Windkraft und Photovoltaik die Kernenergie die mit Abstand sicherste ist, lohnt es sich, die drei Unfälle im Detail anzuschauen. Die Teilkernschmelze im Reaktor 2 in Harrisburg kannte nämlich nur einen Geschädigten: den Betreiber. Außerhalb des Kraftwerks passierte genau gar nichts. Oh, da haben wir aber Angst: einer der drei schlimmsten Reaktorunfälle aller Zeiten forderte genau 0 Todesopfer. Der nebenan stehende Reaktor 1 lieferte noch vier weitere Jahrzehnte Strom. Blick auf Fukushima, den Auslöser einer neuen Hysteriewelle gegen die Kernenergie hierzulande inklusive sofortiger Abschaltung diverser Kraftwerke und Einsetzen einer “Ethikkomission”, die den Ausstiegsbeschluss unterfütterte: hier ist es wichtig, die Auswirkungen des Reaktorunfalls ins Verhältnis zu setzen mit den Auswirkungen des den Unfall auslösenden Ereignisses: ein starkes Erdbeben gefolgt von einem Tsunami. Todesopfer des Tsunami: vermutlich 20000. Todesopfer des Reaktorunfalls: 2 Arbeiter. Vermutete langfristige Opfer der freigesetzten Strahlung: 0 – die am stärksten strahlenbelasteten Menschen waren Arbeiter des Kraftwerks, mit einer Strahlendosis von wenigen hundert Millisievert. Zum Zeitpunkt des Tsunami war der Platz innerhalb des Kraftwerks der Sicherste im Bereich der Küste. Wir halten fest: Fukushima zeigt uns, dass selbst bei Schlamperei des Betreibers (Schutzmaßnahmen gegen Tsunamis vorhersehbarer Größe unzureichend) und bei einem wirklich uralten Reaktors (GE BWR Mark I – Design aus den 60ern) selbst eine dramatische Naturkatastrophe kein wirkliches Problem darstellt. Weiterer Beweis in der Sache: die Reaktorblöcke des benachbarten Kernkraftwerks Fukushima Daini haben diese Naturkatastrophe unbeschadet überstanden und hätten, wenn die Politik nicht anders entschieden hätte, direkt nach Erdbeben und Tsunami den Betrieb weiterführen können. Blickt man leidenschaftslos auf den Tsunami-induzierten Reaktorunfall von Fukushima, kann man schlussfolgern, dass selbst bei einem alten Reaktor, der an einer ungünstigen Stelle steht, der mit sehr knappen Notstromreserven ausgestattet ist, dessen Notstromgeneratoren nicht ausreichend verbunkert sind, der weder mit heute üblichen (und bei den meisten Kernkraftwerken, insbesondere allen deutschen KKWs nachgerüsteten) katalytischen Rekombinatoren zur Vermeidung der Ansammlung von Wasserstoff oder gefilterter Ventilationsmöglichkeit zur Druckentlastung des Sicherheitsbehälters ausgestattet ist, das Risiko einer erheblichen Freisetzung des radioaktiven Inventars extrem gering ist.

Bleibt also Tschernobyl. Zweifellos ein seriöser Reaktorunfall – wenn auch mit insgesamt überschaubaren Auswirkungen was Leib und Leben angeht, vermutlich wird die Opferzahl auch langfristig im vierstelligen Bereich bleiben – allerdings unter besonderen Bedingungen, die man bei der Bewertung der Gefahren der Kernenergie berücksichtigen sollte. Man stellt ja auch den PKW-Verkehr nicht ein, nur weil ein Trabbi sehr wenig Schutz für die Insassen und Fußgänger bietet und einen sehr langen Bremsweg hat. Und da hat der havarierte RBMK-Reaktor von Tschernobyl einige unglückselige Alleinstellungsmerkmale wie den positiven Dampfblasenkoeffizient, das Fehlen entscheidender Schnellabschalteinrichtungen, die Moderation durch (brennbares) Graphit, das Fehlen eines Sicherheitsbehälters, ein unzureichendes Containment…die Liste ist lang. Dazu kam das von höchster politischer Stelle beauftragte Reaktorexperiment, das eine geschulte und geübte Bedienmannschaft, wie sie in Reaktoren westlicher Bauart und vor allem in Deutschland vorausgesetzt werden kann, niemals so durchgeführt hätte. Garniert wird die Reaktorkatastrophe noch durch den menschenverachtenden Charakter des zentral gesteuerten Marxismus Moskauer Prägung, der die Auswirkungen der Katastrophe nochmals schlimmer machte. Keine zeitnahe Evakuierung, keine Katastrophenvorsorge, kein Plan für den Ernstfall. Unterm Strich bleibt also eine Katastrophe aufgrund einer um Größenordnungen unsicherer Reaktorbauart im Verbund mit gnadenloser Menschenverachtung eines alles kontrollierenden Staatswesens ohne wirksame Risikovorsorge. Wenn es jemals eine Unvergleichbarkeit von technischen Konzepten gegeben hat, dann “RBMK” vs. “Leichtwasserreaktor westlicher Bauart”.

Wichtig ist aber auch: selbst unter Berücksichtigung des Tschernobyl-Unfalls bleibt die Kernenergie eine ungeschlagen sichere und saubere Art der Stromerzeugung. Kernenergie ist vermutlich die einzige Technologie, die nicht mal der Kommunismus durch dramatisches Unterbieten von sinnvollen Mindeststandards im Durchschnitt ins Minus bringen konnte.

Bezüglich der Sicherheit wird auch die alte Schimäre “Proliferationsrisiko” bemüht. Hintergrund ist, dass für die Produktion atomwaffenfähigen Materials zwar prinzipiell Kernreaktoren geeignet sind. Schaut man aber näher ins Detail, fallen zwei Dinge ins Auge: erstens die Entstehung der ersten Kernwaffen der fünf initialen Atomwaffenstaaten USA, UdSSR, Großbritannien, Frankreich und China. Keiner der Staaten verwendete kommerzielle Leistungsreaktoren, um sein Uran oder Plutonium für Atombomben zu erzeugen, sondern entweder reine Urananreicherung (so auch später Pakistan und Indien, und so wird es auch der Iran machen) oder spezielle Reaktoren, die darauf ausgelegt sind, tatsächlich möglichst reines Plutonium-239 zu erbrüten ohne die hässliche Eigenschaft von Leichtwasserreaktoren, die Chose mit reichlich Plutonium-240 zu verunreinigen, das den Isotopenmischmasch für den Bombenbau unbrauchbar macht. Oder anders ausgedrückt: gängige Reaktoren zur Stromerzeugung sind ganz ganz schlecht zur Erzeugung von waffenfähigem Material geeignet. Wen da wirklich noch Restzweifel beschleichen, der stellt interessierten Staaten einfach den kompletten Brennstoffkreislauf zur Verfügung und lässt vor Ort nur die Reaktoren betrieben, damit ist dieses Schreckensszenario endgültig mit einer Wahrscheinlichkeit von unter 0 zu bewerten. Oder mal die Kanadier fragen – deren CANDU-Reaktoren benötigen nicht mal angereichertes Uran, sondern laufen mit Natururan, so dass sogar dieses Minimalrisiko ausgeschlossen werden kann.

Natürlich darf auch die angeblich ungelöste Endlagerung im bunten Reigen der Pseudo-Argumente nicht fehlen. Ein Problem, das andernorts – z.B. in Finnland – bekanntlich längst gelöst ist, prinzipiell sehr einfach lösbar ist wenn man Kernenergie-Abfälle einfach gemäß ihrer Gefährlichkeit wie anderen konventionellen Giftmüll behandeln würde, oder alternativ endlich schnelle Reaktoren zur Verwertung dieses “Abfalls” bauen würde. Da sind uns inzwischen sogar die Russen voraus, nachdem wir in Deutschland zwar einen geeigneten schnellen Brutreaktor fertig gebaut haben, aber dann vorsichtshalber nicht in Betrieb genommen haben. Auch in Deutschland hat man ja ein sehr gutes Endlagerkonzept – wenn man auf “direkte Endlagerung” steht – und noch niemand konnte schlüssig begründen, warum der Salzstock in Gorleben (oder praktisch jeder andere unberührte Salzstock in Deutschland oder die zahlreichen Granitgesteinsformationen ähnlich der finnischen Lösung) kein geeignetes Endlager sein soll, aber es wird politisch seit Jahrzehnten verhindert, weil die Anti-Kernkraft-Lobby natürlich eines ihrer Hauptargumente in Gefahr sieht. Nicht, dass ein paar Castorbehälter in einer Lagehalle a la Zwischenlager Gorleben oder Ahaus ein Problem wären – ja dann stehen die halt ein paar Jahrhunderte dort drin, wen kümmert das schon? Gegenüber der Endlagerung von dauerhaft giftigen Stoffen hat der atomare Abfall immerhin den Charme, dass er über die Zeit sehr viel weniger gefährlich wird.

Zuletzt natürlich auch noch das Versicherungsargument – angeblich sind die Schäden aus einem Kraftwerksunfall ja so groß, dass gar keine Versicherung dagegen möglich oder denkbar ist. Dubios, denn gerade in Deutschland sind die Schäden eines hypothetischen Unfalls selbstverständlich versichert, weltweit wäre das aufgrund des sehr seltenen Ereignisses “Kraftwerksunfall mit Außenwirkung” natürlich auch kein Problem, aber allerorten verhindern staatliche Regulierungen eine solche marktwirtschaftliche Lösung. Weltweit agierende (Rück-)Versicherer haben ganz andere Risiken abgesichert, dagegen ist ein Unfall Marke “Three Mile Island” oder “Fukushima” ein Kleinkleckerlesbetrag. Und wenn man sieht, wieviel CO2 durch die Kernenergie bisher schon vermieden wurde, wird die finanzielle Haben-Seite der Kernenergie selbst im Angesicht eines jährlich stattfindenden schwerwiegenden Unfalls immer noch erklecklich sein. Wenn man dann noch bedenkt, wieviel sicherer moderne Kernkraftwerke gegenüber ihren schon sehr sicheren und zuverlässigen Geschwistern der Baujahre 1960 bis 1990 sind, bleibt nur die Erkenntnis, dass Sicherheits- und Kostenerwägungen ganz sicher nicht gegen die Kernenergie sprechen.

Warum der Spiegelartikel auch noch behauptet, dass die neue Generation der SMRs (“Small Modular Reactors”) keinen relevanten Sicherheitsgewinn bringen würden, obwohl diese allesamt so konstruiert sind, dass ein Unfall mit Freisetzung radioaktiver Stoffe physikalisch ausgeschlossen ist – vermutlich schlägt hier die Relotius-Ader des Blattes wieder durch. Eine schändlichere Lüge wurde selten zu Buchstaben geformt. Oder steckt dahinter in Wahrheit die Erkenntnis, dass auch heute betrieben konventionelle Leichtwasserreaktoren bereits sehr sicher sind, und es deshalb gar keinen signifikanten Sicherheitsgewinn zu geben braucht und geben kann?

Wenn man den Sicherheitsaspekt mal auf die Frage verengt, ob Deutschland seine vorhandenen Reaktoren einfach 30-50 Jahre weiterbetreiben soll oder wie geplant aussteigen soll, stellt sich schnell die Erkenntnis ein: weiterbetreiben ist die einzig sinnvolle Entscheidung. Das Endlagerproblem, selbst wenn es existiert, wird dadurch nicht schlimmer. Das Proliferationsrisiko ist bei Reaktoren unserer Bauart nicht mal denkbar. Die Sicherheitshistorie der deutschen Reaktoren ist makellos, ihre Zuverlässigkeit vorbildlich. Bedenken gegen den Weiterbetrieb sind allesamt hypothetischer Natur, ähnlich einer Ablehnung der Windkraft mit dem Hinweis, dass es ja nicht auszuschließen sei, dass ab morgen in Deutschland nur noch sehr schwacher Wind wehen wird. Oder die Ablehnung der Photovoltaik mit der Befürchtung, dass ab morgen immer dunkel ist.

Kommen wir zu Punkt 2 – die Wirtschaftlichkeit. Zunächst lügt der Artikel sich zusammen, dass Kernenergie niemals wirtschaftlich war. Das stimmt insoweit, wenn man es mit Braun- oder Steinkohlekraftwerken vergleicht. Da wir ja aber den Klimawandel im Auge haben wollen, müssen wir die Kernenergie ja mit erneuerbaren Energien vergleichen, und da kann jeder an seiner Stromrechnung ablesen, was Sache ist: Kernenergie ist die einzig wirtschaftliche CO2-freie Stromerzeugungstechnologie, selbst heute, nachdem der Staat wirklich alles versucht hat, um mit überbordendem Regulierungsdrang die Kernenergie möglichst teuer zu machen. Wenn man sich anschaut, welche immensen Kosten durch die diversen Regulierungsbehörden wie die NRC in den USA entstehen – und das ohne merklichen Gewinn für die Sicherheit – wäre die Klimaschutzmaßnahme Nummer 1, endlich mal den ganzen Genehmigungsprozess für Kernreaktoren zu verschlanken und wieder auf ein Maß wie in den 70ern oder 80ern, der großen und erfolgreichen Zeit der preisgünstigen Reaktorneubauten, zurückzufahren. Früher konnte man einen GW-Reaktorblock für weniger als eine Milliarde Mark bauen und in Betrieb nehmen, heute wird eher der zehn- bis zwanzigfache Betrag fällig. Wenn jemand Angst vor Inflation hat, sollte er hier besser nicht so genau hinschauen. Und dennoch ist auch heute ein Neubau eines Kernkraftwerks unter entsprechenden Bedingungen ein gutes Geschäft, wenn man es mit CO2-freien Alternativen vergleicht.

Der Unterpunkt “aber die unbekannten Kosten für Rückbau und Endlagerung” wird natürlich auch immer gerne genommen, ist aber keinesfalls valide. Bezüglich Rückbau hat insbesondere Deutschland reichlich Erfahrung, weil wir bereits die Altlasten des real existierenden Sozialismus im Osten des Landes komplett zurückgebaut haben, und das war alles andere als teuer, wenn man es vergleicht mit dem Wert des erzeugten Stroms, selbst zu damaligen niedrigen Marktpreisen in Konkurrenz zur schmutzigen Braunkohle sozialistischer Prägung. Zur Endlagerfrage gilt das oben gesagte – nimmt man den einzig vernünftigen Weg der Nutzung des “Atommülls” als Brennstoff für schnelle Reaktoren, hat dieser Müll sogar einen Wert und verursacht gar keine Endlagerkosten. Bevorzugt man die direkte Endlagerung ohne Nutzung, sind aufgrund der sehr geringen Mengen die Kosten geradezu lächerlich niedrig, selbst bei pessimistischer Rechnung deutlich unter 1 ct/kWh bei Endlagerung nach Greenpeace-Standard.

Und verengen wir die Wirtschaftlichkeitsdebatte wieder auf die Frage, ob Deutschland seine vorhandenen Reaktoren einfach 30-50 Jahre weiterbetreiben soll oder wie geplant aussteigen soll, so kann die Antwort nur lauten “weiterlaufen lassen”. Die Kraftwerke stehen schon, der Betrieb ist äußerst kostengünstig, und weder für Rückbau noch für Endlagerung fallen bei einer Betriebszeit von 60-80 Jahren signifikant höhere Kosten an als bei einer Betriebszeit von etwa nur 34 Jahren wie im Falle von Neckarwestheim 2.

Punkt 3 – die Behauptung, ein Ausbau der Kernenergie käme zu spät für die Lösung der Klimawandelproblematik – ist besonders pikant. Seit Jahrzehnten versuchen Anti-Kernkraft-Lobbyisten, Sand ins Getriebe zu streuen. Jede Menge politische Entscheidungen wurden getroffen und Gerichtsverfahren angestrengt, um den Erfolg der Kernenergie zu verhindern. Man hat also das jetzt Kritisierte im Prinzip selbst verursacht und bejammert es jetzt. Scheinheiliger geht es ja gar nicht. Aber davon abgesehen ist die Aussage selbst im heutigen weitgehend totregulierten Kernreaktorbereich nicht die Wahrheit. Wenn man heute einen großen Kernreaktor ordert, egal ob in Russland, Südkorea, Japan oder USA, kann man – wenn man der juristischen Verzögerungstaktik der Feinde des Fortschrittes einen Riegel vorschieben kann – sich problemlos in 5-10 Jahren an einem neuen Reaktor erfreuen. Und mit jedem weiteren neuen Reaktor geht es schneller.

Ein praktisches Beispiel: die Vereinigten Arabischen Emirate haben quasi aus dem Stand – also bei gleichzeitigem Aufbau der Regulierungsbehörde und Schaffung aller Voraussetzungen für den Betrieb wie Ausbildung des Personals – mit Beginn 2012 bis Ende 2021/Anfang 2022 vier große Reaktorblöcke südkoreanischer Herkunft (KEPCO APR-1400) erfolgreich gebaut und in Betrieb genommen, zu je 1,4 GW elektrischer Leistung und einer vorgesehenen Betriebsdauer von je 60 Jahren. Und man erinnere sich zurück an den großen nuklearen Ausbau in Frankreich in den 80ern – eine Vielzahl von Reaktoren, die bis heute problemlos betrieben werden, haben Frankreich unter den Industrienationen zu der Nation gemacht, die den niedrigsten pro-Kopf-Ausstoß von CO2 hat. Warum sollte das heute nicht auch möglich sein? Der Einwand, man käme eh zu spät, ist derart unlogisch, dass nur ein verqueres Antiatomschwurblerhirn darauf kommen kann. Zumal man ja immer vergleichen muss mit der Alternative. Frankreich schaffte in den 80ern 12 große Druckreaktoren (Baubeginn 1980 bis 1982, Inbetriebnahme 1982 bis 1990), die Vereinigten Arabischen Emirate innerhalb von 10 Jahren 4 große Druckreaktoren – das entspricht einer Stromerzeugung von etwa 44 TWh pro Jahr zuverlässige Deckung der Grundlast, für die nächsten 60 Jahre. Wenn man wirklich will, geht es also, und das nachgewiesenermaßen. Hingegen ist eine zuverlässige und halbwegs bezahlbare Stromversorgung allein mit erneuerbaren Energien immer noch Wolkenkuckucksheim, und Subventionsweltmeister Deutschland hat es in 20 Jahren auf gerade mal dieselbe Stromerzeugung aus Photovoltaik gebracht – rund 40 TWh von Strom “wann immer gerade die Sonne scheint”. Zu dramatisch höheren Kosten als den vier Reaktorneubauten in den Emiraten versteht sich. Und das liegt nicht zuletzt an der Energie- und Rohstoffintensität der Herstellung von PV-Anlagen. Warum also gleichzeitig der schnelle Ausbau der Kernenergie unmöglich sein sollte während der Ausbau von Windkraft und Photovoltaik nebst notwendigen Backups – die sich einigermaßen kostenfreundlich noch nicht mal auf dem Reißbrett abzeichnen – gar kein Problem sein sollen, auch dafür braucht man wohl verqueres Antiatomschwurblerdenken mit zuverlässiger Plausibilitätsprüfungsunterdrückung.

Für die Zukunft ist natürlich zu hoffen, dass die Kerntechnische Industrie tatsächlich mal den großen Worten Taten folgen lässt und kleine kompakte Kernkraftwerke in Serie produziert. Die jetzigen großen Kraftwerke sind ja ein wandelndes Investitionsrisiko in Anbetracht staatlicher Neigung zum grundlosen Eingriff in Bau und Inbetriebnahme, und es sind quasi alles Einzelstücke, weil handgedengelt auf die jeweiligen lokalen Befindlichkeiten der Behörden. Wer sich wundert, warum man in den 60ern einen so rasanten Ausbau der Kernenergie vorausgesagt hatte und warum das gescheitert ist: das ist der Grund. Kleinstaaterei bei den Anforderungen und Genehmigungen, Regulierung so gestaltet dass die Kraftwerke, um kostendeckend zu sein, riesig und damit teuer und komplex sein mussten. Die US-amerikanische NRC beispielsweise hat lange Zeit für jeden zu genehmigenden Reaktor den gleichen Aufwand und die gleiche Summe berechnet – egal ob ein Riesenreaktor mit 1,4 bis 1,6 GW (typischer PWR ab Mitte der 80er) oder schmaler 80 MW-Microreaktor. Ein kleiner Reaktor hat vielerlei Vorteile: er kann eher im Lastfolgebetrieb arbeiten, er ist relativ einfach mit völliger passiver Sicherheit konstruierbar, weil die Restwärmeproblematik über passive Abführung derselben gelöst werden kann. Er muss nicht “on site” gebaut werden, sondern kann in der Fabrik in Serie gefertigt werden und vormontiert an seinen Standort transportiert werden. Er kann modular zugebaut werden je nach Bedarf. Er kann dezentral installiert werden und so auch zur Nahwärmeversorgung oder für Prozesswärmenutzung zur Verfügung stehen. Ja, denkt man an die schöne neue Welt der Elektroautos, würde so ein NuScale Power Module mit knapp 80 MWe perfekt zu einer Schnellladestation an einer Autobahnraststätte passen. Bei grob 300 kW pro Ladestation wäre das eine angemessene Größenordnung. Der geneigte Leser mag sich vorstellen, welche PV-Fläche für so ein Unterfangen notwendig wäre und wie viele Batterien man für den Fall “Nacht oder wolkig” als Backup vorhalten müsste, um dieselbe Leistung dieses kleinen, kompakten NPM zu erzielen.

Und nur zur Übung verengen wir auch für Punkt 3 mal den Blick auf die Entscheidung in Deutschland “vorhandenen Reaktoren einfach 30-50 Jahre weiterbetreiben” oder “wie geplant aussteigen” – die deutschen Kraftwerke sind schon da und gebaut, also in Nullzeit verfügbar. Sie stillzulegen und auszusteigen ist in diesem Kontext wohl die dümmstmögliche Entscheidung.

Kommen wir zu Punkt 4, der letztlich der Grund ist, warum ich die Anti-Atom-Bewegung für eine neulinke Bewegung von Ökomarxisten halte (denn, man erinnere sich, die Marxisten, Leninisten und Stalinisten alter Prägung waren ja allesamt für den technischen Fortschritt und damit unweigerlich auch Befürworter der Kernenergie): die Kernenergie verhindert die notwendigen Transformationsprozesse hin zu einer klimaneutralen Stromerzeugung. Das ist nun eine so enddämliche Aussage, da weiß man gar nicht wo man anfangen soll. Nehmen wir an, ich habe eine beliebige Menge Geld zur Verfügung (und das muss man ja annehmen, sonst kann die Energiewende deutscher Prägung ja gar nicht stattfinden). Meine derzeitige Stromproduktion besteht immer noch zu einem großen Teil aus Kohlekraftwerken. Warum sollte eine Technologie A, die preiswerter ist als eine Technologie B, aber genauso CO2-frei ist, einen Transformationsprozess hin zu CO2-freier Stromerzeugung verhindern? So dumm kann man doch gar nicht sein. Und deshalb vermute ich dahinter Kalkül: der feuchte Traum der neulinken Ökomarxisten ist eine energetisch verarmte Bevölkerung, ohne jeden Komfort und Luxus, der nur noch der Nomenklatura zur Verfügung steht. Nur dann machen die Aussagen halbwegs Sinn. Wer Kernenergie als Lösungsmöglichkeit der angeblich so tödlichen Klimakrise ablehnt, auch wenn aus unerfindlichen Gründen sie nur 50% der Lösung sein kann, ist schlicht ein Menschenfeind. Oder er glaubt in Wahrheit gar nicht an die Klimakrise und will nur eine Ideologie von Hunger und Armut für alle (auch als “Sozialismus” bekannt) durchsetzen und sieht in sinnloser Geldverschwendung in erneuerbare Energien ein geeignetes Vehikel.

Soweit der traurige Abriss zum Artikel in SPIEGEL Online. Das Relotius-Blatt in Hochform, Respekt. Selten so viele Lügen und Falschaussagen mit so wenig Text geschafft. Die Autorin Viola Kiel sollte hoffen, dass sie unter einem Pseudonym veröffentlicht, und dass sie nun dank des Feedbacks auch der Kommentatoren bei SPON gelernt hat, dass es manchmal von Vorteil sein kann, von einer Sache, über die man schreibt, wenigstens so viel Ahnung zu haben, dass man Propagandapapiere wie das von der “Scientists For Future” wenigstens kritisch hinterfragen sollte.

Nun zu Beweisstück 2, vom SPON-Konkurrenten Focus Online mit dem Titel “Vor- und Nachteile von Atomstrom” publiziert, ebenso irreführend platziert unter der Rubrik “Praxistipp”. Immerhin hat man sich dort bemüht, nicht nur die Nachteile, sondern auch die Vorteile der Kernenergie aufzulisten. So weit, so lobenswert – verfolgt man die deutsche Medienlandschaft, ist es ja quasi unmöglich, mal über einen Beitrag zu stolpern, der tatsächlich Vorteile von Kernenergie zu behaupten wagt. Die genannten Vorteile jedenfalls sind valide und halten auch näherer Betrachtung stand. Aber bei den aufgelisteten Nachteilen werden leider wieder die schon tausendmal widerlegten Behauptungen aus der Mottenkiste des Ökomarxismus herausgeholt. Die oben schon widerlegten Behauptungen in Punkto Sicherheit, Proliferation und Abfall/Endlagerung lasse ich mal aus, denn es folgen noch zwei nicht minder populäre Argumente aus der Antiatomschwurblerszene.

Da ist zum einen die behauptete Inflexibilität von Kernkraftwerken, die angeblich nicht in eine “dynamisches Energiesystem” passen, um die “gewissen Schwankungen” der Einspeisung erneuerbarer Quellen wie Wind, Wasser und Sonne auszuregeln. Liebe Antiatomschwurbler, was ihr hier beschreibt ist ein gravierender Nachteil von Erneuerbaren Energien, aber die Kernenergie könnte trotzdem euren Arsch retten, weil die Reaktoren keineswegs prinzipbedingt immer “volle Power” laufen müssen. Nein, man ist völlig frei darin, sie als zuverlässige Grundlastbereitsteller zu nutzen (was naheliegt, weil die Investitionskosten relativ hoch sind und die Betriebskosten relativ niedrig, jedenfalls niedriger als für alle anderen regelbaren Formen der Stromerzeugung), oder im Lastfolgebetrieb um den Zappelstrom aus den dargebotsabhängigen Quellen auszuregeln. Moderne Kernkraftwerke sind nämlich ausgezeichnet regelbar, mit sehr steilen Leistungsgradienten. Da kann man innerhalb von Minuten von 50% auf 100% und wieder zurück regeln ohne mit der Wimper zu zucken. Dazu der netzstabilisierende Faktor “rotierende Massen” durch die großen Turbinen. Bleibt natürlich die Frage, warum man überhaupt die zum Betrieb eines stabilen Stromnetzes problematischen Windkraft- und Photovoltaik-Anlagen noch haben will, wenn man ausreichend Kernkraftwerke zur Verfügung hat, die in wirklich allen Belangen den “Renewables” – im englischen Sprachraum oft auch als “Unreliables” bezeichnet – vorzuziehen sind. Masochismus?

Dann kommt noch das für erfahrene Kerntechnik-Befürworter ebenso erwartbare wie falsche Argument der Endlichkeit des Kernbrennstoffs. Ja, Uran ist endlich. Thorium auch. Irgendwann wird unsere Sonne zum roten Riesen und sowohl Windkraft als auch Photovoltaik werden keinen Strom mehr erzeugen. Ja, Beton und Stahl und was-auch-immer sind ebenfalls endlich. Aber die entscheidende Frage ist doch: wann ist Schicht im Schacht? Für Uran ist das noch nicht mal am Horizont abzusehen. Die statische Reichweite (also als zu derzeitigen Marktpreisen gesichert abbaubare Reserven) beträgt derzeit rund 50 Jahre, wie schon seit den 70ern des letzten Jahrhunderts. Damals hat man einfach die Exploration eingestellt, weil man einfach überall auf der Welt Uran gefunden hat. Die Japaner haben es sogar noch weiter getrieben und haben die Extraktion von Uran aus Meerwasser zur Marktreife gebracht – verdoppelt sich der Natururanpreis (was auf den aus Kernenergie erzeugten Strom kostentechnisch sich quasi gar nicht auswirkt, weil der Preis von Natururan nur im einstelligen Prozentbereich zu den Stromgestehungskosten beiträgt), wird deren Methode schon kostendeckend, und der Nachschub von Uran im Meerwasser ist quasi-unendlich. Nicht zu vergessen die Möglichkeit, mit Brutreaktoren neues spaltbares Material aus Thorium-232 oder Uran-238 zu erzeugen. Und natürlich den riesigen Reserven, die in unserem “Atommüll” stecken und nur darauf warten gehoben zu werden. Mit der WAA Wackersdorf und dem SNR in Kalkar hatte Deutschland das perfekte Konzept für einen geschlossenen Brennstoffkreislauf – aber die Anti-Atom-Lobby der Pseudo-Ökos konnte natürlich eine Lösung für das Endlagerproblem nicht zulassen und malte den Teufel der Plutoniumwirtschaft an die Wand.

Aber selbst wenn man jetzt mal alle Brutreaktoren dieser Welt außer Acht lässt, den deutschen Atommüll unbedingt unangetastet lassen will und postuliert, dass der Rest der Welt uns kein frisches Uran mehr liefern will – selbst dann könnte man mit den bekannten Uran-Lagerstätten den kompletten deutschen Bedarf für eine Energievollversorgung locker decken. Mit anderen Worten: zumindest für eine noch zu bauende neue Kernkraftwerksgeneration gäbe es mehr als genug einheimischen Brennstoff. Warum sollte uns die Situation in 100 oder 200 Jahren bezüglich der Uran-Versorgungssituation kümmern, wo uns das Klima doch angeblich heute oder zumindest in allernächster Zukunft um die Ohren fliegt? Warum eine Lösung ablehnen, die uns im schlechtesten Falle “nur” 100 Jahre Zeit verschafft? Wie alle Antiatomschwurblerargumente ergibt auch das vom knappen Uran einfach überhaupt gar keinen Sinn.

Ebenfalls erwähnen will ich einen exklusiv im/für den Focus Online-Artikel mit außerordentlicher Kreativität erfundener, nahezu einzigartiger Nachteil von Kernkraftwerken: sie können tatsächlich – im Gegensatz zu allen anderen Energieerzeugern wie Windkraftanlagen, Wasserkraftwerken oder Photovoltaikanlagen – nicht unendlich lange laufen sondern müssen irgendwann ersetzt werden. Skandal! So ein Kraftwerk aus den 70ern oder 80ern muss doch tatsächlich nach 60 bis 80 Betriebsjahren stillgelegt werden! Nicht zu fassen. Ganz im Gegensatz zu den allseits bekannten Windkraftanlagen, die meisten davon bekanntlich seit dem Mittelalter oder sogar noch von den alten Römern gebaut. Was bleibt einem bei so einer Argumentationsqualität übrig außer Ironie und Sarkasmus?

Kommen wir zum Abschluss zum Bereich “Glaskugel”. Ich halte den Ausstieg aus der Kernenergie hierzulande für nicht aufzuhalten, da mögen alle guten Argumente der Welt für einen Weiterbetrieb der letzten 6 Kernkraftwerke sprechen. Ich glaube sogar, dass das Anti-Atom-Denken in Deutschland so erfolgreich über die Jahrzehnte eingetrichtert wurde, dass selbst großflächige Stromausfälle in Zukunft niemals auf den Ausstiegsbeschluss zurückgeführt würden oder gar der Ausstieg wehmütig bedauert werden würde. Am Deutschen Wesen soll schließlich die Welt genesen, und Konsequenz nach Deutschem Muster heißt, auch einen Holzweg zu Ende zu gehen.

International hingegen ist die Renaissance der Kernenergie langsam im Kommen. China hat die letzten 20 Jahre Reaktor um Reaktor gebaut, Länder wie die Vereinigten Arabischen Emirate sind neu eingestiegen, in den USA haben Reaktorneubauten durch die explodierenden Gaspreise und die CO2-Bepreisung inzwischen wieder reelle Chancen, und in UK wird nach dem Brexit wieder ernsthaft über die Kernenergieoption nachgedacht – auch wenn dort die Mühlen eher langsam arbeiten, und der Weg zu den Reaktorneubauten dort eher lang ist. Ob die Ausbaupläne im Rest von Europa wie z.B. in Polen oder in Tschechien tatsächlich kommen werden – da bin ich unsicher. Durch die unbegrenzte Gelddruckerei der EZB sind auch absurd kapitalintensive Unterfangen wie Windkraftanlagen oder Photovoltaik zusammen mit den reichlich fließenden Subventionen ein risikoarmes Investment, so dass die EU eher weiter in Richtung Deindustrialisierung und Auslagerung der Produktion in ferne Länder fortschreiten wird.

Knackpunkt für eine echte Renaissance der Kernenergie sind meines Erachtens tatsächlich in der Praxis erprobte kleine modulare Reaktoren zwischen 50 und 500 MW. Die kann man überall netzverträglich integrieren, die sind inhärent sicher, die sind CO2-neutral, und wenn sie in Serie produziert werden auch preislich attraktiv. Vielleicht ist das US-Militär der notwendige Katalysator für diese Technologie, denn im IT-Zeitalter wird die zuverlässige und vor allem netzunabhängige Stromversorgung von Militärbasen immer wichtiger, und was könnte da einfacher, kompakter, sicherer und eleganter sein als ein kleines Reaktormodul, dass sich mit dem LKW oder gar per Hubschrauber an den Einsatzort transportieren lässt. Ob diese kleinen Reaktoren dann von NuScale oder TerraPower oder GEH oder Terrestrial Energy oder X-energy oder Rolls-Royce oder von allen genannten und ungenannten – vor allem chinesischen – Anbietern kommen, scheint erst mal sekundär. First-of-a-kind bauen, Betriebserfahrung sammeln, Serienproduktion starten. So, wie man es zur Anfangszeit der kommerziellen Leistungsreaktoren auch gemacht hat – mit dem Vorteil, dass man heute nichts mehr über Kernreaktionen dazulernen muss und auf vorhandene 60jährige Betriebserfahrung mit Leistungsreaktoren zurückgreifen kann.