Vorwahlprognosen zu Bayern
Ich habe ein gemischtes Verhältnis zur Demoskopie. Es gibt da durchaus eine saubere statistische Grundlage, wissenschaftlich abgesichert. Aber dann gibt es da die Umfrageinstitute, die „längerfristige Überzeugungen“ von Wählern bzw. Befragten berücksichtigen und dadurch ein undurchschaubares Geflecht an Einflussfaktoren nach Gutdünken in die statistische Grundlage einfließen lassen. Dazu die unterschiedlichen Befragungsarten – wie präzise kann eine Telefonumfrage sein, wenn man eine kleine Stichprobe hat und immer mehr Menschen sich einen Spaß daraus machen, absurde und bewusst falsche Angaben zu machen? Und warum werden in den Medien eigentlich nicht die essentiell wichtigen Fehlermargen berichtet? OK, rhetorische Frage – weder der durchschnittliche Leser noch der durchschnittliche Journalist versteht genug von Statistik, um zu verstehen, warum das eigentlich essentiell ist. Siehe auch „Klimamodelle“ – aber ich schweife ab.
Nun kann man dank wahlrecht.de ja übersichtlich sämtliche Umfragen der einschlägigen Meinungsforschungsinstitute begutachten, auch in ihrem zeitlichen Verlauf. Nach dem Fiasko der Meinungsforscher bei Trump und Brexit ist die Glaubwürdigkeit ja durchaus angeschlagen, und so nehme ich mir die Freiheit eine „Gegenprognose“ zu machen – so rein aus Bauchgefühl, Jux und Dollerei.
Hier kann man die Sonntagsfragenergebnisse für die bayrische Landtagswahl nachlesen. In den aktuellsten Umfragen der Institute sieht man die CSU bei 33-35%, die Grünen bei 16-19%, die AfD bei 10-14%, die SPD bei 10-12%, die Freien Wähler bei 10-12%, die FDP bei 5-6% und die SED bei 4-5% (mit klarer Tendenz zu „nicht im Landtag“).
Mein Bauchgefühl ist: CSU unterschätzt, AfD unterschätzt, Grüne überschätzt, Rest könnte passen. Die „Sonstigen“ taxiere ich mal auf 4%, und so lautet meine Prognose: CSU 37%, AfD 15%, Grüne 14%, FW 11%, SPD 11%, FDP 5%, SED 3%.
Das würde nach meiner Einschätzung auf eine Regierung CSU + FW + ggf. falls als Mehrheitsbeschaffer noch notwendig FDP rauslaufen. Für CSU + Grüne reicht meine Phantasie nicht, die bayrischen Grünen sind eine seltsame Ansammlung linksradikaler Ideologen ohne einen Sympathieträger wie Kretschmann in B-W, und die nicht endenden Auftritte vom Hofreiters Toni im bayrischen Wahlkampf muss eigentlich die bürgerlichen Grünen-Wähler nachhaltig abschrecken. Frau Schulze ist auch eher schwer vermittelbar, aber Grünen-Wähler waren mir andererseits immer ein Rätsel. Die CSU schätze ich höher ein als die Umfragen weil ich viele Unentschlossene für „eigentlich-CSU-aber-vielleicht-ein-Denkzettel-aber-so-schlecht-sind-wir-mit-denen-nicht-gefahren“-Wähler halte, die letztlich in der Wahlkabine vielleicht auch zähneknirschend ihr Kreuz doch wieder bei der CSU machen werden. Allerdings dachte das die BaWü-CDU auch schon mal.
Ich bin gespannt, ob ich näher dranliege als die Demoskopen. Die letzte Landtagswahl war (gerundet) CSU 48%, SPD 21%, FW 9%, Grüne 9%, FDP 3%, SED 2%, sonstige 9%(!). Ich prognostiziere also die übliche Wählerwanderung „alle verlieren etwas an die AfD“, dazu etwas „Grüne statt SPD“ weil niemand gerne Verlierer wählt und die SPD in einem Abwärtsstrudel sondersgleichen steckt, „FW bzw. FDP statt CSU weil man nicht AfD wählen will aber auf keinen Fall CSU-Grüne will“ und „Linke statt SPD und Sonstige“. Nach meiner Prognose schrumpft das linke Lager ziemlich, eben weil die AfD nicht nur von der CSU Wähler zieht, sondern von allen Parteien.
OK, jetzt habe ich doch viele Begründungen für meine Prognose geliefert – scheint also doch nicht nur Bauchgefühl, Jux und Dollerei zu sein. Aber vielleicht habe ich ja auch nur die Zahlen ausgewürfelt und hinterher oberschlaue Begründungen dafür gefunden? Sonntag Abend werden wir schlauer sein. Und ich bin sicher, hinterher finden die Qualitätsmedien wieder sehr gute Erklärungen, warum man das Ergebnis schon vorher hätte wissen können wenn nicht müssen.