Vorwahlergebnisgedanken

Kurz vor den ersten Hochrechnungen noch ein paar unsortierte Gedanken.

Immer noch spannend finde ich die Demoskopen-Divergenz. Die CDU/CSU-Range liegt bei 28% bis 32% – beachtlich. Ebenso beachtlich die Entwicklung bei der SED – von vormals (bis Ende Januar!) stabil 4% haben sie sich inzwischen in einer Umfrage auf 8% hochgearbeitet, aber auf Kosten vom wem? Und warum eigentlich? Man weiß es nicht. BSW liegt ja schon länger bei stabil unter 5%, aber da ist es im Rahmen der Fehlertoleranz, ob es nicht doch für den Einzug in den Bundestag reicht. Selbiges bei der FDP, die konstant zwischen 4% und 5% schwankt. Erstaunlicherweise haben SPD und Grüne eine deutlich geringere Schwankung sowohl über die Zeit als auch über die Umfrageinstitute.

Was haben die ganzen Fernsehduelle jetzt eigentlich gebracht? Man wusste schon vorher, dass Scholz und Habeck komplett lernresistent sind. Bei Scholz und seinen Gedächtnislücken (Cum-Ex!) nicht verwunderlich, erstaunlich war hier eher, wen er alles für das großflächige Versagen der von ihm geführten Bundesregierung verantwortlich macht – alle Schuld außer Olaf. Für mich auch faszinierend, dass nach dem von Scholz forcierten Ampel-Ende ausgerechnet die FDP in den Umfragen abgerutscht ist, während SPD und Grüne auf dem bekannten – niedrigen – Niveau verharrten. Die linksmediale Erzählung von der Verwerflichkeit der Schuldenbremse hat da vielleicht verfangen. Und Merz? Immer noch kein Sympathieträger. Aber je mehr er spricht, desto mehr bekommt man den Eindruck, dass er in kaum einem Feld auch nur den Ansatz von Kompetenz mitbringt.

Und nach der Wahl? Mehr Geld für Rüstung, Wiederaufleben der Wehrpflicht, etwas Kosmetik beim Rentenproblem, „Reform“ der Schuldenbremse (sprich: ungebremste Neuverschuldung für noch mehr Konsumausgaben des Staates), mehr Bürokratie, Herumhampeln beim Migrationsproblem mit ein paar Alibi-Aktionen wie gehabt.

Gespannt bin ich vor allem, welche Rolle zukünftig Boris Pistorius spielen wird. Der aus unerfindlichen Gründen beliebteste Politiker Deutschlands hat es ja auch nicht geschafft, den Sauhaufen namens Bundeswehr auf Trab zu bringen. Das Beschaffungswesen ist weiterhin eine Farce, ausreichende Bestellungen bei Material und Munition ist auch im Angesicht des russischen Angriffskriegs weiterhin ausgeblieben. Die Mutter aller Fiaskos. Zusammen mit den neuen Anwandlungen in den USA – die Trumpschen Töne hören sich ja eher nach „Ende der NATO“ an derzeit – ist das inzwischen als das vordringlichste und einzig existenzielle Problem zu betrachten. Ohne Aussicht auf Lösung. So froh ich war, dass nach dem Katastrophentrio von-der-Leyen/Kramp-Karrenbauer/Lambrecht wenigstens jemand am Ruder ist, der drei Sätze glaubwürdig formulieren kann – am Ende muss man sich eingestehen, dass Pistorius genauso versagt hat wie seine Vorgängerinnen. Ein sicheres Indiz dafür, dass ihm in der SPD noch eine große Karriere bevorsteht.

TL; DR: wir sind am Arsch. Die letzte vernünftige Entscheidung einer deutschen Regierung war die Einführung der Rente mit 67. Danach nur noch Katastrophen. Kernenergieausstieg, Mütterrente, Rente mit 63, offene Grenzen, keine nennenswerten Abschiebungen, elendig lange Asylverfahren, vereinfachte Einbürgerung inklusive doppelter Staatsbürgerschaft, Bürgergeld, Kohleausstieg, Verbrennerverbot, Grundsteuerreform, Ruinierung des Gesundheitswesens, Einschränkung der Meinungsfreiheit beginnend mit dem katastrophalen NetzDG kulminierend in regelmäßigen Hausdurchsuchungen wegen überwiegend harmlosen Social-Media-Posts. Rechtsstaat tot, staatliche Stellen bis zur Handlungsunfähigkeit verbürokratisiert, katastrophale Fehlanreize für Arbeitsunwillige, und wenn man sich das Fiasko bei der Briefwahl anschaut – der Staat ist selbst bei seinen ureigensten simplen Kernaufgaben völlig überfordert. Es bräuchte mindestens einen liberalen Reformer an der Spitze der Regierung. Stattdessen werden wir lauter verkappte oder tatsächliche Sozialisten bekommen.

Wie sagt Danisch immer so schön: geliefert wie bestellt.

Die Uneinigkeit der Demoskopen

Es gehört zu meinen Vorwahlbeschäftigungen, den Demoskopen auf die Finger zu schauen. Die berühmte „Sonntagsfrage“, wo die Demoskopen allerhand intransparente Korrekturfaktoren mit in den Ring werfen, um die Rohdaten ihrer Umfragen irgendwie hinzutrimmen zu einer Art „Prognose“, die aber aufgrund nachgewiesener Fehlerhaftigkeit als „Projektion“ verbrämt wird, nähert sich dem nur alle 4 Jahre stattfindenden Verifikationspunkt – der Wahl selbst. Klar, egal wie weit das Wahlergebnis von den letzten Umfragen entfernt ist, die Demoskopen halten sich und ihre Ergebnisse immer über jeden Zweifel erhaben und (er-)finden immer Begründungen, warum sie wieder grandios daneben lagen.

Diesmal sticht mal wieder Forsa negativ heraus. Nach dem Merz’schen Bundestagsmanöver mit AfD-Aufreger hat die nächste Forsa-Umfrage ja direkt einen starken Dämpfer für die Union „gemessen“ – andere Institute hingegen nicht, und schwupps hat die nächste Forsa-Umfrage wieder die Union etwas stärker gesehen. Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Forsa ist ja bekannt für eher komisch anmutenden „Trends“, die plötzlich aus dem Nichts entstehen. Man erinnere sich an den SPD-Höhenflug zu Zeiten von Martin Schulz, auch maßgeblich von Forsa…gemessen? Berechnet? Gewünscht? Favorisiert? Zusammenphantasiert? Oder generell das Abschneiden von Forsa im Vorlauf der Bundestagswahl 2021. CDU unterschätzt (und das war wahrlich nicht leicht, besonders im Angesicht von Armin Laschet), Grüne überschätzt, SED bei 6% gesehen – viel mehr kann man kaum danebenliegen. 2017 ein ähnliches Bild – rund zwei Wochen vor der Wahl die Union noch bei 40%, am Wahltag dann nicht mal 33%. Falls sich jetzt jemand fragt, welches weltbewegende Ereignis vor der Wahl 2017 diesen Stimmungsumschwung hätte veranlassen können: es gab schlicht keines. Noch zwei Tage vor der Wahl sah man die Union bei 36%. Wobei die Konkurrenz mit Ausnahme von Allensbach kaum besser abschnitt, egal ob Emnid oder Forschungsgruppe Wahlen oder YouGov. Irgendwas ist faul im Lande der Demoskopen. Oder die Befragten sind so genervt von der Umfragerei, dass ihre Aussagen wertlos sind.

Derzeit gibt es bei der „Sonntagsfrage“ relative Einigkeit, wenn auch im Detail Unterschiede. Die SED ist seit zwei Wochen im schwer erklärbaren Höhenflug und stieg von teilweise um die 3% auf bis zu 7%. Spannend. Spiegelbildlich die Bewegung beim BSW – von 7% auf 4% innerhalb weniger Wochen. Dass es da einen Teil potenzieller Wähler gibt, die von der SED zum BSW gewandert sind und nun enttäuscht wieder zurückkehren, erscheint mindestens plausibel.

Aber der Tag der Wahrheit naht. Wir werden sehen.

Wer sich selbst ein Urteil bilden will: Wahlrecht.de ist die Adresse meiner Wahl, um die Demoskopen-Ergebnisse zu verfolgen.

Wahlkampfhilfe für Merz

Nach langer (Politik-)Blogpause wird es Zeit, sich der baldigen Bundestagswahl zu widmen, die bekanntlich früh, aber auch viel zu spät stattfindet.

Zuerst was zur CDU und dem Kanzlerkandidaten Merz. Lange Zeit hat Merz ja die Strategie verfolgt „nur keinen Fehler machen“, bis er dann mit den Anträgen zur Eingrenzung illegaler Migration im Bundestag ins Risiko gegangen ist. War er da gut beraten? Im Angesicht der Geschehnisse blieb im vermutlich wenig Wahl, wenn er sich beim Thema Migration nicht weiter von der AfD vor sich hertreiben lassen wollte.

Nun war aus meiner Sicht die ohne wirkliche Not verkündete Brandmauerstrategie schon immer ein strategischer Kardinalfehler – zur Bekämpfung der AfD ungeeignet, und letztlich eine Art Regierungsbeteiligungsgarantie für die linke Seite des politischen Spektrums. Letztlich verunmöglicht das die Lösung der Migrationsproblematik durch die Union, wie nicht zuletzt die Ampel-Koalitionäre über drei lange Jahre eindrucksvoll unter Beweis gestellt haben. Nicht mal kleine Schritte in Richtung Lösung der Themengebiete „illegale Grenzübertritte“, „Schleuserkriminalität“, „Abschiebungen“ und weitere waren erkennbar, auch auf europäischer Ebene regierte weiter die Politik „Offen für alle“, dazu katastrophale weitere Schritte in die falsche Richtung vom Staatsbürgerschaftsrecht über das Bürgergeld bis zum Familiennachzug nebst der künstlichen Verlängerung des Rechtswegs zwecks Abschiebungsverhinderung. Die Ampelregierung veranstaltete ein echtes AfD-Konjunkturprogramm. Wenn man sich überlegt, was für eigentlich unwählbare Positionen die AfD so alles vertritt, kann ermessen, wie schlimm die Lage von vielen Wählern gesehen wird, dass sie über diese ekelhaften Dinge hinwegsehen und die AfD als echte wählbare Alternative sehen. Wie Blog-Kollege Danisch immer so schön sagt: wir sehen keinen Rechtsruck, sondern eine Linksflucht.

Vernünftigerweise hätte die Union statt der Ausgrenzungsstrategie gegen die AfD, die seit knapp 20 Jahren nicht funktioniert, eine Sachstrategie fahren müssen: wir bringen Gesetzesentwürfe in den Bundestag ein, und wenn sich eine Mehrheit findet, super. Die Idee, dass ein richtiges Gesetz „verdirbt“, wenn die falsche Seite zustimmt, kann doch keinem normal denkenden Menschen vermittelt werden. Das verstehen nur Linke, deren Hirn schon lange matschig geworden ist, und die wählen eh nicht Union. Die „Brandmauer“ in all ihren Ausgestaltungen, gipfelnd in einer Zusammenarbeit auf Länderebene mit der BSW – gegründet aus Teilen der SED! – das will doch keiner sehen. Oder man denke an „diese Wahl muss rückgängig gemacht werden“ – da konnten die Totengräber der Demokratie von Merkel bis zu den üblichen Verdächtigen bei SED, SPD und Grünen bei der Arbeit beobachtet werden.

Ob das Risiko von Merz nun belohnt wird? Ich denke, zwei Dinge können als echte Wahlkampfhilfe für Merz dienen: einmal die Einlassung von Angela Merkel, die Merz kritisierte. Das ist super für Merz, weil es der Mobilisierung von Unionswähler dient – niemand mochte Angela Merkel, noch weniger mochte man aber ihre Politik, die die Union auf den dunklen Pfad hin zur links der Mitte führte und die AfD erstarken ließ. Zweiter Wahlkampfhelfer sind die nach der Bundestagsaktion zu beobachtenden Demos „gegen rechts“, wo die üblichen rotlackierten Faschisten einmal mehr unter Beweis stellten, dass bei ihnen links der Union schon die „Rechtsradikalen“ anfangen. Damit dürfte auch dem letzten Wähler aus dem bürgerlichen Lager klar geworden sein, dass sein Anliegen vom Linksblock bestehend aus SED, BSW, SPD, Grünen und selbst kleinen Teilen von CDU, CSU und FDP in keinster Weise vertreten wird.

Merz wird Kanzler werden, die SPD wird absaufen. Beides zurecht. Die Frage ist nur, wie dann die Regierung aussieht. Wird Merz SPD-Kröten schlucken müssen, oder grüne Kröten, oder beides? Für eine Tolerierung durch die AfD oder eine Minderheitsregierung wird er zusammen mit den anderen Unionsvertretern sicher nicht die Eier in der Hose haben. Obwohl das die einzige Chance wäre auf eine baldige Lösung der Migrationskatastrophe und der problematischen Lage bei der inneren Sicherheit. Bedenkt man die vielen offenen Baustellen in Deutschland – Migration, Wohnungsbau, Energie, Wirtschaft, Sozialsystem, Rentensystem, Bildung, Klima, Verschuldung, Verkehr Gesundheitssystem, Verteidigung, NATO, Verhältnis zur USA – kommt man unweigerlich zu der Erkenntnis, dass „parteilose Expertenregierung mit wechselnden Mehrheiten im Bundestag“ ein sehr attraktives Modell wäre. Leider für Deutschland undenkbar, und so werden wir weiterwurschteln auf bekannt niedrigem Niveau. Mit etwas weniger Katastrophenpotenzial wie die letzten grob 14 Jahre des stetigen Niedergangs des gesunden Menschenverstands in der Regierung.

US-Wahl live – in erträglicher Form

Wer auch immer die US-Präsidentschaftswahlen live verfolgen will, ohne die erneut katastrophale Berichterstattung auf ARD, ZDF, Sat1/Pro7, RTL, n-tv, WELT…ertragen zu müssen:

Ich empfehle den Tangle-Livestream auf YouTube. Jetzt.

Update am frühen Morgen – 04:52h Ortszeit (aka CET)

Georgia vermutlich an Trump. North Carolina vermutlich an Trump. Extrem enges Rennen in Wisconsin und Pennsylvania. Wenn Trump entweder Wisoncsin oder Pennsylvania gewinnt, dürfte das Rennen gelaufen sein. Decision Desk HQ scheint eine gute Adresse zu sein für Live-Auswertungen der Daten, also das, was man hierzulande „Hochrechnung“ nennt.

Spannend: die „popular vote“ ist extrem knapp (wenn auch bedeutungslos), auch ein Indikator, dass Trump eher das Rennen machen dürfte.

Wasserstandsmeldung Ukraine-Krieg

Wasserstandsmeldung klingt verharmlosend – es ist ja mehr so der Leichenberg-Stand und die Materialfriedhof-Belegung.

Der ukrainische Vorstoß in die Region Kursk ist von dauerhafterer Natur als viele prognostiziert haben. Ob die Russen das heimische Terrain nicht zurückerobern wollen oder können, weiß keiner so recht. Vermutlich wollen die Russen ihre übliche Taktik „intensive Verwüstung der Landstriche mit Artillerie und Gleitbomben, danach langsames Vorrücken der Infanterie“ nicht auf eigenem Gebiet einsetzen. Das ist zwar inkonsistent mit dem Vorgehen in den „neuen Volksrepubliken“, aber Konsistenz war noch nie eine russische Stärke.

Im Bereich der restlichen Frontabschnitte sind die Nachrichten unterschiedlich. Teilweise wird von einem schnellen russischen Vorrücken an einzelnen Stellen berichtet, wobei „schnell“ hier „2km pro Tag“ bedeutet anstatt wie vorher „100m pro Tag“. Den russischen Truppen ist ein Übergang in den Bewegungskrieg noch nirgendwo gelungen, ob das an „nicht können“ oder „nicht wollen“ liegt weiß im Moment keiner. Auch wenn sich alle fragen, was denn der Nutzen der Russen wäre, wenn man langsamer als man könnte vorrückt.

Die Ukraine hat zunehmend Erfolge gemeldet bei der Zerstörung von Munitions- und Treibstoffdepots, auch etwas abseits der eroberten Gebiete in der Ukraine, im im weitestens Sinne „grenznahen“ Bereich. Man scheint Fortschritte bei der Entwicklung von Drohnen, Marschflugkörpern und ballistischen Raketen zu machen, offenbar war es den Ukrainern zu blöde, auf die Europäer und Amerikaner zu warten, ob oder ob nicht nun endlich der Einsatzverbot weitreichender Waffensysteme aufgehoben wird.

Die Unterstützung für Russland aus Nordkorea nicht nur in Form von Waffen- und Munitionslieferungen sondern nun wohl auch in Form von Soldaten – wo die eingesetzt sind oder werden und wieviele es sind, scheint derzeit noch unklar – ist ein interessanter Denkanstoß bezüglich der Stärke des russischen Militärs. Bis heute hat Russland es ja vermieden, eine „echte“ Mobilisierung zu fahren. Man setzt auf Freiwillige, die man natürlich entsprechend ködern muss – Straferlass bei Gefangenen ist ein probates Mittel, Geldprämien bei Verpflichtung, großzügige Versorgung der Angehörigen bei Tod auf dem Schlachtfeld. Wie man hört, sind die Geldprämien inzwischen aber in schwindelerregende Höhen geklettert, was bei den derzeit kolportierten 30000 neuen Soldaten pro Monat ziemlich ins Geld geht. Die Leitzinsen der russischen Zentralbank wurden letztens auf sage und schreibe 21% erhöht. Ende 2023 lag man bei auch schon ziemlich hohen 16% (Russland war noch nie Nullzinsland, aber 2021 lag der Leitzins mal bei 4% und Mitte 2022 bis Mitte 2023 bei 8%). Zusammen mit dem Umstellen auf Kriegswirtschaft, der erheblichen Inflation und den irrsinnig gestiegenen Gehältern in den Industriebetrieben ergibt das ein schönes Potpourri an Risikofaktoren für Russland. Krieg ist eben unglaublich teuer und meistens für beide Seiten ein sehr schlechtes Geschäft. Nicht unberücksichtigt sollte man auch lassen, dass eine Menge hochqualifizierter junger Menschen Russland bereits verlassen hat und somit weder als Kanonenfutter noch als Industriefachkraft zur Verfügung steht.

Wie man hört, zahlt Russland an Nordkorea für das Zur-Verfügung-Stellen der Soldaten einen dreistelligen Millionenbetrag (in welcher Währung wohl? Rubel, damit Nordkorea auf jeden Fall in Russland einkaufen muss?), dazu Nahrungsmittel und Technologie. Letzteres ist natürlich fatal, denn zwei der letzten schwer verfügbaren Technologien, die Russland als eines der wenigen Länder beherrscht, sind Atom-U-Boote und Interkontinentalraketen. Langfristig gesehen könnte davon allerdings auch Russland bedroht sein, umso mehr atmet diese ganze Geschichte eine Menge Verzweiflung auf Seiten der Russen. Aber Putin ist wohl im „nach mir die Sintflut“-Modus, wer bei klarem Verstand würde sonst mit dem Iran und Nordkorea paktieren. Und dann auch noch der fallende Ölpreis – nach Februar 2022 lag für viele Monate der Preis bei über 100 US$/Barrel, jetzt hat er sich eher unter 75 US$/bl. eingependelt. Schon zur Zeit der Sowjetunion hat ein niedriger Ölpreis für jede Menge Schwierigkeiten gesorgt, das ist heute nicht anders, weil Russland beim Export im Prinzip nur Rohstoffe anzubieten hat – dass die Waffen aus russischer Produktion nix taugen, wurde nun ja eindrucksvoll im Feld bewiesen.

Die Russen haben also zweifellos große Probleme. Allerdings haben die Ukrainer tendenziell eher noch größere Probleme. Materialmangel aller Orten aufgrund der dramatisch unzureichenden Lieferungen der Unterstützerstaaten. Dazu die schon lange andauernde Mobilisierungsproblematik – je weniger Material man hat, desto mehr Personal benötigt man. Bisher scheint es noch auszureichen, um die Lücken an den diversen gefährdeten Frontabschnitten zu stabilisieren. Aber an ausreichende Rotation der Truppen oder Reservenbildung ist wohl momentan kaum zu denken. Das könnte sich rächen, ob früher oder später oder gar nicht – das wird die Zeit zeigen. Im ersten Weltkrieg war die Front im Westen auch sehr lange stabil und im Stellungskrieg. Jahrelang. Und ist dann urplötzlich zusammengebrochen.

Während alle wie gebannt auf die US-Wahlen schauen, hat es Europa wissentlich und willentlich unterlassen, sich auf das oft an die Wand gemalte Schreckensszenario „die Amerikaner fahren die Unterstützung für die Ukraine runter“ vorzubereiten. Was auch immer das Endergebnis beim russischen Vernichtungsfeldzug sein wird, die Hauptverantwortlichen heißen Putin, Merkel, Scholz, Macron, Johnson, Starmer und Co. – und natürlich das Duo von der traurigen Gestalt Biden/Sullivan. Sollte Trump die Wahl gewinnen, wird natürlich Trump an allem Schuld sein – aber man sollte für die Nachwelt festhalten, dass hauptsächlich die USA die Möglichkeit und die Verpflichtung (nachzulesen im Budapester Memorandum) gehabt hätten, seit Februar 2022 die Ukraine mit allem Notwendigen auszustatten, um die Grenzen von 1991 wiederherzustellen.

Am Beispiel Deutschland kann man schön das flächendeckende Versagen der vorgeblichen Ukraine-Unterstützer illustrieren. Der erste Weckruf war die Annektion der Krim 2014. Der allerletzte Weckruf war der Angriff Russlands im Februar 2022. Man hatte also fast drei Jahre Zeit, die allergrößten Lücken bei der Bundeswehr zu füllen – klar, personaltechnisch geht ohne Wiedereinführung der Wehrpflicht (oder genauer: die Aussetzung der Aussetzung der Wehrpflicht) gar nichts, aber für das jetzt aktuell vorhandene potenziell kampfbereite Personal fehlt ja nach wie vor dramatisch Material. Artillerie, Transportpanzer, Schützenpanzer, Kampfpanzer, Helikopter, U-Boote, Flugabwehr, Jagdbomber, Abfangjäger, Aufklärungsdrohnen, und natürlich Munition, Munition, Munition. Allerspätestens im Februar 2022 hätten bei der heimischen Industrie, egal ob Rheinmetall oder Krauss-Maffei Wegmann oder Diehl oder Airbus oder Heckler&Koch oder Mauser oder MBDA oder am besten bei allen gleichzeitig, die Großaufträge eintrudeln müssen. Dabei rede ich gar nicht von dringend notwendiger Neubeschaffung modernen noch zu entwickelnden Gerätes, sondern einfach nur ein anständiger Munitionsvorrat, anständige Aufstockung der Stückzahlen und der Ersatzteile, sowie der einsatzfähigen Gerätschaften. Das alles ist nicht passiert. Wenn also mal wieder jemand fragt, wer neben Putin der Hauptschuldige am Sterben in der Ukraine ist: die Antworten „Merkel“ und „Scholz“ und „CDUCSUFDPSPDGrüne“ sind auf jeden Fall korrekt.

Trump oder Harris?

Am Vorabend der Wahl in den USA nochmal ein paar unsortierte Gedanken. Nach wie vor melden die Demoskopen hauptsächlich „nix genaues weiß man nicht“. Das Umfrageinstitut, dass bei der letzten Wahl 2020 die entscheidenden Ergebnisse in allen Swing States am genauesten vorhergesagt hat, hat derzeit Trump in praktisch allen Swing States vorne. Das Umfrageinstitut, dass 2016 und 2020 in Iowa am präzisesten vorhergesagt hat (deutlicher Vorsprung für Trump – Iowa ist daher diesmal nicht als Swing State in der veröffentlichten Debatte genannt), hat in seiner neuesten Umfrage zur allgemeinen Überraschung einen recht deutlichen Vorsprung für Harris gemessen.

Was folgt daraus? Nix genaues weiß man nicht. „Within the margin of error“, sagen die Spezialisten. Egal ob es um das (irrelevante) Ergebnis der „popular vote“ geht (da hat Harris lange Zeit die Umfragen deutlich angeführt, inzwischen ist Trump je nach Institut knapp dahinter oder knapp davor) oder um das (relevante) Ergebnis in den Swing States wie Nevada, North Carolina, Wisconsin, Georgia, Arizona, Pennsylvania and Michigan.

Es gibt viele Theorien, was letztlich den Ausschlag geben wird. Kann Harris die Frauen mobilisieren mit ihrem Pro-Abtreibungswahlkampf (oder einfach nur, weil Frauen bevorzugt Frauen wählen, aber das hat Hillary Clinton auch nicht gerettet, aber Merkel)? Oder die Senioren mit ihrer „Trump ist ein Faschist“-Kampagne? Kann Trump bei den Latinos, den Schwarzen, den Männern überraschend gut abschneiden? Ich habe inzwischen so viele gut begründete Hypothesen gelesen (natürlich nicht in Presse und Rundfunk hierzulande, da ist man immer noch stramm auf Pro-Harris-Kurs, wie wenn die Wahl in Deutschland entschieden wird), das mir fast schwindelig wird.

Interessant fand ich Überlegungen, welcher Art wohl die Korrekturfaktoren mehrheitlich sein werden, die die Demoskopen in ihre Modelle eingebaut haben. Aus der jüngeren Vergangenheit weiß man, dass man teilweise die Republikaner-Wähler krass unterschätzt hat (2016) oder krass überschätzt hat (2022). Wie stark hat man da wohl gegengesteuert, und gegebenenfalls überkompensiert? Man weiß es nicht. Je mehr Details man liest, desto unklarer wird die Lage. Es ist ein bisserl wie beim Fußball: da hat vor dem Spiel auch jeder eine Meinung und eine Prognose, aber erst nach dem Spiel sind alle klüger.

Und dann wird ja auch noch für den Senat und das Repräsentantenhaus gewählt. Da sind die Demoskopen ebenfalls sehr sehr uneinig – der wahrscheinlichste Ausgang wird mit „Senat wird republikanisch, Repräsentantenhaus wird demokratisch“ beschrieben.

Macht es am Ende überhaupt einen Unterschied, ob Trump oder Harris am Ende gewinnt? Keinen großen, denke ich. Die USA sind hoffnungslos gespalten, und egal wer gewinnt, die andere Seite wird mit Gewalt antworten. Ich befürchte, dagegen werden die oftmals als „Ausschreitungen“ verniedlichten Zerstörungsorgien der Terroristen von BLM noch harmlos aussehen. Und es wird wieder Vorwürfe bezüglich Wahlbetrug geben. Und wenn man das US-Wahlsystem kennt, muss man diese für plausibel, wenn auch schwer nachweisbar halten. Eine Nation, die mangels Einrichtungen wie „Personalausweis“ oder „Melderegister“ nicht mal genau weiß, wer da eigentlich wählen darf und wer nicht, begibt sich mutwillig und gewollt in diese Position. Geliefert wie bestellt, um einen bekannten deutschen Blogger zu zitieren.

Eines kann man aus europäischer Perspektive jedenfalls festhalten: verschiedene Katastrophen, die angeblich ganz sicher eintreten, wenn Trump Präsident wird, wurden prognostiziert. Aber wirklich vorbereitet darauf hat man sich nicht. Ich sage nur Ukraine-Krieg. Ein absolutes Desaster, und ein erstklassiges Beispiel dafür, woher Politikverdrossenheit kommt: erst große Töne gespuckt, und dann fast drei Jahre nahezu das Gegenteil gemacht. Ob das allerdings reicht, um sich Harris als Präsidentin zu wünschen, nur um der hiesigen Politik die „Trump ist schuld“-Ausrede zu nehmen – so weit würde ich dann doch nicht gehen. Viele ihrer Positionen sind so eindeutig linksradikal, dass man es nicht übers Herz bringt, den Amis diese Präsidentin zu wünschen und von Herzen zu gönnen.

US-Präsidentschaftswahlen

Demnächst dürfen die US-Amerikaner, hierzulande liebevoll „die Amis“ genannt, mal wieder ihren Präsidenten wählen. Trump oder Harris? Im Moment würde ich mein Geld auf Trump setzen. Warum, will ich gerne erläutern.

Ein Grund für den Sieg Trumps wird die Bilanz der Biden-Harris-Jahre sein. Kamala Harris versucht sich ja irgendwie als „die Neue, der frische Wind“ zu inszenieren. Ab und zu, wenn der Interviewer nicht ein sorgfältig ausgewählter Demokraten-Fan ist, wird die Frage gestellt, was sie denn anders machen wird als die vergangenen vier Jahre. Diese Frage wurde noch nie sinnentfaltend beantwortet. Der Wähler muss also davon ausgehen: weiter wie bisher. Und das ist fatal, denn die letzten vier Jahre waren in so vielerlei Hinsicht katastrophal, dass sich kein vernünftiger Mensch eine Fortsetzung wünschen kann. Der wirtschaftliche Niedergang wurde nur mit Hilfe eines gigantischen kreditfinanzierten Konjunkturprogramm aufgehalten, und dank des KI-Hypes sind die meist aktienbasierten Altersvorsorgevermögen überdurchschnittlich gestiegen. Aber die ärmeren Bevölkerungsteile ächzen noch unter den Nachwirkungen der Rekordinflation, und die Mittelschicht kann sich dank Rekordzinsniveau (auch eine Nachwirkung der Inflation) den Traum vom Eigenheim nur noch schwer erfüllen. Aus deutscher Sicht sind das natürlich Luxusprobleme, weil die Gehälter in den USA deutlich höher sind als hierzulande, und die Steuern und Abgaben viel niedriger. Und die Vermögen viel höher. Aber hierzulande hat man sich mit dem Abstieg ja scheinbar arrangiert, es werden die letzten 30 Jahre ja stets dieselben Versagerparteien und -kanzler gewählt.

Ein weiterer Grund für den Sieg Trumps: die Schmierenkampagnen der linksaktivistischen Journaille, die in den USA die deutliche Mehrzahl stellt, verfangen nicht. Trump ist der Teflon-Mann. Er hat schon so viele krasse Sachen gesagt, dass jede neue krasse Geschichte mit einem Achselzucken von seiner Wählerschaft zur Kenntnis genommen wird. Dazu kommt, dass die Journaille schon recht häufig beim Lügen erwischt wurde – wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Und wenn mal wieder eine Geschichte durch die Gazetten geistert aufgrund von „anonymen Quellen“ – die Glaubwürdigkeit solcher Räuberpistolen ist halt unter dem Gefrierpunkt.

Noch ein Grund für den Sieg Trumps: die demokratische Kampagne und ihr Fokus auf „Trump-Dämonisierung“. Eigene Inhalte sind da weitgehend Fehlanzeige, keiner kann sagen, was nach einem Sieg von Harris für eine Politik ansteht. Und das Gerede von der großen Katastrophe, falls Trump Präsident wird, hat im Angesicht der ersten Amtszeit Trumps, die für die USA ja weitestgehend positiv verlief, halt sehr wenig Grundierung in der Realität. Noch ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Und noch ein Grund für den Sieg Trumps: während Trump es schafft, die Probleme im Volk in einfachen Worten zu fokussieren, ergeht sich Harris in pseudointellektuellem Linkengebabbel. Da ist sie Hillary Clinton nicht ganz unähnlich. Dazu kommt das Glaubwürdigkeitsproblem ihres Vize-Running-Mates, der auch einmal zu oft beim Lügen erwischt wurde. Zusammen mit ihrer Vorgeschichte als unbeliebte, erfolglose und abgehobene Vizepräsidentin ist das schon eine Bürde für den Wahlkampf.

Ein letzter Grund für den Sieg Trumps: das lange Festhalten an Biden als Kandidat, um dann hopplahopp die Pferde zu wechseln ohne den demokratischen Wählern die Chance auf Mitsprache einzuräumen – ich halte eine Partei, die so agiert, schlicht für unwählbar. Das wird zu einem Mobilisierungsproblem für die Demokraten werden, und das könnte bei einem derart engen Rennen den Ausschlag geben.

Ob ich richtig liege? Wir werden sehen. Bisher ist das Rennen ja nicht gerade überraschungsarm gewesen – vom Trump-Attentat bis zum Biden-Rückzug gab es ja schon derart gravierende Game-Changer, da würde es mich nicht wundern wenn die Demoskopen ein erneutes Fiasko erleben und das Rennen ganz anders ausgeht.

KI wird die Welt retten

Jeder, der mich und insbesondere meine Einschätzung zu dem, was gerade als „KI“ bezeichnet und vor allem verkauft wird kennt, wird jetzt mindestens verwundert die Stirn runzeln. Was hat er denn jetzt geraucht?

Ich will das erklären. Die ganzen neumodischen IT-Trends der letzten Jahre, beginnend mit der Blockchain mit Kryptowährungen als erstem Anwendungsfall und virtuellen Hostern gefolgt von Amazons Hyperscaler-Weltidee „Elastic Cloud“, inzwischen kopiert von Microsoft mit Azure und Alphabet mit der Google Cloud und mit Milliardenumsatz gesegnet, haben eines gemeinsam: drastisch gestiegener Strombedarf für die notwendigen riesigen Cloud-Rechenzentren. Nicht unbedingt in Summe – firmeneigene Rechenzentren haben ja auch früher schon Strom gebraucht, und Skalierung sorgt hier eher für weniger als mehr Stromverbrauch – aber konzentriert auf bestimmte weltweit verteilte Standorte. Aufgrund der notwendigen Infrastruktur und der Zielkundschaft aber doch derzeit noch hauptsächlich in den USA beheimatet.

Und so begab es sich, dass die selbsternannten Weltenretter aus dem Silicon Valley, die im Herzen aber doch letztlich Kapitalisten sind, vor dem Problem stehen, Profitgier mit Natur-, Umwelt- und Klimaschutz unter einen Hut zu bringen. Und wie jeder, der vorurteilsfrei sich diesem Problem stellt, haben sie die einzige derzeit bekannte Lösung gefunden: Kernenergie.

Der einleitend genannte Hype „Kryptowährung“ hat deshalb, trotz exorbitantem Stromverbrauch, logischerweise nicht zum Einsatz von Kernenergie geführt. Denn Bitcoins kann man ganz einfach dort schürfen, wo billigster Kohlestrom verfügbar ist. Man braucht nur ein Land, das keine CO2-Besteuerung hat. Es ist ja keine anderweitige Infrastruktur wie „schnelles Internet, nahe an den internationalen Datenknotenpunkten“ oder „qualifiziertes Personal“ notwendig. Und es wäre auch nichts davon bekannt, dass dort die selbsternannten Weltenretter operieren würden – die „Crypto-Bros“, wie wir sie liebevoll nennen, haben andere, weniger heroische Ziele.

Also Cloud und KI als Treiber der Entwicklung. Neueste Nachrichten: Microsoft wird das KKW TMI-1 (indirekt) wiederbeleben, Amazon ist in „Small Modular Reactors“ (SMRs) investiert, Google ebenso. Die SMRs sind ja schon ewig in der Diskussion. Manche behaupten, dass der hierzulande gebaute THTR-300 in Hamm-Uentrop der erste Vertreter dieser Bauweise war – zwar ein Prototyp (wer würde schon bei einem seriös für kommerzielle Zwecke gebauten Reaktor einen aufgehängten Trockenkühlturm verwenden!), aber die erlangten Praxiserfahrungen hätten in einem weniger kernenergiefeindlichen Umfeld ganz sicher zu einer kommerziellen Variante geführt. So musste man nach längerem Irrweg über ein stets unterfinanziertes halbstaatliches Projekt in Südafrika letztlich darauf warten, dass die Chinesen eine Variante davon bauen – „HTR-PM“ lautet der Name dafür. In Betrieb seit Ende 2021, zwei Reaktoren leisten über eine Turbine insgesamt 210 MWel. 35 Jahre nach seinem deutschen Vorgänger. Allerdings glaube ich nicht, dass die Chinesen dieses Konzept weiter verfolgen werden – sie planen zwar einen Nachfolger, den HTR-PM600 (nicht etwa ein größeres Reaktormodul, sondern sechs statt wie bisher zwei zusammengeschaltete Module), aber dieser wirkt doch als Fremdkörper im sonstigen klassischen Leichtwasserreaktorportfolio der Chinesen. Allein die „Pebble Beds“ als Brennstoff erfordern gänzlich andere Produktion und Entsorgung. Ich würde mein Geld stattdessen auf den Hualong One oder Two als zukünftiges chinesisches Standard-Reaktormodell setzen. Standardbauweise, Standardtechnologie, und eine weitestgehend heimische Entwicklung und auch Produktionskapazität dafür.

Jedenfalls scheint mir das derzeitige Umfeld günstig, um die typischen Probleme des Kernreaktorbaus – katastrophal überreguliertes Umfeld, lange Planungszeiten, hohe Kapitalkosten – diesmal nicht zum finalen Stolperstein werden zu lassen. Die Protagonisten sind auch pragmatisch genug, um sich mit einer suboptimalen, aber ausreichend guten Lösung zufriedenzugeben. Auch das war ein Killer für die GenIV-Reaktor-Bemühungen: statt Evolution wollte man stets die Revolution und alle Probleme gleichzeitig lösen: langlebigen Abfall vermeiden, höhere Brennstoffeffizienz oder alternativen Kernbrennstoff verwenden (Brüter, Thorium), hohe Temperaturen um auch Prozesswärmeauskopplung und thermische Wasserstoffproduktion zu ermöglichen…so entstanden komplizierte Neuentwicklungen, die letztlich nirgendwo zu akzeptablen Kosten genehmigungsfähig waren und sind. Jetzt scheint der Trend eher zu simpleren Lösungen zu gehen – bewährte Leichtwasserreaktoren oder gut erforschte HTR-Varianten, übliche Brennelemente, Konzentration auf geringe Baukosten und Skaleneffekte durch Fabrikfertigung. Das könnte was werden.

Und wer wird jetzt der große Sieger in der neuen Welt der SMRs? Amazon setzt auf X-energy und deren Xe-100, ein gasgekühltes Kugelhaufen-HTR-Design. Google hat eine Partnerschaft mit Kairos Power, die einen Salzschmelzenreaktor entwickeln (KP-FHR). Die Briten stehen noch halbgar hinter dem Rolls-Royce-Ansatz mit dem Leichtwasser-SMR der etwas größeren Leistungsklasse mit geplanten 450MWel – man hört von diversen Interessenten aus den üblichen Ländern wie Tschechien und Polen, aber auch den Niederlanden und Norwegen – aber da scheint noch nichts fix zu sein, nur die Hoffnung auf „erstes Exemplar 2030 fertig“. GE-Hitachi als alte Hasen im Geschäft mit großen Siedewasserreaktoren sind mit dem BWRX-300 auch noch zu beachten. Häufig in der Diskussion ist auch noch der Holtec SMR-160, klassische Druckwasserreaktortechnik im verkleinerten Maßstab. In der EU ist ab und an noch von NUWARD, einer EDF-Ausgründung die Rede. Erster Prototyp nicht vor 2030 – scheint mir reichlich spät zu sein, da will die Konkurrenz schon im kommerziellen Leistungsbetrieb sein, und die Franzosen haben sich mit diversen EPR-Desastern nicht gerade as zuverlässiger Lieferant erwiesen.

Es gibt noch zahllose andere charmante Unternehmungen im Bereich der SMRs (ich nenne mal das dänische KKW-im-40-Fuß-Container-Projekt von Copenhagen Atomics oder TerraPowers natriumgekühlter Reaktor mit Salzschmelzewärmespeicherung) – der obige Absatz enthält nur Referenzen, die aus europäischer Sicht interessant werden könnten oder die ich als am weitesten fortgeschrittenen wahrnehme. NuScale fehlt da, die hätte ich bis vor zwei Jahren noch als Favorit gehandelt, ihr FOAK-Projekt ist aber vor kurzem gecancelt worden, ausgerechnet aus Kostengründen, was ja gerade der große Vorteil der SMRs hätte sein sollen. Auch die Südkoreaner und die Chinesen arbeiten an Lösungen, aber eher mit dem Ziel „irgendwo auf ein Floß installieren“, als mobiles Kraftwerk beispielsweise für die Anwendung in Häfen. Und dann gibt es noch militärisch ausgerichtete Projekte für noch kleinere Reaktoren wie BWXT oder eVinci – da „militärisch“ meist synonym für „gut, aber sehr teuer“ steht, glaube ich nicht, dass ausgerechnet aus dieser Ecke der kommerzielle Durchbruch kommt.

Wer sich generell für einen Überblick der unzähligen SMR-Projekte interessiert, findet bei NukeKlaus einen schönen Artikel Stand 2023.

Wann können wir nun damit rechnen, dass die Weltrettung auch in Deutschland seinen Lauf nehmen wird? Ich schätze mal so ab 2050 – der Rest der Welt wird ausreichend Erfahrung gesammelt haben mit Produktion und Betrieb von SMRs und es werden weltweit schlüsselfertige Reaktoren für Drittwelt-Ex-Industrienationen wie Deutschland zum Kauf zur Verfügung stehen. Dann ist eh Zeit, die PV- und WKA-Investitionsruinen nebst den absurd teuren Aufrüstungen des Stromnetzes langsam wieder zurückzubauen. Bleibt zu hoffen, dass man noch nicht die vorgesehenen Billionen in dann weitestgehend nutzlose Speichertechnologien versenkt hat.

Schlusswort: der vernünftige und gezielte Einsatz von Kernenergie ist tatsächlich die einfachste und preiswerteste Art, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Keine andere Technologie vereint derart optimal Natur-, Umwelt- und Klimaschutz. Dass nun ausgerechnet der KI-Hype mit dem daraus resultierenden enormen Stromverbrauch der Trigger für die lang erwartete Renaissance wird – überraschend, aber irgendwie auch eine amüsante Volte der Geschichte.

Macht Scholz den Biden?

Noch-Bundeskanzler Olaf Scholz hat mit katastrophalen Zustimmungswerten zu kämpfen. Klar, dass da die Gerüchteküche am Start ist – schließlich stellt die SPD mit Boris Pistorius gleichzeitig den beliebtesten Politiker Deutschlands. Verständlich, aber ein weiterer Beweis dafür, wie niedrig die Latte inzwischen hängt.

Es liegt also nahe, dass die SPD vor der Wahl versuchen wird, Olaf Scholz abzuservieren – verschiedene ehemalige SPD-Vorsitzende können ein Lied davon singen, dass die Partei eine Schlangengrube ist. Wenn die SPD sich an den US-Democrats orientiert, werden zuerst ein paar Hinterbänkler zündeln, bevor dann die Parteiprominenz und die befreundete Presse Olaf Scholz den Rückzug nahelegen werden.

Manche sagen ja, dass es noch andere Parallelen zwischen Scholz und Biden gibt – beispielsweise die noch übrig gebliebene Gedächtnisleistung, wobei Scholz eher selektiv unter einer Cum-Ex-Lücke zu leiden scheint. Nominell war Biden allerdings der sehr viel erfolgreichere Regierungschef, beispielsweise was die wirtschaftliche Entwicklung angeht. Allerdings ist er auch ein Schuldenmacher vor dem Herrn (fairerweise: wie praktisch alle seiner Vorgänger), das blieb uns bei Scholz dank der FDP und der Schuldenbremse erspart.

Wobei man auch sagen muss: der jetzt sich herauskristallisierende Gegner, Friedrich Merz, ist auch nicht gerade der Sympathieträger. Aber da bei Scholz auch noch die Zustimmungswerte zur Ampelregierung und zur SPD allgemein (Kampf gegen die 5%-Hürde in Sachsen und Thüringen) wie Mühlsteine um seinen Hals hängen, kann ich mir nicht vorstellen, dass 2025 der SPD-Kanzlerkandidat Scholz heißen wird.

Wenn man 1 nicht von 2 unterscheiden kann (oder will)

Kleine Medienkompetenzübung. Wenn Fefe über Kernenergie schreibt, gilt es stets, genau hinzuschauen – wie generell bei Ihm bei nicht-IT-Themen. Er ist natürlich clever genug, nicht direkt zu lügen (zumindest, wenn man sehr sehr gnädig interpretiert), aber was er schreibt scheint bewusst vage und kann den unbedarften Leser in die Irre führen.

Deshalb kurz die Fakten zusammengefasst: Der 1979 havarierte Reaktor ist TMI-2. Die jetzt geplante Reaktivierung zur Erzeugung von mehr CO2-freiem Strom hingegen soll mit dem Reaktor TMI-1 passieren, der nach dem Unfall vorsichtshalber abgeschaltet wurde, aber dann von 1985 bis 2019 einwandfrei lief und dann aufgrund des totregulierten US-Strommarktes nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war. Dank des ausufernden Stromverbrauchs der diversen IT-Hobbies wie „Cloud-Rechenzentrum“ und „KI“ steigt nun allerdings seit Jahren der Bedarf an zuverlässiger Stromerzeugungskapazität, und weil Wind, Sonne und Akkus es nicht bringen, muss man halt wieder auf bewährte Technik zurückgreifen. In diesem Falle soll Microsoft der Abnehmer sein – die haben vermutlich gemerkt, dass bei 24/7-Bedarf die Kernenergie in preislicher Hinsicht nicht zu schlagen ist unter den CO2-armen Stromerzeugungsmethoden.

Da natürlich kein Kommentar zur Kernenergie ohne Tschernobyl-Referenz auskommt: die Situation mit „Unfall in TMI-2, TMI-1 erzeugte danach noch jahrelang Strom“ entspricht ungefähr der Situation bei Tschernobyl Block 4 (Super-GAU) vs. Tschernobyl Block 1-3 (Stromproduktion bis 1991, 1996, 2000). Nicht mal beim bisher schlimmsten Kernenergie-Unfall der Menschheitsgeschichte traf das Lügenmärchen der Anti-Atom-Schwurbler „ganze Landstriche für Millionen Jahre nicht mehr nutzbar“ zu.

Der Unfall von TMI-2 ist in mehrerlei Hinsicht sehr interessant und ich empfehle jedem, der ein tieferes Interesse an Kernenergie hat, die Details zu studieren. Für den Hausgebrauch reicht es aber eigentlich, die Essenz des Ganzen zur Kenntnis zu nehmen: ohne gravierende externe Katastrophe (Tsunami, Meteoriteneinschlag, Extremerdbeben) schafft es ein Leichtwasserreaktor westlicher Bauart dank der diversen Sicherheitsbarrieren selbst bei gravierenden Bedienerfehlern maximal zu einer partiellen Kernschmelze, und der Gefahrenbereich endet am Kraftwerkszaun. Die Äquivalentdosis durch die freigesetzte Radioaktivität für die Anwohner der Umgebung war ungefähr „die Hälfte einer Röntgenuntersuchung der Brust“ oder etwa ein zweihundertstel der Jahresdosis durch natürliche Radioaktivität (US-Durchschnitt). Demzufolge wurden in den vielen Studien auch nie seriöse Hinweise auf gesundheitliche Auswirkungen jedweder Art gefunden.

Unterm Strich: genau wie Fukushima zeigt der Unfall von TMI-2 eindrucksvoll, wie sicher schon in den 70ern Kernkraftwerke waren. Und im Gegensatz zu Deutschlands Zerstörungswahn zeigt sich auch: das Einmotten eines funktionsfähigen Kraftwerks ist eine gute Idee, denn das kann man immer mal wieder brauchen, wenn sich die Umstände ändern. In diesem Falle bedurfte es nicht mal eines russischen Angriffskrieges.

Auch interessant: die „operating license“, vergeben durch die als eher kernenergiefeindlich bekannte NRC (aus deutscher Sicht wäre es vergleichbar mit einer von Jürgen Trittin geleiteten Behörde, allerdings nochmal deutlich teurer für die Betreiber), wurde 2009 verlängert bis zum Jahr 2034 – der Reaktor 1 ist 1974 in Betrieb genommen worden. Die Reaktivierungspläne sehen eine weitere Verlängerung auf 2054 vor. Ein gutes Beispiel für den Fall, dass mal wieder ein Unwissender argumentieren will, dass die im Vergleich jüngeren deutschen Reaktoren der (Vor-)Konvoi-Linie irgendwie schon am Ende ihrer möglichen sicheren Laufzeit angekommen wären. Nein, die 40 Jahre waren nur eine angedachte Mindestlaufzeit, aber wie andere Länder zeigen, sind 60 Jahre überhaupt kein Problem. Und vermutlich nicht mal 80 Jahre. Ein qualitativ hochwertiges KKW ist ein echter Langläufer. Außer in Deutschland natürlich, dem Land mit der dümmsten Energiepolitik weltweit.