Elon macht Party
Funktionieren deutsch-englisch-gemischte Wortspiele? Ich glaube nicht. Also Klartext: Elon Musk will eine Partei gründen, die „America Party“. Angekündigtes Ziel ist, im Senat und im Repräsentantenhaus ein paar Sitze zu erobern und so bei zukünftigen Entscheidungen das Zünglein an der Abstimmungswaage sein zu können und so – gemessen an den Stimmen – einen überproportionalen Einfluss gewinnen zu können.
Einhelliges Urteil in der veröffentlichten Meinung scheint bisher zu sein: Elon ist endgültig wahnsinnig geworden, die USA sind ein festgefahrenes Zwei-Parteien-System, da mit einer dritten Partei aufzukreuzen wird nicht funktionieren, und hat noch nie funktioniert.
Dieser Standpunkt hat durchaus was für sich. Bei einem Verhältniswahlrecht wie hierzulande ist es schon schwierig, und da scheitert man typischerweise an so einer Nichtigkeit wie der 5%-Hürde. Aber im Mehrheitswahlrecht?
Nun ist die Partei ja noch gar nicht gegründet, und es stehen bisher nur ganz grobe Politiklinien im Raum, die von der Partei vertreten werden sollen: es geht klar in Richtung libertäre Minimalstaatspartei, denn Aufhänger war ja die abermalige gewaltige Expansion der US-Schuldenlast durch Trump, der es da im Prinzip allen seinen Vorgängern gleichtut. Also ist das Ziel der „America Party“: radikale Kürzung der Staatsaufgaben und damit automatisch auch der Staatsausgaben, um das Staatsdefizit wieder in den Griff zu kriegen. Ich kann mir vorstellen, dass Musk während seiner kurzen Aktivität bei DOGE da die eine oder andere Anregung mitgenommen haben dürfte.
Da das Ziel ja nicht ist, den nächsten Präsidenten zu stellen, sondern nur ein paar Sitze zu erobern, würde ich einen Erfolg nicht von vornherein ausschließen. Denn im Prinzip braucht man gar nicht so viel für den Erfolg: im derzeitigen US-Politikklima muss man die große Zahl der Unzufriedenen ja quasi nur einsammeln. Ein paar freundliche Gesichter als Kandidaten, einen Haufen Geld für einen pfiffigen Wahlkampf, Angriffspunkte bei den beiden großen Altparteien und ihren Repräsentanten gibt es ja genug. Sowohl die Präsidenten- als auch die Senats- und Repräsentantenhaus-Wahlen sind oft genug eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera, wo nicht mehr überzeugt einer gewählt wird, sondern mehr zähneknirschend halt noch mal entlang alteingesessener Parteipräferenzen aus Mangel an Alternativen abgestimmt wird. Und es gibt durchaus Beispiele, wo unabhängige Kandidaten (bzw. solche auf dem Ticket einer weitgehend unbekannten Partei) Wahlen gewonnen haben – Jesse Ventura dürfte das bekannteste Beispiel sein.
Ich denke es sollte möglich sein unter aktiven Politikern ein paar Unzufriedene (und beim Wähler beliebte sowie rhetorisch begabtere als Kamala Harris) bei den Demokraten und Republikanern zu finden, die bei Wahlen für Elons neue Partei antreten würden. Das größte Hindernis sehe ich eigentlich in Musk selbst – es wäre notwendig, dass er sich selbst zurücknimmt, nur im Hintergrund die strategischen Dinge entscheidet, und nur unterstützend wirkt, damit das alles funktioniert. Nicht zuletzt, weil seine persönliche Beliebtheit beim Wähler doch sehr überschaubar ist. Bei einem so großen Ego, wie es Musk hat, halte ich das für aussichtslos. Zurückhaltung war noch nie seine Stärke.
Aber das noch viel größere Problem ist meines Erachtens, dass es im Wahlvolk keineswegs eine überwältigende Mehrheit für sparsame Fiskalpolitik gibt. Vordergründig erzählt natürlich jeder, dass der Staat zu viel ausgibt und die überbordenden Schulden ein riesiges Problem für künftige Generationen ist. Aber sobald es irgendwo konkret ans Sparen geht, ist das Geschrei traditionell groß. Und „höhere Steuern“ als Lösungsweg, um das Staatsdefizit signifikant zu verkleinern, dürfte von vornherein aussichtslos sein.
Aber ich lasse mich gerne überraschen. Elon Musk gilt ja weithin als talentiert für disruptive Änderungen. Spannend ist das Experiment allemal.