Rest in peace, Mr. Gorbatchev

Michail Gorbatschow ist gestorben. Je nachdem, in welchem Teil der Welt man Mitte der 80er gelebt hat, ist der Blick auf die Geschichte rund um die UdSSR, dem Fall der Mauer und des Eisernen Vorhangs, der Deutschen Einheit, dem Ende der UdSSR und das Wirken von Gorbatschow als Nachfolger der KPdSU-Betonkopf-Garde vom Schlage Breschnew-Andropow-Tschernenko bezüglich dieser historischen Großereignisse höchst unterschiedlich. Dementsprechend unterschiedlich sind auch die Würdigungen der Verdienste von Gorbatschow. Höchste Zeit also, eine weitere Facette hinzuzufügen. Nur den Friedensnobelpreis spare ich vorsichtshalber aus, da er jegliche Sinnhaftigkeit allerspätestens mit der Verleihung an Barack Obama verloren hat. Aber eigentlich schon 1971, oder spätestens 1973 – Interessierte werden wissen, wovon ich rede, der Rest googelt und reimt es sich zusammen.

Nun wird Gorbatschow vor allem in Deutschland, aber auch im westlichen Ausland, häufig verehrt für sein Lebenswerk, den Fall des Eisernen Vorhangs. Und in Russland wird er teilweise gehasst, weil ihm sowohl die katastrophale wirtschaftliche Lage seiner streng planwirtschaftlich arbeitenden Vorgänger zur Last gelegt wird als auch natürlich die Auflösung der Sowjetunion, die chaotische Kleptokratie der Jelzin-Jahre und zuletzt auch (das wiederum eher aus westlicher Richtung) die aggressive Politik Putins. Kaum etwas, das in der Sowjetunion und/oder Russland schieflief und schief läuft, das Gorbatschow nicht schon in die Schuhe geschoben wurde.

Ich vertrete zu Gorbatschow eher die These, die andere in Richtung Helmut Kohl und die Deutsche Wiedervereinigung am Werk sehen: Gorbatschow war letztlich ein Getriebener, vieles was er tat war weniger “Werk” (im Sinne von bewusste, geplante, abgewogene eigene Entscheidung) als Notwendigkeit, Taktieren, Befriedigung verschiedener politischer Strömungen. Bis zu seiner Ablösung war Gorbatschow ja überzeugter Kommunist, der alles daransetzte, die Sowjetunion zusammenzuhalten – das Einzige, was man ihm zugutehalten kann ist, dass er nicht annähernd so gewissenlos wie Stalin war und eben nicht bereit war, beliebige Gewalteskalationen zu befehlen, um bedingungslos seine Macht zu sichern. Was man ihm sicher vorwerfen kann – er hat sich seine Zustimmung zur Deutschen Einheit bei gleichzeitigem Verbleib in der NATO vermutlich viel zu billig von Kohl und Genscher abkaufen lassen. Da wäre deutlich mehr drin gewesen, und auch deutlich intelligentere Hilfen als nur “ihr bezahlt die neuen Wohnungen der Soldaten, nachdem ihr deren Abzug bezahlt habt, und die Altlasten dürft ihr selbst aufräumen”.

Interessant auch die Interpretation, dass Gorbatschow der Treiber der Abrüstung des nuklearen Potenzials der Supermächte war und damit als großer Friedensengel der späten 80er in den Geschichtsbüchern zu stehen hat. Auch da: Gorbatschow musste sich letztlich entscheiden, ob die Bürger der Sowjetunion verhungern, während man weiter an der Rüstungsspirale drehte, oder ob man nicht hier den Rüstungswettlauf als hoffnungslos verloren einsieht und das Geld lieber spart, um es sinnvoller auszugeben. Die normative Macht des Faktischen war hier m.E. der Treiber, nicht die tiefsitzende Friedensliebe von Gorbatschow. Interessant war ja letztlich, dass der als “Kalte Krieger” verschriene Reagan sofort bereit war, drastische Abrüstungsschritte zu vereinbaren – in Wahrheit waren eben selten die USA die Agierenden in diesem Aspekt des kalten Krieges, sondern haben letztlich meistens reagiert. Für die Mitteleuropäer am besten sichtbar geworden im NATO-Doppelbeschluss, der ohne die vorherige Stationierung sowjetischer SS-20 vermutlich niemals zustande gekommen wäre.

Außerdem vertrete ich die These, dass es – mindestens Mitte der 80er, aber auch zum großen Teil noch heute – aufgrund bestehender tief verwurzelter Überzeugungen und Strukturen nahezu unmöglich war, Russland in eine blühende Marktwirtschaft zu verwandeln. Bis heute ist Russland nicht in der Lage, mit ganz wenigen Ausnahmen wie z.B. bei einzelnen Rüstungsgütern auf dem Weltmarkt zu bestehen. Im Prinzip basiert der bescheidene Wohlstand der russischen Bevölkerung genau wie der fast unendliche Reichtum einiger weniger Oligarchen einzig und allein auf Rohstoffexport, angereichert durch ein wenig Landwirtschaft und vereinzelter Schwerindustrie. Also im Prinzip der gleiche Stand wie Anfang der 50er. Und das größte aktuelle Problem Russlands, das vollständige Fehlen eines Rechtsstaats und die weitgehende Abwesenheit von Faktoren, die diesen unterminieren. Wie beispielsweise Korruption – wie man das angehen will, da habe ich nicht genug Phantasie.

Jedenfalls halte ich die Idee, anno 1990/1991 durch einen wie auch immer gearteten Plan die Sowjetunion zu konservieren, für nicht umsetzbar, ohne auf stalinistische Prinzipien zurückzugreifen. Die Satellitenstaaten des Warschauer Paktes hatten schon allesamt die Flucht ergriffen, das Baltikum sich für unabhängig erklärt, die Ukraine in trauter Einigkeit mit innerrussischen Kräften der Sowjetunion die Gefolgschaft gekündigt – so viel Militär und Sicherheitskräfte hätte man ja gar nicht mobilisieren können, um das unterm Deckel zu halten.

Letztlich war Gorbatschow der Begleiter eines weiteren unvermeidlichen Niedergangs eines kommunistischen Großexperiments. Er war nicht der Steuermann des Wandels. Er hat vielleicht den ersten zaghaften Anstoß dafür geliefert, aber m.E. war das unvermeidlich. Insbesondere seit dem rasanten Fortschritt im Bereich Mikroelektronik beginnend Mitte der 70er war die Planwirtschaft so hoffnungslos im Hintertreffen (und die führenden Köpfe vermutlich auch zu verknöchert, um das zu realisieren – eine der Stärken des Kapitalismus, dass es auf die führenden Köpfe nicht wirklich ankommt, weil es potenziell unendlich viele davon gibt, und die schlechten führenden Köpfe zuverlässig aussortiert werden), da war der Niedergang nur noch Formsache und eine Frage des “wann”, und nicht des “ob”.

Da aber letztlich wichtig ist, was hinten rauskommt – der Zerfall der Sowjetunion und damit der Zerfall eines großen Unterdrückungsapparats hat es einer großen Zahl von Menschen und Staaten erlaubt, in Frieden und Freiheit zu leben. Und auch wenn ich nicht daran glaube, dass das Teil des großen Plans von Gorbatschow war, dieses zu ermöglichen, so muss man doch anerkennen, dass seine Herangehensweise zur Lösung der Probleme der Sowjetunion letztlich mit dazu beigetragen hat, dass diese Situation entstanden ist. Und es spricht nichts dagegen, Freiheitshelden zu ehren, auch wenn ihre Intentionen nicht dem Reinheitsgebot entsprechen.

In diesem Sinne: “Danke, Gorbi”.

Russen-Rätsel teilweise gelöst: NATO-Manöver

Über Jahrzehnte war es für mich ein Rätsel: die Panik der Russen (oder früher der Sowjets), wenn mal wieder irgendwo auf der Welt – vor allem in der Nähe russischer Einflussgebiete – Militärmanöver stattfanden. Berühmt ist ja die Geschichte rund um das NATO-Manöver “Able Archer” (wobei um den Wahrheitsgehalt dieser Geschichte die Historiker durchaus streiten), als die Sowjets die Vorbereitung eines Angriffskriegs durch die NATO vermuteten und nur durch Spione in westlichen Institutionen davon überzeugt werden konnten, dass es sich wirklich nur um ein Manöver handelt und nicht um die Vorbereitung des dritten Weltkriegs.

Die Invasion der Ukraine hat uns nun gelehrt: es gehört zur russischen Standard-Strategie, größere Truppenaufmärsche als Manöver zu tarnen, um dann loszuschlagen. Klar, dass man so eine Strategie dann auch dem Gegner zutraut. Ein weiteres Rätsel gelöst.

Gedanken zum 17. Juni

Der 17. Juni, ehemals “Tag der Deutschen Einheit” in der alten Bundesrepublik, bietet abseits der runden Jubiläen scheinbar wenig Stoff zur Berichterstattung in den Massenmedien. Gut, dass mein Blog so ungefähr das extremste Gegenteil eines Massenmediums ist. Ich will weniger den 17. Juni selbst in den Mittelpunkt stellen, sondern ihn mehr einordnen in die Geschichte der DDR.

Die DDR hat in ihrer Geschichte lediglich fünf große Zeitpunkte in der Geschichtsschreibung verewigt, vermutlich könnten die wenigsten Einwohner Deutschlands auch nur zwei davon taggenau (zu befürchten ist, nicht mal jahresgenau) nennen. Also: Zeit für eine kleine Auffrischung der Geschichtskenntnisse.

Am 17. Oktober 1949 wurde die DDR gegründet, quasi als Reaktion der UdSSR auf die Gründung der Bundesrepublik Deutschland auf dem Gebiet der Trizone durch die Westalliierten. Mit der Umwandlung der sowjetischen Besatzungszone in die DDR schien die deutsche Teilung auf unabsehbare Zeit fest zementiert. Ein logischer Endpunkt der Differenzen der Alliierten bezüglich der deutschen Frage nach Ende des Zweiten Weltkriegs. Stalin konnte sich Gott sei Dank mit seiner Idee eines deindustrialisierten Agrarstaates nicht durchsetzen.

Der 17. Juni 1953 markiert den Tag, an dem die Welt erfuhr, was Sozialismus schon nach kurzer Zeit anrichten kann. Was als Arbeiteraufstand in Ostberlin begann als Protest gegen Normerhöhung und Lohnkürzung, breitete sich über die ganze DDR aus, wurde aber letztlich mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsmacht niedergeschlagen – ein Muster, das sich 1956 in Ungarn und 1968 in der Tschechoslowakei wiederholte.

Am 13. August 1961 dann der Bau der Berliner Mauer, quasi das Eingeständnis, dass der Osten den Kampf der Systeme zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht so katastrophal verloren hatte, dass man das eigene Volk einmauern musste, um ein weiteres Ausbluten zu verhindern. Eine weitere logische Konsequenz des Sozialismus.

Der Mauerfall am 9. November 1989 läutete dann – zumindest für Deutschland, die Grenzöffnung in Ungarn hatte dafür natürlich schon den Weg geebnet genau wie Gorbatschows aus der Not geborene Entspannungspolitik – das Ende der DDR und den Prozess der Wiedervereinigung ein. Wiedervereinigung in Frieden und Freiheit, ohne blutige Revolution – das schien nicht nur zu Hochzeiten des Kalten Krieges lange Zeit undenkbar.

Die Existenz der DDR endete am 3. Oktober 1990, nach über 40 Jahren Diktatur (und das quasi direkt im Anschluss an 12 Jahre Diktatur), Unrechtsstaat und sozialistischer Misswirtschaft. Die Wiedervereinigung Deutschlands ist ein Glücksfall der Geschichte, insbesondere für die DDR-Bürger. Und da werden nicht mal die Mitglieder der SED (zwischendurch umfirmiert in SED-PDS, PDS, Linkspartei.PDS und schließlich DIE LINKE – trotzdem immer noch dieselbe Partei) widersprechen, auch wenn sie regelmäßig ein verstörendes Maß an Ostalgie zur Schau stellen.

Helmut Kohl – Ein Nachruf

Heute wurde der Tod von Helmut Kohl bekannt. 87 Jahre alt ist er geworden, sein politisches Vermächtnis von 16 Jahren Kanzlerschaft ist zuallererst die Einheit Deutschlands, aber auch der Euro und eine vertiefte Integration der EU.

Neben der Einheit Deutschlands verblasst natürlich vieles. Ich verbinde mit Kohl aber hauptsächlich die Jahre 1982 bis 1989, als er den unerträglichen Stillstand der Regierung Schmidt beendete und endlich wieder wirtschaftlicher und finanzpolitischer Sachverstand von einer breiten Mehrheit des Bundestages getragen war und nicht nur durch einzelne Regierungsmitglieder. Die Durchsetzung des NATO-Doppelbeschlusses war meines Erachtens eng verknüpft mit dem damals schon sich abzeichnenden Niedergang der Sowjetunion und deren osteuropäischen Bündnispartner. Die Stationierung von atomar bestückten Pershing-II-Raketen und der Cruise-Missile-Marschflugkörper war die notwendige Antwort auf die atomare Aufrüstung der Sowjetunion in Form der Stationierung der SS-20-Raketen in Osteuropa. Gott sei Dank hat sich damals die sogenannte Friedensbewegung, die nach meinem Dafürhalten sehr wenig mit Frieden im Sinn hatten (ganz ähnlich wie die heutigen angeblichen Umweltschützer (gerne auch mal dieselben Personen aus der Friedensbewegung), die sich nicht für den Erhalt einer lebenswerten Umwelt und Natur interessieren und einsetzen), mit ihren Forderungen nach faktischer Kapitulation nicht durchgesetzt.

Warum die Sowjetunion damals diese offensive Aufrüstung des nuklearen Mittelstreckenpotenzials in Form der SS-20 so forcierte, bleibt Spekulation. Es war eine klar aggressive Geste in Richtung Westeuropa, und gleichzeitig ja auch ein Hinweis an die USA: Euch betrifft es ja nicht, Eure Zweitschlagfähigkeit ist durch Interkontinentalraketen und der strategischen U-Boote ja nicht gefährdet. Der Verdacht liegt also nahe, dass man einfach etwas Zwietracht zwischen den Verbündeten säen wollte. Gott sei Dank war damals Ronald Reagan am Ruder (obwohl die ersten Schritte von Carter gemacht wurden, bleibt für mich unklar, ob er das durchgezogen hätte), der dieses Manöver durchschaute und in Form der Stationierung von Mittelstreckenraketen in Europa die einzig richtige Antwort gab – eine harte, klare und unmissverständliche Ansage an die Kriegstreiber aus dem Osten, ein Signal der Geschlossenheit an die NATO-Partner.

Positiv in Erinnerung blieb mir die Wirtschafts- und Finanzpolitik der achtziger Jahre. Die große Steuerreform unter Stoltenberg war vermutlich die letzte vernünftige Reform des deutschen Steuerwesens. Dazu der stetige Rückgang der Arbeitslosigkeit und der Neuverschuldung, beides erst gebremst durch das, was als “Deutsche Einheit” in den Geschichtsbüchern steht, aus wirtschaftlicher Sicht aber schlicht der Aufkauf einer DDR, die faktisch pleite war, durch die BRD bedeutete. Inklusive Übernahme aller Altlasten. Und man mag kritisieren, dass die Angleichung der Lebensumstände in Ost und West vielleicht noch nicht abgeschlossen ist – dass aber auch der Durchschnittsbürger in Neufünfland heute weit besser lebt selbst als die damalige DDR-Elite, das dürfte unbestritten sein.

Warum Kohl 1998 nochmals als Kanzlerkandidat antrat, werde ich vermutlich nie verstehen. Wahrscheinlich hat er einfach in der CDU keinem seiner Vertrauten den Job zugetraut, und seinen Erzfeinden wie Biedenkopf oder Späth hätte er niemals freiwillig Platz gemacht. Da war er durchaus konsequent, andere sagen dickköpfig. Dickköpfig war er auch beim Aussitzen der Renten- und Steuerproblematik, erst 1997 gab es da Bewegung, die hauptsächlich an der SPD-Totalblockade im Bundesrat scheiterte, die wenigen durchgesetzten Dinge wurden von der Regierung Schröder im Chaos-Anfangsjahr von Rot-Grün direkt wieder zurückgedreht (um Jahre später in leicht veränderter Form wieder beschlossen zu werden) – vor allem bei der Rente einer der teuersten Fehler der Politik, die jemals begangen wurden. Zumindest bis Angela Merkel kam.

Noch ein kurzes Wort zur deutschen Einheit: aus meiner Sicht hat Kohl da viele Fehler gemacht, vor allem bezüglich der Ausgestaltung der Wirtschaftspolitik und des Überstülpens der schon damals überregulierten West-Verwaltung über die Ost-Strukturen. Und das zu einem Zeitpunkt, da leichtgewichtige und flexible Lösungen angebracht gewesen wären. Aber die Grundidee war gegenüber den Ideen eines Oskar Lafontaine natürlich weitaus besser. Leider verstand Kohl recht wenig von liberaler Wirtschaftspolitik und setzte seine Hoffnungen wohl zu stark auf die Selbstdarstellung der DDR als damals (zumindest laut der Statistiken) zehntgrößter Industriestaat und die Weiterführung der Exporte in die osteuropäischen Absatzmärkte. Bei der Abwicklung der DDR-Substanz durch die Treuhandanstalt wurde ja letztlich klar, wie unglaublich marode und ineffizient die Industrie der DDR war, die letztlich fast nur auf dem Weltmarkt unverkäufliche Produkte im Sortiment hatte. Und die Bürger der DDR wollten das Zeugs ja nicht mal selbst haben. Ich glaube nicht, dass das 1989 in dieser Form schon jemand auf der Rechnung hatte. Mit dem Zusammenbruch der UdSSR 1991 zerfiel dann auch dieser letzte Absatzmarkt für DDR-Produkte.

Im Übrigen denke ich, dass in dieser Form die Einheit ohne Kohl undenkbar gewesen wäre. Oftmals wird es ja so dargestellt, dass die Einheit auf jeden Fall gekommen wäre, egal wer da auf dem Kanzlerstuhl gesessen hätte. Das halte ich für Unsinn – Kohl war die treibende Kraft, von den Verhandlungen mit Gorbatschow bis zum Übergehen diverser Bedenkenträger bei den westeuropäischen Partnerländern. Bekanntlich waren weder Mitterand noch Thatcher große Fans der Einheitsidee. Ob Kohl das hätte durchsetzen können ohne die Unterstützung von George Bush, bleibt natürlich fraglich. Aber hätte man ruhig den Zerfall des Ostblocks abgewartet, wer weiß wie die Geschichte dann verlaufen wäre.

Und nichts zur Parteispendenaffäre? Nein, die halte ich im Gesamtzusammenhang für ein extrem unwichtiges Faktum am Rande. Schlimmer für uns alle war wohl Kohls fatales Vertrauen in Angela Merkel, die es ohne Kohls Zutun vermutlich nie an die Spitze der CDU geschafft hätte.

Jedenfalls hat Kohl nach seinem Abgang als Kanzler vornehme Zurückhaltung geübt. Sehr angenehm, vor allem im Vergleich zu seinem Vorgänger und seinem Nachfolger. Helmut Schmidts Drang, den Weltökonom zu geben und die Welt – vor allem eben die Wirtschaftswelt – über ihre Irrtümer aufzuklären, war mir schon immer zuwider. Ein Kanzler, dessen Hinterlassenschaft eine einzige wirtschaftliche Katastrophe war – von der Arbeitslosigkeit über die Verschuldung bis zur Inflation – hätte sich besser in etwas Zurückhaltung geübt. Wobei die mediale Hofierung Schmidts im neuen Jahrtausend natürlich auch ein Zeichen für den Verfall der Bildungsstandards vor allem im journalistischen Bereich, aber auch in weiten Teilen der Bevölkerung war.

Kleinere Anpassungen am 2017-07-01 – Wording, Ergänzungen, Korrekturen.

25 Jahre Mauerfall

Heute jährt sich der Tag des Mauerfalls zum 25. Mal. Ein emotionaler Tag, vor allem für die Berliner. Ein Wendepunkt in der deutschen Geschichte. Und jede Menge Vorkommnisse in jüngster Zeit – die SED und ihre DDR-Unrechtsstaat-Diskussion, die sich andeutende Dunkelrot-Rot-Grün-Koalition in Thüringen, der Auftritt von Wolf Biermann im Bundestag – die man aus der historischen Mauerfall-Perspektive süffisant, ironisch, sarkastisch, ärgerlich oder wie auch immer in Blogbeiträgen hätte aufspießen können.

Und trotzdem habe ich heute zuerst drei Blogbeiträge für meine anderen Blogs geschrieben. Irgendwie bin ich die ewigen Diskussionen um Sozialismus, Kommunismus, totalitäre Systeme und ähnliches schlicht leid. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass der Liberalismus in Deutschland und damit der Drang nach Freiheit am Ende ist. Und das mache ich keineswegs am Untergang einer ehemals partiell liberalen Partei fest. Viele werden diesen Trend erst bewusst wahrnehmen, wenn ihre eigene Freiheit signifikant beschnitten wird. Dann wird es zu spät sein.

Liebe Berliner, liebe ex-DDR-Bewohner: genießt den heutigen Tag. Erinnert Euch an die schlechte alte Zeit zwischen 1949 und 1989. Und alle sollten nochmal überlegen, warum die DDR der Bundesrepublik beigetreten ist und nicht andersrum.