Schlimme Sache. Heute: der niedrige Ölpreis

Zunächst ein Hinweis in eigener Sache. Seit Beginn meiner Blogs gibt es Artikelüberschriften, die suggerieren, dass hier eine neue Artikelserie startet oder zumindest eine Rubrik etabliert wird – “Weltuntergang” beispielsweise, bis heute der einzige “Weltuntergangsbeitrag”. Immerhin hat es “Lieblingsblogs vorgestellt” schon auf ganze drei Beiträge gebracht, nimmt damit aber eine Sonderstellung ein.

Nun, woran liegt das? Oft daran, dass ich viele Ideen für Blog-Einträge zu bestimmten Themenkomplexen habe, die ich mir dann aber sparen kann, weil andere Blogger das Thema zu meiner vollsten Zufriedenheit schon behandelt haben – besonders häufig passiert das, wenn Peter Heller beim ScienceScepticalBlog schreibt.

Sei’s drum – die Reihe “Schlimme Sache”, die mit diesem Artikel beginnt, hat tatsächlich Chancen, etwas häufiger fortgesetzt zu werden. Ich weiß nicht genau mit was es zusammenhängt – kurzatmigere Berichterstattung, steigende Tendenz zum Sensationsjournalismus, größere Sensibilität meinerseits (so etwas wie umgekehrte Altersmilde vermutlich) – immer häufiger schüttle ich den Kopf, wenn ich Artikel oder Kommentare lesen muss, die entweder Trivialitäten zu Riesenereignissen aufblasen oder die es schaffen, ganz normale Vorgänge zu (normalerweise erst kommenden) Katastrophen umzudeuten.

Heute also: der (derzeit) niedrige Ölpreis. Aktueller Anlass ist die Berichterstattung rund um die Konferenz in Doha (Dubai), wo verschiedene Ölförderländer mal wieder zusammenkamen, um über Möglichkeiten der Förderreduktion zum Zwecke der Ölpreiserhöhung zu diskutieren. Wie man lesen kann, ist dieses Vorhaben gescheitert und es wird keine Absprachen zur Drosselung der Förderung geben. Stellvertretend sei ein Artikel von SPIEGEL Online verlinkt.

Kurz zur historischen Einordnung: nominell liegt der Ölpreis in den letzten Monaten irgendwo zwischen 35 US$ und 45 US$ pro Barrel (Referenzsorten WTI und Brent). Bis zur ersten Ölkrise in den 70ern – die ja letztlich ein Förderboykott des OPEC-Kartells war – kostete Rohöl praktisch nichts, seit man große und leicht förderbare Vorkommen vor allem im arabischen Raum entdeckt hatte. Dann erfolgte aufgrund der “Krise” ein Preissprung auf knapp 20 US$ pro Barrel, dann zur zweiten Ölkrise Ende der 70er Anfang der 80er ein weiterer Sprung auf knapp 40 US$ mit nachfolgendem lokalem Minimum Ende der 90er bei wiederum unter 20 US$. Erst danach erfolgte ein kontinuierlicher Anstieg auf über 110 US$ vor der großen Wirtschaftskrise (oder war es nur eine Bankenkrise?) 2008. Danach der große Preissturz auf das heutige Niveau. Man kann also zunächst feststellen, dass das heutige Preisniveau nichts Außergewöhnliches ist und wohl nur der, der die Peak-Oil-Propaganda und diverse Teile der Energiewende-Rechtfertigungen löffelweise gefressen hat, konnte davon überrascht werden.

Inflationsbereinigt sieht die Sache nochmal harmloser aus, aber da die Inflationsrate natürlich nicht unerheblich vom Ölpreis abhängt, ist eine objektive Betrachtung hier sehr schwierig – aber letztlich kann man sich denke ich auf die qualitative Aussage einigen, dass der Ölpreis schwankt, derzeit ein recht niedriges, aber nicht superniedriges Niveau hat und die Preisspitzen nur sehr kurz angehalten haben (sonst würden sie ja auch nicht “Spitzen” heißen).

Was kann man aus dieser Preisentwicklung ableiten? Offenbar hat der Ölpreis wenig mit Produktionskosten zu tun, und nur begrenzt mit Nachfrage. Aber sehr viel mit Angebot. Als die OPEC noch 70% der Weltölförderung kontrollierte, konnte man per Förderquoten den Preis quasi beliebig steuern. Heute, da der einstige Großimporteur USA dank weiterentwickelter Fördertechnik (oft unter dem Stichwort “Fracking” subsummiert) fast schon zum Exporteur mutiert ist und mit Russland, Brasilien und teilweise den Europäern große Fördermengen aus nicht-OPEC-Staaten kommen, hat die OPEC kräftig an Preisgestaltungsmacht verloren. Man könnte sagen, der Preis ist deutlich weniger politisch als er noch vor Jahrzehnten war.

Also, jetzt ist der Preis niedrig. Schlecht für die Produzenten, gut für die Verbraucher. Da wir in Deutschland Verbraucher und nicht (in nenneswerter Menge) Produzenten sind, freuen wir uns also über vorrübergehend etwas niedrigere Benzin-, Diesel- und Heizölpreise. Nur “etwas” und nicht “viel” niedriger, weil die Steuerlast erheblich ist, und irgendein Politiker wird das sicherlich als großen Vorteil verkaufen können, dass die abartige Steuerhöhe die Preisschwankungen dämpft. Aber ich schweife ab.

Kommen wir endlich zur “schlimmen Sache”. SPIEGEL Online nennt nun verschiedene schlimme Auswirkungen des derzeit niedrigen Ölpreises – z.B. dessen destabilisierende Wirkung auf diverse Förderländer wie Russland oder Venezuela. Weil diese nicht mehr länger das reichlich eingenommene Ölgeld für die wirklich wichtigen Dinge – wie z.B. Waffenkäufe oder pseudosoziale Beruhigungspillen für die Bevölkerung – zur Verfügung haben. Tja, da haben diese Länder wohl aufs falsche Pferd gesetzt. Aus meiner Sicht ist der niedrige Ölpreis damit eine Art Geschenk für diese Länder, denn er erzeugt Anpassungsdruck – vielleicht besinnt man sich ja jetzt auf die Grundwerte fast jeder erfolgreichen Volkswirtschaft wie Bildung, Rechtssicherheit und freies Unternehmertum.

Was ist noch schlimm? Das jetzt unnötig viel Öl verbraucht wird und damit natürlich die wertvollen Ressourcen unserer Kinder und Kindeskinder (von denen wir bekanntlich die Erde nur geliehen haben) sinnlos verheizt werden – und natürlich mehr vom schlimmen CO2 erzeugt wird. Letzteres wäre gar nicht notwendigerweise der Fall, denn anstatt den Ölförderdespoten die Dollars in den Rachen zu werfen, könnte man ja endlich die freigewordenen Mittel in wirklich umweltschützende Technologien investieren. Da es die Industrienationen aber vorgezogen haben, den kompletten Energiebereich totzuregulieren, wird das natürlich nur partiell geschehen. Ich schweife schon wieder ab.

Ersteres – das ungehörige Verbrauchen eines wertvollen Rohstoffs – ist eine besonders merkwürdige Ausprägung der Nachhaltigkeitsideologie, die vielerorts schon den Status eines Naturgesetzes erreicht zu haben scheint. Das würde eigentlich einen eigenen Artikel rechtfertigen. Hier nur so viel: Öl hat, wie alle anderen Rohstoffe auch, keinen “inhärenten” Wert. Sondern einen Marktwert. Wenn des Öl nun billig ist, heißt das nix anderes, als dass der Wert im Moment nicht besonders hoch ist, entweder weil das Zeugs keiner braucht oder weil es mehr als genug davon gibt – also beides eigentlich positiv zu werten. Wenn man nicht gerade eine Deindustrialisierungsagenda verfolgt. “Zu schade zum Verbrennen” ist einfach nur eine unsinnige Aussage – es wird verbrannt, weil es ökonomisch im Moment Sinn ergibt. Auch die Tatsache, dass Öl nützlich für die Grundstoffindustrie ist, ändert daran nix. Die oft erwähnten Nutzer der Kunststoffherstellung oder der Medikamente brauchen nur verhältnismäßig geringe Mengen, können durch synthetisch erzeugte Kohlenwasserstoffe substituieren und sind generell gemütlich in der Lage, auch den zehnfachen Ölpreis zu bezahlen.

Werden unsere Kinder und Kindeskinder uns dereinst vorwerfen, dass wir das Öl einfach verfeuert haben anstatt es für sie aufzubewahren? Möglich, wenn das Bildungsniveau rapide sinkt. Aber wenn unsere Kinder oder Kindeskinder noch ein Fünkchen rationales Denken kultiviert haben, würden sie uns eher vorwerfen, heute schon teure Substitutionsanstrengungen (wie z.B. die Energiewende) zu unternehmen und so den zukünftigen Wohlstand sinnlos zu reduzieren. Man könnte sagen, wer heute unnütz Geld ausgibt, verhindert aktiv, dass unsere Kinder und Kindeskinder selbst entscheiden können, welche Maßnahmen sie wogegen oder wofür treffen. Wir würden unsere Nachfahren also einschränken und quasi enteignen. Ihre Lösungsalternativen beschränken. Na diese Erkenntnis könnte doch ein erfahrener Politstratege in einen griffigen Slogan verwandeln. “Wir dürfen das Kapital unserer Kinder nicht sinnlos verplempern.” OK, ich bin definitiv nicht zum Spin-Doctor geeignet.

Bezüglich CO2 sollte man festhalten, dass die übliche Ölpreisschwankungsbreite der letzten drei Jahrzehnte praktisch nichts am Verbrauch geändert hat. Was bei kurzem Nachdenken ja auch klar ist – kurzfristige Schwankungen haben eben nur wenig Auswirkungen auf langfristige Investitionsentscheidungen wie den Kauf eines PKWs oder die Wahl der Heizungstechnologie oder den Aufwand der Dämmung. Zumal bei all diesen Dingen der Staat ja sein bestes tut, um das klare Preissignal des Marktes durch möglichst undurchsichtige Förderungen und Subventionen zu verschleiern.

Lange Rede, kurzer Sinn – niedriger Ölpreis ist super für uns. Aber nicht so super für die Produzenten. Was uns aber egal sein sollte.

Propaganda made by ZDF

Es gab mal eine Zeit, da standen Öffentlich-Rechtliche Sender insbesondere bei Berichten über Wissenschaft und Forschung im Ruf einer topseriösen Institution.

Lange her. Gerade musste ich noch einige Minuten “Leschs Kosmos” ertragen – Thema waren Kernenergie und Strahlung. Selten so viel üble Anti-Kernkraft-Propaganda auf einem Haufen gesehen. Und man entblödete sich nicht, tatsächlich das Konzept “Gravity Power” in der Variante “bauen wir auf das Gelände eines abgeschalteten Kernkraftwerks” als Lösung für den Zappelstrom der sogenannten “Erneuerbaren Energien”, ohne auch nur den Versuch zu unternehmen, mal Kosten und Potenzial wenigstens anzusprechen. Keine Ahnung, inwiefern Prof. Lesch redaktionell involviert ist, aber er machte nicht den Eindruck, wie wenn er sich als Propagandaschleuder irgendwie unwohl fühlen würde. Beschämend. Als Schlusswort prophezeite er die große Katastrophe, weil weniger panisch veranlagte Länder sich doch tatsächlich erdreisten, Laufzeiten von 60 Jahren ins Auge zu fassen – wo doch der Tschernobyl-Reaktor schon in seinem zehnten Lebensjahr in die Luft geflogen ist. Kein Scherz, auf diesem Niveau wird heutzutage Meinung gemacht.

Zwangs-Pay-TV abschaffen. Sofort. Dann wäre ein solches propagandistisches Machwerk wenigstens nicht ganz so ärgerlich.

Das Tesla-Phänomen

In den letzten Tagen wurden wir wieder Zeuge eines Schauspiels, das bisher nur von Apple in dieser Form bekannt war.

Die Firma Tesla Motors, gegründet 2003 von Elon Musk (und Mitstreitern) und seit 2008 Produzent verschiedener Elektro-PKWs, hat ihr “Model 3” präsentiert. Auf eine Art und Weise, die man sonst nur von Apple bei der Vorstellung eines neuen iPhones kennt. Ganz große Show, aber sehr sparsam bei den Details. Wer bereits über die Jahre die Vorankündigungen verfolgt hat, hat eigentlich nichts Neues erfahren.

Interessanterweise hat es Tesla mit diesem Konzept geschafft, innerhalb von zwei Tagen nicht weniger als 260000 Vorbestellungen, für die eine Anzahlung von je 1000 US$ geleistet wurden, einzusammeln. Respekt. Dass derart viele (im Moment potenzielle) Käufer willig sind, ein Fahrzeug quasi blind, ohne Probefahrt, vorzubestellen – im Prinzip weiß man nur, wie das Dingens aussieht, dass es in den USA voraussichtlich 35000 US$ (netto) kosten wird und vermutlich um die 350km Reichweite haben wird – das zeugt von einem sensationellen Markenimage.

Was war nun an Substantiellem durch die Präsentation zu erfahren? Wie gesagt, die 350km Reichweite nach US-Zyklus, die 35000 US$ netto, Platz für 5 Personen, ein Panorama-Glasdach, ein gefälliges Design, und man wird wohl die Supercharger-Infrastruktur (spezielle Tesla-Ladestationen, die meist an Autobahnen platziert mit einer Leistung von 120 bis 135kW die großen 85kWh-Akkus des Model S in “nur” 45 Minuten auf 80% laden können) nutzen dürfen – zu welchem Preis, und ob es ein “Flatrate”-Angebot wie beim Model S geben wird, ist noch unbekannt. Die erste Auslieferung in USA wird für Ende 2017 erwartet, voller Produktionsanlauf dann im Laufe des Jahres 2018.

Ein potenzieller deutscher Kunde, der heute vorbestellt und Tesla einen zinslosen Übergangskredit von 1000 US$ gewährt (nicht, dass das Geld woanders Zinsen abwerfen würde…), darf also in etwa zwei Jahren mit Lieferung rechnen – wenn er am Anfang der Vorbesteller-Liste steht. Denn nach bisherigem Produktionsplan wird man bis Ende 2019 maximal 212000 Fahrzeuge produzieren können. Erinnert ein wenig an die Bestellung eines Trabants in der DDR. Und Tesla hat bisher selten die angekündigten Zeitpläne eingehalten.

Wie gesagt, die Jungs von Tesla haben da wirklich ein sensationelles Markenimage geschaffen. Denn wer kennt heute schon die Details des Automarktes von 2018 oder 2020? Welche Autos sind bis dahin angekündigt, und sind die vielleicht besser und preiswerter als das Tesla Model 3? Denn was sind denn die wirklichen Alleinstellungsmerkmale von Tesla: das doch eher dünne Supercharger-Netz (das ja für einen großen Markterfolg eines Model 3 überhaupt nicht ausreichend dimensioniert ist), und die Tatsache, dass außer Tesla noch niemand derart viel Akkukapazität in ein Fahrzeug gepackt hat. Der Rest ist bei Tesla doch eher hausbacken: Design, Komfort, Platzangebot, Innenraumflexibilität, Verarbeitung, Sicherheit, Techie-Goodies. Alles nicht schlecht bzw. Geschmacksfrage, aber sich kein Alleinstellungsmerkmal. Manchmal wird der “Autopilot” genannt, aber der ist nicht viel mehr als ein Spurhalteassistent mit Abstandsregeltempomat, also nichts, was es nicht schon in der Kompaktklasse bei anderen Herstellern geben würde. Manchmal werden die automatischen “Over-the-Air”-Updates genannt, aber ob das ein Vorteil sein soll angesichts der üblichen Softwarequalität im Automotive-Bereich – ich weiß es nicht.

Unterm Strich kann man Elon Musk und seinen Mannen also nur gratulieren zu diesem großartigen Marketing. Eine würdige Nachfolge für die “Premium”-Anstrengungen von Teilen der Automobilindustrie.

Da erinnere ich mich an einen Ausspruch von meinem Informatik-Professor: “Finden Sie einen Menschen, der behauptet, Kaufentscheidungen rational zu fällen. Dann fragen Sie ihn, was er für ein Auto fährt.”

Am Rande: dramatisch schlecht fand ich die Berichterstattung in der deutschen Online-Presse. Oft war vom “31000€-Auto” die Rede, in völliger Verkennung, dass die genannten 35000 US$ selbstverständlich netto, also ohne “sales tax”, zu verstehen sind. Am Ende ist der zu erwartende Preis in Deutschland wohl eher bei 40000€ zu erwarten. Qualitativ noch schlechter allerdings die sich daraus ergebenen Diskussionen zwischen den Tesla-Fanboys und der Verbrenner-Fan-Fraktion (ab und zu noch ein Brennstoffzellen-Fanatiker und zwei bis drei Hybrid-Junkies dazwischen), die immer wieder dieselben Halbwahrheiten in demselben schrillen Tonfall austauschen. Ermüdend.

Und warum steht dieser Beitrag nun im Politik-Blog? Leider hat ja die E-Auto-Kiste eine politische Dimension, und die heißt “Subventionen”. Tesla profitiert ja schon reichlich davon, vom Verkauf von Emissionszertifikaten über Tax Credits für die neue Akkufabrik in Reno/Nevada (man redet von über einer Milliarde US$) bis hin zur Einzelfahrzeugförderung in diversen Staaten dieser Erde. Anstatt Subventionen als schädliche Marktverzerrung zu begreifen, spielen ja auch unsere Politiker gerne in diesem Konzert der Geldverschwender mit – siehe EEG, Abwrackprämie und Konsorten. Also der Merksatz zum Schluss: wenn ein Produkt Subventionen benötigt, um verkauft werden zu können, ist es einfach nicht oder noch nicht marktreif. Wenn man den Enthusiasmus der Tesla-Jünger sieht, braucht dieses Produkt doch ganz bestimmt keine Subvention – die sind doch jederzeit bereit, gerne ein paar tausend Euro mehr auf den Tisch zu legen.

Koalitionspoker in Baden-Württemberg

Anfang März war meine Prognose, dass es in Baden-Württemberg zu einer Koalition CDU-SPD-FDP kommen wird. Stand heute scheint das unwahrscheinlich. Die SPD hat dieser Kombination eine Absage erteilt. Die FDP verweigert (im Moment) standhaft die klassische Ampel. So scheint alles auf Grün-Schwarz herauszulaufen.

Für mich eine Überraschung, und ich werde erst daran glauben, wenn die Unterschriften unter dem Koalitionsvertrag trocken sind. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass die Überschneidungen der Politikziele von Grünen und CDU – insbesondere in Baden-Württemberg – so groß sein sollen, dass diese Koalition sinnvoll möglich ist. Zumal die CDU-Basis zu großen Teilen eine solche Koalition ablehnt.

Die CDU ist ja weithin bekannt oder auch verrufen als “Kanzlerwahlverein” – die einzige Konstante über all die Jahre ist der unbedingte Wille zur Macht. Und natürlich ist die CDU zumindest auf Bundesebene inzwischen so weit nach links gerückt, dass man durchaus Überschneidungen mit den Grünen sehen könnte. Und es existiert ja auch durchaus die Ansicht, dass Winfried Kretschmann ein verkappter Konservativer sei. Ich sehe das alles nicht. Die Baden-Württemberg-CDU ist immer noch eher konservativ. Grün-Rot hat in weiten Teilen lupenreine klassisch links-grüne Politik gemacht.

Wie weit wird sich die CDU verbiegen, um wieder an die Fleischtöpfe der Macht zu kommen? Ist das strategisch eine gute Idee, als Juniorpartner mit dem natürlichen Feind zu koalieren? Wird die CDU an der Seite von Kretschmann ein ähnliches Debakel erleben wie die SPD? Wird diese Legislaturperiode bereits den Abschied von Kretschmann sehen, und wie wird sich das auf die Chancen der Grünen bei der nächsten Landtagswahl auswirken? Wird die SPD in der Opposition sich wieder regenerieren können?

Viele Fragen, noch keine Antworten. Es bleibt spannend im Ländle.

Zu Zeiten einer NRW-Landtagswahl in den 90ern gab es mal den Spruch, dass sich die Grünen zum Machterhalt so weit verbiegen würden, dass sie sogar einem Kernkraftwerk in der Düsseldorfer Innenstadt zustimmen würden. Mal sehen, was man über die CDU sagen wird.

Erkenntnisse der Landtagswahl Baden-Württemberg

Quellenhinweis: Saubere und vollständige Ergebnisse erfährt man gesammelt hier vom Statistischen Landesamt. In der Online-Presse habe ich spontan z.B. nirgends gefunden, was sich hinter “Sonstige” aufgeschlüsselt verbirgt. Wenn man einen Rechtsrutsch konstatiert, sind doch Zahlen von NPD und Republikanern durchaus von Interesse. Auch das Abschneiden der AfD-Abspaltung ALFA hat mich interessiert. Und auch die ehemaligen Superstars der Piratenpartei interessieren mich immer noch.

Nachfolgend ein paar Gedankenschnipsel zum Wahlausgang.

  • Die Regierungskoalition hat 4,3%-Punkte verloren. Das widerspricht der These, dass die Bürger mit der Regierungsarbeit zufrieden waren.
  • Die Grünen sind in Baden-Württemberg als Volkspartei etabliert. M.E. ausschließlich ein Verdienst von Kretschmann, wie man am Wahlergebnis der Grünen in Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt sehen kann.
  • Die CDU vermeldet einen historischen Tiefststand.
  • Die SPD hat ihr schon schlechtes Ergebnis von 2011 nochmal beinahe halbiert. Status “Volkspartei” inzwischen fragwürdig.
  • Die AfD liegt deutlich vor der SPD, interessanterweise war das in den ersten Hochrechnungen noch nicht zu sehen.
  • Die FDP ist stark erholt und beinahe schon auf Augenhöhe mit der SPD.
  • Die LINKE spielt in Westdeutschland faktisch keine Rolle mehr. Möglicherweise, weil sich das Protestpotenzial auf die AfD konzentriert.
  • Die Koalitionsbildung wird sehr interessant. Die einzigen realistischen Optionen sind Grün-Schwarz, Schwarz-Rot-Gelb und Grün-Rot-Gelb. Alles drei sehr schwer vorstellbar, am ehesten würde ich noch Schwarz-Rot-Gelb für möglich halten.
  • Die rechten Parteien Republikaner und NPD spielen mit 0,3% bzw. 0,4% der Stimmen überhaupt keine Rolle.
  • Die ALFA hat, trotz reichlich Wahlwerbung am Straßenrand, nur 1,0% der Stimmen errungen. Vermutlich, weil die Partei in den Medien überhaupt keine Rolle gespielt hat – da gab es ja nur “AfD gegen den Rest der Welt”.
  • Die in vielen Medien transportierte Idee, dass Wolf wegen seines “Schlingerkurses” bezüglich der Flüchtlingsfrage so schlecht abgeschnitten hat, halte ich für abwegig. Der CDU-Kandidat in Sachsen-Anhalt hat lange Zeit konsequent gegen die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung opponiert und hat das Ergebnis der vorigen Wahl beinahe gehalten. Die beiden eher linientreuen Kandidaten Klöckner und Wolf hingegen haben dramatisch verloren.
  • Wenn diese Idee schon abwegig ist, wie ist dann die Idee von Jakob Augstein zu bewerten (“Sieg für Angela Merkel”), die dieser in seiner Kolumne bei Spiegel Online äußert? Völlig abwegig? Komplett abwegig? Absurd abwegig? Da gehen einem doch die Superlative aus.

Ich habe das Gefühl, dass viele Bürger sich im konservativen Niemandsland verloren fühlen, weil die CDU unter Angela Merkel schon zu Zeiten von Schwarz-Gelb deutlich nach links gerückt ist und viele konservative Positionen geräumt hat. Sowas dauert immer ein wenig, bis es sich in der Breite auch in Teilen der Stammwählerschaft niederschlägt, aber jetzt scheint es – natürlich beschleunigt durch die Flüchtlingskrise (oder ist es eine Migrationskrise?) – sich zu manifestieren. Der konservative Wähler hat verschiedene Schlüsse aus seinem Dilemma gezogen: Kretschmann wählen, weil er den seriösen Landesvater perfekt verkörpert. AfD wählen, weil sie als einzige noch konservative Inhalte glaubwürdig vertritt. Das verspricht eine spannende Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl.

Was ist eigentlich aus den “Grauen” und der Autofahrerpartei geworden?

Grüne Grundsätze

Parteispenden sind immer ein politisches Thema. Die Medien berichten auch gerne darüber, wie es den Anschein erweckt. Wer erinnert sich nicht an die üble Schmutzkampagne der Qualitätspresse anno 2010 gegen die FDP, weil diese vom Unternehmer und Investor August von Finck eine Großspende erhielten – prompt wurde von Bestechung, Skandal und der “gekauften Republik” berichtet. Naja, “berichtet” ist wohl das falsche Wort hier. Der Hintergrund: weil August von Finck Großaktionär beispielsweise beim Mövenpick-Konzern ist und Mövenpick schließlich auch ein paar Hotels betreibt, war damit der Zusammenhang glasklar: die Anpassung des Mehrwertsteuersatzes bei Hotelübernachtungen – obwohl bei vielen Parteien im Programm und durchaus ein Beitrag zur europäischen Harmonisierung – war selbstverständlich nur aufgrund dieser Spende gemacht worden.

Besonders die Grünen taten sich hervor mit Forderungen, die natürlich zufällig perfekt zu ihrem Spendenprofil (eher kleine, dafür viele Spender – wenige industriellen Großspender) passten. Maximal 100.000€ sollte es bei Spendern pro Jahr sein. Drüber geht gar nicht, weil das natürlich – mindestens latent, wie es so schön heißt – ein “Gschmäckle” hat, wie der Schwabe sagt. Beeinflussung. Bestechung. Eben das volle Programm.

Nun trug es sich kürzlich zu, dass eine Privatperson – der Vermögensberater Jochen Wermuth, der nach eigenen Angaben u.a. in erneuerbare Energien investiert und damit direkt vom von den Grünen mitgetragenen Subventionsirrsinn profitiert – den Grünen in Baden-Württemberg eine Spende über 300.000€ zukommen ließ. Nun hätte man auf die Idee kommen können, dass die Grünen – immer stark beim Einfordern von Grundsätzen bei anderen – sich an ihre eigenen Grundsätze halten und die Spende ablehnen. Z.B. um das “Gschmäckle” zu vermeiden.

Aber: Integrität wird sowieso überschätzt. Und so erklärt uns Winfried Kretschmann, dass man selbstverständlich über die Spende froh sei und sie gerne annehme – alles andere wäre ja “naiv”.

Wir merken uns also: Grundsätze zu formulieren ist super. Sich dran zu halten wäre aber naiv. Das fällt schon unter fortgeschrittenes Pharisäertum.

Propaganda in der Qualitätspresse

Letzten Freitag ging es durch alle Kanäle. Aufgrund von Recherchen des WDR und der SZ wurde vermeldet, dass es im Kernkraftwerk Fessenheim – neben Cattenom schon immer Lieblingsfeind der Anti-AKW-Bewegung hierzulande – zu einem Unfall gekommen sei (auch von “Unglück” ist die Rede), bei dem man quasi dem sicheren Atomtod beiderseits des Rheins nur haarscharf von der Schippe gesprungen sei. Und: die französische Atomaufsicht habe den ganzen Vorfall auch noch vertuscht.

Hier kann man dieses propagandistische Machwerk nachlesen.

Wie so oft, wenn alarmistisch über Kernkraftwerke berichtet wird, bleibt nach einer seriösen Recherche von den diversen Behauptungen sehr wenig übrig.

Andere haben detailliert Stellung genommen, hier die Kurzfassung:

  • die Steuerung eines Druckwasserreaktors über Borierung des Kühlwassers ist absolut üblich, und eine Abschaltung des Reaktors über boriertes Wasser ist eine Standardmaßnahme nach Betriebshandbuch
  • diesen Vorfall als Unfall oder Unglück zu beschreiben, entbehrt jeder Grundlage – der Reaktor war jederzeit unter Kontrolle, nach INES ist sowas maximal als Störfall zu betrachten, auf keinen Fall als Unfall – und etwas, das keinerlei Opfer forderte, als “Unglück” zu bezeichnen, benötigt ein gerüttet Maß an Unverfrorenheit
  • eine Reaktorschnellabschaltung durch Fallenlassen der Notsteuerstäbe war zu jeder Zeit möglich, man entschied sich aber für die elegantere Methode der Kühlwasserborierung
  • warum genau der französischen Aufsichtsbehörde “Vertuschung” vorgeworfen wird, bleibt unklar – hier kann man den Originalbericht nachlesen, der direkt nach dem Vorfall veröffentlicht wurde. Sogar die grün-rote Landesregierung bestätigte gegenüber dem SWR, dass man informiert war

Es ist allerdings festzuhalten, dass der Grund für die Probleme im April 2014 in einem optimal geführten Kernkraftwerk niemals vorkommen darf – Wasser in Schaltschränken ist nicht akzeptabel. Allerdings haben Kernkraftwerke – sogar ältere wie Fessenheim – so viel Redundanz und Sicherheitsreserve, dass solche Probleme nur mäßige Bedeutung für die Sicherheit des Kraftwerks haben. Und gar keine Bedeutung für die Bevölkerung rund ums Kraftwerk.

War es nun Lügenpresse oder Inkompetenzpresse? Man weiß es nicht. Ich bin eigentlich großer Anhänger von Hanlon’s Razor. Aber die publizistische Vergangenheit des WDR-Juwels Jürgen Döschner könnte einen auf den Gedanken bringen, dass möglicherweise mit unserer “Demokratieabgabe” (Copyright Jörg Schönenborn – andernorts als GEZ-Abzocke, seltener auch als Rundfunkbeitrag bezeichnet) Journalismus finanziert wird, der seiner eigenen Agenda folgt. Und letztlich wirklich unabhängiger Journalismus ist: nämlich unabhängig von den Fakten.

Die unerklärliche Beliebtheit des Herrn Kretschmann

Bald wird gewählt im Ländle. Die letzten Umfragen sehen die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann recht deutlich mit vier Prozentpunkten (nebenbei: wie oft in unserer Qualitätspresse fälschlicherweise von Prozenten statt Prozentpunkten die Rede ist, lässt nur das Allerschlimmste bezüglich der mathematischen Grundbildung von Journalisten befürchten – aber es ist auch eine gute Erklärung für so manchen Artikel) vor der CDU.

Viele Wähler sind voll des Lobes über Kretschmann. Landesvater, Konservativer (oder zumindest wertkonservative) Grüner, seriöser Politiker, heimatverbunden, und was man ihm nicht alles nachsagt. Komischerweise kann auf Nachfrage kaum einer eine Entscheidung von Kretschmann nennen, die dieses Lob rechtfertigen würde. Man findet ihn halt irgendwie sympathisch. Und er kann ja auch mehrere Sätze hintereinander unfallfrei formulieren, das war man von Vorgängern wie Oettinger nicht gewohnt. Die Latte liegt tief im Ländle.

Wer sich objektiv die Horrorbilanz von 5 Jahren Grün-Rot in Baden-Württemberg anschaut, kann da nur den Kopf schütteln. Totalversagen in der Verkehrspolitik, grauenvolle Fehlentscheidungen in der Bildungspolitik, dazu trotz Steuerrekordeinnahmen ein sauberes Haushaltsdefizit hingekriegt mit schwindelerregender Steigerung der Ausgaben, blindes Hochfahren des Personals (möglichst verbeamtet, damit nachfolgende Generationen auch noch was davon haben). Dazu der bei den Grünen zu erwartende Energieunsinn inklusive Forcierung von Windkraftanlagen an untauglichen Standorten gegen jede Idee des Naturschutzes. Ich kann mich an wirklich keine einigermaßen sinnvolle Maßnahme dieser Regierung erinnern. Kann es schlimmer kommen?

Wenn man die Umfrageergebnisse anschaut, kann der Wähler ja nicht generell mit der Regierung zufrieden sein. Die SPD säuft gnadenlos ab. Zurecht, weil die Herren Schmid, Stoch und Gall eine vernichtende Bilanz vorzuweisen haben, und die Damenriege Altpeter und Öney hat die Gleichberechtigung dahingehend absolut perfektioniert, indem sie auf gleichem niedrigsten Niveau wie die Herren arbeitet. Aber ich vermute, dass eher der bundespolitische Tiefflug der SPD hier hauptverantwortlich ist.

Symptomatisch ist für mich die Wahlwerbeplakat-Kampagne der Grünen. In früheren Jahrzehnten hat man noch Sachaussagen auf Plakate gedruckt, Köpfe waren eher selten zu finden. Jetzt: überall Kretschmann. Zusammen mit nichtssagenden Sprüchen wie “Dem Land verpflichtet” oder “Verantwortung und Augenmaß”. Man hat scheinbar aus dem Fiasko Veggie-Day gelernt: lieber erstmal nix genaues sagen, und die Ziele eher durch die Hintertür durchsetzen. Zwar clever, aber irgendwie durchschaubar – dem Wähler ist es scheinbar egal.

Wobei letztlich Kretschmann und die Grünen auch von der Schwäche der Konkurrenz profitieren. Die CDU ist bundespolitisch gerade derart unter Druck, da kann ein farbloser Kandidat wie Guido Wolf sicher nicht das Steuer herumreißen.

Jetzt hat Oberunsympath Volker Beck ja erst mal den Grünen noch ein Ei ins Nest gelegt – wer hätte gedacht, dass er insgeheim nicht nur für die Freigabe weicher Drogen gekämpft hat, sondern auch für die allerhärtesten. Es wird spannend sein zu sehen, wie sich das auswirkt. Claudia Roth hat ja schon um Verständnis gebeten. Gesundbeten hat bei den Grünen schon öfter geholfen, man erinnere sich an Cem “ich wusste nicht, dass ich Steuern zahlen muss” Özdemir.

Ja, ein Blick auf unser politisches Top-Personal kann einem schon den Mut rauben. Genau wie ein Blick auf die Homepage der Grünen: dort versucht man sich an gendergerechter Sprache mit Stilblüten wie “Landwirt*innen”. Jeder blamiert sich halt so gut wie er kann.

Zurück zur Landtagswahl: meine Prognose ist eine “Deutschlandkoalition”: CDU, SPD, FDP. Diese Prognose ist jetzt mehr nach dem Ausschlussverfahren entstanden. Ich sehe die Grünen vor der CDU, Grün-Schwarz schließe ich aber aus. Die klassische Ampel wird die FDP auf keinen Fall machen. Und die SPD wird nach den katastrophalen Verlusten strategisch eine erneute Regierungsbeteiligung anstreben, denn in der Opposition wären sie auf verlorenem Posten – neben einer schwachen CDU hingegen könnte man eher was reißen.

Feinstaubalarm in Stuttgart

Es ist wieder so weit: Feinstaubalarm in Stuttgart. Seit Donnerstag wurde auf den Infotafeln in und um Stuttgart der Feinstaubalarm angekündigt und die Verkehrsteilnehmer gebeten, doch bitte auf VVS und SSB (also Bus und Bahn, vulgo “Öffis”) umzusteigen.

So weit so bekannt (im Januar gab es die erste Übung dieser Art). Die Stadt Stuttgart versucht es weiter über freiwilligen Verzicht. Weitgehend erfolglos, wie ich vermute. Die Drohung, wenn es nicht funktioniert zukünftig Fahrverbote auszusprechen, schwebt weiter in der Luft.

Leider hat bisher auch noch niemand erklärt, warum es die Autofahrer richten sollen. Denn es gibt für Feinstaub ja jede Menge Quellen: Hausbrand, Baustellen, Sahara-Staub, Landwirtschaft/Pollen, Diesel-Busse und Diesel-Loks. Man erinnere sich an die großartige Idee der Umweltzonen, wo ein Heidenaufwand getrieben wurde, um am Ende festzustellen, dass die Maßnahme unterm Strich schlicht wirkungslos war – wie übrigens von Experten vorhergesagt. Aber die Politik fährt ja auch bei erwiesener Faktenlage gerne das “more of the same”-Programm.

Der ACE weist zu Recht darauf hin, dass überhaupt nicht klar ist, welche Verbesserung sich überhaupt ergeben würde, wenn es weniger PKW-Verkehr nach und durch Stuttgart geben würde. Aber wann hat sich die Politik in den letzten 30 Jahren für die tatsächliche Wirksamkeit von Zwangsmaßnahmen interessiert? Symbolhandlungen ersetzen Sachentscheidungen.

Vielleicht sollte man einfach mal die Messstation an eine andere Stelle versetzen. Denn in diesem (wind-)schattigen Eckchen direkt an einer Ampel der B14 am Neckartor kann wohl kaum eine realistische Messung stattfinden, die in irgendeiner Weise repräsentativ für die Luftqualität der Stadt ist. Wahrscheinlich würde es schon reichen, die Station auf die andere Straßenseite zu versetzen, um niedrigere Werte zu messen.

Hier kann jeder die Werte der Messstation Neckartor anschauen. Man kann schon an den Schwankungen unschwer erkennen, dass der Verkehr, der ja eher kontinuierlich läuft, wohl kaum für derartige Schwankungen verantwortlich sein kann. Man hätte Stuttgart halt einfach nicht in den blöden Talkessel bauen sollen.

Interessantes Detail am Rande: Feinstaub ist nicht gleich Feinstaub. Je nach Partikelgröße und Stoff schwankt die Gefährdungseinschätzung zwischen harmlos und stark krebserregend. Die Messungen berücksichtigen diese Unterschiede aber überhaupt nicht. Wie dämlich ist das denn. Wir ergreifen Maßnahmen ohne stichhaltige Diagnose. Da passt es ins Bild, welches gerne von interessierter Stelle (dem UBA z.B., dem natürlichen Feind des PKW-Fahrers) propagiert wird: “Jährlich rund 46.000 Todesfälle in Deutschland gehen auf die Belastung mit Feinstaub zurück”. Vermutlich sind da die Raucher schon mit drin. Denn jährlich sterben in Deutschland nur knapp 900000 Menschen. Jetzt erinnere man sich an die anderen tödlichen Gefahren, denen wir ständig ausgesetzt sind. Andere Luftschadstoffe. Pestizide. Arzneimittel. Uran im Trinkwasser. Strahlung durch Kernkraftwerke und deren Abfälle. Verkehrstote. Ungesunde Ernährung. Alkohol. Tabak (gerne auch passiv). Andere Drogen. Vogelgrippe. EHEC. Ich habe jetzt nicht nachrecherchiert, woher das UBA diese Zahl hat (überhaupt weiß jeder statistisch Interessierte, dass eine absolute Anzahl von Todesfällen als Angabe sowieso sinnlos ist – man muss ja logischerweise mit verlorenen Lebensjahren rechnen), aber der relativ legere Umgang dieser Behörde mit den Fakten ist ja bekannt.

Wenn man nun die angeblich so tödliche Feinstaubgefahr tatsächlich ernst nehmen würde, dann wären Gegenmaßnahmen ja relativ einfach: Rußfiltervorschrift für Baufahrzeuge, endlich Diesel-Loks und Diesel-Busse aus dem Verkehr ziehen, sofortiges Verbot von Holz- und Kohleheizungen aller Art (insbesondere Holzhackschnitzel- und Pellet-Heizungen, die aus unerfindlichen Gründen als umweltfreundlich propagiert wurden, obwohl sie maximal als klimafreundlich bezeichnet werden können), Einrichtung von Bewässerungsanlagen an den Hauptverkehrsadern (damit kann man für wenig Geld viele Stäube binden, die ansonsten vom Verkehr wieder aufgewirbelt werden). Stattdessen ist die Gegenmaßnahme ein Aufruf zum Verzicht auf den PKW. Da merkt doch jeder durchschnittsdumme Bürger, dass die Politik ihn gängeln will anstatt das Problem zu lösen.

Warum ist Verzicht auf den PKW für den durchschnittlichen Pendler keine Alternative? Über einen Ausspruch wie er Andre Baumann/NABU hier zugeschrieben wird kann der Standardpendler nur lachen. Selbst im Stuttgarter Dauerstau ist von Tür zu Tür das Auto in den allermeisten Fällen das schnellere Verkehrsmittel. Und das komfortablere sowieso. Denn Busse und Bahnen sind rammelvoll um die Hauptverkehrszeit. Das schlimmste, was den derzeitigen Öffi-Nutzern passieren könnte, wäre, dass eine signifikante Anzahl PKW-Fahrer tatsächlich auf die Öffis umsteigen würde. Und leider hat Verkehrsfehlplanung in Stuttgart lange Tradition: wer auch immer damals entschieden hat, nur eine Röhre mit zwei Gleisen für die S-Bahn vorzusehen, gehört gekreuzigt.

Der Profi-Tipp zum Abschluss: Neben Tabakrauch ist der Feinstaub durch Kerzen das allergrößte Problem bezüglich der Feinstaubkonzentration in Innenräumen. Wer auf das Abbrennen von Kerzen verzichtet, kann problemlos ein paar Jahre lang an der B14 durch Stuttgart joggen.

Die gehackte Webpräsenz

Irgendwann zwischen Weihnachten und Neujahr ist es passiert – genauer ließ es sich nicht rekonstruieren. Meine Webpräsenz wurde gehackt. Alle vier WordPressInstallationen und die Drupal-Installation waren betroffen. Die dahinter liegenden Datenbanken waren Gott sei Dank sauber.

Wie äußerte sich der Hack? Einige Benutzer berichteten von Redirects auf Phishing-Seiten, die meisten waren aber nur von schlechterer Performance betroffen, weil in die HTML-Daten JavaScript injected wurde, das auf gewisse Fremdseiten zugriff, die unglaublich schlechte Antwortzeiten hatten. oil-hockey.ch und rardec.co.uk waren darunter. Das verzögerte den Aufbau der Webseiten erheblich.

Klassifiziert war das Problem als “JS:Injection-A” (Avast) oder “Mass Injection Website 19” (Symantec). Für mehr Details hier ein Link zu Symantec. Es dauerte nicht lange, bis die Webpräsenzen bei mindestens einem Dienst (Norton Safeweb) auf der Blacklist standen. Das zieht dann weitere Kreise – vor allem Firmen haben oftmals automatische Verfahren, um Zugriffe aus dem Intranet auf Seiten auf Blacklists zu unterbinden. Gott sei Dank gab es bei Norton Safeweb eine relativ unkomplizierte Möglichkeit, eine Reevaluierung des Zustands zu veranlassen.

Seit einer Woche ist nun wieder alles bereinigt – WordPress- und Drupal-Neuinstallation nebst zwei WordPress-Theme-Wechseln (die alten sind noch verseucht, die muss ich noch aufräumen) hat das Problem gelöst. Dazu natürlich die Routine-Dinge wie Wechseln aller Passwörter. Scheiss-Aufwand, aber man lernt ja was dabei (man soll ja alles positiv sehen).

Ich danke meinen aufmerksamen Blog-Lesern, die mich über das Problem informiert haben, weil ihre Sicherheitssoftware angesprungen ist. Wer seine Webpräsenz schnell online auf Malware checken will, dem sei der Online-Security-Scanner von Sucuri empfohlen.

Und was lernt man daraus? Früher war alles besser – da hätte man schnell ein paar alte Versionen der HTML-Dateien eingespielt und fertig wäre die Säuberungsaktion. In der heutigen Welt der CMS-Systeme mit ihrem üblen PHP-Verhau dauert eine Analyse viel länger. Und: nur weil eine Webpräsenz eine überschaubare Anzahl Besucher hat – man sollte also denken, dass so ein Hack ein wirklich schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis hat – heißt das nicht, dass nicht doch ein paar üble Gesellen Hand anlegen. Abgesehen davon ist es nie schlecht, regelmäßig Backups zu machen – ok, das ist eine IT-Binsenweisheit, das sollte man schon vorher gewusst haben.