Die Sache mit dem Freihandel

Seit US-Präsident Trump ein paar Strafzölle für einige wenige Waren aus der EU angekündigt hat, scheint die EU plötzlich wieder ihre Liebe für den Freihandel zu entdecken. Auch die Medien stellen die Sache häufig so dar, als ob die USA nun plötzlich den freien Warenverkehr torpedieren will, nachdem doch vorher alle einträchtig in Abwesenheit von Zöllen und Regulierungen miteinander Handel getrieben hätten.

Nichts könnte ferner der Wahrheit liegen. Die EU verschanzt sich seit Jahrzehnten hinter extrem hohen Handelsbarrieren vor allem im Agrarbereich, um die heimische Landwirtschaft zu „schützen“, vor was auch immer. Geschützt wird aber nur der Endverbraucher vor preiswerten Lebensmitteln aus dem Ausland. Vor allem die ärmeren Länder der Welt würden liebend gerne ihre Produkte in der EU anbieten, dürfen aber nicht. Aus allen möglichen fadenscheinigen Gründen, vom Einsatz harmloser Pflanzenschutzmittel bis zum Einsatz ebenso harmloser per Gentechnik (natürlich nur per böser gezielter Gentechnik, nicht etwa per guter Gentechnik wie radioaktiver Breitbandbestrahlung als klassiche Züchtungsmethode) optimierter Pflanzensamen.

Fast vergessen scheint, dass die EU ja lange Zeit recht lustlos an TTIP rumverhandelt hat und das Abkommen letztlich platzen ließ – das wäre ein umfassendes Freihandelsabkommen mit Nordamerika gewesen, aber man wollte nicht. Wegen aller möglicher unsinniger Details wie den berühmten Chlorhähnchen. Und ich kann mich an keinen Politiker erinnern, der sich zur Verteidigung von TTIP aufgeschwungen hätte oder eine für den Freihandel noch bessere Alternative propagiert hätte – nein, im Grunde sind unsere Politiker alles Protektionisten der ganz alten Schule. Aber seit nun Trump in dasselbe Horn stößt, ist es plötzlich höchst verwerflich und „Zölle schaden letztlich allen“ und „es droht ein Handelskrieg“ und dergleichen verlogener Statements mehr.

Man schaue sich einfach mal die derzeit geltenden Zölle an, und man wird feststellen, dass für die allermeisten Produkte die EU deutlich höhere Zölle verlangt als die USA. Die nun aber aus unerfindlichen Gründen der böse Bube des Welthandels sind. Auch die Tatsache, dass die EU nicht etwa den dafür vorgesehenen Weg der WTO zur Anfechtung der Strafzölle gehen will, sondern direkt die Einführung eigener Strafzölle auf US-Waren favorisiert, zeigt dass die Äußerungen um die Sorge um den Freihandel bloße Lippenbekenntnisse sind.

Wie ich heute der Presse entnehme, favorisiert Deutschland nun aber plötzlich eine Art „TTIP light“, um die Strafzölle quasi in letzter Sekunde zu verhindern. Als Gesprächsangebot an die USA. Sehr interessant. Es könnte Trumps jüngster Erfolg werden. In den USA gibt es ja einige interessante Blogs, die Trumps Talent als „Dealmaker“ genauer verfolgen und beschreiben, z.B. der Blog von Scott Adams http://blog.dilbert.com/, vielen bekannt als der Erfinder von Dilbert. Empfehle ich jedem als ausgleichende Lektüre gegenüber den Trump-hassenden Medien hierzulande.

Wes Geistes Kind die EU bezüglich Freihandel ist, ließ sich ja auch schön bei den ersten Verhandlungen zum Brexit sehen, oder bei der Behandlung von europäischen Nicht-EU-Nachbarn wie der Schweiz. „Bullying“ ist der passende englische Begriff dafür. Beschämend. Dass Frankreichs Präsident Macron auch noch gleich den Ausstieg der USA aus dem Pariser Klimaschutzabkommens als Handelsnachteil für die EU-Wirtschaft mit in die Zoll- und Freihandelsfrage eingerührt hat – naja, warum sollen die Franzosen bessere Politiker haben als wir.