Mehr soziale Gerechtigkeit

Der aktuelle Wahlkampf hat ein uraltes Politikthema wieder nach oben gespült: die Frage der sozialen Gerechtigkeit. Quasi alle Parteien bombardieren den mehr oder weniger geneigten Wähler mit diesem Begriff, freilich meist ohne genau zu sagen, was sie denn genau unter dieser “Gerechtigkeit” verstehen – noch mehr als bei vielen anderen Themen liegt bei der Frage der Gerechtigkeit die Wahrheit im Auge des Betrachters. Von Seiten der eher linken Parteien sind die Rezepte eigentlich immer gleich: mehr Geld für die Rentner, mehr Geld für die Sozialhilfe, mehr Geld für die Arbeitslosen, und vor allem mehr Steuern von den Reichen. Letzteres ist immer ein interessanter Punkt, denn wenn man sich unsere Steuersätze mal anschaut, beginnt in Deutschland der Reichtum doch schon bei verhältnismäßig niedrigen Einkommen. Ich wünsche mir immer, dass Journalisten präzise nachhaken würden, wenn von den “Reichen” die Rede ist, wer denn da genau gemeint sei.

Wie auch immer, die Idee, von den Reich(er)en höhere Steuern zu kassieren und sie irgendwie an echte oder vermeintlich ärmere Bevölkerungsgruppen zu verteilen, ist natürlich so alt wie einfallslos. Deshalb will ich hier ein paar Anregungen an künftige Regierungen auflisten, wie man sehr einfach für mehr soziale Gerechtigkeit sorgen kann. Natürlich in den Augen dieses speziellen Betrachters. Die Liste erhebt natürlich keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit.

1. Senkung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes

Nahrungsmittel braucht jeder. Aber es macht keinen Sinn, sie in beliebiger Menge zu kaufen. Also ein ideales Feld für mehr soziale Gerechtigkeit, wenn man diese preiswerter macht – man entlastet die gesamte Bevölkerung, aber die Ärmeren überproportional. Also: Senkung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes auf die Dinge des täglichen Bedarfs. Kann auch supereinfach gegenfinanziert werden, indem man die komplett sinnlosen Ausnahmen, die nur mit dem ermäßigten Satz besteuert werden, einfach künftig mit dem vollen Satz besteuert wird. Ich denke an so Klassiker wie Bienen, Schnittblumen, Bücher und Zeitungen, Düngemittel, Kaffee und Kakao und Tee, Kunstgegenstände, Pferde, Schokolade…selbst eine leichte Anhebung des vollen Satzes zur Gegenfinanzierung wäre m.E. aufgrund des Nullsummen-Charakters hinnehmbar.

Was wäre das Ziel der Senkung? 0% natürlich.

Wenn man schon dabei ist hier auszumisten: kann mal jemand eine Begründung dafür finden, warum Maultiere mit 7% besteuert werden, Esel hingegen mit 19%? Der reine Steuerwahnsinn.

2. Aufhebung des Fracking-Verbots

Aus m.E. vorgeschobenen Pseudo-Öko-Gründen ist hierzulande die Förderung von Öl und Gas mittels Fracking verboten. Was nichts anderes bedeutet als einen massiven Wohlstandsverlust. In den USA kann man seit Jahren – vor allem aber seit der Korrektur vieler unsinniger Regulierungen der Obama-Administration durch Trump – betrachten, was einigermaßen liberale Gesetzgebung in diesem Bereich ermöglicht. Sinkende Energiepreise auf weiter Front, Unabhängigkeit von Importen, höhere Versorgungssicherheit und im Nachgang die ganzen positiven Sekundäreffekte auf die Wirtschaft und den Verbraucher.

3. Ende des EEG, Gleichbehandlung aller Arten der Stromerzeugung

Der Subventionswahnsinn namens EEG ist Legende. Noch niemals in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland wurde mit so hohem Mitteleinsatz so wenig erreicht. Besonders sinnlos: die Subventionen sind für jede Technologie von teilweise dramatisch unterschiedlicher Höhe, so dass selbst im planwirtschaftlichen Rahmen der Energiewende eine dennoch mögliche marktwirtschaftliche Optimierung wirksam ausgebremst wird. Einfache Lösung: sofortiger Stopp von Einspeisevergütungen und der Abnahmegarantie für Neuanlagen. Die EE-Fans erzählen ja schon seit Jahren, dass die sogenannten erneuerbaren Energien wettbewerbsfähig sind – Zeit, das mal in der Praxis zu prüfen.

4. Keine Finanzierung von NGOs

Die staatliche Finanzierung eines bunten Straußes dubioser Organisationen hat aufzuhören. Ebenfalls darf gerne wieder genauer geprüft werden, dass wirklich nur gemeinnützige Organisationen den Status eines eingetragenen Vereins haben können. Dass z.B. eine professionelle Spendensammelvereinigung wie Greenpeace ein e.V. sein darf, ist wirklich lächerlich.

5. Verlängerung der Laufzeiten der sich noch in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke

Energiepreise waren in der Vergangenheit ein massiver Kostentreiber, der untere Einkommensgruppen überproportional belastet hat. Nun sollen in den nächsten Jahren noch einwandfrei funktionierende Kernkraftwerke lange vor dem Ende der technisch und wirtschaftlich sinnvollen Laufzeit abgeschaltet werden, anstatt wie anderswo auf der Welt die genehmigte Laufzeit von typisch 40 Jahre auf 60 Jahre zu erhöhen. Ein massiver Wohlstandsverlust, der sich in Form von höheren Stromkosten auf alle auswirkt. Ganz nebenbei verdrängt der Strom der Kernkraftwerke tendenziell den Kohlestrom aus den Netzen, was unserer CO2-Bilanz auch hilft.

6. Ende des Abgaben- und Gebührenwahnsinns

Obwohl der Bund, Länder und Gemeinden überreichlich mit Steuern alimentiert sind, verlangen sie für alle möglichen Dinge Gebühren und Abgaben. Sogar für Dinge wie einen Personalausweis, den bekanntlich jeder braucht. Irrsinn. Auch die ständig steigenden Müllgebühren – alle predigen doch, was für ein wertvoller Rohstoff Müll doch sei. Na denn: private Anbieter werden dann sicherlich gerne die kostenlose Abholung veranlassen. Klappt ja sogar beim halbstaatlichen DSD mit dem grünen Punkt.

7. Automatische Anpassung des Steuersystems anhand der Inflation

Die “kalte Progression” ist ein Dauerärgernis. Durch die Inflation erhöht sich die Steuerlast aufgrund der progressiven Natur unseres Einkommensteuersystems ständig. Dabei ist nicht nur der progressiv-lineare Anstieg des Steuersatzes das Problem, sondern auch der Grundfreibetrag, der bekanntlich auch progressiv in seiner Wirkung ist. Man muss seit Jahrzehnten darauf hoffen, dass sich die Politik zu entsprechenden regelmäßigen Anpassungen durchringt. Meist geschieht das aber zu spät und in zu geringem Umfang, so dass die Steuerlast real ständig steigt. Einfacher Vorschlag: auf Basis der offiziellen Inflationsrate wird automatisch eine Anpassung von Grundfreibetrag und Steuersatzkurve angenommen und jährlich ab 1.1. Gesetz. Einfach, gerecht, fair.

8. Ende der Importhindernisse für landwirtschaftliche Erzeugnisse

Zölle und andere Importhindernisse dienen vordergründig dem Schutz der heimischen Landwirtschaft (und im Falle des berühmten Chlorhühnchens wird sogar der Gesundheitsschutz vorgeschoben), sorgen letztlich aber nur für mindere Qualität zu höherem Preis. Zudem wird aktiv verhindert, dass außereuropäische Länder, die eher landwirtschaftlich als industriell geprägt sind, durch Nahrungsmittelexporte nach Europa sich wirtschaftlich positiv entwickeln können. Hier wäre eine Reform also eine klassische Win-Win-Situation – aber natürlich nicht so einfach durchzuführen, da auf EU-Ebene notwendig.

9. Ende der Entwicklungshilfe

Es ist kein großer Posten im Bundeshaushalt, aber auch Kleinvieh macht Mist. Und 8 Milliarden Euro sind schon ein Posten. In den letzten 40 Jahren wurde in der Praxis nachgewiesen, dass Entwicklungshilfe auf Ebene des Staates genau gar nichts zur (positiven) wirtschaftlichen Entwicklung des Empfängers beiträgt. Also weg damit, kann man sich auch gleich das entsprechende Ministerium sparen. Kann man direkt in eine Steuersenkung ummünzen. Private Entwicklungshilfe, oft als Hilfe zur Selbsthilfe organisiert, ist viel wirkungsvoller.

10. Ende des Regulierungswahns

Jeder – man verzeihe mir den Kraftausdruck – Scheißdreck in Deutschland ist teils abwegiger, in jedem Fall aber kostenintensiver Regulierung unterworfen. Ob Arbeitsmarkt oder Hausbau, überall existieren sinnlose bis schädliche Vorschriften. Der Nutzen ist fast immer minimal und steht in keinem Verhältnis zum Aufwand. Wer sich schon mal gefragt hat, warum Wohnraum in Deutschland so exorbitant teuer ist – Regulierung trägt einen wesentlichen Teil dazu bei. Allein die Vorschriften bezüglich Wärmeschutz und Heizsysteme – ein einziger Irrsinn. Und wenn Wohnraum teuer im Bau ist, sind auch die Mieten höher und Eigentum schwerer zu erwerben. Beides geht letztlich hauptsächlich zu Lasten der niedrigen Einkommensgruppen.

11. Reduzierung des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks auf ein Minimum

Ja, warum nicht gleich abschaffen. Gebraucht werden vor allem die ÖR-Fernsehsender ganz sicher nicht – wir haben eine überreichliche Auswahl an qualitativ höherwertigen Alternativen, die sich im Gegensatz zum ÖR-Sumpf am Markt (und damit bei den Zuschauern) ganz ohne Zwangsmaßnahmen etabliert haben. Jeder, der insbesondere in Hochzeiten des Wahlkampfes ARD oder ZDF schaut, weiß jedenfalls, dass die Berichterstattung weitgehend faktenarm und meinungsstark ist. Dazu muss man nicht 8 Milliarden Euro im Jahr verpulvern. Ich würde als Höchstgrenze im ersten Schritt 500 Millionen festlegen, das sollte reichen für ein ausreichend anspruchsvolles Rumpfprogramm. Sport? Verzichtbar, können andere besser. Spielfilme? Verzichtbar. Können andere besser. Unterhaltungssendungen? Verzichtbar. Können andere besser. Und das gilt letztlich für alle Sparten. Man denke nur an die Geldverschwendung namens “Tatort” – jede zweitklassige US-Serie ist sowohl schauspielerisch als auch storytechnisch Lichtjahre voraus. Der “Tatort” dient eigentlich nur als Beweis für die These von Harald Schmidt, dass letztlich jede Sendung erfolgreich wird, wenn sie nur lange und penetrant genug gesendet wird.

Radio? Hat jemand Radio gesagt? Ich würde das ÖR-Radio nicht vermissen. In Summe 8 Milliarden mehr in den Taschen der Bürger, das ist doch mal ein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit.

12. Kunst- und Kulturförderung beenden

Rund 10 Milliarden Euro fließen jedes Jahr staatlicherseits in die Kunst- und Kulturförderung. Eine typische Mittel- und Oberschichtenförderung, finanziert aber von allen Bevölkerungsschichten. Warum? Deutschland ist ein reiches Land. Wenn es förderungswürdige Kunst gibt, findet sich sicher ein privater Geldgeber, um den oder die Künstler zu finanzieren. Würde vermutlich auch etwas mehr Wettbewerb ins System bringen anstatt des typischen staatlichen Gießkannenprinzips. Nebenbei kann wohl keiner schlüssig erklären, warum Oper und Theater förderungswürdig sein soll, Rockkonzerte hingegen nicht. Und: das entsprechende Staatsministerium kann man dann auch gleich abschaffen. Eine klassische Win-Win-Situation, der Steuerzahler atmet auf.

Soweit meine Vorschläge. Wie man sieht ist die Idee, einfach die absolut verzichtbaren Teile der Lebenshaltungskosten so zu reduzieren, dass die unteren Einkommensschichten prozentual am meisten profitieren. Ganz simpel, ganz einfach, ganz wirkungsvoll. Genau deshalb kann man als gesichert annehmen, dass keiner dieser Vorschläge je von der Politik umgesetzt wird. Stattdessen wird weiterhin von Gerechtigkeit geschwafelt werden.

Einfach mal die aktuellen Wahlprogramme der Parteien zur Bundestagswahl durchlesen und mit der obigen Liste abgleichen. Kann bei der Wahlentscheidung helfen. Und die Augen dafür öffnen, was für einen Unsinn Politiker und Parteien für wichtiger halten.