Habeck und der Klimaschutz

Robert Habeck, seines Zeichens neuer Superminister der Superampel für Wirtschaft und viel Grün, hat heute eine Art “Konzept” für die Bekämpfung des Klimawandels vorgelegt.

Kurz gesagt steht da drin: Windkraft über alles. Dafür opfert der Obergrüne gerne so überflüssige Dinge wie direkte Demokratie (unzählige Projekte sind aufgrund von Bürgerbegehren und Bürgerbeteiligung nicht realisiert worden), Naturschutz (anderswo wurden schon statische Objekte wie Kamine verboten, weil sie nicht in die Landschaft passen – bei riesigen sich bewegenden Rotoren inklusive Blinklichter ist das ab sofort kein Problem mehr), Artenschutz (während andere Industrie- und Verkehrsprojekte gerne an der entfernten Sichtung einer geschützten Vogelart scheitern, soll das zukünftig bei Windkraftanlagen auf gar keinen Fall mehr passieren dürfen) oder Gesundheit (vor allem die Abstandsregeln sind Habeck ein Dorn im Auge – ab sofort gilt zumindest für Windkraftanlagen, dass Lärmschutz optional ist).

Eine Vielzahl interessanter Aussagen von Habeck sind gefallen – angesprochen auf die Kernenergie hat er natürlich den alten Klassiker “Bau dauert zu lange, neue Reaktoren zu teuer”, natürlich streng bezogen auf Europa ohne Blick in die weite Welt, die durchaus in der Lage ist fristgerecht und preiswert Kernkraftwerke zu bauen – ich bin mir sicher, die Koreaner von KEPCO könnten uns da unterstützen, das tun sie ja von der Chipfertigung über Fernseher bis zu Mobiltelefonen auch heute schon. Besonders witzig daran ist ja, dass wir bereits fertig gebaute und betriebsfertige und extrem zuverlässige Kernkraftwerke im Lande hatten, so dass sein Argument nicht unbedingt durch Logik besticht. Auch witzig: seine Idee von “Bürgerwindparks”. Bürger sollen selbst investieren in die Windkraftanlagen, die sie danach vor der Nase haben. Mit anderen Worten: ein Sack voll Geld (man weiß allerdings noch nicht, wie voll er sein wird) vertreibt Kummer und Sorgen. Oder anders ausgedrückt: er will die Leute kaufen. Das hat natürlich an anderer Stelle schon großartig funktioniert, ich bin gespannt auf den Fallout. Vor allem die Naturschutzbewegung ist kampagnenerprobt, und die Grünen kämpften Seit’ an Seit’. Das wird jetzt wohl nicht mehr möglich sein. Weniger Ärger mit gut organisierten Bewegungen sind bei der Solarpflicht zu befürchten – das wird nur teuer für unsere Gewerbetreibenden, aber wer braucht schon Wirtschaft als Wirtschaftsminister. Nur die Starken überleben.

An dieser Stelle hätte Habeck jetzt kurz innehalten können und überlegen, warum in Europa der Bau von Kernkraftwerken so eine teure und langwierige Angelegenheit ist – neben dem “EPR-Problem”, der als Reaktor einfach ein überkomplexer überengineerter Haufen Gülle ist, liegt es natürlich gerade an den Dingen, die auch den Windkraftausbau hierzulande stocken lassen: Kosten, Regulierung, Vorschriften, Bürgerprotest. Hätte man bei der Kernenergie mit ähnlichen Mitteln und Argumenten auch aus dem Weg räumen können, aber das lässt die eigene Ideologie natürlich nicht zu. Wobei die Grünen eine Partei sind, wo es unendlich schwer ist, die dahinterliegende Ideologie klar zu fassen, denn sie ist höchst willkürlich und wenig logisch und objektiv, aber das nur am Rande.

Zurück zu Habecks Konzept. Immer mit schwingt die Hypothese, dass Windkraft und Photovoltaik ja irgendwie die “vernünftige” Klimaschutzlösung sei. Und gemessen an einem Ausbau der Gezeitenkraft oder des Biomasseanbaus mag das sogar so sein. Ich würde mich besonders freuen, wenn den grünen Worten zum Thema “die Erneuerbaren Energien sind die preiswertesten” mal Taten folgen würden und der Einspeisezwang, die derzeit mit großem Abstand größte verdeckte Subvention, endlich abgeschafft würde. Denn nur der Markt kann herausfinden, was wirklich “preiswert” im besten Sinne ist. Das scheuen die Grünen aus naheliegenden Gründen aber wie der Teufel das Weihwasser, auch deshalb ist ja der riesige Subventionsverschiebebahnhof rund um den Klimaschutz entstanden – man will ideologische Triebe befrieden und nicht etwa eine Lösung finden, die effizient ist.

“Effizienz” und “Grün” kommen nur dann im selben Kontext vor, wenn es um das Abgreifen staatlich finanzierter Leistungen geht. Ich erinnere mich an einen passenden Satz von Dieter Nuhr, großgeworden im grün angehauchten Lehrermilieu, das ging sinngemäß ungefähr so: “Wenn wir damals von Leistung hörten, sagten wir gleich: super, wo kann ich die beantragen!”

Die Doppelbödigkeit der Energiewende

Eines der erklärten Ziele der Energiewende in Deutschland ist ja die Verteuerung von Energie aus fossilen Energieträgern, um CO2-Einsparung durch Verzicht zu forcieren. Klar, Kernenergie verbietet man einfach direkt, und Energie aus erneuerbaren Quellen ist schon per se teuer genug, deshalb gibt es nur bei den fossilen Energieträgern politischen Handlungsbedarf.

Nachdem nun aber verschiedene Endenergieformen wie Heizöl, Erdgas oder Benzin nicht zuletzt durch neue Steuern und Abgaben preislich gesehen auf dem Weg steil nach oben sind, bekommt die Politik natürlich kalte Füße, und allenthalben wird vom “sozialen Ausgleich für Geringverdiener” geschwafelt. Klar, wenn man etwas verteuern will um den Verbrauch zu senken bzw. mindestens Investitionen in sparsamere Technik zu forcieren ist es natürlich eine naheliegende Idee, Mehrkosten zu ersetzen, damit der Verbrauch möglichst konstant bleibt.

Zumindest, wenn man Politiker ist. Fortgeschrittene Logikverweigerung ist da quasi inhärenter Teil der Eignung für höhere Ämter. Neben abgrundtiefer Dummheit sowie vollkommener Skrupellosigkeit und natürlicher Neigung zur kreativen Interpretation von Fakten (um das böse L-Wort zu vermeiden).

Omikron-Zahlen-Update

Noch immer ist weitgehend unklar, inwiefern eine Omikron-Infektion verglichen mit Delta schwere Verläufe verursacht. Ganz zu Anfang hieß es aus Südafrika: alles harmlos, keine schweren Verläufe. Und auch die Zahlen aus Großbritannien verhießen zwar alarmierende Fallzahlen, aber wenig spektakuläre Krankenhaus-/ICU-Zahlen – und auf letzteres kommt es bekanntlich an.

Beide Länder sind durchaus interessant aus deutscher Sicht – Südafrika, weil die Omikron-Welle dort schon wieder abflaut (Peak kurz vor Weihnachten) und man daher ungefähr jetzt die daraus resultierenden schweren Fälle und Todeszahlen anschauen kann – natürlich immer unter Berücksichtigung des deutlich niedrigeren Durchschnittsalters der Südafrikaner, dem leicht unterentwickelten Meldewesens (wobei – ob das wirklich schlechter sein kann wie hierzulande) und der gänzlich anderen Zahlen bezüglich Geimpfter, Genesener und Geboosterter. GB ist interessant, weil die Welle gerade auf den Höhepunkt überschritten hat, während sie bei uns erst im Anstieg begriffen ist, und GB uns relativ ähnlich ist was Bevölkerungsdichte, Impfquote und Altersdurchschnitt angeht – größter Unterschied ist der deutlich weitere Fortschritt der Boosterkampagne (GB hat über 10%punkte der Bevölkerung mehr aufgefrischt als wir hier) und die deutlich höhere Zahl Genesener sowie eine bessere Impfquote in der Risikogruppe.

So richtig positiv stimmt diese Zahlenakrobatik im Moment leider nicht. Südafrika zeigt einen deutlichen Anstieg bei den COVID-19-Toten in den letzten zwei Wochen. Deutlich unter dem Niveau der letzten großen Welle von Juli/August, aber schon signifikant. Ob der Hochpunkt schon erreicht ist, kann man noch nicht erkennen. In GB steigen die Todeszahlen gerade recht zügig, diese Höhe lag zuletzt Anfang November vor, aber ist natürlich weit entfernt von der Zeit vor der Impfung. Aber vergleichbar mit der Delta-Zeit nach der großen Impfkampagne, was dafür spricht, dass die Omikron-Kombination “infiziert Genesene und Geimpfte besser, führt zu weniger schweren Verläufen” am Ende ungefähr auf dasselbe rausläuft wie Delta – aber das ist nur eine Momentaufnahme, mehr wird man für GB erst in drei bis vier Wochen sagen können, wenn der Scheitelpunkt der Omikron-Welle sich in den Todeszahlen niederschlägt. Viel bedenklicher ist die Betrachtung für GB in punkto Hospitalisierung: hier ist seit Anfang Dezember ein stark steigender Trend zu sehen. Von 5000 wöchentlichen Neueinweisungen Anfang Dezember hat sich GB inzwischen auf 15000 hochgearbeitet, und der Trend scheint ungebrochen. Für Südafrika sieht das harmloser aus: hier ist der Peak der Welle schon länger Vergangenheit, die absoluten Zahlen liegen aber noch deutlich über den aktuellen Zahlen für Deutschland, was zeigt, dass das Narrativ “Omikron ist ein harmloser Schnupfen” auch nicht unbedingt trägt.

Es bleibt spannend. Die Chancen für Ungeimpfte, nach der Welle entweder zu “genesen” oder zu “gestorben” zu gehören, ist groß.

Über die Merkwürdigkeit der Corona-Debatte am praktischen Beispiel

Mindestens seit Beginn der Impfkampagne, eher schon seit den ersten Studienphasen beim Testlauf der mRNA-Impfstoffe, gibt es auf einer Seite der Diskussion eine Behauptung: dass die mRNA-Impfstoffe in Wahrheit gar keine Impfstoffe seien, sondern vielmehr eine Gentherapie (oft auch zur Verstärkung “experimentelle Gen-Therapie” genannt). Ich will an diesem Beispiel zeigen, was mir in der ganzen Debatte so auf den Senkel geht, was es so unendlich mühselig macht. Und es soll gar nicht darum gehen, dass es vollkommen unlogisch ist, sich vehement gegen die Impfung zu wehren, obwohl alternativ sowohl vektorbasierte Impfstoffe als auch Totimpfstoffe zur Verfügung stehen – OK, die wirken halt lange nicht so gut, aber wenn man sowieso der Meinung ist, dass COVID-19 nur eine leichte Erkältung ist, sollte das ja kein Problem sein.

Ich will auch gar nicht darauf eingehen, dass eine “Therapie” normalerweise erst nach der Erkrankung folgt und die COVID-19-Schutzimpfung nun mal definitiv vor der Erkrankung verabreicht wird und werden muss. Und ich will auch hier gar nicht abschweifen und darauf hinweisen, dass es durchaus Impfungen gibt, die noch nach der Infektion verabreicht werden können und trotzdem wirksam sind. Und ich will auch nicht darauf eingehen, dass es eigentlich ja wurschdegal ist, ob es nun eine “echte” Impfung oder eine Gentherapie ist – Hauptsache es hilft. Es geht mir mehr um die Denkstrukturen und Denkabläufe hinter solchen Debattenbeiträgen.

Auslöser: heute habe ich auf Twitter einen Beitrag gesehen (verlinkt aus einem Blogpost), dass es nun als eindeutig belegt gelten kann, dass die mRNA-Impfung gar keine “echte” Impfung sei, sondern eben eine Gentherapie. Als Zeuge wird aufgerufen: eine Veröffentlichung von BionTech selbst – der 2019-NASDAQ-Jahresbericht. Es werden verschiedene Teile (übersetzt) zitiert, die in der Tat darauf hinweisen könnten, z.B. “No mRNA immunotherapy has been approved, and none may ever be approved. mRNA drug development has substantial clinical development and regulatory risks due to the novel and unprecedented nature of this new category of therapeutics.”

Was bei solchen Sachen oft hilft: vollständiges Lesen, und verstehendes Lesen. Stellt sich raus: Impfungen gelten allgemein als zugehörig zum englischen Begriff “immunotherapy” und auch dem passenden deutschen “Immuntherapie”, wie sogar die Wikipedia weiß. Aber genauso wird er verwendet für Medikamente, die das Immunsystem z.B. zwecks erfolgreicherer Krebsbekämpfung anregen sollen. Eben etwas, das in das Immunsystem eingreift, um es (hoffentlich) besser zu machen. Wer ein wenig die Geschichte von BionTech verfolgt hat und an was da so geforscht wurde: ja, das passt. Zwar hatte man in diversen Forschungsfirmen Anfang der Nullerjahre an einem SARS-CoV-1-Impfstoff gearbeitet, aber dieses Virus verschwand bekanntlich lange bevor ein Impfstoff fertig war. BionTech fokussierte sich deshalb hauptsächlich auf den Einsatz der mRNA-Technologie zur Krebsbekämpfung.

Hingegen wird später im Bericht auf mögliche Impfungen basierend auf mRNA-Technologie hingewiesen: “We are collaborating with Pfizer to develop an influenza vaccine and Pfizer and Fosun Pharma to develop a COVID-19 vaccine, each through our mRNA-based immunotherapy technology”. Wer einigermaßen Englisch versteht, dem wird spätestens hier klar: aha, mRNA ist die Technologie, und BionTech arbeitet an vielerlei Anwendungen dieser Technologie, darunter offenbar Therapien (z.B. monoklonale Antikörper, die im Kampf gegen schwere COVID-19-Verläufe eingesetzt werden – US-Präsident Trump wurde damit z.B. behandelt, ist aber sauteuer) und Medikamente und Impfungen. Rätsel gelöst, der Bericht redet in der Hauptsache gar nicht von mRNA-Technologie im COVID-19-Impfstoff-Kontext, sondern vom vollen BionTech-Portfolio, und damit muss man schon den Kontext beachten, wenn man aus dem Bericht zitiert. Und die Warnungen zwischendrin, inklusive Hinweise, dass es sich hier noch nicht um markfähige Produkte handelt, müssen in so einem Börsenbericht zwingend sein – Optimismus ist da nicht erlaubt, da würde die Börsenaufsicht dazwischengrätschen.

Und jetzt der Abschlussgag: der Bericht enthält eine schöne Abgrenzung zu “handelsüblichen” Gentherapien (die dauerhafte Änderungen an Zell-DNA vornehmen und damit bezüglich möglicher Nebenwirkungen natürlich in einer ganz anderen Liga spielen) und beklagt, dass mRNA-Technologie in USA und Europa fälschlicherweise ebenfalls diesem Komplex zugeschlagen wird (“irrespective of the mechanistic differences between gene therapies and mRNA”) – was gleichzeitig deutlichst unterstreicht, dass gerade BionTech den Impfstoff NICHT als Gentherapie sieht. Es handelt sich also um eine regulatorische Einordnung, nicht um eine wissenschaftliche. Komischerweise wird hier in diesem speziellen Punkt dann FDA und EMA allerhöchste Glaubwürdigkeit zugebilligt, was in punkto Zulassung der Impfstoffe in gewissen Kreisen ja eher zurückhaltend gesehen wird. Und hier setzt jetzt die Fortsetzung der Verschwörungserzählung ein: weil das inzwischen geändert wurde, haben damit die Behörden selbstverständlich böswillig die mRNA-Technologie quasi nachträglich reingewaschen! Fragt sich nur, warum das von Interesse sein sollte: entscheidend bei Impfung und Medikament sollte doch dessen Wirksamkeit und Verträglichkeit sein, wen hätte es überhaupt interessiert, unter welcher Fahne Corminaty seinen Siegeszug angetreten hätte? Es ist ja auch nichts davon bekannt, dass Gentechnikgegner so Segnungen der Zivilisation wie gentechnisch hergestelltes Insulin verweigern.

Leichtgläubigkeit gepaart mit Unwissenheit ist halt eine zuweilen ungünstige Kombination. Und führt zu idiotischen Talking Points wie “Bill Gates” oder “nur ein leichter Schnupfen” oder “die Schweinegrippe war der Probelauf” oder “in Land XY gibt es gar kein Problem” oder “PCR-Tests sind häufig falsch-positiv” oder “die Pandemie wurde nur herbeigetestet” oder “an ABC sieht man, dass Corona kein Problem ist” oder “die ganzen Geimpften Infizierten zeigen, dass die Impfung unwirksam ist” oder “tausende Intensivbetten wurden abgebaut” oder “die Krankenhäuser waren nie überlastet” oder “Klaus Schwab ist der Hauptstrippenzieher” oder “die Bilderberger kontrollieren das alles”. Wer nichts weiß, muss alles glauben.

Sieben Tage, sieben Posts

Es basierte nicht auf einem (guten?) Vorsatz zum neuen Jahr. Es war einfach ein Zusammenkommen von Schreiblust, Freizeit und Themen im Hinterkopf. Resultat war ein beinahe danischartiger Schreiboutput.

Ist das nun gut oder schlecht? Nur ein kurzes Aufflackern oder dauerhaftes Niveau? Nur eine Episode oder der Beginn einer Tradition? Stehen am Ende 2022 8 Beiträge oder 365 Beiträge im Jahr in der Historie?

Niemand ist so gespannt wie ich, wie sich das weiter entwickelt.

Gedanken zur Impfpflicht

Das soll jetzt keine juristische Abhandlung sein. Denn besonders bei dieser Frage herrscht wie so oft die Willkür der “Verhältnismäßigkeit”, die weit auslegbar ist, und zwar in jede Richtung, gerne je nach Tagesform. In der Vergangenheit gab es in der Bundesrepublik schon die allgemeine Impfpflicht gegen Pocken, das wurde sogar explizit vom Verfassungsgericht als verfassungskonform eingestuft. Es gibt nun ungefähr vierhundertdrölfzig Gründe, warum eine COVID-19-Schutzimpfung genau dasselbe oder etwas völlig anderes ist – kurz: es ist eine müßige Diskussion, die kein Ende finden wird. Gäbe es hypothetisch gesprochen eine COVID-19-Impfpflicht, und das Verfassungsgericht würde dessen Verfassungskonformität bestätigen, würde die Diskussion trotzdem weitergeführt werden.

Es schwirren sehr merkwürdige bis zweifelhafte Argumente bei dieser Diskussion durch den Raum. Beispielsweise “die Politik hat versprochen, dass es keine Impfpflicht geben wird”. Die Politik hat schon viel versprochen – “mit uns keine Mehrwertsteuererhöhung”, oder “die Rente ist sicher”, oder “die EZB wird derselbe Schutzanker gegen Inflation sein wie die Bundesbank”. Wer’s geglaubt hat, dem ist wirklich nicht zu helfen.

Auch ein Klassiker: weil es keine sterile Impfung ist, darf es keine Impfpflicht geben. Ein schwachsinniges Argument, denn Grund für die Impfung ist ja die Kontrolle der Auswirkungen von SARS-CoV-2 bzw. COVID-19 auf die Gesellschaft, und da ist die Impfung nach allen vorliegenden Daten hervorragend geeignet – schwere Verläufe, die im Krankenhaus oder gar auf der Intensivstation landen, werden zu einem seltenen Ereignis, und damit droht die Gefahr der Überlastung des Gesundheitswesens nicht mehr länger.

Ein anderer Klassiker: aufgrund des verfassungsmäßig garantierten Rechts auf körperliche Unversehrtheit ist eine Impfung Privatsache. Das wäre nur richtig, wenn eine schwere COVID-19-Erkrankung nicht den Rest der Gesellschaft signifikant betreffen und letztlich gefährden würde. Solange man Ungeimpften nicht die Behandlung in den Krankenhäusern der Republik verweigert, landen wir wieder bei der Abwägungsfrage der Verhältnismäßigkeit, die letztlich auf eine Risikobewertung der Impfung hinausläuft. Nach dem weltgrößten Impffeldversuch in 2021 kann man mit einiger Sicherheit sagen, dass das Risiko einer Impfung extrem gering ist, das Risiko einer Erkrankung hingegen nicht. Nimmt der Staat seine aus dem Grundgesetz abgeleiteten Schutzpflichten ernst, muss er handeln – ob eine Impfpflicht hier das richtige Mittel ist, darf trotzdem diskutiert werden.

Selten dumm sind Einlassungen von Politikern, die eine Impfpflicht wollen, aber keine Gefängnisstrafe bei Verstößen. Irgendeine Sanktion muss es ja geben für solche Pflichtverstöße, wenn die Impfpflicht nicht nur auf dem Papier existieren soll – und typischerweise bedient man sich hier der Geldstrafe als Mittel. Wenn einer nicht zahlt, kommt automatisch das Mittel der Beugehaft zur Anwendung. Soll man nun daraus schließen, dass diese Politikerforderung stillschweigend ebenfalls fordert, keine Sanktion für Verstöße gegen die Impfpflicht vorzusehen? Oder vielleicht nur “Ermahnung und gutes Zureden”? Hört sich in der Tat sehr dumm an.

Eine für mich offene Frage ist, ob es mildere Mittel gibt als die Impfpflicht. Wenn das Ziel ist, das Gesundheitssystem vor der Überlastung zu schützen, kann es ja nur darum gehen, die Zahl der Infektionen in der Gruppe der Ungeimpften – möglicherweise altersabhängig, weil mit dem Alter bekanntlich das Risiko eines schweren Verlaufs stark ansteigt – unter Kontrolle zu halten. Da die Impfung keine sterile Impfung ist, muss man diese Menschen also durch andere Maßnahmen vor Infektion schützen, also z.B. von nicht lebensnotwendigem Kontakt mit der Bevölkerung ausschließen – klingt nicht nur unschön, ist es auch. Die Option “isoliert sterben lassen” halte ich für ethisch nicht vertretbar, und ich weiß nicht mal, ob man durch eine Willenserklärung wie eine Patientenverfügung sowas überhaupt juristisch eindeutig formulieren könnte – jedenfalls glaube ich nicht, dass eine entsprechende gesetzliche Regelung grundgesetzkonform ausgestaltet werden könnte. Ist aber nur so ein Gefühl. Jedenfalls scheint mir bei den Alternativen die Impfpflicht ein vergleichsweise sehr mildes Mittel zu sein.

Möglicherweise wird die Diskussion durch die Omikron-Variante auch stark abgekürzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Mitte des Jahres noch eine relevante Anzahl von Menschen weder geimpft noch genesen noch verstorben ist, schätze ich als relativ gering ein. Muss man die Zahl der Infektionen und die Infektiösität nicht mehr per Impfung oben halten (und dass das geht, wenn auch nur für einen begrenzten Zeitraum, kann man anhand der israelischen Daten sehr gut nachvollziehen), sondern nur noch den schweren Verlauf verhindern, wird es vermutlich ausreichen, jährlich so gegen Oktober die Risikogruppe zu impfen – damit hätte COVID-19 den langen Weg von der Pandemie zur influenzaähnlichen endemischen Situation zurückgelegt. Es wird spannend sein, ob Länder, die die Impfpflicht schon für die nächste Zukunft angekündigt haben, davon wieder abrücken werden.

Bin ich nun für oder gegen eine Impfpflicht? Als Erzliberaler natürlich dagegen. Allerdings bin ich auch ein Verfechter der “wer bestellt, zahlt”-Theorie und würde stattdessen eine Haftpflichtversicherung für Ungeimpfte bevorzugen, um die entstehenden Mehrkosten bei notwendiger Behandlung und eventuellen Spätschäden eigenverantwortlich abzudecken. Natürlich mit hoher Selbstbeteiligung, denn man kann das Risiko ja selbst stark beeinflussen. Wie alle liberalen Konzepte wird aber auch dieses nicht umgesetzt werden.

Abschließend: eine Gesellschaft, die so risikoavers ist wie unsere und sich für Gurtpflicht, Helmpflicht, Rauchverbot, Kernenergieausstieg und Diesel-Fahrverbote entscheidet, muss sich nach meinem Dafürhalten logisch zwingend auch für eine Impfpflicht entscheiden.

Der CO2-Preis für Autofahrer

Nicht alle Steuerzahler sind gleich. Traditionell wird der Autofahrer in Deutschland besonders geschröpft, und beim Klimaschutz macht die Politik da logischerweise keine Ausnahme. Wobei, es ist spezifisch der Verbrenner-Autofahrer, der hier zur Kasse gebeten wird.

Zur Illustration will ich ein Fallbeispiel vorrechnen. Ein benzinbetriebenes Neufahrzeug, frisch angemeldet, 6l/100km Verbrauch, Jahresfahrleistung 10000km, erwartete Lebensdauer 20 Jahre. Schöne runde Zahlen, damit es einfacher zu rechnen ist.

Seit 1.1.2022 ist die CO2-Steuerkomponente auf Benzin erneut erhöht worden (das passiert seit 2021 jährlich), zugrundeliegend ist ein CO2-Preis von derzeit 30€ pro t, das wird zukünftig jährlich steigen. 1l Benzin verbrennt zu etwa 2,3kg CO2. Am Ende stehen damit – die MwSt. kommt selbstverständlich auf die CO2-Steuer oben drauf – ein Mehrpreis von etwa 8,5ct/l Benzin.

Die KfZ-Steuer hat seit einiger Zeit auch eine CO2-Komponente, mit spannenden Regulierungsdetails, die jeglichen Sinn vermissen lassen – ganz abgesehen vom Wahnsinn, hier einen “Basispreis” ab dem ersten km festzulegen, obwohl definitiv der CO2-Ausstoß nur stattfindet, wenn das KfZ auch bewegt wird, die optimale Steuer für diese Zwecke also zweifellos die Spritsteuer ist, weil die auch so Dinge wie “fährt wie die gesengte Sau” und “fährt gerne nutzlos durch die Gegend” präzise erfassen kann. Aber das Ziel staatlicher Steuern ist natürlich neben “Geld einnehmen zwecks sinnlosem Verprassen” auch “wir gängeln und erziehen den Bürger”. Jedenfalls – unrealistischerweise davon ausgehend, dass der Zyklusverbrauch genau dem realen Verbrauch von 6l/100km entspricht – sind diese 6l/100km etwa 138g CO2/km, und damit über 135g/km und damit im Kostenbereich “2,50€ pro g CO2/km über 95”, also etwa 110€ pro Jahr.

Nun gibt es natürlich auch noch die EU, die die Hand aufhält. Die verhängt Strafzahlungen basierend auf dem Flottenverbrauch eines jeden Herstellers, mit allerlei sinnlosen Detailregelungen wie “schwere Fahrzeuge kosten weniger als leichte” und “zugrunde liegt der NEFZ, nicht der WLTP” und natürlich “die 5% verbrauchsintensivsten Fahrzeuge dürfen gestrichen werden” und natürlich “Elektroautos werden übergewichtet und gehen zusätzlich mit 0g CO2/km in die Flotte ein”. Jedenfalls liegt die Strafzahlung pro verkauftem PKW bei 95€ pro g CO2/km über dem derzeitigen Flottengrenzwert von 95g CO2/km. Macht in unserem Beispiel also rund 4000€, also 200€ bei den angesetzten 20 Jahre Lebensdauer.

Der fiktive Autofahrer in meinem Beispiel zahlt also pro Jahr 310€ “Grundgebühr” ab dem ersten km, und zusätzlich für die tatsächlich gefahrenen 10000km bzw. 600l Benzin nochmal 51€. Sein Jahresausstoß von 1380kg CO2 kostet ihn also 361€.

Nun gehen wir spaßeshalber mal auf die Webseite von einem der CO2-Ablasshandelunternehmen wie “atmosfair” und schauen, was es uns dort kosten würde, 1380kg CO2 zu kompensieren. Antwort: 32€.

Der Staat macht also aus 32€ “Wert” nicht weniger als 361€ “Kosten”. Sauber.

Zum Vergleich: der Elektroautofahrer zahlt keine KfZ-Steuer (bzw. bei Erstzulassung seit 1.1.2021 nur eine kleine, basierend auf dem Fahrzeuggewicht, also entfernt ähnlich zum hubraum-basierten KfZ-Steueranteil bei Verbrennern), seine auf Basis der hiesigen CO2-Intensität des Strommixes von derzeit etwa 360g/kWh (nächstes Jahr eher mehr, wegen der Abschaltung der Kernkraftwerke) eigentlich fälligen Zahlungen für die verbrauchten schätzungsweise 2000 kWh oder umgerechnet 720kg CO2 (und wir verkneifen uns den Hinweis, dass natürlich der Ladestrom nicht aus dem “Durchschnitt” kommt, sondern aus fossilen Kraftwerken, die diesen zusätzlich notwendigen Strom bereitstellen müssen) fallen nicht an wegen “keine CO2-Besteuerung des Stromes”, und die EU gibt noch einen Bonus an die Hersteller bei der Flottenverbrauchsberechnung.

Wenn zwei das Gleiche tun – CO2 ausstoßen durch Individualverkehr – ist es eben noch lange nicht dasselbe.

E-Auto-Update 2022

Lange nichts mehr zum Themenkomplex “Elektroauto” geschrieben. Die Meldung, dass die Deutsche Post nun ihren Verlustbringer Streetscooter an den Mann bzw. den Investor gebracht hat – ohne sich gänzlich davon zu verabschieden, dafür war das Investment viel zu teuer und der große Haufen existierender Fahrzeuge will ja auch gepflegt und gewartet werden, da bietet es sich an, eine Minderheitsbeteiligung zwecks Einflussnahme zu behalten – hat diesen Beitrag indirekt veranlasst.

So viel vorweg: ich habe mich Ende 2021 erneut für einen (gebrauchten) Benziner entschieden – Gründe dafür waren unter anderem die Ladesituation, die Verfügbarkeit, die jährliche Fahrleistung, der Kaufpreis, der Ladestrompreis, der regelmäßige Transportbedarf und das Streckenlängenprofil. Jeder einzelne Grund wäre schon für sich schwerwiegend genug, um von derzeit verfügbaren E-Auto Abstand zu nehmen, nimmt man alle Gründe zusammen ist es ein “no-brainer”.

Was die Verkaufszahlen angeht, sind die Elektroautos und mit Abstrichen die Plug-In-Hybride ja durchaus auf dem Vormarsch, die Wachstumsraten erheblich (wenn auch kommend von niedrigem Niveau). Man sieht aber auch, dass der Erfolg ziemlich stark mit den von Staat zu Staat sehr unterschiedlich ausgestalteten Subventionen zusammenhängt – von daher ist es letztlich selten Markterfolg, sondern eher Subventionserfolg, wenn die Verkaufszahlen steigen. Hierzulande dürfte nicht nur die Kaufprämie in geradezu dramatischer Höhe ein gewaltiger Kaufanreiz sein, sondern auch die Bevorzugung beim geldwerten Vorteil in der Firmenwagenregelung. Ein Plug-In-Hybrid rechnet sich dadurch sehr schnell gegenüber einem klassischen Verbrenner, und der Geldbeutel war schon immer ein exzellentes Argument. Dazu kommt, dass gerade im Bereich der typischen höherklassigen Firmenwagen-Limousinen das Angebot an Elektrovarianten auch besonders groß ist.

Ob der weiteren Entwicklung der Verkäufe bin ich skeptisch, sollten die Subventionen mal massiv zurückgefahren werden. Denn nach wie vor ist es eher schwierig, jenseits von Minderheitenanwendungen einen überzeugenden Use-Case für die E-Autos zu konstruieren. Die CO2-Intensität unseres Strommixes ist nach wie vor viel zu hoch, die Akkupreise sind zu hoch, das Ladenetz zu dünn, die Ladezeiten zu lang, der Ladestrom zu teuer, die Fahrzeugauswahl zu klein, der Gebrauchtwagenmarkt zu mickrig. Praktische Butter-und-Brot-Autos vom Schlage “Kompaktklasse-Kombi unter 20000€” sind nach wie vor nicht erhältlich, und wer nicht ein entsprechendes Fahrprofil hat und zuhause laden kann, tut sich immer noch schwer bei der schmerzarmen E-Auto-Nutzung. Vereinfacht gesagt: der Eigenheimbesitzer mit PV-Anlage auf dem Dach und Bedarf für einen kleinen Zweitwagen für die Kurzstrecke kann durchaus mit der aktuellen Modellauswahl von Renault über Hyundai und Kia bis Opel leben, sofern er sich einen Neuwagen leisten will – auf dem Gebrauchtmarkt sieht es zappenduster aus, und ob sich der in den nächsten Jahren wirklich gut entwickelt, steht in den Sternen. Da die Entwicklung der E-Autos im Moment eher noch zügig von statten geht, ist nicht davon auszugehen, dass der Wertverlust ähnlich niedrig wie bei den Verbrennern sein wird. Ein 10 Jahre altes E-Auto wird alleine aufgrund des unklaren Akkuzustands nur schwer verkäuflich sind, und in so einer Marktsituation tendieren die Nutzer dazu, die Nutzungsdauer deutlich zu verlängern.

Interessant ist – wie immer – ein Blick auf Tesla, das entgegen meinen Unkenrufen die finanzielle Situation erfolgreich konsolidiert hat und inzwischen auch jenseits von verkauften CO2-Zertifikaten an den Rest der Autoindustrie in der Gewinnzone ist. Die Zeit der Verluste scheint vorbei, und es wäre wohl an der Zeit, dass vor allem der deutsche Steuerzahler mal ein Dankesschreiben für die über Jahre andauernde Rettung der Firma erhält. Ich schätze, in 2022 könnten durchaus in der Region von einer Million Teslas weltweit verkauft werden, sofern so viele überhaupt produziert werden können. Aber Tesla kämpft aktuell mit erheblichen Risiken, die Konkurrenzsituation hat sich verschärft, die Alleinstellungsmerkmale sind weitgehend Vergangenheit, und die Qualitätsprobleme tendenziell ungelöst. Dazu kommt die Überalterung des margenstarken Teils der Produktpalette, was sich auch in den einzelnen Verkaufszahlen der Modelle widerspiegelt. Nur das Marketing funktioniert exzellent und wie gewohnt – bei welchem Autohersteller wäre es schon denkbar, dass quasi im Tagestakt Meldungen in der überregionalen Presse bezüglich des Baufortschritts einer schnöden Produktionsstätte erscheinen.

Insgesamt finde ich die Fortschritte bei der E-Mobilität noch eher überschaubar – die Akkus haben einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht, sind aber immer noch verhältnismäßig teuer und vor allem konstruktiv aufwändig bei der Integration – nur mit ausgefuchstem Temperaturmanagement und großen Kapazitäten erreicht man eine erträgliche Lebensdauer bei guter Schnellladefähigkeit, und diesen Integrationsaufwand wiederum ist im naheliegenden Anwendungsfall “kleiner Zweitwagen” eher nicht zu finden. Auch das Ladenetz hat durchaus Fortschritte gemacht, und auf der Langstrecke gibt es inzwischen halbwegs erträgliche Lösung dank der neuen Schnelllader jenseits der Tesla-eigenen Supercharger. Aber die Preise für den Ladestrom aus diesen Schnellladern sind natürlich auch exorbitant, so dass man im Einzelfall durchaus nochmal nachrechnen sollte, ob der versprochene niedrigere Kilometerpreis beim E-Auto überhaupt noch existiert. Die Idee, dass jeder Supermarkt seinen Parkplatz mit ausreichend kostenlosen Ladeplätzen ausstattet, ist jedenfalls nicht Wirklichkeit geworden. Der lokale Aldi ums Eck hat immer noch nur eine einzige Ladestation, die über die Dauer des typischen Einkaufs eher nicht in der Lage ist, den Stromverbrauch der Hin- und Rückfahrt zu ersetzen. Falls sie überhaupt gerade frei ist. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die Zahl der verfügbaren Ladesäulen pro existierendem Elektroauto in 2021 überhaupt zugenommen hat. Sicher ist hingegen, dass der Ladestrom deutlich teurer geworden ist, und angesichts steigender Strompreise wird sich dieser Trend vermutlich fortsetzen – und so schließt sich der Kreis, und der Eigenheimbesitzer mit PV-Anlage verbleibt als Zielgruppe.

Fortschritte beim typischen Stromverbrauch gab es leider auch nur begrenzt, interessanterweise schwanken die Verbrauchswerte aber ziemlich – Hyundai scheint da gerade die Nase vorne zu haben und kommt in den Tests (inklusive Ladeverluste) auf realistische 16 kWh/100km, während die Renaults, VWs, Opels und Teslas dieser Welt eher im bekannten Mittelfeld von rund 20 kWh/100km beheimatet sind. Und damit sind wir wieder beim Ladeproblem: die typische 11kW-Wallbox in der heimischen Garage braucht also im Idealfall 2h, um schlappe 100km Reichweite nachzuladen. Je nach Fahrprofil ist das irgendwo zwischen absolut ausreichend und viel zu langsam, aber es sollte klar sein, dass oft propagierte Ideen wie “nur laden wenn die PV-Anlage gerade Überschüsse produziert” oder “wir nutzen Fahrzeugakkus zur Netzstabilisierung” komplett abwegig sind. Wenn das Fahrzeug am Kabel hängt, sollte es auch laden, und zwar so viel und schnell wie möglich, weil es eh schon viel zu lange dauert. Und dafür reicht die Schuko-Steckdose der vorhandenen Strominstallation in der Garage bei weitem nicht aus, es sei denn man fährt nur zweimal die Woche auf er Kurzstrecke Auto – dann sollte man sich aber umso intensiver überlegen, ob ein E-Auto (oder generell ein Auto) überhaupt Sinn ergibt.

Auch nicht erfüllt haben sich die Hoffnungen bezüglich signifikant reduzierter Wartungskosten bei den E-Autos gegenüber den Verbrenner-Brüdern. Das liegt zum einen daran, dass der typische unkomplizierte Benziner-Antriebsstrang heutzutage – wenn man nicht gerade mutwillig den Turbo kaputtfährt – eine sehr zuverlässige Angelegenheit ist und große Reparaturen innerhalb von 150000km eher die Ausnahme sind, zumal eine zusätzliche Absicherung über eine Garantieverlängerung extrem preiswert ist (was wiederum dafür spricht, dass die durchschnittliche Zuverlässigkeit der teuren Komponenten sehr hoch ist). Und die Verschleißteile sind bei den E-Autos eben ähnlich wie bei den Verbrennern, von der Beleuchtung über die Reifen bis zu – bei manchen Herstellern – die Bordelektronik, dazu kommt noch der Akku als drohendes Totalschadenrisiko im Hintergrund. Dass man bei Plug-In-Hybridfahrzeugen “worst of both worlds” hat, dürfte sich von selbst verstehen.

Zum Abschluss noch eine kurze Überschlagsrechnung mit schönen geraden Zahlen im Lichte dieser Erkenntnisse. Benzin kostet 2€ pro l, die kWh Fahrstrom 50ct (Ionity ruft am Schnelllader gerade 79ct/kWh auf, man sollte also tunlichst hauptsächlich zu Hause laden). Als Realverbrauch eines einigermaßen modernen, ausreichend motorisierten mittelgroßen Benziners kann ich 6l/100km vermelden. Bei angenommenen 20 kWh/100km kosten 100000km Fahrleistung also benzintechnisch 12000€ vs. stromtechnisch 10000€. Dabei hat der Benziner dann etwa 10t CO2 ausgestoßen, was selbst nach derzeitigem Plan mit 50€/Tonne ab 2025 übers Autoleben gerechnet dann gerade mal 500€ ausmacht. Selbst wenn man den CO2-Ausstoß bei der Stromproduktion vernachlässigt, fragt man sich schon, warum es aus Klimaschutzgründen sinnvoll sein soll, 9000€ Kaufprämie auszuschütten (wobei ehrlicherweise nur 6000€ echt ausgeschüttet werden, weil die restlichen 3000€ vom Hersteller kommen, der das vorher natürlich auf den Kaufpreis draufgeschlagen hat) um damit in Summe CO2 im Wert von 500€ einzusparen. Und dabei sind die anderen CO2-Steuern sowohl auf die KfZ-Steuer als auch die seit Januar 2021 erhobene CO2-Steuer auf Benzin von 10ct/l als auch die CO2-Strafabgaben der Automobilhersteller bei Überschreiten des Flottengrenzwertes noch gar nicht berücksichtig. Kaum etwas könnte politischen Irrsinn besser illustrieren als diese Gesamtgemengelage. Und am Ende beklagt man sich über “Marktversagen”, nachdem man erstmal den einzig entscheidenden Faktor der Marktwirtschaft, nämlich den Preis, willkürlich verzerrt hat.

Nehmen wir für einen kurzen Moment an, Fahrstrom wird mit einer ähnlichen Steuer- und Abgabenlast belegt wie Benzin. Die Subventionen des E-Autos von der KfZ-Steuer über die Zuschüsse für Ladestationen bis zur Kaufprämie werden eingestellt. Der echte CO2-Ausstoß je verbrauchter kWh Fahrstrom wird abkassiert. Wer bei klarem Verstand würde da ein E-Auto kaufen?

Alle Reflexe noch intakt

Dank der neuen Beschlussvorlage der EU-Kommission zur “Taxonomie von nachhaltigen Aktivitäten”, die nun auch die Kernenergie mit dem Label “Nachhaltige Lösung” versieht, konnte man am Rauschen im Blätterwald wieder gut erkennen, dass vor allem bei den Grünen in Deutschland alle alten Reflexe aus der Gründerzeit noch intakt sind.

Nun kann man von Kernenergie ja halten, was man will – wie alle Energieerzeugungsarten hat sie sowohl Vorteile als auch Nachteile. Aber man kann wohl kaum ernsthaft bestreiten, dass die Kernenergie bezüglich entscheidender Parameter mindestens so “grün” und “nachhaltig” ist wie Photovoltaik oder Windkraftanlagen, bezüglich so profaner Dinge wie echtem Umwelt- und Naturschutz sogar um einiges nachhaltiger, weil der Flächenbedarf und der Stromleitungsbedarf und die Notwendigkeit des Überangebots zwecks Speicherung und die notwendigen Stoffströme und die Rohstoffintensität eben deutlich niedriger anzusetzen sind. Von den niedrigeren Preisen, der höheren Versorgungssicherheit, der Tauglichkeit für Wärmeanwendungen und der viel einfacher zu erlangenden Netzstabilität ganz zu schweigen. Wenn es also eine Energieerzeugungstechnik gibt, die das Prädikat “Nachhaltigkeit” sich redlich verdient hat, dann die Kernenergie.

Aber Fakten haben die grüngekleideten Rotfrontler der Grünen und der SPD noch nie gestört, und so durfte jeder sein Lieblingssprüchlein aus der Mottenkiste der Antiatomkraftschwurbeleien aus den goldenen 70ern und 80ern der “Bewegung” aufsagen. Stellvertretend will ich eine besonders dumme Äußerung von Saskia Esken zitieren, die mal wieder eindrucksvoll ihre totale Ahnungslosigkeit gepaart mit reichlich Selbstbewusstsein zur Schau stellt: “Atommeiler produzieren Abfälle, die über Jahrmillionen radioaktiv strahlen und damit das Leben auf unserer Erde gefährden.” Da muss man erst mal drauf kommen – aber vielleicht kann ihr ja ein Parteifreund die Sache mit der Radioaktivität und deren natürliches Vorkommen auf der Erde mal näher erläutern, nebst den Erkenntnissen aus der Medizin zum Themenkomplex “Wirkung von radioaktiver Strahlung auf den menschlichen Körper”. Und vielleicht, nur vielleicht, können ja die Finnen mal eine Führung durch ihr neues Endlager für hochradioaktive Reststoffe für eine deutsche Delegation organisieren. Aber das hätte vermutlich einen ähnlich niederschmetternd geringen Lerneffekt wie eine Führung durchs Konzentrationslager Auschwitz bei einem überzeugten Nazi. Frau Esken ist wirklich ein herausragendes Beispiel für einen Menschenschlag, der völlig zurecht gerne unter “Ewiggestrige” einsortiert wird. Und zusätzlich unter “Merkbefreite”. Und damit als Frau natürlich prädestiniert für höchste Parteiämter.

Der Fairness halber will ich aber auch noch einen durchaus wahren Satz von Saskia Esken herausgreifen und unterstreichen: “Atomstrom ist immer noch der teuerste Strom.” Damit liegt sie bezogen auf Deutschland vermutlich nicht weit von der Wahrheit weg, denn wir haben hier durch komplett überzogene staatliche Regulierung und Gängelung nicht zuletzt unter Trittin als Umweltminister erfolgreich dafür gesorgt, dass Betrieb, Rückbau und vermutlich auch Endlagerung zu maximal denkbaren Kosten geschehen wird. Exemplarisch kann man das an der Entscheidung zur Rückholung der radioaktiven Reststoffe aus dem Versuchsendlager Asse nachvollziehen, eine der allerdümmsten politischen Entscheidungen der Neuzeit, gegen den Rat aller Wissenschaftler. Selbst wenn man sie gelassen hätte, ist zweifelhaft, ob die Eigentümer deutscher Kernkraftwerke große Lust gehabt hätten, die pfennigguten Kernkraftwerke noch die mindestens angemessenen weiteren 20 Jahre zu betreiben.

Aber ich will nicht zu hart zu Saskia Esken sein – sie ist ja quasi universalahnungslos, da erwartet man ja per se keine geistigen Höhenflüge. Beim Thema Kernenergie fallen aber auch Menschen, die zu einigen Themen grundvernünftige Ansichten pflegen, auf die jahrzehntelange Propaganda rein. Aktuell kann man solche Faktenabstinenz bei Fefe nachlesen, der ebenso klassische wie abstruse Antiatomkraftschwurbeleien unkritisch zitiert und verlinkt. Was mal wieder zeigt, dass Experten eben meistens nur zu einem einzigen Themenkomplex Experte sind, bei anderen Themenkomplexen aber häufig komplett ahnungslos bis überfordert sind.

Zurück von der betrüblichen antiwissenschaftlichen Front in die Realität. Mal ganz grundsätzlich: ich persönlich halte eine solche “Taxonomie” für völlig überflüssig – würde die Politik ihrer Aufgabe nachkommen und z.B. über eine allgemeine CO2-Steuer (die natürlich auch importierte PV-Panels, die mit schmutziger Kohlekraft in China hergestellt wurden, betreffen müsste) dafür sorgen, dass Klimaschutz technologieneutral wäre, würde sich nachgeordnet auch die Investmentbranche automatisch für die umwelt- und klimaverträglichen Technologien mehr interessieren als für andere. Aber damit würde man natürlich das Lieblingsinstrument der Politik, die Einzelfallsteuerung mit ständiger Nachjustierung nach politischer Opportunität, aus der Hand geben. So lange es nicht völlig egal ist, ob ich einen Liter Diesel oder einen Liter Heizöl einspare, kann Marktwirtschaft nicht funktionieren. Und so gilt auch hier der alte Spruch: wenn man den Sumpf austrocknen will, darf man nicht die Frösche fragen. Dahingehend ist unser Politikbetrieb eine einzige Sumpflandschaft, und weitestgehend froschgrün. Folgerichtig ist heutiges Politikergeschwätz auch von Gequake nicht zu unterscheiden.

Noch ein Omikron-Detail

Nach allgemeinen Gedanken zu Virus-Mutationen am praktischen Beispiel von SARS-CoV-2 sowie einer ersten Einschätzung zum Wissensstand bezüglich Omikron will ich – auch in Anbetracht der gestrigen Gedanken zur Welt der Pandemie-Kennzahlen – noch auf ein spezielles Detail aufmerksam machen.

Es wurde relativ breit in der Presse berichtet, dass die ersten Ergebnisse bezüglich der Erkrankungsschwere bei Omikron-Infektion darauf hinweisen, dass diese deutlich reduziert ist. Über den Daumen gepeilt verringert sich die Hospitalisierungsrate auf etwa ein Drittel, so diese Ergebnisse. Aber wie immer kommt es auf die Details an. Dass diese recht drastische Reduktion der Zahl der seriös Erkrankten im Angesicht der deutlich höheren Infektiösität von Omikron uns nicht viel Zeit erkauft, habe ich ja schon dargelegt. Es gilt aber auch zu berücksichtigen, dass man noch nicht genau weiß, wie die Erkrankungsschwere mit dem Genesenen- oder Geimpft-Status zusammenhängt. Hauptgrund ist natürlich der katastrophale Zustand der Datenerfassung, der hier leider wieder weiten Raum für Spekulationen offen lässt.

Und so ist es durchaus möglich, dass die beobachtete höhere Infektiösität hauptsächlich darauf zurückzuführen ist, dass sich im Gegensatz zu Delta nun auch massiv Geimpfte und Genesene reinfizieren können. Und die Drittelung der schweren Verläufe kann hauptsächlich darauf zurückzuführen sein, dass Geimpfte und Genesene vor schweren Verläufen weiterhin gut geschützt sind. Die Daten aus Südafrika, wo ein Großteil der Menschen schon als bereits infiziert gilt, deuten ja durchaus auch in diese Richtung: die Omikron-Welle ist dort ja recht schnell wieder abgeflacht, was im Angesicht der Teststrategie dort (hauptsächlich bei symptomatischem Verlauf wird getestet) plausibel ist bezüglich des Szenarios “nur symptomlose oder leichte Verläufe bei Geimpften und Genesenen” – die mit starken Symptomen und schweren Verläufe war der kleine Prozentsatz der Bevölkerung, der entweder noch nicht infiziert war oder mit geschwächtem Immunsystem unterwegs ist, und weil dieser Anteil eben sehr klein ist, hat sich die beobachtete Welle sehr schnell wieder abgeschwächt.

Angesichts recht guter Impfquoten sowie ebenfalls einem für europäische Verhältnisse hohen Anteil an Genesenen würde das für Frankreich und UK trotz der ungünstigen Altersstruktur nahelegen, dass zwar die Infektionszahlen durch die Decke gehen, die Zahl der Hospitalisierten und der Intensivpatienten sowie der Toten sich aber in engen Grenzen halten wird. Die Notwendigkeit, bei den Quarantänevorschriften deutlich laxer vorzugehen um mindestens die kritische Infrastruktur aufrechtzuerhalten, wird also nach meiner jetzigen Einschätzung nur für geringere Probleme sorgen als ich zunächst befürchtet hatte. Dank der weiterhin sehr guten Wirksamkeit der Impfung gegen schwere Verläufe. Und wenn sich die bisher spärlichen, aber vielversprechenden Daten zur Langzeitimmunität (manche sprechen von “Superimmunität”) bewahrheiten für Vollständig Geimpfte plus Auffrischung plus Infektion bzw. Genesenen plus Auffrisch-Impfung, sind wir auf einem guten Weg zur Endemisierung des Virus – eine Omikron-spezifische Auffrischung wird dann vermutlich nur für die Risikogruppe 70+ und Immunsupprimierte und gravierend Vorerkrankte notwendig sein.