Das Tesla-Rätsel

Nein, es soll nicht um das große Rätsel gehen, warum Tesla immer noch so gerne Ankündigungen mit einer Jahreszahl versieht. Oder immer noch Einzelne diese Jahreszahl – oder die Ankündigung – für realistisch halten. Es soll ganz einfach um den Börsenkurs von Tesla gehen. Und warum der auch in 2025 noch so – aus meiner Sicht – absurd hoch ist.

Ich blende die Vorgeschichte zwischen 2010 und 2020 mal kurz aus. Der Kurs vervielfachte sich, aber dafür gab es ja nachvollziehbare Gründe – das Tesla Model S war dank brauchbarer Reichweite und der Supercharger das einzige „marktfähige“ Elektroauto für alle Anwendungszwecke und weltweit das meistverkaufte Elektroauto, und Tesla hatte einen Plan, der durchaus plausibel aussah, und man hatte auch einen gewissen Technologievorsprung. Das ist natürlich ein Grund für eine stattliche Kurserhöhung gegenüber „wir haben noch gar kein Auto“ und „wir haben diese Lotus Elise mit ein paar Laptop-Akkus vollgestopft“. Ende 2019/Anfang 2020 begann dann aber die Aktienkursexplosion (von etwa 15 EUR auf zeitweise über 420 EUR), die mich zu diesem Blog-Artikel bringt.

Stand heute hat Tesla eine Marktkapitalisierung, die größer ist als Toyota, Volkswagen, Mercedes-Benz, BMW und Stellantis zusammen. Also eher sogar den doppelten Wert der genannten zusammen. Tesla verkaufte 2024 knapp 2 Millionen Autos. So viele wie etwa Mercedes-Benz oder BMW. Zusammen bringen die 5 „konventionellen“ Hersteller es auf etwa 30 Millionen ausgelieferte Autos.

Halber Börsenwert bei fünfzehnfacher verkaufter Stückzahl? Forschen wir weiter nach Gründen. Es könnte ja daran liegen, dass Tesla pro Fahrzeug sehr viel profitabler ist als die anderen. Stellt sich raus: nein, gar nicht. VW und Stellantis verdienen pro ausgeliefertem Fahrzeug weniger Geld als Tesla, aber BMW, Toyota und Mercedes-Benz mehr. Sehr viel mehr. Teiweise über doppelt so viel. Vor allem in 2024 musste Tesla Federn lassen.

Naja, wird jetzt der eine oder andere Börsenprofi einwenden – an der Börse wird ja schließlich die Zukunft gehandelt und nicht die Vergangenheit oder die Gegenwart. Nun ja – Tesla hat 2024 weniger verdient als 2023, und auch weniger Fahrzeuge verkauft. Die ehemals so hoch gehandelte Wachstumsstory existiert schlicht nicht mehr (und war vermutlich auch nie plausibel – dachte man, Tesla wird für immer der einzige Hersteller von Elektroautos bleiben und die Margen beliebig in die Höhe schrauben können?). Tesla steckt knietief im tobenden Konkurrenz- und teilweise auch Preiskampf, vor allem gegen die chinesischen Billighersteller. Und anderswo brechen die E-Auto-Verkäufe überall dort regelmäßig ein, wo die Staaten die Subventionen zurückfahren. Aktuell gerade im US-Heimatmarkt von Tesla zu beobachten.

Nun habe ich mehrfach den Erklärungsansatz für den absurd hohen Börsenwert gelesen, dass Tesla ja gar nicht als Autohersteller zu bewerten ist, sondern vielmehr als Technologieunternehmen. Also Alphabet, NVidia, Meta, Oracle, Amazon und Microsoft als Benchmark und nicht BMW oder Toyota. Interessante Idee, aber nicht durch die Fakten gedeckt. Technologisch ist Tesla nicht mal mittelmäßig und ist maximal gut bei Ankündigungen. Nachdem es mit den Robotaxis und dem autonomen Fahren nicht so gut klappt, ist ja jetzt Robotik der neueste Hype unter den Musk-Jüngern für das baldige Erreichen des Paradieses. Denn mit den ganzen Akku-Lösungen von Powerwall bis Megapack kann man wohl keine Megaumsätze in der näheren Zukunft erwarten, zumal dort die Konkurrenz ebenfalls groß ist.

Ist den Börsianern aber egal. Und zwischendurch vergessen sie auch gerne mal ihren eigenen Erklärungsansatz vom Technologiekonzern. Neulich haben die Investmentbanker von Goldman Sachs das Kursziel von 300 US$ auf 390 US$ angehoben – weil man von stark anziehenden Verkäufen in den USA ausging wegen des Auslaufens der dortigen „BEV Tax Credits“ genannten staatlichen Megasubvention. Und regelmäßig schlägt der Tesla-Börsenkurs heftig aus, wenn es Ankündigungen oder Verschiebungen von neuen Fahrzeugmodellen gibt. Also was jetzt? Autohersteller oder Technologiekonzern?

Es ist und bleibt ein Rätsel. Einzig vernünftige Erklärung: Börsenkurse haben mit Fundamentaldaten einfach gar nichts zu tun. Und auch nicht mit plausiblen Zukunftserwartungen. Sondern einfach nur mit Zocken und hoffen, dass man noch rechtzeitig aussteigt, aber lange genug dabeibleibt, um den Höhenflug mitzunehmen. Timing ist alles bei den Börsianern.

Und so bleibt der Eindruck, dass es eben bei einigen Aktien um eine Art Glücksspiel im größten Kasino der Welt geht. Bei Tesla möglicherweise noch zusätzlich um eine quasireligiöse Gemeinschaft, die dem großen Propheten Elon folgt.

Die KI-Blase platzt demnächst

Bevor es tatsächlich passiert, wollte ich mich auch noch schnell in der inzwischen sowohl lange als auch illustre Reihe der Warner und Crash-Propheten (Warren Buffett!) einfinden.

Unternehmen, die irrsinnige Summen in KI investieren, haben börsentechnisch ein echtes Kursfeuerwerk hinter sich. Signifikante Prozentsätze dess Zuwachses der US-Indizes vom S&P 500 bis zum NASDAQ verdanken das dem KI-Hype.

Ich bin der Ansicht, dass es sich hier um eine Blase handelt. Wie groß sie tatsächlich ist, und wann sie tatsächlich platzt, ist natürlich noch offen. Viel erinnert an die Dotcom-Blase anfang der Nuller-Jahre. Einziger Unterschied: Deutschland war damals mit der „New Economy“ mitten drin in der Blase (wer erinnert sich noch an den „Neuen Markt“?), beim KI-Thema stehen wir mehr so an der Seitenlinie als (wenig) interessierter Zuschauer. Das letzte deutsche Börsenwunder brauchte bekanntlich eine weltweite Pandemie, um durchzustarten – KI hat einfach nicht den notwendigen Wumms, um hierzulande die Lethargie zu überwinden.

Nicht, dass ich den ganzen KI-Hype für gänzlich unberechtigt halte, im Gegensatz zum Beispiel zum Krypto-Hype. Aktuelle KI in Form der LLMs hat heute schon Anwendungen in der Praxis, und es ist jetzt schon klar, dass es sich rein prinzipiell für viele weitere interessante Anwendungen eignet – die kann man jetzt bauen und schauen was gut funktioniert, und die werden wahrscheinlich auch das Platzen der Blase mehr oder weniger unbeschadet überleben.

Ob das Platzen der Blase dann auf „Herdentrieb“ zurückgehen wird oder auf objektive Daten, die Zweifel an der Nachhaltigkeit der derzeit investierten Summen zu stark werden lässt (ich empfehle mal einen Blick auf die Differenz bei OpenAI zwischen „soviel Einnahmen bringt gerade die KI“ gegen „soviel investeren wir gerade in die KI“) – ich tippe auf ersteres. Wäre die Börse auf Fundamentaldaten gebaut und nicht auf eine Kombination aus Casino-Mentalität, emotionalen Entscheidungen und Bauchgefühl, schlaue Menschen hätten schon lange ein Modell gebaut um bessere Kursprognosen zu machen. Und damit bleibt es auch unvorhersagbar, ob und in welchem Umfang der „Rest des Marktes“ in Mitleidenschaft gezogen wird.

Genau wie bei der Dotcom-Blase wird es auch bei KI Überlebende geben, die langfristig in den profitablen Bereich vorstoßen werden – wer und wann und warum? Keiner weiß es. Meine Glaskugel ist gerade sehr trübe. „Demnächst“ im Titel dieses Posts kann sowohl Tage als auch Jahrzehnte bedeuten. Mit der Präzision meiner Vorhersage dürfte ich die „von-bis“-Prognosebandbreite der Experten ungefähr treffen.

Wunsch und Wirklichkeit

Seit einigen Wochen fahren Teslas Robotaxis durch Austin, Texas. Endlich, mag der geneigte Beobachter sagen, schließlich kündigt Elon Musk das autonome Fahren von Teslas schon seit einiger Zeit unermüdlich an, und in einer besonderen Art vorauseilenden Gehorsams wurde die Technologie, die eventuell später mal zum autonomen Fahren befähigt, ja schon seit sehr langer Zeit als „Autopilot“ in der Tesla-Aufpreisliste bezeichnet.

Die Geschichte von Mr. Musks Ankündigungen zum Thema autonomes Fahren ist ja inzwischen lang. Ursprünglich angekündigt wurde eine vollautonome Fahrt eines Tesla quer durch die USA meines Wissens schon in 2016, und zwar für das darauffolgende Jahr. Um Missverständnisse zu vermeiden: Level-5-Autonomie. Also ohne Fahrer, ohne direkte Eingriffsmöglichkeit eines Mitfahrenden. In den Folgejahren wurde das regelmäßig um ein Jahr nach hinten verschoben. Was die genauen Gründe dafür waren, blieb im Ungewissen. Dafür häuften sich Berichte diverser Problemchen und Probleme von Tesla-Fahrzeugen im Level-2-Autonomiebetrieb (also „Unterstützung des Fahrers“). Phantombremsungen, Beinaheunfälle, unmotivierte Spurwechsel, Ausweichen auf die Gegenfahrbahn, Ignorieren von Lichtsignalen, Blockieren von Rettungsfahrzeugen – alles mit dabei.

Nun also der Durchbruch im Jahre 2025, 8 Jahre verspätet? Besser spät als nie, und besser eine ausgereifte Software als fehleranfälliges Stückwerk? Liest man die Berichte, fällt es einem schwer, Ausgereiftheit zu konstatieren. Auch beim (offenbar als „experimentell“ gelabelten) Robotaxi-Betrieb in Austin, offenbar mit 10-20 Fahrzeugen, gibt es reichlich Berichte über Probleme. Der Offenbarungseid ist allerdings, dass in allen Robotaxis noch ein „Sicherheitsfahrer“ sitzt. Wunsch und Wirklichkeit – für 2017 war eine vollautonome Fahrt quer durch die USA angekündigt, und 2025 bewegen sich Kleinstmengen an Fahrzeugen unter Aufsicht von Fahrern mit größeren Schwierigkeiten auf drastisch beschränktem Terrain einer einzigen Stadt.

Der Skeptiker könnte sagen: allem KI-Hype zum Trotz scheinen die grundlegenden Probleme des autonomen Fahrens auch über 25 Jahre nach meiner Diplomarbeit zu diesem Thema weitgehend ungelöst, der Fortschritt muss mit der Lupe gesucht werden. Auch wenn man konstatieren muss, dass die Konkurrenz von Waymo offenbar ein besseres Bild abgibt. Übrigens bezweifle ich, dass die oft zitierten Experten Recht haben, dass das Tesla-Problem auf einen Mangel an Sensorik schließen lässt – oft genannt die Abwesenheit von Lidar und/oder Radar. Dass insbesondere die Phantombremsungen auf Mängel in der optischen Erfassung der Kameras zurückzuführen ist, ist hochgradig unplausibel. Es klingt eher wie ein typisches KI-Problem – die Halluzination. Aber vielleicht stecken auch nur schnöde Bugs dahinter.

Man fragt sich, was in 2025 eigentlich noch die absurd hohe Börsenbewertung von Tesla rechtfertigt. Der technologische Vorsprung, egal in welcher Kategorie, kann es ja wohl nicht sein. Und die bedingungslose Loyalität der Elon-Anhängerschaft scheint auch eher zu verblassen. Der durchschnittliche E-Auto-Käufer scheint dafür ein besseres Gespür zu haben als der durchschnittliche Börsen-Investor.

Die Jammerlappen von der Börse

Es war mal wieder, wie immer in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen, großes Jammern angesichts eines – auch wie immer unerwarteten – Kurssturzes an den Börsen weltweit zu vernehmen.

Ursache des Kurssturzes – im Nachhinein betrachtet wohl eher eine minimale Korrektur denn eine Neuauflage des schwarzen Freitages (und Nachfolger, die auf unterschiedliche Wochentage fielen) – war eine Gemengelage aus einer Zinskorrektur der japanischen Zentralbank – wir erinnern uns: das sind die Wahnsinnigen, die als erstes dauerhaft Negativzinsen einführten und sehr lange an diesem ökonomischen Widersinn festhielten – hin zu ganz leicht positivem Leitzins im Angesicht steigender Inflationszahlen, einer nicht punktgenau wie prognostizierten sondern leicht schlechter sich entwickelnden Lage auf dem US-Arbeitsmarkt (etwas weniger neue Jobs, etwas höhere – aber immer noch extrem niedrige – Arbeitslosenquote), sowie ein paar enttäuschenden Ergebnisse bei den großen erfolgsverwöhnten Playern von Meta über Alphabet bis Apple. Unter anderem kehrt inzwischen nach dem Ultrahype etwas Ernüchterung beim Thema „KI“ ein, und das völlig zurecht. „Blockchain reloaded“ würde ich sagen.

Ein unbekannter Teil der Korrektur war wohl der Auflösung an Positionen aus Carry-Trades mithilfe Yen-Verschuldung (zinsfrei) und nachfolgender Anlage in renditeträchtigeren Positionen. Jedem sollte klar sein, dass das eine hochspekulative Angelegenheit ist – trotzdem wurde kräftig gejammert, als man jetzt damit auf die Nase fiel. Weil die Börse gefälligst eine Einbahnstraße zu sein hat.

Die besonders Unverfrorenen unter den Jammerlappen forderten sogleich von der FED eine Notzinssenkung. Weil…ja warum eigentlich? Um Spekulationsgewinne zu generieren? Quasi das Börsianer-Äquivalent zum bedingungslosen Grundeinkommen? Mir fällt keine realwirtschaftliche Begründung für einen solchen Schritt ein. Immerhin tat die FED das einzig richtige: sie würdigte dieses Ansinnen nicht mal mit einer Antwort. Ja, es gibt sie noch, die unabhängigen Notenbanken. Hierzulande vergisst man das ja gerne im Angesicht der EZB und der ihr vorstehenden Totengräber der Euro-Stabilität. Trichet, Draghi, Lagarde – allesamt Weichwährungsfans südeuropäischen Finanzgebarens mit Hang zur exzessiven Ausweitung der Bilanzsumme und direkter politischer Abhängigkeit. Tja, die gute alte Bundesbank zu DM-Zeiten – da war auch nicht alles Gold, aber die Aussage von Kohl und Waigel zur Euro-Einführung, dass die EZB genauso unabhängig konstruiert wurde „nach dem Modell der Bundesbank“, ist in meiner Wahrnehmung eine der größten Politikerlügen aller Zeiten.

Überhaupt ist dieses ganze Zinssenkungsgefordere unerträglich. Die inflationären Tendenzen sind bei weitem nicht ausgestanden, und vor allem den europäischen Volkswirtschaften fehlt es eher an Deregulierung, Steuervereinfachung, preiswerter Energieversorgung und Digitalisierung als an billigem Geld. Unnötig zu sagen, dass UvdL ihr Bestes tut, um den wirtschaftlichen Erfolg der Eurozone zu verhindern. Verbrennerverbot, New Green Deal, Lieferkettengesetz, KI-Gesetz, Gebäuderichtlinie – die katastrophal wirkenden Vorgaben aus Brüssel nehmen kein Ende.

Und heute dann so: großer Jubel, die Börse atmet auf. Denn die US-Inflationsdaten sind viel viel besser als von den Ökonomie-Weissagern erwartet: gegenüber dem Vorjahr ist lediglich eine Preissteigerung von 2,9% statt wie vorhergesagt 3,0% zu verzeichnen. Na dann steht laut „den Märkten“ wohl einer baldigen drastischen Zinssenkung der FED gar nichts mehr im Wege.

De-Risking und Decoupling

Spätestens seit dem russischen Überfall auf die Ukraine, aber eigentlich schon seit der Lieferketten-Problematik in der Corona-Zeit wird nicht nur von politischer Seite gerne ein „Decoupling“ der heimischen Industrie – sprich: die Umsetzung der guten alten Ideologie der Autarkie – von China, Russland und ähnlichen Verächtern der freiheitlichen Gesellschaftsidee gefordert. Mindestens aber ein „De-Risking“, was im Polit-Sprech wohl irgendwie die Umsetzung von „nicht alle Eier in einen Korb legen“ sein soll.

Dummerweise ist die Politik überfordert, die Gründe des „Couplings“ zu verstehen, und erst recht diese zu bekämpfen. Anstatt die Lohnnebenkosten zu senken, das Steuersystem konkurrenzfähig zu machen, die Digitalisierung im Sinne einer drastischen Reduktion der Bürokratie zu nutzen, das Bildungssystem zu reformieren, die Infrastruktur wieder in Schuss zu bringen, breite bürgergeldbeziehende gesellschaftliche Schichten wieder in die Produktivität zu bringen, die liebgewonnene Subventionitis von allerlei klientelbezogener Unternehmungen einzustampfen, die Energieversorgung wieder auf gesunden Beine zu stellen – die Zahl der unerledigten Aufgaben ist unüberschaubar, das Staatsversagen allgegenwärtig. „Staat“ sehr weit gefasst, denn es geht von der Ebene der Gemeinden bis hoch zur EU. Überall Gängelung, Auspressen der Bevölkerung mit absurd hohen Steuern, Abgaben und Gebühren, Fehlsteuerungen allüberall, egal ob der Staat direkt involviert ist wie beispielsweise bei der Bahn, der Straßeninfrastruktur oder der Energieversorgung, oder indirekt über Großtaten wie das Heizungsgesetz, das Verbrennerverbot, das Lieferkettengesetz, die Beschäftigung von Legionen von Bürokraten zur doppelten Verhinderung produktiver Beschäftigung (zum ersten, weil die Bürokraten selbst nichts produktives tun, zum zweiten weil sie andere daran hindern produktiver zu sein), die (Mit-)Finanzierung von nichtsnutzigen bis schädlichen NGOs aller Art.

Jedenfalls macht die deutsche Industrie schon seit ungefähr einem Jahrzehnt De-Risking und Decoupling. Aber eben auf eine Art und Weise, wie es der Politik wohl kaum gefällt: sie verlagert ihre Produktion ins näher oder ferner liegende Ausland. Deutschland hatte ja schon immer mit hohen Lohn- und Lohnnebenkosten und absurd hohen Steuern – nicht so sehr Unternehmenssteuern, aber Arbeitnehmersteuern, was letztlich zu erhöhten notwendigen Bruttolöhnen führt – zu kämpfen. Und in den letzten 10 Jahren oder noch länger kommen nun auch noch das abstürzende Bildungsniveau, die Einwanderung in die Sozialsysteme, steigende Bürokratiekosten, schleppende Genehmigungsverfahren, EU-Regulierungswut, explodierende Energiekosten, steigende Importkosten für Rohstoffe aller Art dazu. Ein „perfekter Sturm“ für den Dreiviertelsozialismus hierzulande. Das Schöne daran: das Politikversagen ist im Prinzip universell, egal ob Grün, Rot, Schwarz oder Gelb – alle waren an dramatischen Fehlentscheidungen beteiligt, die Unterschiede sind bestenfalls graduell. Nur so ist erklärbar, dass unappetitliche Truppen wie die von der AfD oder vom BSW so viel Zuspruch ernten. Wie ein bekannter deutscher Blogger immer sagt: wir haben keinen Rechtsruck, sondern eine Linksflucht. Wobei das alte Links-Rechts-Schema nicht mehr so recht passt, weil der klassisch-konservativ-liberale Flügel seit dem Linksruck der CDU unter Merkel und der Orientierung der FDP zur linksgrünen Ecke nach dem Ende von Guido Westerwelle komplett verwaist ist. Eine politische Heimat für diejenigen, deren Positionen im CDU-Grundsatzprogramm von 1979 nachzulesen sind, wurde vom parteiübergreifenden Linkswokismus mit freundlicher Unterstützung des linksgrünversifften Journaillen- und Rundfunk-Komplexes komplett verschüttet.

TL;DR: Wir sind am Arsch.

Verständnis für Habeck

Robert Habeck hat sich mal wieder zu einem Thema zu Wort gemeldet, von dem er wirklich gar keine Ahnung hat: zur Auswahl des Ausrüsters des DFB ab 2027.

Nun kann ich mich nicht daran erinnern, dass Habeck zu irgendeinem Thema mal etwas für mich Nachvollziehbares geäußert hat. Der Mann scheint eine echte Inselbegabung zu haben, die Insel hat nur noch niemand gefunden. Wenn ich mir seine Kernkompetenz (Kinderbuchautor) vor Augen führe, könnte es Lummerland sein.

Das DFB-Kriterium für die Auswahl des Ausrüsters scheint mir recht einfach zu sein: wer am meisten bezahlt, bekommt den Zuschlag. Einfach, nachvollziehbar, marktwirtschaftlich, ohne Vetterleswirtschaft, ohne Rückfrage nach Erlaubnis bei der hohen Politik. Klar, dass Habeck, der König der Sonderlocken, der Spezialist für komplizierte und maximal ineffiziente Lösungen, der Meister der Ausgabenaufblähung, nix damit anfangen kann. Da muss man schon mal Verständnis aufbringen.

Habeck war übrigens nicht allein mit seiner unqualifizierten Einlassung – auch Söder wollte sich blamieren. Und Rhein. Und Lauterbach. „Avanti Dilettanti“ kommt mir da in den Sinn, oder „Populisten aller Parteien, vereinigt Euch!“. Dummheit kennt halt keine Parteigrenzen.

Besonders amüsant natürlich, dass ausgerechnet Habeck plötzlich die patriotischen Gefühle übermannen. Wer sein inzwischen berühmtes Zitat aus grauer Vorzeit nicht kennt, hier nochmal im Original: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen.“

Zum Umgang mit Russland

Spätestens mit dem Beginn des russischen Angriffskrieg mitten in Europa gegen die Ukraine wird wieder über das Großthema „Geld verdienen und Moral“ diskutiert. Meist in Bezug auf das Konzept „Wandel durch Handel“ (alternativ „Wandel durch Annäherung“), das irgendein Illusionär und/oder Naivling (vermutlich Egon Bahr) in den 60ern des vergangenen Jahrhunderts ins Spiel gebracht hat.

Schon die erste Implementierung des Konzepts, die neue Ostpolitik der sozialliberalen Koalition ab 1969, ist ja ein kapitaler Fehlschlag gewesen. Das Ende des eisernen Vorhangs und der kommunistischen Diktatur im Osten Europas endeten wegen der Pleite des Kommunismus, forciert durch die clevere Strategie „wir rüsten sie einfach tot“ die maßgeblich auf Ronald Reagan zurückgeht. Mit einem nicht zu unterschätzenden Beitrags des damaligen Technologie-Embargos nebst dem beginnenden Informationszeitalters – der Neid im Osten auf den Wohlstand im Westen war m.E. ein signifikanter Treiber der friedlichen Revolution beginnend in 1989.

Besonders die Gasgeschäfte oder generell Rohstoffgeschäfte mit Russland werden ja rückblickend als irgendwie verwerflich dargestellt. Ich halte das für eine merkwürdige Einschätzung. Ich bin strikt gegen eine Vermischung von politischem Moralisieren mit wirtschaftlichen Interessen. Ist doch eine super Sache, wenn wir Gas preiswert von Russland kaufen können. Dumm war halt nur sich in die Abhängigkeit zu begeben, aber das war halt politische Kurzsichtigkeit wie sie die deutsche Energiepolitik generell seit Jahrzehnten prägt. Lange Pipelines sind der Weg in die Abhängigkeit, LNG war schon seit mindestens 40 Jahren das Mittel der Wahl um Anschluss an den Weltmarkt mit all seinen preissenkenden Konkurrenzeffekten zu bekommen. Blöd, wenn man das dann ab 2022 hektisch nachholen muss (und bis heute nicht fertig ist und bei den Lieferanten Premium-Zuschläge bezahlen darf).

Die moralische Komponente von wirtschaftlichen Transaktionen wird sowieso häufig merkwürdig einseitig betrachtet. Letztlich ist jede nicht-marktwirtschaftliche Komponente einer Überlegung wohlstandsreduzierend. Man könnte sagen: man opfert die Armen der Republik auf dem Altar der gefühlten moralischen Überlegenheit. Quasi die Definition von „unsozial“. Denn am Endergebnis ändert sich typischerweise nichts. Um es überspitzt zu formulieren: noch nie wurde ein Völkermord verhindert, indem ein deutsches Waffensystem NICHT exportiert wurde. Unter anderem deshalb, weil die ausländische Konkurrenz gerne liefert und sich nicht in Bedenkenträgerei ergeht, aber auch weil Völkermord auch mit Maschinenpistolen oder simplen Macheten funktioniert und Panzer dafür gänzlich unnötig sind.

Die Grenze würde ich dort ziehen, wo das Gefahrenmoment für uns selbst zu groß wird. Uranzentrifugen an den Iran? Schlechte Idee. Aber wie man am Beispiel Pakistan und Nordkorea sieht, sind unsere Einflussmöglichkeiten da leider begrenzt.

Unterm Strich bin ich gegen die – wie sie neuerdings genannt wird – wertebasierte Außenpolitik. Menschen und erst recht Politiker und politische Systeme ändern sich nicht, wenn man moralische Vorträge hält und sinnlose Symbolpolitik betreibt. Und die moralischen Vorträge lassen sich zudem zu Hause gut propagandistisch ausschlachten – „wir gegen die“, „gegen den Feind von außen“ – das ist der Kitt, der Autokratien und Diktaturen zusammenhält. Ohne die Erzählung vom Klassenfeind wäre die glorreiche Sowjetunion kaum bis in die 90er gekommen.

Und so empfehle ich auch, dass Russland nach dem verlorenen Ukraine-Krieg recht bald wieder in die „Gemeinschaft der Völker“ aufgenommen wird. Nach Zahlung von ein paar hundert Milliarden an Reparationen natürlich – Gas würde sich als Bezahlung anbieten. Auf keinen Fall hingegen Bezahlung durch Waffen aus russischer Produktion, da wissen wir ja jetzt, dass das Zeugs wirklich gar nichts taugt.

Politische Prioritäten der Grünen

Zeiten wie diese erlauben es oftmals, aufgrund neu entstandenen erheblichen Drucks der Realität den ganzen Blütenträumen der politischen Parteien aus den Schönwetterreden der Vergangenheit mal den Spiegel vorzuhalten. Was war nur dummes Geschwätz, und was ist der politische Kern einer Partei?

In Bezug auf die Grünen kann ich da erste Erfolge vermelden. Das Thema „russisches Gas“ hat eine wahre Kaskade an Aktionen und Aussagen ausgelöst, die es mir erlaubt, die Top 10 der politischen Kernziele der Grünen aufzustellen.

  1. Ausstieg aus der Kernenergie
  2. Ausstieg aus der Kernenergie
  3. Ausstieg aus der Kernenergie
  4. Ausstieg aus der Kernenergie
  5. Ausstieg aus der Kernenergie
  6. Ausstieg aus der Kernenergie
  7. Ausstieg aus der Kernenergie
  8. Ausstieg aus der Kernenergie
  9. Ausstieg aus der Kernenergie
  10. Umweltschutz, Naturschutz, Klimaschutz, erneuerbare Energien, Energieautarkie, Pazifismus, Frieden, Völkerverständigung

Man muss eben Prioritäten setzen. Ideologie übertrumpft so bodenständige, typisch bürgerliche Kernelemente wie Logik, Sachkenntnis oder gesunder Menschenverstand.

Über Inflation

Das derzeitige Hauptthema neben dem Ukraine-Krieg scheint die allgemeine Teuerung zu sein – kein Tag vergeht, an dem nicht die eine oder andere Gruppe fürchterlich jammert über die höchste Inflationsrate seit Jahrzehnten (im Moment: ähnliche Größenordnung wie zur ersten Ölkrise und kurz nach der deutschen Einheit). Benzin. Erdgas. Heizöl. Butter.

Nun ist die Inflationsrate ja eine Art Dauerthema, vor allem, weil eine Verteuerung stets lauthals beklagt wird, eine Verbilligung hingegen still und leise hingenommen wird – oder kann jemand einen Zeitungsartikel beisteuern von 2015 oder 2020, der die niedrigen Heizölpreise feiert? Allein die Art der Berechnung über einen ständig angepassten Warenkorb als Referenz lädt ja zu ausufernden Diskussionen bezüglich der Repräsentation des eigenen Einkaufsverhaltens in diesem „amtlichen“ Warenkorb ein.

Tendenziell ist für mich das übliche „Inflationsgejammer“ Ausfluss typischer menschlicher Subjektivität. Man setzt Sonderangebote als Referenzpreis, erinnert sich gerne an Schnäppchen aus vergangenen Jahrzehnten – oft noch in D-Mark – und trauert gerne der Zeit hinterher, als die Laugenbrezel noch 10 Pfennige gekostet hat. Auch wenn das schon 60 Jahre her ist und man ja schon zugeben muss, dass die persönlichen Einkünfte seit dieser Zeit doch auch einen üppigen Sprung nach oben gemacht haben. Denn auch das gehört zur Wahrheit: Preise sind letztlich egal, es geht um Kaufkraft und Preis-Leistung.

Schwierig fürs „Gefühl“ sind deshalb vor allem Dinge, die dem ständigen technischen Fortschritt unterworfen sind und – gemessen an der Leistung – heutzutage geradezu unverschämt preiswert sind. Man denke an einen Raspberry Pi, der für 35€ zuzüglich Kleinkram ein vollwertiger Computer ist, der die 5000DM-80386-Mühle mit Windows 3.1 aus 1992 aber sowas von im Regen stehen lässt. Oder Laptops – was Mitte der 90er noch ein kleines Vermögen gekostet hat und nicht unter 4 kg auf die Waage gebracht hat, ist heute preiswerteste Massenware, dabei unvergleichlich viel leistungsfähiger. Was folgt daraus für die Teuerungsberechnung auf Warenkorbbasis?

Man denke an Fernseher. Neulich einen 48″-LCD für 500 Euro organisiert. Es ist noch nicht so lange her, da hat man für einen 28″-Röhrenfernseher ohne mit der Wimper zu zucken 2000 Mark hingelegt, nur weil man zwei Scart-Anschlüsse und einen S-Video-Eingang gebraucht hat. Und hat sich an der Trinitron-Röhre einen Bruch gehoben. Größere Formate waren nur als Rückprojektionsgeräte mit grauenvoller Bildqualität erhältlich. Wie setzt man sowas im Warenkorb an?

Selbst bei Autos – ich erinnere mich noch an mein erstes Auto, ein Opel Kadett D, 1981 erworben, Listenpreis (satte 60 Vergaser-PS, Drehzahlmesser und rechter Außenspiegel mussten extra bezahlt werden) 16990 DM. Einer seiner Nachfolger, ein Opel Astra F von 1992, Listenpreis 19990 DM, wartete dann schon mit 75 Einspritzer-PS, geregeltem Kat, Servolenkung, Zentralverriegelung, ABS, Seitenaufprallschutz und Gurtstraffer auf – schon da sieht man: erheblich mehr Auto fürs (fast) gleiche Geld. Und sparsamer und langlebiger noch dazu. Mein letzter Kandidat, Astra K von 2019, ist mit rund 25000 EUR natürlich schon eine andere Preiskategorie, aber eben auch viel viel mehr Auto. Die meisten Ausstattungsmerkmale waren weder 1981 noch 1992 erhältlich: Airbags rundrum, ESP mit Traktionskontrolle, Navigationssystem mit großem Touchscreen, Bluetooth-Freisprechen, Musik vom USB-Stick, Sitzheizung, Lenkradheizung, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, elektrische Sitz- und Außenspiegeleinstellung, Totwinkelüberwachung und Spurwechselassistent, automatische Spurhaltung, Kollisions- und Abstandswarner mit Notbremsassistent, automatisches Fahrlicht und Regensensor, Rückfahrkamera, ganz zu schweigen von einer Bremsanlage auf dem Niveau der allerbesten Sportwagen der späten 90er…und 150 PS. Verbraucht aber trotzdem nur die Hälfte wie der gute alte Kadett von 1981 (bei gleichzeitig quasi Null-Schadstoffausstoß), bei dem man auf der Autobahn den Berg hoch sich lieber mal auf die rechte Spur eingeordnet und in den dritten Gang runtergeschaltet hat.

Ein ganz anderes Beispiel: Telekommunikation. Wer erinnert sich nicht noch an das gute alte schnurgebundene Wählscheibentelefon. Grundgebühr im Monat 27 D-Mark, dafür ein paar Freieinheiten. Ferngespräche absurd teuer, internationale Gespräche noch viel teurer und teilweise handvermittelt. Heute bekommt man einen Mobilfunk-Vertrag inklusive reichlich Datenvolumen ab 8 Euro im Monat, mailt und chattet und telefoniert weltweit kostenlos, gerne auch mal per Videotelefonie. Derartigen technischen Fortschritt in einem Warenkorb abzubilden ist halt schlechterdings unmöglich – wieviel kostet Technologie, die zum Zeitpunkt X noch gar nicht verfügbar war? Oder behauptet man riesige Inflation, weil der Walkman Ende der 80er viel billiger war als zwanzig Jahre später der 160GB-iPod, und beides schließlich demselben Zweck „mobiles Musikhören“ dient?

Wer also unter zu viel gefühlter Inflation leidet: einfach mal über Autos nachdenken. Und Computer. Oder generell „Technik“. Und den wichtigsten Ratschlag beherzigen: es kommt nicht auf den Warenkorb der Statistiker an, sondern auf den ganz persönlichen Warenkorb, und der ist weitgehend beeinflussbar, auch bei den Dingen des täglichen Bedarfs. Die aktuelle Beobachtung aus den Supermärkten der Republik ist, dass zwar die „Normalpreise“ teilweise deutlich angezogen haben (vor allem bei den Discountern und damit allen Discountprodukten, die ja weitestgehend in allen Supermärkten dieselben Preise haben), aber die Sonderangebote oftmals noch auf demselben Niveau von früher liegen – ein Markenartikel im Sonderangebot ist nun oftmals preiswerter als Discount-Artikel. Ausgefuchste Lagerhaltung kann hier einiges an Teuerung ersparen, wie man gerade an Mehl und Öl sehen kann.

Und wer mit diesen Ratschlägen nicht glücklich wird, dem empfehle ich, einfach mal die Preisspitzen als „normal“ zu setzen und sich über den drastischen Preissturz seit diesen Spitzen zu freuen. Heizöl! Heute nur 1,30€ der Liter, der lag noch Mitte März bei über zwei Euro! Und Benzin war in den letzten Wochen auch schon bei 2,30€ pro l, da sind die 1,95€ von vorgestern doch ein Superschnäppchen gewesen.

Es ist eben alles eine Frage der Sichtweise. Und der Zeitperspektive. Als bitteren Beigeschmack notiere ich, dass jetzt die Journaille angesichts absolut gesehen überschaubarer Teuerung am Rad dreht („Enteignung!“), während man der vorherigen Enteignung der Sparer und konservativen Anleger über die Null- bis Negativzinspolitik der EZB eher neutral bis wohlwollend gegenüberstand.

Zum Schluss noch eine wichtige Anmerkung, ohne die kein Artikel zum Themenkreis „Inflation“ vollständig wäre: wie schon in den letzten Jahrzehnten, so ist auch diesmal Politik und Staat Preistreiber Nummer 1. Absurde Zinspolitik der EZB (die ja nur den Statuten nach von der Politik unabhängig ist, faktisch aber mittendrin steckt im Politiksumpf) nebst wahllosen Aufkäufen von Staatsanleihen. Steuer- und Abgabenerhöhungen auf breiter Front, dazu sehr teure Regulierungen allerorten. Die Hausbesitzer warten schon sehnsüchtig auf die neuen Zahlen zur Grundsteuer, da ist ja auch das schlimmste zu befürchten angesichts der Ankündigung „weitgehend aufkommensneutral“. Dazu das neue „Sommerpaket“ aus dem Hause Habeck, da wird für die Besitzer von Öl- und Gasheizungen sicher auch eine böse Überraschung drinstecken. Einige Bundesländer haben die „Solarpflicht“ ja schon länger, kombiniert mit unsinnigen Subventionsanreizen ist das immer ein Rezept für noch höhere Inflation. Nicht zu vergessen das Universalteuerungsmittel „Energiewende“. Denn irgendjemand muss die Zeche zahlen, und am Ende ist es eben immer „der Endverbraucher“, der ja genau deshalb so heißt, weil er am Ende der Einzige ist, der die Kohle für den ganzen Schwachsinn ausgeben muss. Ist der Endverbraucher gleichzeitig auch Steuerzahler (jenseits der Umsatzsteuer natürlich), ist er gleich doppelt gearscht.

E-Auto-Update 2022

Lange nichts mehr zum Themenkomplex „Elektroauto“ geschrieben. Die Meldung, dass die Deutsche Post nun ihren Verlustbringer Streetscooter an den Mann bzw. den Investor gebracht hat – ohne sich gänzlich davon zu verabschieden, dafür war das Investment viel zu teuer und der große Haufen existierender Fahrzeuge will ja auch gepflegt und gewartet werden, da bietet es sich an, eine Minderheitsbeteiligung zwecks Einflussnahme zu behalten – hat diesen Beitrag indirekt veranlasst.

So viel vorweg: ich habe mich Ende 2021 erneut für einen (gebrauchten) Benziner entschieden – Gründe dafür waren unter anderem die Ladesituation, die Verfügbarkeit, die jährliche Fahrleistung, der Kaufpreis, der Ladestrompreis, der regelmäßige Transportbedarf und das Streckenlängenprofil. Jeder einzelne Grund wäre schon für sich schwerwiegend genug, um von derzeit verfügbaren E-Auto Abstand zu nehmen, nimmt man alle Gründe zusammen ist es ein „no-brainer“.

Was die Verkaufszahlen angeht, sind die Elektroautos und mit Abstrichen die Plug-In-Hybride ja durchaus auf dem Vormarsch, die Wachstumsraten erheblich (wenn auch kommend von niedrigem Niveau). Man sieht aber auch, dass der Erfolg ziemlich stark mit den von Staat zu Staat sehr unterschiedlich ausgestalteten Subventionen zusammenhängt – von daher ist es letztlich selten Markterfolg, sondern eher Subventionserfolg, wenn die Verkaufszahlen steigen. Hierzulande dürfte nicht nur die Kaufprämie in geradezu dramatischer Höhe ein gewaltiger Kaufanreiz sein, sondern auch die Bevorzugung beim geldwerten Vorteil in der Firmenwagenregelung. Ein Plug-In-Hybrid rechnet sich dadurch sehr schnell gegenüber einem klassischen Verbrenner, und der Geldbeutel war schon immer ein exzellentes Argument. Dazu kommt, dass gerade im Bereich der typischen höherklassigen Firmenwagen-Limousinen das Angebot an Elektrovarianten auch besonders groß ist.

Ob der weiteren Entwicklung der Verkäufe bin ich skeptisch, sollten die Subventionen mal massiv zurückgefahren werden. Denn nach wie vor ist es eher schwierig, jenseits von Minderheitenanwendungen einen überzeugenden Use-Case für die E-Autos zu konstruieren. Die CO2-Intensität unseres Strommixes ist nach wie vor viel zu hoch, die Akkupreise sind zu hoch, das Ladenetz zu dünn, die Ladezeiten zu lang, der Ladestrom zu teuer, die Fahrzeugauswahl zu klein, der Gebrauchtwagenmarkt zu mickrig. Praktische Butter-und-Brot-Autos vom Schlage „Kompaktklasse-Kombi unter 20000€“ sind nach wie vor nicht erhältlich, und wer nicht ein entsprechendes Fahrprofil hat und zuhause laden kann, tut sich immer noch schwer bei der schmerzarmen E-Auto-Nutzung. Vereinfacht gesagt: der Eigenheimbesitzer mit PV-Anlage auf dem Dach und Bedarf für einen kleinen Zweitwagen für die Kurzstrecke kann durchaus mit der aktuellen Modellauswahl von Renault über Hyundai und Kia bis Opel leben, sofern er sich einen Neuwagen leisten will – auf dem Gebrauchtmarkt sieht es zappenduster aus, und ob sich der in den nächsten Jahren wirklich gut entwickelt, steht in den Sternen. Da die Entwicklung der E-Autos im Moment eher noch zügig von statten geht, ist nicht davon auszugehen, dass der Wertverlust ähnlich niedrig wie bei den Verbrennern sein wird. Ein 10 Jahre altes E-Auto wird alleine aufgrund des unklaren Akkuzustands nur schwer verkäuflich sind, und in so einer Marktsituation tendieren die Nutzer dazu, die Nutzungsdauer deutlich zu verlängern.

Interessant ist – wie immer – ein Blick auf Tesla, das entgegen meinen Unkenrufen die finanzielle Situation erfolgreich konsolidiert hat und inzwischen auch jenseits von verkauften CO2-Zertifikaten an den Rest der Autoindustrie in der Gewinnzone ist. Die Zeit der Verluste scheint vorbei, und es wäre wohl an der Zeit, dass vor allem der deutsche Steuerzahler mal ein Dankesschreiben für die über Jahre andauernde Rettung der Firma erhält. Ich schätze, in 2022 könnten durchaus in der Region von einer Million Teslas weltweit verkauft werden, sofern so viele überhaupt produziert werden können. Aber Tesla kämpft aktuell mit erheblichen Risiken, die Konkurrenzsituation hat sich verschärft, die Alleinstellungsmerkmale sind weitgehend Vergangenheit, und die Qualitätsprobleme tendenziell ungelöst. Dazu kommt die Überalterung des margenstarken Teils der Produktpalette, was sich auch in den einzelnen Verkaufszahlen der Modelle widerspiegelt. Nur das Marketing funktioniert exzellent und wie gewohnt – bei welchem Autohersteller wäre es schon denkbar, dass quasi im Tagestakt Meldungen in der überregionalen Presse bezüglich des Baufortschritts einer schnöden Produktionsstätte erscheinen.

Insgesamt finde ich die Fortschritte bei der E-Mobilität noch eher überschaubar – die Akkus haben einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht, sind aber immer noch verhältnismäßig teuer und vor allem konstruktiv aufwändig bei der Integration – nur mit ausgefuchstem Temperaturmanagement und großen Kapazitäten erreicht man eine erträgliche Lebensdauer bei guter Schnellladefähigkeit, und diesen Integrationsaufwand wiederum ist im naheliegenden Anwendungsfall „kleiner Zweitwagen“ eher nicht zu finden. Auch das Ladenetz hat durchaus Fortschritte gemacht, und auf der Langstrecke gibt es inzwischen halbwegs erträgliche Lösung dank der neuen Schnelllader jenseits der Tesla-eigenen Supercharger. Aber die Preise für den Ladestrom aus diesen Schnellladern sind natürlich auch exorbitant, so dass man im Einzelfall durchaus nochmal nachrechnen sollte, ob der versprochene niedrigere Kilometerpreis beim E-Auto überhaupt noch existiert. Die Idee, dass jeder Supermarkt seinen Parkplatz mit ausreichend kostenlosen Ladeplätzen ausstattet, ist jedenfalls nicht Wirklichkeit geworden. Der lokale Aldi ums Eck hat immer noch nur eine einzige Ladestation, die über die Dauer des typischen Einkaufs eher nicht in der Lage ist, den Stromverbrauch der Hin- und Rückfahrt zu ersetzen. Falls sie überhaupt gerade frei ist. Ich bin mir nicht mal sicher, ob die Zahl der verfügbaren Ladesäulen pro existierendem Elektroauto in 2021 überhaupt zugenommen hat. Sicher ist hingegen, dass der Ladestrom deutlich teurer geworden ist, und angesichts steigender Strompreise wird sich dieser Trend vermutlich fortsetzen – und so schließt sich der Kreis, und der Eigenheimbesitzer mit PV-Anlage verbleibt als Zielgruppe.

Fortschritte beim typischen Stromverbrauch gab es leider auch nur begrenzt, interessanterweise schwanken die Verbrauchswerte aber ziemlich – Hyundai scheint da gerade die Nase vorne zu haben und kommt in den Tests (inklusive Ladeverluste) auf realistische 16 kWh/100km, während die Renaults, VWs, Opels und Teslas dieser Welt eher im bekannten Mittelfeld von rund 20 kWh/100km beheimatet sind. Und damit sind wir wieder beim Ladeproblem: die typische 11kW-Wallbox in der heimischen Garage braucht also im Idealfall 2h, um schlappe 100km Reichweite nachzuladen. Je nach Fahrprofil ist das irgendwo zwischen absolut ausreichend und viel zu langsam, aber es sollte klar sein, dass oft propagierte Ideen wie „nur laden wenn die PV-Anlage gerade Überschüsse produziert“ oder „wir nutzen Fahrzeugakkus zur Netzstabilisierung“ komplett abwegig sind. Wenn das Fahrzeug am Kabel hängt, sollte es auch laden, und zwar so viel und schnell wie möglich, weil es eh schon viel zu lange dauert. Und dafür reicht die Schuko-Steckdose der vorhandenen Strominstallation in der Garage bei weitem nicht aus, es sei denn man fährt nur zweimal die Woche auf er Kurzstrecke Auto – dann sollte man sich aber umso intensiver überlegen, ob ein E-Auto (oder generell ein Auto) überhaupt Sinn ergibt.

Auch nicht erfüllt haben sich die Hoffnungen bezüglich signifikant reduzierter Wartungskosten bei den E-Autos gegenüber den Verbrenner-Brüdern. Das liegt zum einen daran, dass der typische unkomplizierte Benziner-Antriebsstrang heutzutage – wenn man nicht gerade mutwillig den Turbo kaputtfährt – eine sehr zuverlässige Angelegenheit ist und große Reparaturen innerhalb von 150000km eher die Ausnahme sind, zumal eine zusätzliche Absicherung über eine Garantieverlängerung extrem preiswert ist (was wiederum dafür spricht, dass die durchschnittliche Zuverlässigkeit der teuren Komponenten sehr hoch ist). Und die Verschleißteile sind bei den E-Autos eben ähnlich wie bei den Verbrennern, von der Beleuchtung über die Reifen bis zu – bei manchen Herstellern – die Bordelektronik, dazu kommt noch der Akku als drohendes Totalschadenrisiko im Hintergrund. Dass man bei Plug-In-Hybridfahrzeugen „worst of both worlds“ hat, dürfte sich von selbst verstehen.

Zum Abschluss noch eine kurze Überschlagsrechnung mit schönen geraden Zahlen im Lichte dieser Erkenntnisse. Benzin kostet 2€ pro l, die kWh Fahrstrom 50ct (Ionity ruft am Schnelllader gerade 79ct/kWh auf, man sollte also tunlichst hauptsächlich zu Hause laden). Als Realverbrauch eines einigermaßen modernen, ausreichend motorisierten mittelgroßen Benziners kann ich 6l/100km vermelden. Bei angenommenen 20 kWh/100km kosten 100000km Fahrleistung also benzintechnisch 12000€ vs. stromtechnisch 10000€. Dabei hat der Benziner dann etwa 10t CO2 ausgestoßen, was selbst nach derzeitigem Plan mit 50€/Tonne ab 2025 übers Autoleben gerechnet dann gerade mal 500€ ausmacht. Selbst wenn man den CO2-Ausstoß bei der Stromproduktion vernachlässigt, fragt man sich schon, warum es aus Klimaschutzgründen sinnvoll sein soll, 9000€ Kaufprämie auszuschütten (wobei ehrlicherweise nur 6000€ echt ausgeschüttet werden, weil die restlichen 3000€ vom Hersteller kommen, der das vorher natürlich auf den Kaufpreis draufgeschlagen hat) um damit in Summe CO2 im Wert von 500€ einzusparen. Und dabei sind die anderen CO2-Steuern sowohl auf die KfZ-Steuer als auch die seit Januar 2021 erhobene CO2-Steuer auf Benzin von 10ct/l als auch die CO2-Strafabgaben der Automobilhersteller bei Überschreiten des Flottengrenzwertes noch gar nicht berücksichtig. Kaum etwas könnte politischen Irrsinn besser illustrieren als diese Gesamtgemengelage. Und am Ende beklagt man sich über „Marktversagen“, nachdem man erstmal den einzig entscheidenden Faktor der Marktwirtschaft, nämlich den Preis, willkürlich verzerrt hat.

Nehmen wir für einen kurzen Moment an, Fahrstrom wird mit einer ähnlichen Steuer- und Abgabenlast belegt wie Benzin. Die Subventionen des E-Autos von der KfZ-Steuer über die Zuschüsse für Ladestationen bis zur Kaufprämie werden eingestellt. Der echte CO2-Ausstoß je verbrauchter kWh Fahrstrom wird abkassiert. Wer bei klarem Verstand würde da ein E-Auto kaufen?