Eine Theorie zum Wahlergebnis im Saarland

Das Saarland hat gewählt. Das kleinste nicht-Stadtstaat-Bundesland, das gerne als Größenvergleichsmaß verwendet wird, wenn Fußballfelder zu klein sind (“ein Ölteppich dreimal so groß wie das Saarland”).

Das Ergebnis ist schon überraschend. Wobei, so richtig überrascht es ja nicht mehr, wenn die Demoskopen katastrophal daneben liegen, aber es ist ja immer spannend in welche Richtung der Irrtum geht (bitte Nachtrag beachten). Die CDU stark, die SPD schwach (gegenüber den letzten Umfragen) und stark (gegenüber den Umfragen, die schon länger her sind), die Linken getragen vom saarländisch-speziellen Oskar-Wahn, die Grünen deutlich draußen, die FDP noch deutlicher draußen, die AfD überraschend schwach.

Viele Interpretationen habe ich gehört. Die SPD soll nicht Deutschland schlecht reden, das geht nach hinten los. Der Wähler wollte GroKo und nicht Rot-Rot(-Grün). Die AfD hat schwach abgeschnitten, weil die Linkspartei die Protestwähler aufgefangen hat.

Alles soweit plausibel. Aber ich denke, es gibt noch einen anderen Einflussfaktor. Der klassische konservative CDU-Wähler, seit den Eskapaden von Angela Merkel eher zur AfD tendierend, hat sich ein letztes Mal – es war ja “nur” Landtagswahl – aufgerafft und hat nicht die AfD gewählt, sondern die CDU, weil die die einzige Option contra Rot-Rot(-Grün) war. In Anbetracht der Tatsache, dass die große Koalition relativ effizient und geräuschlos regiert hat, halte ich diesen Erklärungsansatz für mindestens ebenso plausibel. Man wählt das vermeintlich kleinere Übel. Vielleicht gab es sogar einige vormalige Grünen- und FDP-Wähler, die diesmal ihr Kreuz bei der CDU gemacht haben? Anders ist der komplette Untergang der beiden Parteien ja kaum zu erklären.

Ob sich die CDU bei der Bundestagswahl auch auf diese Wählergruppe verlassen kann? Mal sehen, was die Flüchtlingsproblematik bis zum Wahlabend so macht. Und ob Angela Merkel dasselbe Schicksal blüht wie 1998 Helmut Kohl (“Hauptsache Kohl ist weg”). Aber vielleicht erinnert man sich ja noch an die 4 ersten Chaosjahre unter Rot-Grün? Erst die zweite Kanzlerschaft von Schröder war ja wirklich von sinnvollen Reformen geprägt (genauer gesagt, nur einer einzigen halbgut-aber-besser-als-nix-Reform namens Hartz IV).

Es bleibt spannend.

Nachtrag

Tatsächlich hatte die letzte Umfrage vor der Wahl der Forschungsgruppe Wahlen die Stimmung gar nicht so schlecht eingefangen (Umfrage-Übersicht siehe hier). CDU etwas unterschätzt, SPD etwas überschätzt, Linkspartei und AfD ziemlich getroffen, und Grüne und FDP sicher draußen. INSA hingegen…eher nicht so gut, obwohl in einem ähnlichen Zeitraum.