Kleine Schlagzeilen zeigen die große Misere

Neulich in unserer Lokalzeitung, erste Seite: “Land stoppt Investitionen in Klimasünder”. Da stutzt man erst mal. Dann wird klar: mal wieder eine großartige Idee der Grünen. Es geht um das Sondervermögen des Landes Baden-Württemberg, eine Art Rücklage für zukünftige Ausgaben wie z.B. Beamtenpensionen.

Aber dann wird es schräg: es geht gar nicht um Klimasünder, sondern um Firmen, die nicht “nachhaltig” sind. Da keiner weiß, was Nachhaltigkeit definitiv bedeutet, nehmen die Grünen natürlich ihre eigene Definition und nennen als nicht nachhaltige Bereiche z.B. die Atomkraft. OK, damit ist klar, dass in Wahrheit gar nicht Nachhaltigkeit das Kriterium ist (denn unter den Möglichkeiten, Wärme und Strom zu erzeugen ist die Kernenergie definitiv die nachhaltigste nach allen sinnvoll denkbaren Definitionen), sondern schlicht die schwarze Liste der Grünen gemeint ist.

Dass der Journalist daraus dann “Klimasünder” als Oberbegriff wählt, ist natürlich eine besondere Pointe – denn selbst die Grünen werden zugeben, dass die Kernenergie ein verhältnismäßig preiswerter Weg ist, um CO2-Emissionen zu reduzieren und damit nach vorherrschender Meinung unserer Klimaschützer eben “Klimaschützer” und nicht “Klimasünder” ist, nur wollen die Grünen das aus ideologischen Gründen eben nicht tun.

Überhaupt werden die Themen Klimaschutz, Umweltschutz und Naturschutz ständig in unerträglicher Weise miteinander verquirlt, und die einzige Leitidee des Qualitätsjournalismus scheint oft zu sein, dass das, was die Grünen gut finden, irgendwie automatisch Klima, Umwelt und Natur schützt. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein. Die Verbrennung von Biomasse zur Erzeugung von Strom und Wärme beispielsweise schützt das Klima nur, wenn man Braunkohle zum Benchmark erklärt. Es schadet massiv der Umwelt und der Natur – durch Flächenverbrauch, durch Schadstoffe bei der Verbrennung, durch Tendenz zur Monokultur. Oder die biologische Landwirtschaft, die durch umweltschädliche Düngemittel und Schädlingsbekämpfung sowie den deutlich höheren Flächenbedarf sowohl umwelt- als auch naturschutztechnisch eine einzige Katastrophe darstellt.

Amüsanterweise sagt die Dame von den Grünen dann noch, dass durch diese Restriktion bei den Investitionen die Rendite nicht geschmälert wird. Aha. Obwohl die Investitionsmöglichkeiten beliebig eingeschränkt werden, ergibt sich dadurch kein Nachteil. Interessante Theorie. Kann wohl nur jemand drauf kommen, der von Wirtschaft keinen blassen Dunst hat. OK, nichts neues bei den Grünen oder genauer bei fast allen Politikern.

Also, falls wir je die Wiederauferstehung des faktenorientierten Journalismus erleben: die richtige Schlagzeile lautet in einem solchen Falle. “Grüne beschränken die Investitionsmöglichkeiten des Landes sinnlos – finanzielle Einbußen wahrscheinlich”.

ITER und Kernfusion in der Kritik

Neuigkeiten zum ITER, dem großen Fusionsexperiment, werden derzeit in der Presselandschaft verbreitet und diskutiert. Kaum ein Artikel kommt ohne Fundamentalkritik an der Idee eines Fusionsreaktors aus – nicht nur zu teuer, sondern auch irgendwie zu zentral (und damit automatisch schlecht, hat man doch “Dezentralisierung” als neue heilige Kuh entdeckt) und zu groß (denn was könnte schlimmer sein als “Größe”, siehe auch “Großkonzern”). Und natürlich zu allem Übel auch noch radioaktiv, was ja für vernünftige Leute sofortiges Ausschlusskriterium ist. Sogar von einem “wachsenden Berg strahlenden Abfalls” spricht ein Bericht in der SZ.

Wobei – “Bericht” legt ja irgendwie Neutralität nahe. Aber wann hat man in der SZ zuletzt einen Bericht gelesen? Nicht umsonst wird die SZ im Jargon wahlweise “Das Neue Süddeutschland” oder “Prantl-Prawda” genannt. Und das zu Recht.

Da will ich doch gerne ein paar Fakten beisteuern und Merkwürdigkeiten dieses Artikels kommentieren.

Dass ein grüner Bundestagsabgeordneter zitiert wird, der seine Nuklearphobie ausleben darf (“Es handelt sich um Nukleartechnik, von der Deutschland sich doch eigentlich abwenden wolle.”), ohne klarzustellen, dass “Deutschland” sicher keinen Beschluss gefasst hat, aus jeglicher Nukleartechnik auszusteigen – geschenkt. Vielleicht traut die SZ ihren Lesern hier ja zu, ein eigenes Urteil über derart spinnerte Ansichten zu fällen. Man kann zur Kernfusion ja stehen wie man will, aber dass “es ist Nukleartechnik” ein Argument dagegen sein soll, ist nicht wirklich plausibel. Es sei denn, die Grünen wollen auch aus der Nuklearmedizin aussteigen, was ich nicht ausschließen will, weil ich den Grünen grundsätzlich beliebige Dummheit zutraue.

Ein weiteres Artikelhighlight: “Hinzu kommt der rasche Fortschritt erneuerbarer Energien, der die Fusionsträume zunehmend verdrängt.” Ich weiß nicht, ob ich was verpasst habe, aber ich kann den Fortschritt bei den erneuerbaren Energien nicht sehen. Kaum Kostensenkung, weiterhin keine preiswerte skalierbare Speichermöglichkeit in Sicht, und der fortschreitende Ausbau der Biomassenutzung ist derart umweltschädlich, dass es schon sehr verwundert, dass die Grünen das immer noch dufte finden. Die Energiewende, die letztlich zu einem massiven Ausbau des Anbaus von Biomasse geführt hat (neben der zudem wahrscheinlich teuersten volkswirtschaftlichen Fehlentscheidung der Nachkriegszeit, dem vorzeitigen Abschalten der Kernkraftwerke, die größte geplante Umweltzerstörung der Nachkriegszeit), erzeugt dramatische Kosten, röchelt aus dem letzten Loch und die SZ schreibt vom “raschen Fortschritt”. Ein Hauch von DDR liegt in der Luft. Vorwärts immer. Überholen ohne Einzuholen. Wie jedes anständige sozialistische Projekt folgt die Energiewende ja auch einem zentralen, langjährig vorgedachten Plan. Hoppla, Zentralismus scheint ja doch nicht in jeden Falle verwerflich zu sein.

Direkt folgend das nächste Highlight – es geht Schlag auf Schlag bei der SZ: “Erneuerbare Energiequellen führen zu einer dezentralisierten Energieversorgung, bei der Klein- und Kleinsterzeuger Strom in engmaschige, intelligent verknüpfte Netze einspeisen.” Abgesehen davon, dass noch keiner erklären konnte, was so toll an einem engmaschigen und intelligent verknüpften Netz sein soll – schließlich ist es teuer und aufwändig, ein Netz engmaschig und intelligent zu machen. Aber wer ernsthaft einen Windpark (besonders in der Größenordnung “Offshore-Windpark”) für einen Baustein einer dezentralen Energieversorgung hält, sollte sich auf seinen Geisteszustand hin untersuchen lassen. Überhaupt ist es doch merkwürdig, warum keinem auffällt, dass doch bisher unsere Stromversorgung bereits dezentral war – die Kraftwerke sind schließlich über ganz Deutschland verteilt, intelligenterweise sogar erzeugernah, was bei den sogenannten “Erneuerbaren Energiequellen” bereits heute nicht funktioniert – oder hat man schon die Diskussion über die neuen großen Stromtrassen vergessen, die den Windstrom aus dem Norden – wo ihn keiner braucht – in den Süden transportieren sollen, wo er gebraucht wird? Und wir reden hier von einer Problematik, die bereits jetzt immens teuer gelöst werden muss, obwohl die Windkraft erst rund 10% der Jahresstrommenge erzeugt (Stand 2014). Und ob man jemals mit dauernd zufällig einspeisenden Erzeugern ein stabiles Netz bauen kann, steht noch in den Sternen – vom “intelligenten” Netz reden zwar viele, aber gebaut hat es noch keiner.

Und der nächste Satz: “Fusionskraftwerke, das lässt sich schon aus der schieren Größe des Iter-Projekts ableiten, wären riesige, teure und zentralisierte Anlagen. Wie sich das mit einer dezentralen Netzstruktur vereinbaren lässt, ist unklar.” Zunächst: was aus der “schieren Größe des Iter-Projekts” ableitbar ist für ein mögliches zukünftiges kommerzielles Fusionskraftwerk, weiß im Moment noch niemand. Riesig? Vielleicht. Teuer? Eventuell. Zentralisiert? Nach aller Wahrscheinlichkeit nicht zentralisierter als die gute, preiswerte, funktionierende Stromversorgung der 80er und 90er Jahre. Und die war bekanntlich dezentral und verkraftete problemlos Kraftwerke in der Größenordnung von 3 GW.

Am Ende dann noch ein wirklich abstrus formulierter Gedanke im Artikel: “Hinzu kommen Fragen nach Ausfallsicherheit und globaler Gerechtigkeit. Welche Konflikte wird es auslösen, wenn sich am Ende nur wenige Länder monströse Fusionsöfen leisten können?” Sehen wir mal ab vom SZ-typischen Propaganda-Wording wie “monströs”. Was genau soll hier suggeriert werden? Dass man fürchtet, dass zukünftige Fusionsreaktoren auch dann gebaut wird, wenn sie sich kommerziell nicht rechnen? Also womöglich so ähnlich wie heute die regenerativen Energien? Und wenn es sich das ärmste Land der Welt nicht leisten kann, soll es sich gefälligst – natürlich rein aus Gerechtigkeitsgründen – der Rest der Welt auch nicht leisten? Ist der Schluss daraus nicht zwingend, dass wir uns in Deutschland auch keinesfalls Photovoltaik-Anlagen leisten dürfen – der globalen Gerechtigkeit wegen?

Nun denn. SZ halt. Offenbar spielt die Idee des Erkenntnisgewinns durch Forschung keine Rolle mehr. Persönlich finde ich multinationale hochpolitische Großprojekte wie den ITER auch eher zweifelhaft, weil dramatisch ineffizient. Aber wenn man sich anschaut, dass trotz aller immensen Kostensteigerungen (die ja hauptsächlich durch politisches Herumlavieren und mehrerer Jahrzehnte Verzögerung gegenüber der ursprünglichen Planung zustande kommt) man momentan mit 20 Mrd. EUR rechnet: das ist gerade mal der Betrag, den wir uns Jahr für Jahr die Energiewende kosten lassen. Und die hatte bisher ja nicht mal einen messbaren positiven Aspekt. Außer, dass sich die Subventionsbegünstigten eine goldene Nase verdienen konnten natürlich.

Schlimme Sache. Heute: der niedrige Ölpreis

Zunächst ein Hinweis in eigener Sache. Seit Beginn meiner Blogs gibt es Artikelüberschriften, die suggerieren, dass hier eine neue Artikelserie startet oder zumindest eine Rubrik etabliert wird – “Weltuntergang” beispielsweise, bis heute der einzige “Weltuntergangsbeitrag”. Immerhin hat es “Lieblingsblogs vorgestellt” schon auf ganze drei Beiträge gebracht, nimmt damit aber eine Sonderstellung ein.

Nun, woran liegt das? Oft daran, dass ich viele Ideen für Blog-Einträge zu bestimmten Themenkomplexen habe, die ich mir dann aber sparen kann, weil andere Blogger das Thema zu meiner vollsten Zufriedenheit schon behandelt haben – besonders häufig passiert das, wenn Peter Heller beim ScienceScepticalBlog schreibt.

Sei’s drum – die Reihe “Schlimme Sache”, die mit diesem Artikel beginnt, hat tatsächlich Chancen, etwas häufiger fortgesetzt zu werden. Ich weiß nicht genau mit was es zusammenhängt – kurzatmigere Berichterstattung, steigende Tendenz zum Sensationsjournalismus, größere Sensibilität meinerseits (so etwas wie umgekehrte Altersmilde vermutlich) – immer häufiger schüttle ich den Kopf, wenn ich Artikel oder Kommentare lesen muss, die entweder Trivialitäten zu Riesenereignissen aufblasen oder die es schaffen, ganz normale Vorgänge zu (normalerweise erst kommenden) Katastrophen umzudeuten.

Heute also: der (derzeit) niedrige Ölpreis. Aktueller Anlass ist die Berichterstattung rund um die Konferenz in Doha (Dubai), wo verschiedene Ölförderländer mal wieder zusammenkamen, um über Möglichkeiten der Förderreduktion zum Zwecke der Ölpreiserhöhung zu diskutieren. Wie man lesen kann, ist dieses Vorhaben gescheitert und es wird keine Absprachen zur Drosselung der Förderung geben. Stellvertretend sei ein Artikel von SPIEGEL Online verlinkt.

Kurz zur historischen Einordnung: nominell liegt der Ölpreis in den letzten Monaten irgendwo zwischen 35 US$ und 45 US$ pro Barrel (Referenzsorten WTI und Brent). Bis zur ersten Ölkrise in den 70ern – die ja letztlich ein Förderboykott des OPEC-Kartells war – kostete Rohöl praktisch nichts, seit man große und leicht förderbare Vorkommen vor allem im arabischen Raum entdeckt hatte. Dann erfolgte aufgrund der “Krise” ein Preissprung auf knapp 20 US$ pro Barrel, dann zur zweiten Ölkrise Ende der 70er Anfang der 80er ein weiterer Sprung auf knapp 40 US$ mit nachfolgendem lokalem Minimum Ende der 90er bei wiederum unter 20 US$. Erst danach erfolgte ein kontinuierlicher Anstieg auf über 110 US$ vor der großen Wirtschaftskrise (oder war es nur eine Bankenkrise?) 2008. Danach der große Preissturz auf das heutige Niveau. Man kann also zunächst feststellen, dass das heutige Preisniveau nichts Außergewöhnliches ist und wohl nur der, der die Peak-Oil-Propaganda und diverse Teile der Energiewende-Rechtfertigungen löffelweise gefressen hat, konnte davon überrascht werden.

Inflationsbereinigt sieht die Sache nochmal harmloser aus, aber da die Inflationsrate natürlich nicht unerheblich vom Ölpreis abhängt, ist eine objektive Betrachtung hier sehr schwierig – aber letztlich kann man sich denke ich auf die qualitative Aussage einigen, dass der Ölpreis schwankt, derzeit ein recht niedriges, aber nicht superniedriges Niveau hat und die Preisspitzen nur sehr kurz angehalten haben (sonst würden sie ja auch nicht “Spitzen” heißen).

Was kann man aus dieser Preisentwicklung ableiten? Offenbar hat der Ölpreis wenig mit Produktionskosten zu tun, und nur begrenzt mit Nachfrage. Aber sehr viel mit Angebot. Als die OPEC noch 70% der Weltölförderung kontrollierte, konnte man per Förderquoten den Preis quasi beliebig steuern. Heute, da der einstige Großimporteur USA dank weiterentwickelter Fördertechnik (oft unter dem Stichwort “Fracking” subsummiert) fast schon zum Exporteur mutiert ist und mit Russland, Brasilien und teilweise den Europäern große Fördermengen aus nicht-OPEC-Staaten kommen, hat die OPEC kräftig an Preisgestaltungsmacht verloren. Man könnte sagen, der Preis ist deutlich weniger politisch als er noch vor Jahrzehnten war.

Also, jetzt ist der Preis niedrig. Schlecht für die Produzenten, gut für die Verbraucher. Da wir in Deutschland Verbraucher und nicht (in nenneswerter Menge) Produzenten sind, freuen wir uns also über vorrübergehend etwas niedrigere Benzin-, Diesel- und Heizölpreise. Nur “etwas” und nicht “viel” niedriger, weil die Steuerlast erheblich ist, und irgendein Politiker wird das sicherlich als großen Vorteil verkaufen können, dass die abartige Steuerhöhe die Preisschwankungen dämpft. Aber ich schweife ab.

Kommen wir endlich zur “schlimmen Sache”. SPIEGEL Online nennt nun verschiedene schlimme Auswirkungen des derzeit niedrigen Ölpreises – z.B. dessen destabilisierende Wirkung auf diverse Förderländer wie Russland oder Venezuela. Weil diese nicht mehr länger das reichlich eingenommene Ölgeld für die wirklich wichtigen Dinge – wie z.B. Waffenkäufe oder pseudosoziale Beruhigungspillen für die Bevölkerung – zur Verfügung haben. Tja, da haben diese Länder wohl aufs falsche Pferd gesetzt. Aus meiner Sicht ist der niedrige Ölpreis damit eine Art Geschenk für diese Länder, denn er erzeugt Anpassungsdruck – vielleicht besinnt man sich ja jetzt auf die Grundwerte fast jeder erfolgreichen Volkswirtschaft wie Bildung, Rechtssicherheit und freies Unternehmertum.

Was ist noch schlimm? Das jetzt unnötig viel Öl verbraucht wird und damit natürlich die wertvollen Ressourcen unserer Kinder und Kindeskinder (von denen wir bekanntlich die Erde nur geliehen haben) sinnlos verheizt werden – und natürlich mehr vom schlimmen CO2 erzeugt wird. Letzteres wäre gar nicht notwendigerweise der Fall, denn anstatt den Ölförderdespoten die Dollars in den Rachen zu werfen, könnte man ja endlich die freigewordenen Mittel in wirklich umweltschützende Technologien investieren. Da es die Industrienationen aber vorgezogen haben, den kompletten Energiebereich totzuregulieren, wird das natürlich nur partiell geschehen. Ich schweife schon wieder ab.

Ersteres – das ungehörige Verbrauchen eines wertvollen Rohstoffs – ist eine besonders merkwürdige Ausprägung der Nachhaltigkeitsideologie, die vielerorts schon den Status eines Naturgesetzes erreicht zu haben scheint. Das würde eigentlich einen eigenen Artikel rechtfertigen. Hier nur so viel: Öl hat, wie alle anderen Rohstoffe auch, keinen “inhärenten” Wert. Sondern einen Marktwert. Wenn des Öl nun billig ist, heißt das nix anderes, als dass der Wert im Moment nicht besonders hoch ist, entweder weil das Zeugs keiner braucht oder weil es mehr als genug davon gibt – also beides eigentlich positiv zu werten. Wenn man nicht gerade eine Deindustrialisierungsagenda verfolgt. “Zu schade zum Verbrennen” ist einfach nur eine unsinnige Aussage – es wird verbrannt, weil es ökonomisch im Moment Sinn ergibt. Auch die Tatsache, dass Öl nützlich für die Grundstoffindustrie ist, ändert daran nix. Die oft erwähnten Nutzer der Kunststoffherstellung oder der Medikamente brauchen nur verhältnismäßig geringe Mengen, können durch synthetisch erzeugte Kohlenwasserstoffe substituieren und sind generell gemütlich in der Lage, auch den zehnfachen Ölpreis zu bezahlen.

Werden unsere Kinder und Kindeskinder uns dereinst vorwerfen, dass wir das Öl einfach verfeuert haben anstatt es für sie aufzubewahren? Möglich, wenn das Bildungsniveau rapide sinkt. Aber wenn unsere Kinder oder Kindeskinder noch ein Fünkchen rationales Denken kultiviert haben, würden sie uns eher vorwerfen, heute schon teure Substitutionsanstrengungen (wie z.B. die Energiewende) zu unternehmen und so den zukünftigen Wohlstand sinnlos zu reduzieren. Man könnte sagen, wer heute unnütz Geld ausgibt, verhindert aktiv, dass unsere Kinder und Kindeskinder selbst entscheiden können, welche Maßnahmen sie wogegen oder wofür treffen. Wir würden unsere Nachfahren also einschränken und quasi enteignen. Ihre Lösungsalternativen beschränken. Na diese Erkenntnis könnte doch ein erfahrener Politstratege in einen griffigen Slogan verwandeln. “Wir dürfen das Kapital unserer Kinder nicht sinnlos verplempern.” OK, ich bin definitiv nicht zum Spin-Doctor geeignet.

Bezüglich CO2 sollte man festhalten, dass die übliche Ölpreisschwankungsbreite der letzten drei Jahrzehnte praktisch nichts am Verbrauch geändert hat. Was bei kurzem Nachdenken ja auch klar ist – kurzfristige Schwankungen haben eben nur wenig Auswirkungen auf langfristige Investitionsentscheidungen wie den Kauf eines PKWs oder die Wahl der Heizungstechnologie oder den Aufwand der Dämmung. Zumal bei all diesen Dingen der Staat ja sein bestes tut, um das klare Preissignal des Marktes durch möglichst undurchsichtige Förderungen und Subventionen zu verschleiern.

Lange Rede, kurzer Sinn – niedriger Ölpreis ist super für uns. Aber nicht so super für die Produzenten. Was uns aber egal sein sollte.

Ein paar Worte zu BHKWs und KWK

In praktisch jeder längeren Diskussion über die Energiewende (und auch schon in Vorwendezeiten) taucht früher oder später der Hinweis auf die scheinbar “magische” Technologie der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) mit ihren phantastischen Wirkungsgraden auf. Vom Micro-BHKW in jedem Keller über BHKWs für Wohnsiedlungen bis zum großflächigen Einsatz in der Fernwärmeversorgung – wenn man doch nur überall KWK hätte, ja dann…wären doch alle Probleme gelöst.

Wann immer jemand behauptet, dass die “magic bullet” existiert, sollte man hellhörig werden. Nur in den seltensten Fällen gibt es solche Patentlösungen. Und leider ist es bei der KWK (und ihrem weiter fortgeschrittenen Cousin KWKK) nicht anders.

Und das ist kein technisches Problem. Rein technisch kann man per KWK problemlos die Strom- und Wärmeversorgung von klein (EFH) bis groß (Stadt) bereitstellen.

Das Problem ist wie fast immer ein ökonomisches. KWK konkurriert gegen die klassische getrennte Erzeugung von Wärme und Strom. Seinen Wirkungsgradvorteil kann die KWK nur realisieren, wenn Wärme- und Strombedarf möglichst oft zur gleichen Zeit anfallen. Wenn man gerade viel Wärme braucht und wenig Strom, so hat man sich einen sehr teuren Heizkessel geleistet. Wenn man wenig Wärme und viel Strom braucht, so hat man sich ein Kraftwerk mit niedrigem Wirkungsgrad geleistet (oder man kann aufgrund fehlender Kühlmöglichkeit diesen Betriebsmodus überhaupt nicht fahren). Aus diesem Grund werden auch die allermeisten Anlagen stets wärmegeführt betrieben, was wiederum heißt, dass sie als flexibler Stromerzeugungs-Kompagnon zu den Zufallsstromerzeugern Windkraft und Photovoltaik nicht zur Verfügung stehen.

Dazu kommt, dass durch bessere Dämmung der Raumwärmebedarf ständig sinkt, und durch Niedertemperaturheizsysteme inzwischen sogar eine Luft-Wärmepumpe das effizientere Heizsystem darstellt, selbst wenn das BHKW im optimalen Bereich betrieben wird. Übrigens mit dem entscheidenden Vorteil, durch Betrieb mit sauberen Strom deutliche Umweltvorteile zu haben. Denn auch das ist ein Problem des typischen BHKWs: unnötige Luftverschmutzung. Klar, in Zeiten von Pellet- und Hackschnitzelheizungen scheint Luftreinhaltung sowieso keine Priorität mehr zu haben.

Großtechnisch hätte KWK durchaus seinen Charme – schon bei Neckarwestheim 2 wurde ein Fernwärmeanschluss vorgesehen, und moderne kleine modulare Kernkraftwerke wären sicher geeignet, stadtnah Fernwärme bereitzustellen. Aber auch hier gibt es den berühmten Haken: allein die Kosten für Bau und Betrieb des Fernwärmenetzes sorgen oft schon dafür, dass einem die Ökonomie einen Strich durch die Rechnung macht – selbst wenn die Wärmebereitstellung nichts kostet. Obwohl in Energiewendezeiten das Thema “Ökonomie” scheinbar keine Rolle mehr spielt, wird allein die deutsche Kernenergiephobie solcherart sinnvolle Lösungen zuverlässig verhindern.

E-Autos – Comeback der Brennstoffzelle

Hier habe ich vor nicht allzu langer Zeit den E-Auto-Hype unter die Lupe genommen. Dabei habe ich mich auf bereits erhältliche E-Autos konzentriert, die – sicher nicht zufällig – alle ihren Strom aus dem mitgeführten Akku beziehen.

Die Älteren unter uns werden sich noch daran erinnern, dass vor allem in den 90ern des vorigen Jahrtausends die “Wasserstoffwirtschaft” eines der Hype-Themen war. Große Visionen für die automobile Zukunft wurden entworfen – die Fahrzeuge sollten mit Wasserstoff fahren (egal ob als klassischer Verbrenner wie von BMW favorisiert oder per Brennstoffzelle wie u.a. von Daimler (hießen die damals noch DaimlerBenz oder schon DaimlerChrysler?) bevorzugt), der dafür benötigte Wasserstoff sollte am besten in Wüstengebieten per Photovoltaik erzeugt werden.

Viele Detailprobleme wurden bereits in den 90ern gelöst – BMW präsentierte mit Linde den superisolierten LH2-Tank, der es schaffte, trotz Flüssigwasserstoffinhalt die Abdampfverluste gering zu halten. Daimler machte große Fortschritte bei der Miniaturisierung der Brennstoffzelle und in Bezug auf Haltbarkeit und Verwendungsparameter wie Kaltstartfähigkeit. Am Ende schien die Erkenntnis zu stehen, dass die Brennstoffzelle schlicht zu teuer war. Anno 2009 wagte Honda noch einen Versuch und bot in USA den FCX Clarity an, allerdings nur in geringen Stückzahlen und ausschließlich als Leasingangebot. Wieviel Honda pro Stück draufgelegt hat, lässt sich schwer sagen – immerhin schaffte es der FCX Clarity nachzuweisen, dass man mit heutiger Technologie ein Fahrzeug mit Wasserstofftank und Brennstoffzelle bauen kann, das keine wesentlichen Einschränkungen im Praxisbetrieb mit sich bringt. Reichweite 400-500km, verhältnismäßig simpler Drucktank in 350bar-Technik, kleiner LiIon-Akku mit an Bord um den Brennstoffzellenstack vor zu gravierenden Leistungsgradienten zu bewahren, mit 100kW auch ausreichende Leistung.

Danach wurde es recht still um die Brennstoffzelle – abgesehen von ein paar Absichtserklärungen diverser Automobilhersteller, man wolle spätestens 2012…äh 2013…doch eher 2014…nicht vor 2015…ganz bestimmt 2016…vielleicht doch erst 2017 entsprechende Serienmodelle auf den Markt bringen.

Einigermaßen überraschend ist nun Toyota – bekannt als Hybrid-Pionier und Verweigerer reiner akkubetriebener E-Autos – mit dem Mirai vorgeprescht und verspricht allgemeine Verfügbarkeit ab 2015, wenn auch zunächst als Kleinserie (700 Stück). Die Preise sind ambitioniert, in Europa sollen es 60000€ (sagt die Wikipedia – möglicherweise netto, denn andere Quellen reden von bis zu 79000€ in Deutschland) sein. Rund 100kW Leistung, Tanks in 700bar-Technik, NiMH-Akku zum Puffern und eine Reichweite irgendwo zwischen 400 und 700km sind die Eckdaten.

Und plötzlich stellt sich die lange schlummernde Frage wieder mit neuer Aktualität: ist ein großer Akku oder doch eher die Brennstoffzelle der Energielieferant für das Elektroauto?

Leider gibt es viele Parameter bei dieser Frage, die man heute kaum seriös abschätzen kann. Wie entwickeln sich die Preise für Akku und Brennstoffzelle weiter? Wie sieht es mit der Dauerhaltbarkeit aus? Was kostet der Aufbau der jeweils notwendigen Infrastruktur?

Ein paar Dinge kann man aber prinzipiell festhalten. Der größte Vorteil des Brennstoffzellenautos ist sicherlich, dass es in der Nutzung den heute üblichen benzin-, diesel- oder gasbetriebenen Fahrzeuge sehr ähnlich ist – Reichweiten von jenseits der 500km sind kein Problem, die Tankdauer liegt bei wenigen Minuten. Das sind Parameter, die ein akkubetriebenes E-Auto wohl nicht so schnell erreichen wird. Klar, wenn man genügend Akkus in ein Fahrzeug packt (wie beim 85kWh-Modell des Tesla S) kann man sicherlich auch 500km Reichweite realisieren – aber es ist dann doch ziemlich erbärmlich, dass selbst am Tesla-Supercharger mit 120kW Ladeleistung es eine halbe Stunde dauert, bis 200-250km Reichweite zur Verfügung stehen.

Einer der oft zitierten Vorteile des akkubetriebenen Elektroautos ist, dass man es in der heimischen Garage laden kann. Man sollte diesen Vorteil nicht überschätzen, denn man wird um eine zusätzliche Elektroinstallation kaum herumkommen – mit der üblichen Schukodose mit maximal 3,5kW Anschlusswert macht das Laden eines 85kWh-Akkus sicher keinen Spaß. Honda hatte beim FCX Clarity damals die Möglichkeit des Heimbetankens über die “Home Energy Station” vorgesehen, die über Dampfreformation von Erdgas den Wasserstoff erzeugt. Kaum vorstellbar, dass diese Idee zu akzeptablen Kosten machbar ist, auch wenn Honda sie als Komplettlösung fürs ganze Haus anpreist – sie versorgt den Haushalt nicht nur mit Wasserstoff fürs Auto, sondern auch mit Strom und Wärme.

Unterm Strich löst die Brennstoffzelle drei der großen Akku-Probleme: Gewicht, Volumen und Tankdauer. Gemeinsam mit der Akkutechnologie plagt die Brennstoffzelle das Infrastrukturproblem und das Preisproblem. Man muss wohl kein Prophet sein, um zu prognostizieren, dass höchstwahrscheinlich der Sieg im Kampf der Konzepte über den Preis errungen werden wird. Es werden noch Wetten angenommen.

Elektroautos – Hype und Realität

Im vorherigen Blogeintrag habe ich kurz angerissen, mit welchen Mitteln man den Weg “weg vom Öl” in der Verkehrstechnik beschreiten könnte. Über das Elektroauto wird in letzter Zeit ja reichlich geschrieben und diskutiert, vor allem seit die Firma Tesla den Markt aufmischt.

Ich habe grundsätzliche Zweifel daran, dass mit heutiger oder absehbar verfügbarer Akkutechnologie dem Elektroauto eine große Zukunft bevorsteht – denn eines ist klar, der Erfolg des Elektroautos liegt nahezu ausschließlich an der Praxistauglichkeit des Energiespeichers. Die Probleme, die ich sehe, will ich im Folgenden kurz erläutern.

Der Benchmark des Elektroautos ist ein heute erhältliches diesel- oder benzinbetriebenes Fahrzeug. Wichtige Vergleichskriterien sind Preis, Fahrleistungen, Reichweite und Tankdauer. Da nur das Bessere des Guten Feind ist, müsste das Elektroauto den Benchmark schon in allen Kriterien übertreffen oder zumindest nicht deutlich schlechter dastehen – manchmal genügt es ja schon, wenn ein Produkt nur hip genug ist, dann reicht der Coolnessfaktor oft aus, um etwaige Nachteile zu überdecken. Bei gravierenden Nachteilen hingegen ist so ein Effekt eher selten.

Was wird heute an Elektroautos am Markt angeboten? Wenn man mal die Exoten weglässt: Tesla Model S, Mitsubishi i-MIEV, Nissan Leaf, Renault Zoe (den Twizy lasse ich wegen des “das-soll-ein-Auto-sein”-Faktors vorsichtshalber weg), VW E-Golf, BMW i3. Der Tesla fällt oben aus der Skala, der i-MIEV unten – die anderen, allesamt in der Kompaktklasse angesiedelt, sehen eigentlich sehr ähnlich aus: Reichweiten zwischen 120 und 200 km, 80-125 kW Leistung, Höchstgeschwindigkeit bis zu 160 km/h, die Akkukapazität liegt irgendwo zwischen 20 und 30 kWh.

Für eine realistische Reichweitenrechnung (die angegebenen Reichweiten basieren auf dem Zyklusverbrauch, bekanntlich eine überwiegend optimistisch ermittelte Kennzahl) kann man sich als Hausnummer merken: unter 15 kWh/100km geht es praktisch nicht, Sparkünstler schaffen bei optimalen Bedingungen (also keine Heizung oder Klimatisierung notwendig, batterieoptimierte Außentemperatur) 12 kWh/100km. Für die Kostenseite ist wichtig: wenn man 15 kWh aus dem Akku zapfen will, muss man mehr reinstecken, weil der Ladewirkungsgrad deutlich unter 100% liegt. Ebenfalls wichtig: welche Garantieleistungen gibt der Hersteller auf den Akku. Der Akku ist das teuerste Einzelstück im Fahrzeug, und unterliegt einem Verschleiß, über den man im Moment nur sehr wenig weiß. Umso wichtiger, hier verlässliche Zusagen zu haben.

Die ganzen Details kann der Interessierte in den Datenblättern nachlesen. Ich will hier eher eine qualitative Betrachtung machen. Nehmen wir den e-Golf als Beispiel: 35000 € für das ganz ansprechend ausgestattete Modell. Praxisreichweite 130-190km. Ladedauer an einer gewöhnlichen Steckdose: 13h. Am Schnelllader bekommt man 80% der Maximalfüllung schon in 30min hin, mit der Wallbox (3,6kW Ladeleistung) gehen 100% in 9h. Höchstgeschwindigkeit 140km/h. Ein Wald-und-Wiesen-Golf kommt als Handschaltungs-Benziner auf minimal 19000 €, als Automatik-Diesel auf rund 25000 € – um mal den Preisbereich weiträumig abzustecken. Verbrauch liegt halbwegs realistisch bei 4l/100km für den Diesel bis 6l/100km für den Benziner. Reine Energiekosten liegen also bei etwa 6 € für den Diesel, 10 € für den Benziner und 4,50 € für das Elektrofahrzeug.

Wir reden hier also von mindestens 10000 € Aufpreis für ein Auto, das plakativ gesagt eine lahme Ente ist, alle 150km für eine lange Zeit an die Steckdose muss, nur an wenigen Stellen aufgeladen werden kann und bei den Energiekosten nicht wirklich viel Geld spart – zumindest nicht so viel, dass eine Amortisationsdauer sicher innerhalb der Lebensdauer des Autos liegt, und das obwohl die Energie steuerlich begünstigt ist. Ernsthaft: wer soll sowas freiwillig kaufen, außer ein paar verwegenen Menschen mit Pionier-Ambitionen? Kein Wunder, dass die Elektroautos nur dort gut laufen, wo der Staat üppige Subventionen zahlt – Norwegen oder die Niederlande sind hier Beispiele.

Wird das Elektroauto in Zukunft konkurrenzfähiger werden? Das halte ich für zweifelhaft. Die Akkutechnologie hat sicher noch Potenzial, aber ob bei der Energiedichte in den nächsten 10 Jahren ein Faktor 2 drin ist und erhebliche Kosteneinsparungen möglich sind, darf doch bezweifelt werden. Und letztlich bleibt das Ladeinfrastrukturproblem. Denn man muss sich mal klar machen, was hier für eine Ladeleistung am Start sein muss: will man zum Diesel aufschließen – 1000 km Reichweite mit (im Idealfall deutlich unter) 10min Tankzeit, dann braucht man mindestens 900 kW Ladeleistung. Zur Einordnung: wenn man heute in Deutschland ein Einfamilienhaus baut, liegt der Anschlusswert normalerweise bei 13,5 kW. Wenn man sich eine Photovoltaik-Anlage aufs Hausdach schraubt, braucht man typischerweise eine Dachfläche von mindestens 7 qm, um 1 kW(peak)-Leistung zu bekommen.

Wer also sein Elektroauto mit der heimischen PV-Anlage laden will, sollte ein großes Haus haben, nur ein Auto fahren und die Fahrten nachts durchführen, damit tagsüber die volle PV-Leistung das Fahrzeug betanken kann. Vorzugsweise sollte das Haus auch in einer deutlich sonnigeren Gegend als Deutschland stehen.

Um auch mal Tesla, das Elektroautohersteller-Wunderkind aus den USA zu erwähnen: das Tesla Model S ist zweifellos ein Meilenstein der Fahrzeugtechnik auf dem Weg zu einem praxistauglichen Elektroauto. Aber auch die Idee des Superchargers kann nicht über das Akku-Reichweiten-Ladezeitproblem hinwegtäuschen: trotz nicht weniger als 120kW Ladeleistung schafft es der Supercharger in 30min gerade mal, eine Reichweite von rund 250km in den Akku zu pumpen. Wer es bisher gewohnt war, lange Strecken am Tag zurückzulegen, wird sich umstellen müssen, zur Fahrtzeit kommen jetzt erhebliche Zwangspausenzeiten – wenn man es überhaupt bis zum nächsten Supercharger schafft. Letztlich hat Tesla nicht das Elektroauto neu erfunden, sondern es geschafft, auf relativ kompaktem Raum für verhältnismäßig wenig Geld eine verhältnismäßig große Akkukapazität unterzubringen. Inwieweit Tesla durch Massenfertigung die Akkupreise in den Griff bekommt, zeigt sich erst, wenn Fahrzeuge im Brot-und-Butter-Segment angeboten werden und Tesla ernsthaft anstrebt, Gewinne zu machen. Solange die Autos Verlustbringer sind und die Zahlungsbereitschaft der Luxusklassekundschaft ausgenutzt werden kann, ist es schwer, fundierte Aussagen zu treffen.

Die Tatsache, dass selbst Tesla nur eine recht schmale Garantie auf den Akku gibt – 8 Jahre, aber nur auf prinzipielle Funktionsfähigkeit ohne Kapazitätsgarantie – lässt mich etwas skeptisch zurück.

Letztlich gibt es sicherlich viele Kunden, deren tägliche Fahrleistung gering genug ist, um mit einem Elektroauto Vorlieb nehmen zu können. Aber es gibt wohl sehr wenige Kunden, die für weniger Auto mehr Geld ausgeben wollen. Und am Ende bleibt die Frage, ob die Kunden mit der geringeren Fahrleistung nicht sowieso mit einem Plugin-Hybrid besser bedient sind. Denn das Bessere ist des Guten Feind.

Die Doomer sind zurück

In den letzten Tagen wurde vermehrt wieder die (mediale) Sau der demnächst untergehenden Welt durchs Dorf getrieben. Der Living Planet Report des WWF beispielsweise.

Seit Jahrzehnten, mindestens aber seit der Zeit des Berichts an den Club of Rome (“Grenzen des Wachstums”) und “The Population Bomb” von Paul R. Ehrlich, grüßt jährlich (und manchmal auch täglich) das Murmeltier. Der Tenor ist stets derselbe: Die westliche Lebensweise ist eine Sünde, denn sie verbraucht zu viele Ressourcen. Wir versündigen uns an unseren Kindern, denn bekanntlich haben wir von denen die Erde nur geliehen. Im aktuellen Fall verbraucht die Menschheit die Ressourcen von 1,5 Erden, wir Deutschen hochgerechnet sogar von 2,5 Erden. Die Rohstoffe sind endlich und gehen zur Neige. Dazu noch ein Löffelchen “Peak Oil”-Panik – das Ende vom Öl ist schließlich ein bewährter Angstmacher. Artensterben ist auch immer ein Renner gewesen. Und immer häufiger die Forderung, man möge sich doch vegetarisch, besser aber noch vegan ernähren – nur so kann man die Welt retten.

Um mal eine nicht besonders mutige Prognose zu wagen: das Gerede vom Verzicht wird gar nichts ändern – insbesondere, weil die Prediger des Verzichts selbst eher der “Wasser predigen – Wein trinken”-Fraktion angehören und deshalb wenig glaubwürdig sind. Und man muss sich vor Augen halten, dass der größere Teil der Welt nicht besonders viel hat, auf das verzichtet werden kann. Es gibt einen enormen Nachholbedarf in punkto Wohlstand. Um es plakativ auszudrücken: der Inder, der Chinese, der Indonesier, der Brasilianer – sie alle streben nach einer Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse. Wer dort Verzicht predigt, wird entweder ausgelacht oder aus dem Land gejagt – und das zu Recht.
[Read more…]