US-Wahl live – in erträglicher Form

Wer auch immer die US-Präsidentschaftswahlen live verfolgen will, ohne die erneut katastrophale Berichterstattung auf ARD, ZDF, Sat1/Pro7, RTL, n-tv, WELT…ertragen zu müssen:

Ich empfehle den Tangle-Livestream auf YouTube. Jetzt.

Update am frühen Morgen – 04:52h Ortszeit (aka CET)

Georgia vermutlich an Trump. North Carolina vermutlich an Trump. Extrem enges Rennen in Wisconsin und Pennsylvania. Wenn Trump entweder Wisoncsin oder Pennsylvania gewinnt, dürfte das Rennen gelaufen sein. Decision Desk HQ scheint eine gute Adresse zu sein für Live-Auswertungen der Daten, also das, was man hierzulande “Hochrechnung” nennt.

Spannend: die “popular vote” ist extrem knapp (wenn auch bedeutungslos), auch ein Indikator, dass Trump eher das Rennen machen dürfte.

Trump oder Harris?

Am Vorabend der Wahl in den USA nochmal ein paar unsortierte Gedanken. Nach wie vor melden die Demoskopen hauptsächlich “nix genaues weiß man nicht”. Das Umfrageinstitut, dass bei der letzten Wahl 2020 die entscheidenden Ergebnisse in allen Swing States am genauesten vorhergesagt hat, hat derzeit Trump in praktisch allen Swing States vorne. Das Umfrageinstitut, dass 2016 und 2020 in Iowa am präzisesten vorhergesagt hat (deutlicher Vorsprung für Trump – Iowa ist daher diesmal nicht als Swing State in der veröffentlichten Debatte genannt), hat in seiner neuesten Umfrage zur allgemeinen Überraschung einen recht deutlichen Vorsprung für Harris gemessen.

Was folgt daraus? Nix genaues weiß man nicht. “Within the margin of error”, sagen die Spezialisten. Egal ob es um das (irrelevante) Ergebnis der “popular vote” geht (da hat Harris lange Zeit die Umfragen deutlich angeführt, inzwischen ist Trump je nach Institut knapp dahinter oder knapp davor) oder um das (relevante) Ergebnis in den Swing States wie Nevada, North Carolina, Wisconsin, Georgia, Arizona, Pennsylvania and Michigan.

Es gibt viele Theorien, was letztlich den Ausschlag geben wird. Kann Harris die Frauen mobilisieren mit ihrem Pro-Abtreibungswahlkampf (oder einfach nur, weil Frauen bevorzugt Frauen wählen, aber das hat Hillary Clinton auch nicht gerettet, aber Merkel)? Oder die Senioren mit ihrer “Trump ist ein Faschist”-Kampagne? Kann Trump bei den Latinos, den Schwarzen, den Männern überraschend gut abschneiden? Ich habe inzwischen so viele gut begründete Hypothesen gelesen (natürlich nicht in Presse und Rundfunk hierzulande, da ist man immer noch stramm auf Pro-Harris-Kurs, wie wenn die Wahl in Deutschland entschieden wird), das mir fast schwindelig wird.

Interessant fand ich Überlegungen, welcher Art wohl die Korrekturfaktoren mehrheitlich sein werden, die die Demoskopen in ihre Modelle eingebaut haben. Aus der jüngeren Vergangenheit weiß man, dass man teilweise die Republikaner-Wähler krass unterschätzt hat (2016) oder krass überschätzt hat (2022). Wie stark hat man da wohl gegengesteuert, und gegebenenfalls überkompensiert? Man weiß es nicht. Je mehr Details man liest, desto unklarer wird die Lage. Es ist ein bisserl wie beim Fußball: da hat vor dem Spiel auch jeder eine Meinung und eine Prognose, aber erst nach dem Spiel sind alle klüger.

Und dann wird ja auch noch für den Senat und das Repräsentantenhaus gewählt. Da sind die Demoskopen ebenfalls sehr sehr uneinig – der wahrscheinlichste Ausgang wird mit “Senat wird republikanisch, Repräsentantenhaus wird demokratisch” beschrieben.

Macht es am Ende überhaupt einen Unterschied, ob Trump oder Harris am Ende gewinnt? Keinen großen, denke ich. Die USA sind hoffnungslos gespalten, und egal wer gewinnt, die andere Seite wird mit Gewalt antworten. Ich befürchte, dagegen werden die oftmals als “Ausschreitungen” verniedlichten Zerstörungsorgien der Terroristen von BLM noch harmlos aussehen. Und es wird wieder Vorwürfe bezüglich Wahlbetrug geben. Und wenn man das US-Wahlsystem kennt, muss man diese für plausibel, wenn auch schwer nachweisbar halten. Eine Nation, die mangels Einrichtungen wie “Personalausweis” oder “Melderegister” nicht mal genau weiß, wer da eigentlich wählen darf und wer nicht, begibt sich mutwillig und gewollt in diese Position. Geliefert wie bestellt, um einen bekannten deutschen Blogger zu zitieren.

Eines kann man aus europäischer Perspektive jedenfalls festhalten: verschiedene Katastrophen, die angeblich ganz sicher eintreten, wenn Trump Präsident wird, wurden prognostiziert. Aber wirklich vorbereitet darauf hat man sich nicht. Ich sage nur Ukraine-Krieg. Ein absolutes Desaster, und ein erstklassiges Beispiel dafür, woher Politikverdrossenheit kommt: erst große Töne gespuckt, und dann fast drei Jahre nahezu das Gegenteil gemacht. Ob das allerdings reicht, um sich Harris als Präsidentin zu wünschen, nur um der hiesigen Politik die “Trump ist schuld”-Ausrede zu nehmen – so weit würde ich dann doch nicht gehen. Viele ihrer Positionen sind so eindeutig linksradikal, dass man es nicht übers Herz bringt, den Amis diese Präsidentin zu wünschen und von Herzen zu gönnen.

US-Präsidentschaftswahlen

Demnächst dürfen die US-Amerikaner, hierzulande liebevoll “die Amis” genannt, mal wieder ihren Präsidenten wählen. Trump oder Harris? Im Moment würde ich mein Geld auf Trump setzen. Warum, will ich gerne erläutern.

Ein Grund für den Sieg Trumps wird die Bilanz der Biden-Harris-Jahre sein. Kamala Harris versucht sich ja irgendwie als “die Neue, der frische Wind” zu inszenieren. Ab und zu, wenn der Interviewer nicht ein sorgfältig ausgewählter Demokraten-Fan ist, wird die Frage gestellt, was sie denn anders machen wird als die vergangenen vier Jahre. Diese Frage wurde noch nie sinnentfaltend beantwortet. Der Wähler muss also davon ausgehen: weiter wie bisher. Und das ist fatal, denn die letzten vier Jahre waren in so vielerlei Hinsicht katastrophal, dass sich kein vernünftiger Mensch eine Fortsetzung wünschen kann. Der wirtschaftliche Niedergang wurde nur mit Hilfe eines gigantischen kreditfinanzierten Konjunkturprogramm aufgehalten, und dank des KI-Hypes sind die meist aktienbasierten Altersvorsorgevermögen überdurchschnittlich gestiegen. Aber die ärmeren Bevölkerungsteile ächzen noch unter den Nachwirkungen der Rekordinflation, und die Mittelschicht kann sich dank Rekordzinsniveau (auch eine Nachwirkung der Inflation) den Traum vom Eigenheim nur noch schwer erfüllen. Aus deutscher Sicht sind das natürlich Luxusprobleme, weil die Gehälter in den USA deutlich höher sind als hierzulande, und die Steuern und Abgaben viel niedriger. Und die Vermögen viel höher. Aber hierzulande hat man sich mit dem Abstieg ja scheinbar arrangiert, es werden die letzten 30 Jahre ja stets dieselben Versagerparteien und -kanzler gewählt.

Ein weiterer Grund für den Sieg Trumps: die Schmierenkampagnen der linksaktivistischen Journaille, die in den USA die deutliche Mehrzahl stellt, verfangen nicht. Trump ist der Teflon-Mann. Er hat schon so viele krasse Sachen gesagt, dass jede neue krasse Geschichte mit einem Achselzucken von seiner Wählerschaft zur Kenntnis genommen wird. Dazu kommt, dass die Journaille schon recht häufig beim Lügen erwischt wurde – wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. Und wenn mal wieder eine Geschichte durch die Gazetten geistert aufgrund von “anonymen Quellen” – die Glaubwürdigkeit solcher Räuberpistolen ist halt unter dem Gefrierpunkt.

Noch ein Grund für den Sieg Trumps: die demokratische Kampagne und ihr Fokus auf “Trump-Dämonisierung”. Eigene Inhalte sind da weitgehend Fehlanzeige, keiner kann sagen, was nach einem Sieg von Harris für eine Politik ansteht. Und das Gerede von der großen Katastrophe, falls Trump Präsident wird, hat im Angesicht der ersten Amtszeit Trumps, die für die USA ja weitestgehend positiv verlief, halt sehr wenig Grundierung in der Realität. Noch ein Glaubwürdigkeitsproblem.

Und noch ein Grund für den Sieg Trumps: während Trump es schafft, die Probleme im Volk in einfachen Worten zu fokussieren, ergeht sich Harris in pseudointellektuellem Linkengebabbel. Da ist sie Hillary Clinton nicht ganz unähnlich. Dazu kommt das Glaubwürdigkeitsproblem ihres Vize-Running-Mates, der auch einmal zu oft beim Lügen erwischt wurde. Zusammen mit ihrer Vorgeschichte als unbeliebte, erfolglose und abgehobene Vizepräsidentin ist das schon eine Bürde für den Wahlkampf.

Ein letzter Grund für den Sieg Trumps: das lange Festhalten an Biden als Kandidat, um dann hopplahopp die Pferde zu wechseln ohne den demokratischen Wählern die Chance auf Mitsprache einzuräumen – ich halte eine Partei, die so agiert, schlicht für unwählbar. Das wird zu einem Mobilisierungsproblem für die Demokraten werden, und das könnte bei einem derart engen Rennen den Ausschlag geben.

Ob ich richtig liege? Wir werden sehen. Bisher ist das Rennen ja nicht gerade überraschungsarm gewesen – vom Trump-Attentat bis zum Biden-Rückzug gab es ja schon derart gravierende Game-Changer, da würde es mich nicht wundern wenn die Demoskopen ein erneutes Fiasko erleben und das Rennen ganz anders ausgeht.

Kamala Harris – eine Neuauflage des Martin-Schulz-Effekts?

Wie hierzublogs vorhergesagt, ist Biden aus dem Rennen. Überraschenderweise hat Harris das Zepter übernommen. Die Kamala Harris, die selbst in den linken Medien in den USA heftigst für diverse Aktionen und Äußerungen während ihrer Vizepräsidentschaft kritisiert wurde. Über die man während ihrer Zeit als Vizepräsidentin kein einziges gutes Wort gehört hat. Und die wirklich katastrophal schlechte Beliebtheitswerte hatte. Spannende Wahl.

Im Moment wird von einem gewaltigen “Momentum Shift” von Trump hin zum Duo Harris-Walz berichtet. Umfragen zeigen überwiegend in diese Richtung – Harris hat den Rückstand aus Biden-Zeiten mehr als wettgemacht, auch wenn die Umfragen bisher nur in der irrelevanten “popular vote”-Kategorie für Harris ausgehen, denn in diversen entscheidenden “Swing States” hat weiterhin Trump die Nase vorn. Aber solche Momentaufnahmen sind trügerisch, der Trend scheint mir klar.

Es erinnert mich jedenfalls an die Zeit, als Martin Schulz bei der SPD das Zepter übernahm, um Angela Merkel bei der Bundestagswahl 2017 herauszufordern. Mehr Hype war selten, Schulz wurde gar auf dem SPD-Parteitag mit 100% der Stimmen zum Vorsitzenden gewählt. Die SPD vermeldete eine wahre Flut an Neueintritten in die Partei. In den Umfragen gab es einen dramatischen Umschwung zugunsten der SPD. Dann wurde Schulz allerdings leichtsinnig und hat begonnen, sich zu Sachthemen zu äußern, und schon bei den ersten Tests, den drei Landtagswahlen vor der Bundestagswahl, scheiterte die SPD grandios. Der Schulz-Zug war entgleist, entpuppte sich als klassisches Strohfeuer – ob nun ausschließlich demoskopischer oder auch tatsächlicher Natur spielt eigentlich keine Rolle. Am Ende fuhr die SPD mit 20,5% der Zweitstimmen bei der Bundestagswahl das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte ein.

Äquivalent dazu hat sich Kamala Harris bisher zu keinem relevanten politischen Thema geäußert. Wer ihre Reden kennt, weiß: das ist eine sehr gute Idee. Die Harris-Walz-Kampagne versucht so eine Art “Begeisterung ohne Themen”-Wahlkampf zu führen, wie man es von Obama kannte. Die US-Medien reden deshalb teilweise im Moment von der “Honeymoon Phase” – viel Euphorie, aber nichts dahinter. Gegen eine Äquivalenz Schulz-Harris hingegen spricht, dass der Zeitraum, den Harris überleben muss, deutlich kürzer ist. Drei Monate Honeymoon scheint nicht aussichtslos zu sein. Aber es kommen noch bis zu drei Kandidaten-Fernsehdebatten, und dazu noch eine zwischen den Vize-Präsidentschaftskandidaten. Kaum einzuschätzen, wie das die Stimmungslage ändern wird. Die Geschwindigkeit, in der sich Harris von ihren vorherigen unpopulären Positionen schon entfernt hat, und gleichzeitig trotzdem im Ungefähren blieb, ist atemberaubend.

Übrigens hatte Harris schon einmal eine solche “Honeymoon Phase”: als sie sich zur Vorwahl der Demokraten zum Präsidentschaftskandidaten 2020 stellen wollte. Die Presse war begeistert, das Fundraising vermeldete Rekorde, aber nach schlechten Umfrageergebnissen stieg Harris schon vor der ersten tatsächlichen Vorwahl aus, und es gab den Zweikampf Biden-Sanders.

Spannend finde ich, dass nach meiner Beobachtung die Trump-Kampagne von der Harris-Nominierung kalt erwischt wurde, und immer noch recht planlos erscheint. Kein Plan B, alle glaubten an Biden als Gegner? Schwer zu glauben. Aber vielleicht sind die US-Wahlkämpfer ja auch nur Amateure mit Profi-Ruf. Oder sie haben mehr noch als die Demokraten an das Märchen vom fitten und wahlkampfbereiten Joe Biden geglaubt – schwer vorstellbar, aber was sonst sollte die Erklärung für diese Kopflosigkeit sein? Klar, dass ausgerechnet Harris Biden beerben würde, war vielleicht einfach nicht vorstellbar, wenn man den Harris-Track-Record als Vize und ihre allgemeine Unbeliebtheit kannte. Jedenfalls erscheint im Moment Trump und seine Wahlkampfstrategie sehr Ich-bezogen und eher rückwärtsgewandt, ganz im Gegensatz zur erfolgreichen 2016er Kampagne. Ich halte das für einen dramatischen Fehler.

Und macht nun Trump das Rennen, oder Harris? Das wird jetzt auf den Wahlkampf-Schlussspurt ankommen. Wer weniger Fehler macht, gewinnt. Wobei die unklare Verfassung der US-Wirtschaft auch den Ausschlag geben könnte – rutschen die USA auch nur in die Nähe einer Rezession, vielleicht inklusive wirkungsloser FED-Zinssenkungen mit Anfachen erneuter inflationärer Tendenzen, dann neigt der US-Wähler gerne zum Regierungswechsel. Das Rennen gegen Biden hätte Trump fast sicher gewonnen, aber jetzt scheint die Sache offen. Gegen Harris spricht definitiv, dass sowohl sie selbst als auch ihr Vize im politischen Spektrum der Demokraten eher links einzuordnen sind. Gewöhnlich wählt der US-Wähler nicht so weit links, aber bei Trump könnte er schon mal eine Ausnahme machen – ähnlich wie damals bei Trump gegen Clinton die ABC-Wähler (“Anything But Clinton”) den Ausschlag gegeben haben. Als Biden noch im Rennen war, war es ja auch noch extrem knapp, Trump war noch leicht in Führung – und das beim damals schon offensichtlichen schlechten Gesundheitszustand von Biden. Das spricht dafür, dass es eine Menge “niemals-wieder-Trump-Wähler” gibt, die zudem wohl kaum der Wahlurne fernbleiben werden. Ich bin gespannt. Und glaube derweil, erfüllt von unbegründetem Optimismus, dass – äquivalent zu meiner Überzeugung damals, als Merkel nicht mehr antrat – es nicht mehr schlimmer kommen kann, als es unter Biden war. Famous last words.

Aus meiner Sicht wird die Immigrationsdebatte der wahlentscheidende Punkt sein. Es ist schwer vorstellbar, dass Kamala Harris da in der öffentlichen Wahrnehmung als Siegerin hervorgeht – sie war mit dem Thema “Grenzsicherung zu Mexiko” beauftragt und hat da ein ganz schlechtes Bild abgegeben. Die Wähler werden sich daran erinnern. Ihr Vizepräsidentenkandidat hat auch ein paar sehr dunkle Flecken bezüglich “Innere Sicherheit” auf seiner weißen Weste (Stichwort Black-Lives-Matter-Unruhen). Ob Trump aber den Elfmeter verwandelt, daran habe ich Zweifel. Nach meiner Wahrnehmung konzentriert er sich zu sehr auf die Person – sowohl seine eigene als auch seines Gegners – anstatt auf seine einfachen, klaren Botschaften zu diversen Sachthemen, wie er es im Wahlkampf 2016 erfolgreich gemacht hat. Aus meiner Sicht ein klarer Fehler, aber ob der sturköpfige Trump sich da belehren lässt? Ich habe Zweifel.

Keine Zweifel habe ich hingegen, dass die Demoskopen im Moment überhaupt keinen Plan haben. Denn das, was in den letzten paar Wochen alles stattfand – der katastrophale Biden-Auftritt im ersten TV-Duell, das missglückte Trump-Attentat, der Biden-Rückzug mit nachfolgender Harris-Nominierung – sorgt dafür, dass sozusagen die “Baseline” für die Umfragen überhaupt nicht klar ist. Alles, was da passiert ist, hat überhaupt keine geschichtlichen Vorbilder. Dementsprechend gibt es auch keine Daten zur Absicherung von Auswirkungen auf das Wahlverhalten in irgendeiner Form. Das wird die Demoskopen und vor allem die sie dankbar zitierende Presse jedoch kaum davon abhalten, jeden Tag neue Umfrageergebnisse zu publizieren und zu kommentieren.

Randnotiz: Teile der deutschen Presse betätigen sich auch diesmal wieder als totale Noobs bezüglich US-Politikdetails. Wo immer man lesen kann, dass Kamala Harris als “liberal” gilt: das ist einfach falsch übersetzt, das deutsche “liberal” ist in den USA “libertarian”, während das US-“liberal” sich am ehesten mit “linksliberal” übersetzen lässt. Bei manchen Standpunkten von Harris wäre wohl auch “linksradikal” oder “linksextrem” angebracht.

Biden wird aus dem Rennen aussteigen

Zeit für eine Vorhersage zur US-Präsidentschaftswahl. Ich sage voraus, dass Biden – innerhalb der nächsten zwei Wochen – aus dem Rennen aussteigen wird.

Der Kontrast zwischen beiden Bewerbern wurde in den letzten Wochen bis in den letzten Winkel der USA überdeutlich transportiert: ein gebrechlicher, am Rande der Demenz wandelnder, müder und augenscheinlich kranker Joe Biden auf der einen Seite, ein vitaler, motivierter Donald Trump auf der der anderen Seite. Dann die Nachrichten von immer mehr einflussreichen Demokraten, zuletzt Barack Obama, die Biden mehr oder weniger unverblümt zum Verzicht aufrufen. Dann das Attentat auf Trump, das erneut unter Beweis gestellt hat, dass Trump topfit und zudem mit allen Medienwassern gewaschen ist.

Biden wird jetzt erkennen, dass er die Wahl nicht gewinnen kann. Und wenn er nicht ein noch viel schlimmerer Egoist ist als ich befürchte, wird er den Weg frei machen für eine Alternative der Demokratischen Partei (wer auch immer das sein wird). Ich gehe davon aus, dass seine Frau Jill Biden, die vermutlich schon aus nicht ganz uneigennützigen Gründen ihrem Ehemann Joe die erneute Kandidatur nahegelegt hat, ihm das jetzt nahebringen wird. Ich glaube nicht, dass die Demokraten “putschen” werden, aber ich glaube, dass der Druck innerhalb der Partei so groß sein wird, dass Joe Biden “freiwillig” und großherzig seinen Verzicht erklären wird. Seine jetzige bekanntgewordene COVID-19-Erkrankung bietet eine gute Gelegenheit, aus gesundheitlichen Gründen den Verzicht zu verkünden.

Das alles setzt voraus, dass da letzte Reste von Verantwortungsgefühl für die eigene Partei vorhanden sind. Da bin ich mir nicht sicher, auch anderswo gilt Biden als Sturkopf. Aber vielleicht hat er ja noch den einen lichten Moment.

Biden hat das Momentum klar gegen sich. Trump eilt von einer positiven Nachricht zu nächsten und befindet sich klar im Aufwärtstrend. Von Biden hingegen gab es zuletzt nur schlechte Nachrichten, beispielsweise als er beim NATO-Treffen Präsident Selenskyj mit Putin verwechselt hat. Da sind Leute schon wegen weniger aus dem Amt entfernt worden.

Der Biden-Reality-Check

Es war das erste ernstzunehmende Event im aktuellen US-Präsidentschaftswahlkampf: die erste TV-Debatte zwischen Donald Trump und Joe Biden.

Zur Überraschung von genau gar niemandem, der die gravierenden gesundheitlichen Probleme und den drastischen Absturz der kognitiven Fähigkeiten von Joe Biden bei seinen öffentlichen Auftritten in den letzten zwei bis drei Jahren mitverfolgt hat, entpuppte sich das TV-Duell als eine einzige Katastrophe für die Demokraten und Joe Biden. Sogar Biden wohlgesonnene Berichterstatter sahen sich genötigt, die Katastrophe genau als solche zu bezeichnen. Selbst für die Gewohnheitslügner in den US-Medien war die Sache so drastisch, dass sich keiner mehr getraut hat, das übliche Maß an Realitätsleugnung an den Tag zu legen.

Jetzt rätsle ich nur noch, ob die plötzlich erscheinenden Medienartikel – gerade im strammen Pro-Biden-Lager von CNN über die Washington Post bis zur New York Times – über das Fitnessproblem von Biden und die zaghaften Stimmen aus dem Demokraten-Lager, ob man nicht doch lieber den Kandidaten wechseln sollte, weil wohl niemand “with a straight face” den Wählern erklären kann, dass Biden die nächsten vier Jahre durchhalten kann, allesamt einem plötzlichen Moment der Erkenntnis (“seeing is believing”) entspringen, oder ob man nun endgültig einsieht, dass die Wähler einem Joe Biden in diesem Zustand wohl kaum zutrauen werden, das Amt des Präsidenten kraftvoll auszufüllen.

Ich kann mich gar nicht entscheiden, was die traurigere politische Lage ist: die USA mit ihrer Auswahl zwischen Trump oder Biden, oder Deutschland mit der links-grünen Einheitsfront bestehend aus SPD-Grüne-Linke-BSW-CDU-CSU-FDP und der unsäglichen Ampel-Regierung mit dem unbeliebtesten Bundeskanzler aller Zeiten. Übrigens ein gemeinsames Merkmal von Scholz und Biden.

Es könnte natürlich aber auch sein, dass der Fall “Joe Biden” mal in die Geschichtsbücher eingeht als der endgültige Beweis, dass der US-Präsident im großen Spiel der Dinge eigentlich keine große Rolle spielt.

Müsste ich wetten, würde ich auf einen Kandidatenwechsel der Demokraten kurz vor der Wahl setzen. Lang genug vorher, um das Gesicht bei den Wählern zu etablieren, aber auch kurz genug vorher, dass nicht mehr allzu viel schmutzige Wäsche auftauchen kann. Bleibt die Frage: haben die Demokraten überhaupt einen solchen geeigneten Kandidaten, und wenn ja, warum hat der nicht Joe Biden schon vor zwei Jahren als Präsident abgelöst? Oder wäre schon vor vier Jahren in den Wahlkampf gezogen?