Der nicht mehr ganz so neue Mercedes-Chef Ola Källenius hat einen doch recht drastischen Strategiewechsel für die Marke Mercedes verkündet (oder ist es Mercedes-Benz? Am besten, man macht es wie die Badener und nennt alles einen „Benz“ oder wie die Schwaben, für die alles ein „Daimler“ ist). Man will die „Einstiegsklassen“ A-Klasse und B-Klasse auslaufen lassen und sich ganz auf das gehobene Segment und das Luxussegment konzentrieren. Spötter werden sagen: rein von den Preisen her war das ja auch schon die letzten Jahrzehnte so, vor allem aber nicht nur im Bereich Werkstatt-, Inspektions- und Ersatzteilkosten. Manchmal waren die Preise das einzige, was auf „Premium“ hingewiesen hat. Aber ich schweife ab.
Nun sind Strategiewechsel „beim Daimler“ nichts besonders neues oder seltenes. Mal sind es kleinere (man erinnere sich an die Einführung des „190er“ als „Baby-Benz“, der das Oberklasse-Angebot damals zur Mittelklasse hin abrundete), mal größere (Kauf von Chrysler, von manchen als „Merger of Equals“ verbrämt), oder so mittelgroße (A-Klasse und Smart als Einstiegs-Kleinwagen, die neue A-Klasse als jugendlich-sportliches Modell für eine neue Zielgruppe). Und neuerdings die „wir setzen alles aufs E-Auto, und auf China“ das schon ein paar alte Zöpfe wie „T-Modell? Braucht keiner, die bekommen stattdessen alle SUVs“ abgeschnitten hat. Nun also die Rückkehr zur Luxus-Strategie. Erfahrenen Marktbeobachtern schießt da direkt der Maybach-Flop in den Hinterkopf.
Witzig an den ganzen Strategiewechseln ist ja letztlich, dass die Begründungen für egal was durchaus plausibel sind – und man beim Strategiewechsel nie erklärt, warum die diversen Gründe des vorherigen Strategiewechsels nicht mehr vorhanden sind oder gar nie vorhanden waren oder sich nicht wie gedacht ausgewirkt haben. Beispiel: vor geraumer Zeit argumentierte man gerne mit den dringend benötigten Skaleneffekten, und dass Autobauer unter einer Stückzahl von einer Million Fahrzeuge pro Jahr ganz sicher nicht auf Dauer bestehen können werden – das war damals die Begründung für die Chrysler-Fusion, und auch beispielsweise bei BMW für das teure und eher erfolglose Rover-Abenteuer (von dem immerhin Mini als lukrativer Nebenerwerb übrig geblieben ist). Generell erkennt man – um es mal ganz abstrakt zu sehen – das alte Muster vom Management-Strategiependel zwischen „Konzentration auf das Kerngeschäft“ und „Breite Aufstellung, um das Schwankungsrisiko einzelner Marktsegmente abfedern zu können und Skaleneffekte zu erzielen“.
Nun also die hauptsächlich-Luxus-Strategie. Wegen der höheren Gewinnspanne pro Fahrzeug, wegen des Wegfalls der Notwendigkeit die CO2-Bilanz durch Kleinwagen zu schönen, vielleicht auch wegen fehlender Ideen, wie man im Brot-und-Butter-Segment ein absurd schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis erklären will. Man wird sehen, wie sich das ausgeht – wetten würde ich derzeit nur, dass wir in spätestens 10 Jahren eine signifikante Neuausrichtung dieser Strategie sehen werden. Vermutlich mit ein paar altbekannten Argumenten aus den 80ern und 90ern. Besonders witzig wird es, wenn die Regierungen dieser Welt die Idiotie „Elektroautos stoßen 0g CO2 aus, weil der Strom ja aus der Steckdose kommt“ kassieren werden (und die Idiotie „Herstellerflottenverbrauch“ aber gleichzeitig unangetastet bleibt) und es für Mercedes „zurück auf Los“ heißt. Strategien, die auf politische Willkür angewiesen sind, halte ich für eher gefährlich.