Der problematische Ort

Trump wird sich voraussichtlich mit Putin treffen. Spiegel Online berichtet, Focus Online ebenso.

Der Tenor ist klar: Alaska! „Ausgerechnet Alaska“! Ein „höchst problematischer Ort“ für so ein Treffen! Ein „geopolitisches Schachmatt an den Westen“. Ja, „Schachmatt an“, weiß auch nicht, wer diese grammatikalische Konstruktion in der deutschen Sprache für gebräuchlich hält. Vielleicht eine KI.

Offenbar haben unsere Qualitätsjournalisten nur Menschen (oftmals irreführend als „Experten“ bezeichnet) gefunden, die Alaska als Ort für problematisch halten. Oder sie haben gar nicht erst andere Blickwinkel gesucht und routiniert ihre Quellen mit TDS genommen, so wie quasi immer, wenn es um Trump geht. Es gilt stets die maximal schlechte Interpretation zu wählen bei allem, was Trump sagt und tut – das ist quasi Grundkonsens im deutschen Qualitätsjournalismus.

Ich will mal kostenlos ein paar Interpretationen zur Verfügung stellen, die mindestens ebenso plausibel und naheliegend sind wie die, die ich bisher in den Qualitätsmedien gelesen habe. Ausnahmsweise erlaube ich, wörtlich zitiert zu werden, auch von kommerziellen Medien. Und los geht’s. Der Einfachheit halber liefere ich die Anführungszeichen gleich mit, das erlaubt direktes Copy&Paste, d.h. es kommt der heutigen Arbeitsweise der Qualitätsjournalisten so weit wie möglich entgegen. Als Quelle bitte „hubersn, Weltexperte für alle Fragen zu Russland, Trump und überhaupt“ angeben.

„Putin von Trump gedemütigt – Treffen findet in den USA statt anstelle wie erwartet auf neutralem Boden.“

„Gerade Alaska ist ein symbolträchtiger Ort – ehemals russisch und bettelarm, gehört es heute zu einer der reichsten Nationen der Welt, mit hohem Lebensstandard und immensem Wohlstand. Und das trotz den geografisch extrem ungünstigen Voraussetzungen. Das Signal ist klar – Anschauungsunterricht für Putin, warum so viele Menschen auf der Welt auf keinen Fall zur russischen Einflusssphäre gehören wollen. Genau wie die Ukrainer, die keine Lust haben, wie Weißrussland als russischer Vasallenstaat zu enden.“

„Trump hat den Ort des Treffens geschickt ausgewählt. Alaska gehörte bekanntlich früher einmal zum russischen Zarenreich, wurde dann aber – friedlich und in gemeinsamem Einvernehmen – von den USA den Russen abgekauft. Ein deutliches Signal von Trump, dass das die einzig akzeptable Art und Weise ist, wie Grenzen verändert werden dürfen.“

Was am Ende dabei rauskommt, wird spannend sein. Für Putin steht viel auf dem Spiel – er kann es sich nicht leisten, Trump zu verärgern, weil Trump weltweit der Einzige ist, der ihm seine zurück-zum-großrussischen-Reich-Strategie nachhaltig versauen kann. Es wäre für Trump ein Leichtes, die Ukraine mit den notwendigen Fähigkeiten auszustatten, die Russen empfindlich zu treffen. Auch die Strafzölle für Länder, die weiter von Russland Öl kaufen, sind ein sehr scharfes Schwert – wirtschaftlich steht Russland ziemlich nackt da, wenn der Rohstoffexport unter Preisdruck gerät, denn der russische Export basiert im Prinzip auf zwei Dingen: Rohstoffe und Waffen. Und die Waffen braucht Putin dringend selbst.

Umsatz? Gewinn? Egal!

Es hätte ein Blog-Post über den derzeitigen (Zu-)Stand der Automobilindustrie werden können. Über E-Autos. Die sich eher schlecht entwickelnde Premium-Strategie von Ola, über die ich schon vor mehr als drei Jahren eher skeptische Worte veröffentlichte. Über Teslas (vorübergehenden?) Niedergang. Über die aktuellen Probleme bei Stellantis. Über das unendliche Hybrid- vs. reine-Lehre-Thema. Alleine über BYD könnte man viel Interessantes schreiben.

Und dann kam da dieser Artikel auf FOCUS Online (in Kooperation mit motor1.com) zum Halbjahresergebnis von Porsche. Darin steht (oder stand, falls er irgendwann hoffentlich korrigiert wird!) wörtlich: „Der operative Gewinn des Sportwagenbauers Porsche ist im zweiten Quartal in den Keller gerauscht. Die Zuffenhausener verbuchten einen Umsatzeinbruch von 91 Prozent.“

Also, liebe Qualitätsjournalisten, es gibt da diesen kleinen, aber nicht unerheblichen Unterschied zwischen „Umsatz“ und „Gewinn“. Wenn irgendjemand diesen Text vor Veröffentlichung querliest, muss ein solcher Umsatzeinbruch sofort und direkt als völlig unplausibel auffallen. Und tatsächlich: andere Journalisten waren in der Lage, korrekt die Zahlen wiederzukäuen: der Gewinnrückgang ist 91%, der Umsatzrückgang 12,5%.

Das ist zwar ganz erheblich, aber jetzt auch kein Grund zur Panik: bei Porsche sind eine Vielzahl von bekannten Problemen am Werk, die man nur teilweise unter Kontrolle hat: die anstehenden US-Zölle. Der schwache Dollar, der gravierend in die Marge frisst (Nordamerika macht ungefähr 30% des Porsche-Umsatzes aus). Die Unwilligkeit der reichen China-Kundschaft, weiterhin Porsche-Preise zu zahlen, während andere Premium-Hersteller inklusive der hippen heimischen Hersteller sich einen Preiskrieg liefern. Der verfrühte Umbau der Produktpalette im Hinblick auf die E-Mobilität inklusive Verpassen des gerade in China wichtigen Angebots an Plugin-Hybrid-Modellen. Die derzeit deutlich geringeren Margen bei E-Autos gegenüber den guten alten Verbrennern. Und weil Porsche auch öfter mal Audi-Technologie übernimmt, sind die dortigen Entwicklungsverzögerungen auch ein Problem. Und der VW-Konzern ist zwar im Butter-und-Brot-Bereich technologisch ganz gut aufgestellt, aber im Premium-Bereich kann Porsche da nicht auf den Konzern zählen. Ich sage mal „Cariad“.

Dass VW- und Porsche-Chef Blume hier jetzt die Alarmglocken läutet, ist klar – notleidende Konzerne haben eher mal die Möglichkeit, bei Tarifverhandlungen und Personalabbau gute Argumente ins Feld zu führen als wenn das Geschäft brummt. Aber man muss auch mal in die Historie von Porsche schauen. Ein paar wild herausgegriffene Zahlen: in Deutschland seit 2000 den Marktanteil verdreifacht. Damals lag der weltweite Umsatz bei rund 4 Mrd. €, 2023 lag dieser dann schon bei über 40 Mrd. €. Der Vorsteuergewinn lag stets über 10% des Umsatzes – unanständig viel, könnte man sagen. 2023 waren es gar sensationelle 7 Mrd. €.

Die offiziellen Zahlen für das zweite Quartal liegen noch nicht vor, aber die Berichterstattung redet von 8,3 Mrd. € Umsatz und 154 Mio. € Gewinn. Klingt erst mal nach „Sondereffekte“ bezüglich des Gewinns – bin gespannt, was am 30.7. veröffentlich wird. Es könnte auch sein, dass die exorbitanten Margen nun einfach der Vergangenheit angehören. Umsatztechnisch würde man eher an die Jahre 2018-2020 anknüpfen. Da kann der nicht zur Panik neigende Beobachter doch erst mal aufatmen. Die Zeit der Höhenflüge und des Dauerwachstums vor allem dank China ist vorbei, aber von existenzieller Krise wie Ende der 80er und Anfang der 90er des vergangenen Jahrhunderts ist man doch noch sehr weit entfernt. Auch wenn die Politik alles dafür tut, den Industriestandort Deutschland zu schwächen.

Angesichts der angeblich ultrateuren Aufholjagd mit absurd hohem Investitionsvolumen bei der Elektromobilität muss man allerdings festhalten, dass vor allem BMW und Porsche immer noch erstaunlich stabile Gewinne ausgewiesen haben.

Wenn man 1 nicht von 2 unterscheiden kann (oder will)

Kleine Medienkompetenzübung. Wenn Fefe über Kernenergie schreibt, gilt es stets, genau hinzuschauen – wie generell bei Ihm bei nicht-IT-Themen. Er ist natürlich clever genug, nicht direkt zu lügen (zumindest, wenn man sehr sehr gnädig interpretiert), aber was er schreibt scheint bewusst vage und kann den unbedarften Leser in die Irre führen.

Deshalb kurz die Fakten zusammengefasst: Der 1979 havarierte Reaktor ist TMI-2. Die jetzt geplante Reaktivierung zur Erzeugung von mehr CO2-freiem Strom hingegen soll mit dem Reaktor TMI-1 passieren, der nach dem Unfall vorsichtshalber abgeschaltet wurde, aber dann von 1985 bis 2019 einwandfrei lief und dann aufgrund des totregulierten US-Strommarktes nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war. Dank des ausufernden Stromverbrauchs der diversen IT-Hobbies wie „Cloud-Rechenzentrum“ und „KI“ steigt nun allerdings seit Jahren der Bedarf an zuverlässiger Stromerzeugungskapazität, und weil Wind, Sonne und Akkus es nicht bringen, muss man halt wieder auf bewährte Technik zurückgreifen. In diesem Falle soll Microsoft der Abnehmer sein – die haben vermutlich gemerkt, dass bei 24/7-Bedarf die Kernenergie in preislicher Hinsicht nicht zu schlagen ist unter den CO2-armen Stromerzeugungsmethoden.

Da natürlich kein Kommentar zur Kernenergie ohne Tschernobyl-Referenz auskommt: die Situation mit „Unfall in TMI-2, TMI-1 erzeugte danach noch jahrelang Strom“ entspricht ungefähr der Situation bei Tschernobyl Block 4 (Super-GAU) vs. Tschernobyl Block 1-3 (Stromproduktion bis 1991, 1996, 2000). Nicht mal beim bisher schlimmsten Kernenergie-Unfall der Menschheitsgeschichte traf das Lügenmärchen der Anti-Atom-Schwurbler „ganze Landstriche für Millionen Jahre nicht mehr nutzbar“ zu.

Der Unfall von TMI-2 ist in mehrerlei Hinsicht sehr interessant und ich empfehle jedem, der ein tieferes Interesse an Kernenergie hat, die Details zu studieren. Für den Hausgebrauch reicht es aber eigentlich, die Essenz des Ganzen zur Kenntnis zu nehmen: ohne gravierende externe Katastrophe (Tsunami, Meteoriteneinschlag, Extremerdbeben) schafft es ein Leichtwasserreaktor westlicher Bauart dank der diversen Sicherheitsbarrieren selbst bei gravierenden Bedienerfehlern maximal zu einer partiellen Kernschmelze, und der Gefahrenbereich endet am Kraftwerkszaun. Die Äquivalentdosis durch die freigesetzte Radioaktivität für die Anwohner der Umgebung war ungefähr „die Hälfte einer Röntgenuntersuchung der Brust“ oder etwa ein zweihundertstel der Jahresdosis durch natürliche Radioaktivität (US-Durchschnitt). Demzufolge wurden in den vielen Studien auch nie seriöse Hinweise auf gesundheitliche Auswirkungen jedweder Art gefunden.

Unterm Strich: genau wie Fukushima zeigt der Unfall von TMI-2 eindrucksvoll, wie sicher schon in den 70ern Kernkraftwerke waren. Und im Gegensatz zu Deutschlands Zerstörungswahn zeigt sich auch: das Einmotten eines funktionsfähigen Kraftwerks ist eine gute Idee, denn das kann man immer mal wieder brauchen, wenn sich die Umstände ändern. In diesem Falle bedurfte es nicht mal eines russischen Angriffskrieges.

Auch interessant: die „operating license“, vergeben durch die als eher kernenergiefeindlich bekannte NRC (aus deutscher Sicht wäre es vergleichbar mit einer von Jürgen Trittin geleiteten Behörde, allerdings nochmal deutlich teurer für die Betreiber), wurde 2009 verlängert bis zum Jahr 2034 – der Reaktor 1 ist 1974 in Betrieb genommen worden. Die Reaktivierungspläne sehen eine weitere Verlängerung auf 2054 vor. Ein gutes Beispiel für den Fall, dass mal wieder ein Unwissender argumentieren will, dass die im Vergleich jüngeren deutschen Reaktoren der (Vor-)Konvoi-Linie irgendwie schon am Ende ihrer möglichen sicheren Laufzeit angekommen wären. Nein, die 40 Jahre waren nur eine angedachte Mindestlaufzeit, aber wie andere Länder zeigen, sind 60 Jahre überhaupt kein Problem. Und vermutlich nicht mal 80 Jahre. Ein qualitativ hochwertiges KKW ist ein echter Langläufer. Außer in Deutschland natürlich, dem Land mit der dümmsten Energiepolitik weltweit.

Die US-Präsidentenwahl und die Zukunft des Journalismus

Als Propagandaverächter, Faktenverehrer und Liebhaber der deutschen Sprache ist die deutsche Medienlandschaft für mich ein einziges Grauen. Besonders alles rund um Wahlen, an denen Donald Trump teilnimmt, verursacht körperliche Schmerzen. Ausnahmslos ist die Presselandschaft ebenso untauglich wie unappetitlich, Fakten muss man mit der Lupe suchen, wildeste Behauptungen werden einfach so in den Raum gestellt und halten nicht mal einer 30s-Recherche stand.

Auf der Suche nach alternativen Informationsquellen vor allem in Sachen USA bin ich nun bei drei einigermaßen unabhängigen kostenlosen Mailings hängen geblieben. Für den allgemeinen Überblick nutze ich das 1440 Daily Digest. Hier werden nicht nur politische Themen angesprochen (und das in einer wohltuend unaufgeregten, faktenorientierten Art), sondern auch Kunst, Kultur und Wissenschaft kommen nicht zu kurz. Alles sehr US-lastig, aber kurz und kompakt. Empfehlenswert. Für Wirtschaftsthemen habe ich „The Daily Upside“ ausgewählt. Der Querschnitt der ausgewählten Themen gefällt mir gut, die Texte sind auch für Nichtexperten gut zu lesen und enden oft mit einer witzigen Pointe. Zuletzt noch mein absoluter Favorit aus der Kategorie „Politik Deep-Dive“: Tangle. Im täglichen Tangle Newsletter steht ein typischerweise US-lastiges Thema im Mittelpunkt. Nach einer kurzen Übersicht zum Thema kommen je drei Pressestimmen zu diesem Thema aus dem eher linken und dem eher rechten Lager zusammengefasst und anständig zitiert zu Wort. Dann gibt es die Sektion „My Take“, wo der Tangle-Herausgeber Isaac Saul seine Sicht der Dinge kundtut. Und er tut das in einer sehr ausgewogenen, überlegten, kühl argumentierenden Art und Weise. Egal ob ich mit seinen Einschätzungen übereinstimme oder nicht – es gibt hier immer interessante Denkanstöße und Überlegungen, die einen zum Nachdenken anregen.

Deshalb will ich jedem ans Herz legen, zumindest bis zur Präsidentschaftswahl den Tangle-Newsletter zu abonnieren. Es ist kostenlos, und es erweitert den Horizont. Und es ist ein so angenehmer Kontrast zum typischen hiesigen Mediengeplapper – Trump böse, und Harris lächelt so nett. Und selbst der Trump-Beführworter bei Maischberger hat sich ein wenig in Kamala verliebt! Wer also genauso müde von den (möglicherweise mangels intellektueller Kapazität unfreiwilligen) Desinformationskampagnen hiesiger Medien ist wie ich – subscribe now!

Die Art und Weise, wie Tangle arbeitet, verleitet mich sogar zur vagen Hoffnung, dass wir hier die Zukunft des Journalismus sehen. Ich stelle mir das so vor: zu jedem Themengebiet gibt es ja echte Experten. Viele schreiben Blogs oder machen YouTube-Videos oder treiben sich in Foren herum. Themen kommen in diesem Zielszenario als neutrale Meldungen über Presseagenturen in den News-Kreislauf. Die Experten äußern sich dazu. Die Journalisten sammeln die Kernpunkte der Experten und stellen so ein breites Meinungssprektrum zusammen. Wer wenig Zeit hat, liest halt kompaktere Zusammenfassungen, wer viel Zeit hat, folgt direkt den Quellen für die Themen, die ihn interessieren.

Das hätte unglaublich viele Vorteile: die intellektuelle Eingeschränktheit der heutigen Journaille würde gar nicht mehr ins Gewicht fallen, und man müsste sich nicht mehr meterweise durch Propaganda graben, um an die wenigen Fakten-Nuggets zu kommen. Und die mangelhaften Deutschkenntnisse heutiger Journalistensimulanten würde auch nicht mehr so stören, weil nur noch ein paar Zitate per Füllwörter aneinanderegeklebt werden müssen.

Ja, die Idee gefällt mir gut. Bis das in der Breite nach meinen Wünschen umgesetzt ist, suche ich nach weiteren Exemplaren der Kategorie „Tangle“. Das Problem in Deutschland ist, dass man ja gar nicht drei eher rechte Pressestimmen heraussuchen könnte, weil es die bekanntlich nicht mehr gibt. Dreimal linksextrem und dreimal mitte-links wäre das Maximum an Spreizung, das man hierzulande hinkriegen könnte. Auf ein „deutsches Tangle“ muss also keiner warten. Wird es nicht geben.

Content Creators, Influencer, Journalisten

In der Berichterstattung über den DNC, den großen Präsidentschaftskandidatenkrönungsparteitag der Demokraten in den USA, wurde ein offenbar wichtiges Detail immer wieder erwähnt: während Content Creators und Influencer, also alles was auf YouTube und TikTok und Instagram (und vielleicht auch noch einer auf Facebook) rumspringt, umhegt und gepampert wurden, blieb für die „klassischen“ Journalisten größtenteils nur die Holzbank.

Da fragt sich der geneigte Beobachter natürlich, was denn jetzt der Unterschied zwischen den „neuen sozialen Medien“ und dem klassischen Journalismus ist. Influencer werden gerne als Fanboys beschrieben, einseitig berichtend, nicht objektiv, keinen journalistischen Standards verpflichtet. Hört sich für mich an wie genau die Art von „Haltungsjournalismus“, wie ich sie die letzten 20 Jahre in Deutschland beobachtet habe. Dass sich ausgerechnet jetzt diese Haltungsjournalisten darüber beschweren, dass andere bevorzugt werden, entbehrt nicht einer gewissen Komik.

Vielleicht müsste man generell das Wording überarbeiten. Nachdem Journalismus im eigentlichen Sinne kaum mehr existiert, könnte man einfach „Influencer in den sozialen Medien“ und „Influencer bei Zeitungen“ und „Influencer beim Fernsehen“ und „Influencer beim Rundfunk“ sagen. Nicht, dass aus Versehen jemand mit dem Wort „Journalist“ Hoffnungen auf neutrale, objektive Berichterstattung verbindet.

Kamala Harris – eine Neuauflage des Martin-Schulz-Effekts?

Wie hierzublogs vorhergesagt, ist Biden aus dem Rennen. Überraschenderweise hat Harris das Zepter übernommen. Die Kamala Harris, die selbst in den linken Medien in den USA heftigst für diverse Aktionen und Äußerungen während ihrer Vizepräsidentschaft kritisiert wurde. Über die man während ihrer Zeit als Vizepräsidentin kein einziges gutes Wort gehört hat. Und die wirklich katastrophal schlechte Beliebtheitswerte hatte. Spannende Wahl.

Im Moment wird von einem gewaltigen „Momentum Shift“ von Trump hin zum Duo Harris-Walz berichtet. Umfragen zeigen überwiegend in diese Richtung – Harris hat den Rückstand aus Biden-Zeiten mehr als wettgemacht, auch wenn die Umfragen bisher nur in der irrelevanten „popular vote“-Kategorie für Harris ausgehen, denn in diversen entscheidenden „Swing States“ hat weiterhin Trump die Nase vorn. Aber solche Momentaufnahmen sind trügerisch, der Trend scheint mir klar.

Es erinnert mich jedenfalls an die Zeit, als Martin Schulz bei der SPD das Zepter übernahm, um Angela Merkel bei der Bundestagswahl 2017 herauszufordern. Mehr Hype war selten, Schulz wurde gar auf dem SPD-Parteitag mit 100% der Stimmen zum Vorsitzenden gewählt. Die SPD vermeldete eine wahre Flut an Neueintritten in die Partei. In den Umfragen gab es einen dramatischen Umschwung zugunsten der SPD. Dann wurde Schulz allerdings leichtsinnig und hat begonnen, sich zu Sachthemen zu äußern, und schon bei den ersten Tests, den drei Landtagswahlen vor der Bundestagswahl, scheiterte die SPD grandios. Der Schulz-Zug war entgleist, entpuppte sich als klassisches Strohfeuer – ob nun ausschließlich demoskopischer oder auch tatsächlicher Natur spielt eigentlich keine Rolle. Am Ende fuhr die SPD mit 20,5% der Zweitstimmen bei der Bundestagswahl das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte ein.

Äquivalent dazu hat sich Kamala Harris bisher zu keinem relevanten politischen Thema geäußert. Wer ihre Reden kennt, weiß: das ist eine sehr gute Idee. Die Harris-Walz-Kampagne versucht so eine Art „Begeisterung ohne Themen“-Wahlkampf zu führen, wie man es von Obama kannte. Die US-Medien reden deshalb teilweise im Moment von der „Honeymoon Phase“ – viel Euphorie, aber nichts dahinter. Gegen eine Äquivalenz Schulz-Harris hingegen spricht, dass der Zeitraum, den Harris überleben muss, deutlich kürzer ist. Drei Monate Honeymoon scheint nicht aussichtslos zu sein. Aber es kommen noch bis zu drei Kandidaten-Fernsehdebatten, und dazu noch eine zwischen den Vize-Präsidentschaftskandidaten. Kaum einzuschätzen, wie das die Stimmungslage ändern wird. Die Geschwindigkeit, in der sich Harris von ihren vorherigen unpopulären Positionen schon entfernt hat, und gleichzeitig trotzdem im Ungefähren blieb, ist atemberaubend.

Übrigens hatte Harris schon einmal eine solche „Honeymoon Phase“: als sie sich zur Vorwahl der Demokraten zum Präsidentschaftskandidaten 2020 stellen wollte. Die Presse war begeistert, das Fundraising vermeldete Rekorde, aber nach schlechten Umfrageergebnissen stieg Harris schon vor der ersten tatsächlichen Vorwahl aus, und es gab den Zweikampf Biden-Sanders.

Spannend finde ich, dass nach meiner Beobachtung die Trump-Kampagne von der Harris-Nominierung kalt erwischt wurde, und immer noch recht planlos erscheint. Kein Plan B, alle glaubten an Biden als Gegner? Schwer zu glauben. Aber vielleicht sind die US-Wahlkämpfer ja auch nur Amateure mit Profi-Ruf. Oder sie haben mehr noch als die Demokraten an das Märchen vom fitten und wahlkampfbereiten Joe Biden geglaubt – schwer vorstellbar, aber was sonst sollte die Erklärung für diese Kopflosigkeit sein? Klar, dass ausgerechnet Harris Biden beerben würde, war vielleicht einfach nicht vorstellbar, wenn man den Harris-Track-Record als Vize und ihre allgemeine Unbeliebtheit kannte. Jedenfalls erscheint im Moment Trump und seine Wahlkampfstrategie sehr Ich-bezogen und eher rückwärtsgewandt, ganz im Gegensatz zur erfolgreichen 2016er Kampagne. Ich halte das für einen dramatischen Fehler.

Und macht nun Trump das Rennen, oder Harris? Das wird jetzt auf den Wahlkampf-Schlussspurt ankommen. Wer weniger Fehler macht, gewinnt. Wobei die unklare Verfassung der US-Wirtschaft auch den Ausschlag geben könnte – rutschen die USA auch nur in die Nähe einer Rezession, vielleicht inklusive wirkungsloser FED-Zinssenkungen mit Anfachen erneuter inflationärer Tendenzen, dann neigt der US-Wähler gerne zum Regierungswechsel. Das Rennen gegen Biden hätte Trump fast sicher gewonnen, aber jetzt scheint die Sache offen. Gegen Harris spricht definitiv, dass sowohl sie selbst als auch ihr Vize im politischen Spektrum der Demokraten eher links einzuordnen sind. Gewöhnlich wählt der US-Wähler nicht so weit links, aber bei Trump könnte er schon mal eine Ausnahme machen – ähnlich wie damals bei Trump gegen Clinton die ABC-Wähler („Anything But Clinton“) den Ausschlag gegeben haben. Als Biden noch im Rennen war, war es ja auch noch extrem knapp, Trump war noch leicht in Führung – und das beim damals schon offensichtlichen schlechten Gesundheitszustand von Biden. Das spricht dafür, dass es eine Menge „niemals-wieder-Trump-Wähler“ gibt, die zudem wohl kaum der Wahlurne fernbleiben werden. Ich bin gespannt. Und glaube derweil, erfüllt von unbegründetem Optimismus, dass – äquivalent zu meiner Überzeugung damals, als Merkel nicht mehr antrat – es nicht mehr schlimmer kommen kann, als es unter Biden war. Famous last words.

Aus meiner Sicht wird die Immigrationsdebatte der wahlentscheidende Punkt sein. Es ist schwer vorstellbar, dass Kamala Harris da in der öffentlichen Wahrnehmung als Siegerin hervorgeht – sie war mit dem Thema „Grenzsicherung zu Mexiko“ beauftragt und hat da ein ganz schlechtes Bild abgegeben. Die Wähler werden sich daran erinnern. Ihr Vizepräsidentenkandidat hat auch ein paar sehr dunkle Flecken bezüglich „Innere Sicherheit“ auf seiner weißen Weste (Stichwort Black-Lives-Matter-Unruhen). Ob Trump aber den Elfmeter verwandelt, daran habe ich Zweifel. Nach meiner Wahrnehmung konzentriert er sich zu sehr auf die Person – sowohl seine eigene als auch seines Gegners – anstatt auf seine einfachen, klaren Botschaften zu diversen Sachthemen, wie er es im Wahlkampf 2016 erfolgreich gemacht hat. Aus meiner Sicht ein klarer Fehler, aber ob der sturköpfige Trump sich da belehren lässt? Ich habe Zweifel.

Keine Zweifel habe ich hingegen, dass die Demoskopen im Moment überhaupt keinen Plan haben. Denn das, was in den letzten paar Wochen alles stattfand – der katastrophale Biden-Auftritt im ersten TV-Duell, das missglückte Trump-Attentat, der Biden-Rückzug mit nachfolgender Harris-Nominierung – sorgt dafür, dass sozusagen die „Baseline“ für die Umfragen überhaupt nicht klar ist. Alles, was da passiert ist, hat überhaupt keine geschichtlichen Vorbilder. Dementsprechend gibt es auch keine Daten zur Absicherung von Auswirkungen auf das Wahlverhalten in irgendeiner Form. Das wird die Demoskopen und vor allem die sie dankbar zitierende Presse jedoch kaum davon abhalten, jeden Tag neue Umfrageergebnisse zu publizieren und zu kommentieren.

Randnotiz: Teile der deutschen Presse betätigen sich auch diesmal wieder als totale Noobs bezüglich US-Politikdetails. Wo immer man lesen kann, dass Kamala Harris als „liberal“ gilt: das ist einfach falsch übersetzt, das deutsche „liberal“ ist in den USA „libertarian“, während das US-„liberal“ sich am ehesten mit „linksliberal“ übersetzen lässt. Bei manchen Standpunkten von Harris wäre wohl auch „linksradikal“ oder „linksextrem“ angebracht.

Sag’s dem Lesch

Der von mir früher (als er noch – als gelernter Astrophysiker naheliegend – des Nächtens Astrophysik erklärt hat) hochgeschätze Harald Lesch, der inzwischen zu einem typischen links-grünen Pseudo-Umweltaktivist mutiert ist und ins Horn „Klimakatastrophe kommt und ist fürchterlich, aber die Lösung Kernenergie müssen wir leider ausschließen weil böse“ bläst, hat neulich im ZDF, wo er aus mir unerfindlichen Gründen für seine Propaganda reichlich Sendezeit bekommt, eine Frage gestellt und um eine Antwort gebeten. Dem will ich gerne nachkommen.

Ich denke es war in „Leschs Kosmos“, als es natürlich wieder um die dräuende Klimakatastrophe ging. Der Satz ging ungefähr so: „Wer jetzt als Lösung Kernenergie vorschlägt, muss auch sagen, wie die Lösung für die Endlagerung aussieht.“ Es wird Professor Lesch sicher schockieren (oder auch nicht, als Wissenschaftler hat er sich ja sicherlich intensiv mit der Materie auseinandergesetzt und kennt die Sachlage vielleicht sogar so gut wie ich, führt die Zuseher aber lieber in die Irre): Ich kann da sogar mit drei Lösungen dienen.

Lösung 1 ist, das Zeugs einfach in tiefen geologisch stabilen Schichten zu verbuddeln. Die Finnen haben das in die Tat umgesetzt, in Deutschland scheitert das seit den 80ern an ewiger Bedenkenträgerei- denn aus geologischer Sicht ist ein unberührter Salzstock, wie er in der norddeutschen Tiefebene reichlich vorkommt, nahezu optimal. Nur Katastrophenspezialisten, die sowohl 100%ige Sicherheit gegen Meteoriteneinschläge sowie die zu erwartenden kilometerdicken Eispanzer der kommendem Eiszeit (war nicht gerade noch Klimaerwärmung?), haben an dieser Lösung etwas auszusetzen. Mein Vorschlag wäre ja, den Abfall aus kerntechnischen Anlagen ganz normal gemäß seiner Giftigkeit mit dem restlichen Giftmüll endzulagern, aber soviel Pragmatismus werde ich zu meinen Lebzeiten wohl nicht mehr erleben. Noch ein Tipp zur Erkennung üblicher Propagandatricks: gerne wird das Versuchsbergwerk Asse mit einem unberührten Salzstock in einen Topf geworfen. Weil beides ja irgendwie Salz. Und dann wird der unwissenschaftliche Aktivismus von Herrn König und Co von einer gründurchseuchten Behörde als Beweis genommen, dass es bei den Sanierungsplänen rund um die Asse um die dringende Bekämpfung eines tödlichen Risikos geht. Aber ich schweife ab.

Lösung 2 ist die Nachbearbeitung des Abfalls durch Separation (in den „abgebrannten“ Brennelementen steckt noch jede Menge Uran und auch spaltbares Plutonium drin, aus dem man noch viele Jahrzehnte viel Energie gewinnen kann) und Transmutation in Reaktoren mit entsprechendem Neutronenspektrum. Das führt zum einen zur besseren Nutzung des Brennstoffes, und zum anderen zu einem Abfall, der nur etwa 500 Jahre gelagert werden muss, um auf ein ungefährliches Niveau endgültig zu zerfallen. Also ungefähr auf das Niveau von Natururan, das bekanntlich überall rumliegt und auch im Trinkwasser vorkommt. Für die Lagerung reicht also ein Bunker in einer trockenen Gegend. Durch ein paar Meter Beton versiegeln und fertig – für die typischen Schreckgespenster „wir müssen das Lager bis zum Ende der Menschheit bewachen, das kostet Unmengen an Geld“ der Antiatomschwurbler gab es sowieso nie eine sachliche Basis, aber an diesem Beispiel wird das auch den intellektuell eher einfach strukturierten Menschen klar.

Lösung drei ist „Nach einem Jahrhundert Lagerung im Zwischenlager: verdünnen und ab ins Meer“. Klingt erst mal nach Umweltsauerei. Ist aber bei näherer Betrachtung kein tatsächliches Problem: die Ozeane sind riesig und selbst radioaktiv. Der zusätzliche Eintrag an Radioaktivität wäre nicht relevant. Zumal die radioaktiven Bestandteile mit kurzer Halbwertszeit bereits lange bei ihrem stabilen Isotop in der Zerfallsreihe angekommen sind. Ebenfalls hilfreich: durch die immense Energiedichte sind die Abfallmengen extrem klein. Nun kann man natürlich aus prinzipiellen Gründen gegen die Entsorgung von Abfall im Meer sein – so wie man gegen die Entsorgung von CO2 und Schadstoffen in die Atmosphäre sein kann. Aber man sollte nicht Minimalrisiken zur absurd übersteigerten Gefahr für Leib und Leben aufblasen.

Noch ein Wort zum Bedrohungsszenario „Terroristen kommen an den Müll ran und bauen eine schmutzige Bombe“: „schmutzige Bomben“ sind, wenn sie auf der Verteilung von radioaktivem Material basieren, ein typisches Hypochonderproblem wie damals die radioaktiven Wildschweine im bayrischen Wald nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl: die Menge an Radioaktivität, der der einzelne selbst theoretisch ausgesetzt werden könnte, ist weit unter dem, mit dem der Mensch nachweislich prima (und tendenziell lebensverlängernd – siehe „Radiation Hormesis“) leben kann. Grüße nach Colorado, nach Ramsar und in den Schwarzwald. Und im Angesicht der drei vorgeschlagenen Lösungen sowieso eine höchst theoretische Angelegenheit: sollten Terroristen die technischen und finanziellen Fähigkeiten haben, durch den dicken Beton eines Bunkers, durch tausend Meter Deckgebirge eines Endlagers oder durch die Wand eines CASTOR-Behälters zu bohren – warum würden solche Terroristen nicht lieber gleich eine echte Atombombe bauen? Oder das radioaktive Material anderweitig beschaffen oder produzieren?

Bonusdenkanregung für Aufgeweckte, deren Hirn noch nicht von der Antiatomschwurbler-Propaganda verödet wurde: wenn beispielsweise Plutonium ein solch gefährlicher Stoff ist, wäre dann nicht der beste Platz für Plutonium ein laufender Kernreaktor?

Am Ende noch der obligatorische Hinweis: wer gegen Kernenergie ist (und insbesondere für die Abschaltung und den Rückbau von einwandfrei funktionierenden Kernkraftwerken), behauptet implizit gleichzeitig, dass CO2-Ausstoß in Wahrheit kein Problem ist. Jede kWh Strom aus Kernenergie spart eine kWh aus Kohle ein – zumindest in Deutschland. Und das noch für sehr sehr lange Zeit.

Unwort des Jahres: „Sanierungsstau“

Ich will nicht über marode Autobahnbrücken, den Digitalisierungsstand unserer Behörden oder den Zustand des Schienensystems der Deutschen Bahn referieren. Denn dort wäre es ja eine zutreffende Beschreibung der Misere. Nein, die oftmalig irreführende Verwendung im Bereich der Wohngebäude soll das Thema sein.

Gerne erwähnt wird der „Sanierungsstau“ in Propagandaartikeln rund um die energetische Sanierung und die Energiewende – gerade habe ich es in einem Artikel zum Thema Immobilienpreise gelesen. Was, noch keine Wärmepumpe eingebaut? Sanierungsstau! Was, noch nicht die Fenster getauscht und die Sparrendämmung durch die Aufdachdämmung ersetzt? Sanierungsstau! Was, noch keine Fußbodenheizung? Sanierungsstau! Man könnte fast meinen, dass „Sanierung“ etwas ist, was der Hausbesitzer gerne und häufig macht. Oder zumindest machen sollte. Weil…ja, warum eigentlich?

Für einige Zeitgenossen scheint es Hobby und Berufung gleichzeitig zu sein, möglichst viel Geld (und wenn es geht auch noch Zeit) zu verschwenden. Gerne auch das Geld und die Zeit anderer Leute. Für unsereins hingegen – die wenigen übriggebliebenen Vertreter der Fraktion lebt-nicht-von-Steuergeld-und-schlechten-Ratschlägen – sollten sich solche Maßnahmen auch irgendwann mal rechnen. Vorzugsweise zu unseren Lebzeiten. Also: Bleistift raus, Überschlagsrechnung steht an.

Nehmen wir ein fiktives kleines Häuschen. Bewohnt von 3 Personen, 200qm Wohnfläche, aus der Zeit der ersten Wärmeschutzverordnung. Also Anfang bis Mitte der 80er ungefähr. Bisher unsaniert was die Dämmung angeht, noch mit der Original-Ölheizung drin. Nicht mal Brennwerttechnik, sondern Niedertemperatur. Normale Heizkörper im ganzen Haus, und natürlich die guten damals „state-of-the-art“-doppelverglasten Fenster. Wärmebedarf im Jahr unter 25000kWh. Davon zu Heizzwecken vermutlich um die 20000kWh. Verursacht nach derzeitigem Heizölpreis ungefähr 2000€ Heizkosten pro Jahr.

Der durchschnittliche Energieberater (also jemand von der Fraktion lebt-weitgehend-von-Steuergeld-sinnlosen-Gesetzen-und-schlechten-Ratschlägen) wird jetzt das Standardprogramm vorschlagen. Aufdachdämmung, Fenster tauschen, Fassadendämmung. Auf keinen Fall unter 100000€ zu haben. Und wir reden hier noch nicht von einer wärmepumpengeeigneten Sanierung, da müsste man nochmal nachlegen – größere Heizkörper oder eine Fußbodenheizung, um die Vorlauftemperatur senken zu können beispielsweise. Und natürlich eine Wärmepumpe kaufen.

100000€ kann man gerade konservativ anlegen und 3500€ Zinsen im Jahr dafür bekommen, bleiben nach Steuern rund 2500€ netto übrig (den Freibetrag hat der sparsame Schwabe natürlich schon mit anderen Zinseinkünften abgefrühstückt, deshalb geht der hier nicht in meine Vergleichsrechnung ein). Mit anderen Worten: die Maßnahmen amortisieren sich niemals. Dafür gibt es zuhause zum Ausgleich eine längere Baustelle, das Änderungsrisiko von Schimmelbildung bis unfähigen Handwerkern und ein Sparpotenzial von real 1000€ bis 1500€ im Jahr. Zuzüglich Zeitaufwand natürlich, denn noch nie lief eine Sanierungsmaßnahme ohne Zutun des Hausbesitzers ab.

Unterm Strich bleibt die Erkenntnis, dass in den letzten 40 Jahren bei dieser Ausgangssituation nur komplette Idioten, die nicht rechnen können, so ein Häuschen saniert hätten. Clevere Subventionsjäger haben vielleicht eine hauptsächlich vom Staat finanzierte Pellet-Heizung zwischendrin abgestaubt, das hat Chancen auf Amortisation, wenn der Pellet-Preis mitspielt. Oder jemand hat die noch vor wenigen Jahren den alternden Ölbrenner durch eine kompakte Gastherme ersetzt und so das Tanklager in einen Hobbyraum umgewandelt. Das sind jetzt aber die einzigen Szenarien, die mögliche Amortisation zu Lebzeiten versprechen. „Dämmung“ gehört jedenfalls – bei diesen Baujahren und später – niemals dazu.

Es lebe der Sanierungsstau. Der einzige Stau, der sich finanziell und zeitlich auszahlt.

Nachtrag 2024-03-24

Besonders weltfremd sind übrigens die Stimmen, die „Sanierung“ empfehlen um den Wiederverkaufswert einer Immobilie zu stabilisieren. Kompletter Schwachsinn, denn der nächste Besitzer kann z.B. lieber eine Holzhackschnitzelheizung wollen oder kommt preiswert an Brennholz und will den Kachelofen stattdessen viel stärker nutzen. Oder würde das Dach gerne mit Photovoltaik zupflastern und die Wärme per Heizstab mit Überschussstrom erzeugen. Oder kann Wärmedämmung viel preiswerter in Eigenleistung erledigen. Es ist wie bei Sonderausstattung im Auto: beim Wiederverkauf wird einem nur ein viel zu kleiner Bruchteil des Neupreises bezahlt. Nichtsanierung ist finanziell gesehen fast immer die richtige Entscheidung.

Herzliche Grüße übrigens an alle, die sich vor zehn Jahren eine Wärmepumpe aufschwätzen haben lassen und nun zum halben Preis eine viel bessere Jahresleistungszahl bekommen könnten. Oder die, die in eine leider nicht optimal feuerhemmende Fassadendämmung investiert haben und nun einen saftigen Aufpreis bei der Gebäudeversicherung hinnehmen dürfen. Oder die, die dank „Solarpflicht“ in unserem südwestlichen Lieblingsbundesland sich Solarthermie aufs Dach geschraubt haben, um dann rauszufinden, dass das während der kalten Wintermonate wirklich kaum Unterstützung für die Heizung liefert und die Dachfläche besser für eine PV-Anlage genutzt werden würde.

Presseenttäuschungen zum Jahresende

Ergänzung 2023-12-29 – siehe unten

Immer, wenn ich diverse Presseerzeugnisse querlese oder Zeuge von anderen qualitätsjournalistischen Kapitalverbrechen werde, denke ich „ich müsste jeden einzelnen Schreibfehler, jede falsch oder irreführend zitierte Quelle, jeden logischen Fehlschluss in einem Blogartikel aufgreifen“. Aber dann erkenne ich: das würde täglich mehrere hundert Stunden Arbeit bedeuten, nur um nachzuweisen, dass die Journaille beim Niveaulimbo problemlos Jahr für Jahr ein gutes Stück tiefer rutscht. Was inzwischen eh jeder weiß, bei dem die Chance besteht, dass er Wahrheit und Lüge voneinander überhaupt unterscheiden kann.

Heute belasse ich es, ohne Namen zu nennen, bei den folgenden Beobachtungen: die einen schreiben Sylvester (der Kater aka „Mietzekatze“ von Tweety) und meinen Silvester (den letzten Tag des Jahres im gregorianischen Kalender und nach Papst Silvester benannt). Die anderen können nicht mal den Vornamen von Wolfgang Schäuble buchstabengetreu in einer Überschrift unterbringen. Und dann gibt es noch die, die den VW-Diesel-Abgasskandal auf gefälschte CO2-Werte zurückführen.

„Professioneller“ Journalismus ist Vergangenheit. Kann weg. Keine Sorgfalt, keine Qualität, kein Hintergrundwissen, keine Faktentreue, kein Mehrwert – mehr Kosten als Nutzen, mehr Schein als Sein, mehr Propaganda als Berichterstattung. Die wenigen rühmlichen Ausnahmen bestätigen die Regel.

Ergänzung vom 2023-12-29

Den größten mir bekannten Presse-Fail des Jahres 2023 habe ich doch jetzt glatt vergessen. War schon Ende November/Anfang Dezember, ich erinnere mich nicht mehr präzise. Jedenfalls hat unsere Lokalzeitung groß mit Bild aufgemacht, sinngemäß unter dem Titel „Planungen für die WM in Stuttgart“ und ich dachte so – cool, eine Weltmeisterschaft, welche Sportart haben sie denn da – endlich mal wieder nach der legendären Leichtathletik-WM 1993 – ins Ländle geholt. Dann fiel mein Blick auf das Bild, und das war İlkay Gündoğan im DFB-Dress. Watt? Ich lese den Text dazu, und da steht tatsächlich und wahrhaftig „Fußball-Weltmeisterschaft 2024 in Deutschland“. Diese Mischung aus Gleichgültigkeit, Nichtwissen und Dummheit kann einen wirklich in den Wahnsinn treiben. Presse: kann weg.

Mehr Kindergarten wagen

Weil gerade CDU und FDP im Thüringer Landtag ein höchst sinnvolles Vorhaben zur Steuersenkung für die dortigen Bürger gegen die Minderheitsregierung durchgesetzt haben – und dieses nur mit den Stimmen der AfD tun konnte, was die versammelte Journaille nebst Linksaußenpolitiker vorhersehbar kräftig in Wallung brachte – kommt mir wieder ein altes „Handelsblatt Morning Briefing“ in den Sinn, vom 2023-07-26 wenn meine Notizen stimmen. Darin wird folgende Kindergarten-Strategie im parlamentarischen Umgang mit der AfD vorgeschlagen: „Was Kretschmer allerdings nicht erwähnt: Es gibt durchaus Alternativen zum „Wir sind dagegen, weil die AfD dafür ist“. Etwa, indem die anderen Parteien bei unstrittigen Anträgen der AfD einen eigenen, inhaltlich gleichen Antrag einbringen, anstatt dem der AfD zuzustimmen.“

Das ist natürlich ein Weltklasse-Vorschlag und richtungsweisende Strategie im Umgang mit Aussätzigen – die ärgerlicherweise ja auch noch eine nicht unerhebliche Zahl an Wählern repräsentieren, aber da muss man der Demokratie eben Grenzen setzen, bei allem was Recht ist! Denn der Vorschlag trägt alle Merkmale moderner Politik, ist somit optimal kompatibel zur heutigen Zeit, vereinigt er doch Aufwandsmaximierung, rein symbolische Handlung, sinnloses virtue signalling und Verachtung des Wählers. Leisen Bedenken der letzten rational denkenden Menschen, dass es doch eigentlich egal sein müsste, von wem der Antrag formell eingereicht wird, sondern dass es mehr auf die Inhalte ankommen – dieser Häresie muss natürlich mit aller Entschiedenheit entgegengetreten werden, erfordert den unverbrüchlichen Schulterschluss aller aufrechten Demokraten.

Dieselben Journalisten werden morgen dann wieder die Politikverdrossenheit der Bürger beklagen und Strategien empfehlen, um dagegen anzugehen. Und sie werden nicht in der Lage sein, das eigene Brett vor dem Kopf zu erkennen. Unempfindlichkeit gegen kognitive Dissonanz ist neben Dyskalkulie und Rechtschreibschwäche schließlich die vermutlich wichtigste Voraussetzung, um den Journalistenberuf heutzutage zu ergreifen.

Die Pointe der ganzen Sache ist natürlich, dass die CDU in Thüringen im Prinzip der Empfehlung des Handelsblatt-Journalisten gefolgt ist. Über eine Empfehlung des Journalisten, wie dann mit einem etwaigen Erfolg eines Antrags umzugehen ist, dem dann frecherweise die AfD einfach zustimmt, ist noch nichts bekannt. Der Ausschuss für Political Correctness hält wahrscheinlich noch seine diesbezügliche Krisensitzung ab.