Umsatz? Gewinn? Egal!

Es hätte ein Blog-Post über den derzeitigen (Zu-)Stand der Automobilindustrie werden können. Über E-Autos. Die sich eher schlecht entwickelnde Premium-Strategie von Ola, über die ich schon vor mehr als drei Jahren eher skeptische Worte veröffentlichte. Über Teslas (vorübergehenden?) Niedergang. Über die aktuellen Probleme bei Stellantis. Über das unendliche Hybrid- vs. reine-Lehre-Thema. Alleine über BYD könnte man viel Interessantes schreiben.

Und dann kam da dieser Artikel auf FOCUS Online (in Kooperation mit motor1.com) zum Halbjahresergebnis von Porsche. Darin steht (oder stand, falls er irgendwann hoffentlich korrigiert wird!) wörtlich: „Der operative Gewinn des Sportwagenbauers Porsche ist im zweiten Quartal in den Keller gerauscht. Die Zuffenhausener verbuchten einen Umsatzeinbruch von 91 Prozent.“

Also, liebe Qualitätsjournalisten, es gibt da diesen kleinen, aber nicht unerheblichen Unterschied zwischen „Umsatz“ und „Gewinn“. Wenn irgendjemand diesen Text vor Veröffentlichung querliest, muss ein solcher Umsatzeinbruch sofort und direkt als völlig unplausibel auffallen. Und tatsächlich: andere Journalisten waren in der Lage, korrekt die Zahlen wiederzukäuen: der Gewinnrückgang ist 91%, der Umsatzrückgang 12,5%.

Das ist zwar ganz erheblich, aber jetzt auch kein Grund zur Panik: bei Porsche sind eine Vielzahl von bekannten Problemen am Werk, die man nur teilweise unter Kontrolle hat: die anstehenden US-Zölle. Der schwache Dollar, der gravierend in die Marge frisst (Nordamerika macht ungefähr 30% des Porsche-Umsatzes aus). Die Unwilligkeit der reichen China-Kundschaft, weiterhin Porsche-Preise zu zahlen, während andere Premium-Hersteller inklusive der hippen heimischen Hersteller sich einen Preiskrieg liefern. Der verfrühte Umbau der Produktpalette im Hinblick auf die E-Mobilität inklusive Verpassen des gerade in China wichtigen Angebots an Plugin-Hybrid-Modellen. Die derzeit deutlich geringeren Margen bei E-Autos gegenüber den guten alten Verbrennern. Und weil Porsche auch öfter mal Audi-Technologie übernimmt, sind die dortigen Entwicklungsverzögerungen auch ein Problem. Und der VW-Konzern ist zwar im Butter-und-Brot-Bereich technologisch ganz gut aufgestellt, aber im Premium-Bereich kann Porsche da nicht auf den Konzern zählen. Ich sage mal „Cariad“.

Dass VW- und Porsche-Chef Blume hier jetzt die Alarmglocken läutet, ist klar – notleidende Konzerne haben eher mal die Möglichkeit, bei Tarifverhandlungen und Personalabbau gute Argumente ins Feld zu führen als wenn das Geschäft brummt. Aber man muss auch mal in die Historie von Porsche schauen. Ein paar wild herausgegriffene Zahlen: in Deutschland seit 2000 den Marktanteil verdreifacht. Damals lag der weltweite Umsatz bei rund 4 Mrd. €, 2023 lag dieser dann schon bei über 40 Mrd. €. Der Vorsteuergewinn lag stets über 10% des Umsatzes – unanständig viel, könnte man sagen. 2023 waren es gar sensationelle 7 Mrd. €.

Die offiziellen Zahlen für das zweite Quartal liegen noch nicht vor, aber die Berichterstattung redet von 8,3 Mrd. € Umsatz und 154 Mio. € Gewinn. Klingt erst mal nach „Sondereffekte“ bezüglich des Gewinns – bin gespannt, was am 30.7. veröffentlich wird. Es könnte auch sein, dass die exorbitanten Margen nun einfach der Vergangenheit angehören. Umsatztechnisch würde man eher an die Jahre 2018-2020 anknüpfen. Da kann der nicht zur Panik neigende Beobachter doch erst mal aufatmen. Die Zeit der Höhenflüge und des Dauerwachstums vor allem dank China ist vorbei, aber von existenzieller Krise wie Ende der 80er und Anfang der 90er des vergangenen Jahrhunderts ist man doch noch sehr weit entfernt. Auch wenn die Politik alles dafür tut, den Industriestandort Deutschland zu schwächen.

Angesichts der angeblich ultrateuren Aufholjagd mit absurd hohem Investitionsvolumen bei der Elektromobilität muss man allerdings festhalten, dass vor allem BMW und Porsche immer noch erstaunlich stabile Gewinne ausgewiesen haben.