Die unerträgliche Machtgeilheit der CDU

Die CDU hat einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit der SED (inzwischen in “Linkspartei” umbenannt, die Älteren erinnern sich). Viele Mitglieder der Linkspartei sind ausgetreten und haben sich hinter der ehemaligen Chefin der Kommunistischen Plattform in der SED in einer neuen Partei namens BSW versammelt. Die CDU spricht jetzt in Thüringen und Sachsen mit dem BSW.

Eine ähnlich kreative Variante wäre, wenn die Parlamentarier der AfD in Thüringen eine neue Partei gründen – damit wäre der Brandmauerbeschluss nicht mehr bindend für diese neue Partei und die CDU könnte endlich eine rechskonservative Regierung bilden.

Früher haben CDUler (und meines Wissens FJS) ab und zu die Politiker auf der linken Seite als “vaterlandslose Gesellen” bezeichnet. Vielleicht sollte man die CDUler jetzt “gewissenlose machtgeile Gesellen” nennen. Und die Presse greift die Gesamtproblematik natürlich auch kaum auf. Klar, denn das BSW ist das neue Darling unserer nicht gänzlich unparteiischen Presse. “Nicht gänzlich unparteiische Presse” – das wird sicher nominiert in der Kategorie “heftigste Untertreibung des Jahres”.

Eine neue elegante Beleidigung

Seit ich mir Anfang der 90er ein Modem zugelegt habe, bin ich in Diskussionsforen aktiv. Fidonet, Mausnetz, Usenet, später in Webforen. Die meisten zeichneten sich durch harte Diskussionen durchsetzt mitunter von nicht sehr freundlichen Kommentaren aus. Manchmal holzhammerartige Angriffe wie “Du schwurbelst Schwachsinn” oder “So eine Grütze habe ich lange nicht gelesen”, teilweise etwas subtiler und vordergründig höflicher wie “Diese Betrachtung erscheint mir deutlch zu unterkomplex” oder “Intellektuell einfacher strukturierte Menschen haben, wie man hier erkennen kann, ja öfter Pech beim Nachdenken”.

Jetzt endlich gibt es im Arsenal eine neue Beleidigung, die zumindest für den Moment durchaus Eleganz verströmt: “Hat das eine KI geschrieben?” Da schwingen gleich multiple Vorwürfe mit: “schön formuliert, leider falsch”. “Inkohärenter und unlogischer Schwachsinn”. “Nicht mal etwas Mühe gegeben, sondern das Schreiben einer Maschine überlassen – was für eine Verachtung der Mitdiskutanten”.

Das Ganze passt natürlich nur so lange, bis tatsächlich ein signifikanter Anteil der Diskussionsbeiträge durch KI-Bots erzeugt werden. Manche sagen, dieser Punkt sei schon lange erreicht bzw. überschritten, insbesondere in Anbetracht der russischen Trolloffensive in diversen Diskussionsforen seit mindestens Februar 2022. Ich glaube das nicht – die Beiträge sind überwiegend hanebüchen und in katastrophal schlechtem Deutsch oder Englisch formuliert, ich kann mir nicht vorstellen dass Russland bei der KI so viele Jahre dem Stand der Technik hinterherhinkt. Insofern passt diese Beleidigung als Reaktion leider nur bei den seltenen Beiträgen, die nicht vor Rechtschreib- und Grammatikfehlern strotzen.

Die vier Phasen des Abstiegs

Der Brückeneinsturz zu Dresden ist Anlass für diese Überlegung. Woran erkennt man, dass sich eine Volkswirtschaft in einem Abwärtsstrudel befindet? Eine Skizze anhand des Zustandes der Straßenverkehrsinfrastruktur.

Der Normalzustand einer entwickelten wohlhabenden Industrienation ist eine einwandfreie, sichere und leistungsfähige Infrasruktur. Neubau und Instandhaltung laufen kontinuierlich, alternde Bausubstanz wird rechtzeitig saniert oder abgerissen und neu gebaut. Westdeutschland in den 80ern und 90ern dürfte ein gutes Beispiel für diesen Zustand sein.

Verlässt ein Land diesen Zustand, beginnt zuerst die Phase der Einschränkungen. Auf den Autobahnen werden Spuren gesperrt, Sanierungen dauern ewig und werden zeitlich zwecks Einsparungen lange gestreckt, es wird von der Substanz gelebt. Der Standstreifen wird temporär auf stark belasteten Strecken als Fahrspur freigegeben. Auch gerne genommen: Tempolimit auf Brücken, LKWs müssen Mindestabstände einhalten. So etwas wie der Einsturz einer Brücke ist aber immer noch nur im Falle von Naturkatastrophen denkbar.

Die nächste Phase des Niedergangs erleben wir jetzt. Das Prüfsystem für Infrastrukturteile wie Brückenbauwerke ist noch intakt und stellt den Niedergang fest – am Beispiel der Dresdner Carolabrücke verdeutlicht: die letzte TÜV-Untersuchung von 2021 ergab gravierende Mängel und Zweifel an der Brückenstabilität. Leider folgt aus diesem Prüfergebnis aber nichts mehr, weil die Verantwortlichen entweder zu dumm oder zu bösartig sind und Geld lieber für ideologischen Quatsch ausgeben als für den Erhalt der Infrastruktur. Diese Phase ist also gekennzeichnet durch ein Umsetzungsdefizit, nicht durch ein Erkenntnisdefizit – jedenfalls was gebildete, logisch denkende Menschen angeht. Dresdner Verantwortliche haben ja bis zuletzt den schlechten Zustand der Brücke geleugnet und sogar verhindert, dass der Öffentlichkeit eine ehrliche Bestandsaufnahme zur Verfügung gestellt wird. Nebenbei: dass die überregionale Presse sowie Rundfunk und TV solche Skandale, die auch Leib und Leben gefährden, nicht mehr für berichtenswert hält (oder alternativ: nichts davon wusste), ist ebenso erschreckend wie erwartet.

Die kommende Phase wird dann das Einstellen der Prüfbemühungen sein. Wenn aus Prüfungsergebnissen keine Aktion mehr abgeleitet wird, ist es ja nur folgerichtig, dass man wegen Sinnlosigkeit die Prüfungen einfach unterlässt. Spart Geld und ändert nichts. Dann können wir endlich wieder alle zusammen völlig überrascht davon sein, wenn irgendwo in Deutschland eine Brücke einstürzt.

Willkommen in Absurdistan. Die Dümmsten der Politiker werden jetzt wieder ein Aufheben der Schuldenbremse fordern, weil man ja die eigentlich für die Infrastruktur gedachten Einnahmen aus KfZ-Steuer und Mineralölsteuer (in gigantischer Höhe! Aber klar, die müssen ja auch noch zur Quersubvention des Schienenverkehrs herhalten) für anderweitige, sinnlose Ausgaben verplant hat.

Die US-Präsidentenwahl und die Zukunft des Journalismus

Als Propagandaverächter, Faktenverehrer und Liebhaber der deutschen Sprache ist die deutsche Medienlandschaft für mich ein einziges Grauen. Besonders alles rund um Wahlen, an denen Donald Trump teilnimmt, verursacht körperliche Schmerzen. Ausnahmslos ist die Presselandschaft ebenso untauglich wie unappetitlich, Fakten muss man mit der Lupe suchen, wildeste Behauptungen werden einfach so in den Raum gestellt und halten nicht mal einer 30s-Recherche stand.

Auf der Suche nach alternativen Informationsquellen vor allem in Sachen USA bin ich nun bei drei einigermaßen unabhängigen kostenlosen Mailings hängen geblieben. Für den allgemeinen Überblick nutze ich das 1440 Daily Digest. Hier werden nicht nur politische Themen angesprochen (und das in einer wohltuend unaufgeregten, faktenorientierten Art), sondern auch Kunst, Kultur und Wissenschaft kommen nicht zu kurz. Alles sehr US-lastig, aber kurz und kompakt. Empfehlenswert. Für Wirtschaftsthemen habe ich “The Daily Upside” ausgewählt. Der Querschnitt der ausgewählten Themen gefällt mir gut, die Texte sind auch für Nichtexperten gut zu lesen und enden oft mit einer witzigen Pointe. Zuletzt noch mein absoluter Favorit aus der Kategorie “Politik Deep-Dive”: Tangle. Im täglichen Tangle Newsletter steht ein typischerweise US-lastiges Thema im Mittelpunkt. Nach einer kurzen Übersicht zum Thema kommen je drei Pressestimmen zu diesem Thema aus dem eher linken und dem eher rechten Lager zusammengefasst und anständig zitiert zu Wort. Dann gibt es die Sektion “My Take”, wo der Tangle-Herausgeber Isaac Saul seine Sicht der Dinge kundtut. Und er tut das in einer sehr ausgewogenen, überlegten, kühl argumentierenden Art und Weise. Egal ob ich mit seinen Einschätzungen übereinstimme oder nicht – es gibt hier immer interessante Denkanstöße und Überlegungen, die einen zum Nachdenken anregen.

Deshalb will ich jedem ans Herz legen, zumindest bis zur Präsidentschaftswahl den Tangle-Newsletter zu abonnieren. Es ist kostenlos, und es erweitert den Horizont. Und es ist ein so angenehmer Kontrast zum typischen hiesigen Mediengeplapper – Trump böse, und Harris lächelt so nett. Und selbst der Trump-Beführworter bei Maischberger hat sich ein wenig in Kamala verliebt! Wer also genauso müde von den (möglicherweise mangels intellektueller Kapazität unfreiwilligen) Desinformationskampagnen hiesiger Medien ist wie ich – subscribe now!

Die Art und Weise, wie Tangle arbeitet, verleitet mich sogar zur vagen Hoffnung, dass wir hier die Zukunft des Journalismus sehen. Ich stelle mir das so vor: zu jedem Themengebiet gibt es ja echte Experten. Viele schreiben Blogs oder machen YouTube-Videos oder treiben sich in Foren herum. Themen kommen in diesem Zielszenario als neutrale Meldungen über Presseagenturen in den News-Kreislauf. Die Experten äußern sich dazu. Die Journalisten sammeln die Kernpunkte der Experten und stellen so ein breites Meinungssprektrum zusammen. Wer wenig Zeit hat, liest halt kompaktere Zusammenfassungen, wer viel Zeit hat, folgt direkt den Quellen für die Themen, die ihn interessieren.

Das hätte unglaublich viele Vorteile: die intellektuelle Eingeschränktheit der heutigen Journaille würde gar nicht mehr ins Gewicht fallen, und man müsste sich nicht mehr meterweise durch Propaganda graben, um an die wenigen Fakten-Nuggets zu kommen. Und die mangelhaften Deutschkenntnisse heutiger Journalistensimulanten würde auch nicht mehr so stören, weil nur noch ein paar Zitate per Füllwörter aneinanderegeklebt werden müssen.

Ja, die Idee gefällt mir gut. Bis das in der Breite nach meinen Wünschen umgesetzt ist, suche ich nach weiteren Exemplaren der Kategorie “Tangle”. Das Problem in Deutschland ist, dass man ja gar nicht drei eher rechte Pressestimmen heraussuchen könnte, weil es die bekanntlich nicht mehr gibt. Dreimal linksextrem und dreimal mitte-links wäre das Maximum an Spreizung, das man hierzulande hinkriegen könnte. Auf ein “deutsches Tangle” muss also keiner warten. Wird es nicht geben.

Spanien führend bei der Elektromobilität

Praktisch alle Autos hier haben das “E” auf dem Kennzeichen.

Scherz beiseite – trotz reichlich Sonne und Wind auf der hiesigen Ferieninsel muss man die Elektroautos mit der Lupe suchen. Vermutlich eine Folge des inseleigenen Hangs zu pramatischen Lösungen. Oder der zurückhaltenden Besteuerung von fossilen Kraftstoffen. Vielleicht hatte man auch den grandiosen Fehlschlag auf El Hierro noch vor Augen. Dafür ist hier die Seuche mit den E-Rollern – das Fortbewegungsmittel für alle, die auch ebenso problemlos aus eigener Kraft laufen oder fahren könnten – besonders ausgeprägt. Auch die Sorglosigkeit der Verkehrsgefährdung von Fußgängern hat hier eine ganz eigene Dimension.