Die Jammerlappen von der Börse

Es war mal wieder, wie immer in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen, großes Jammern angesichts eines – auch wie immer unerwarteten – Kurssturzes an den Börsen weltweit zu vernehmen.

Ursache des Kurssturzes – im Nachhinein betrachtet wohl eher eine minimale Korrektur denn eine Neuauflage des schwarzen Freitages (und Nachfolger, die auf unterschiedliche Wochentage fielen) – war eine Gemengelage aus einer Zinskorrektur der japanischen Zentralbank – wir erinnern uns: das sind die Wahnsinnigen, die als erstes dauerhaft Negativzinsen einführten und sehr lange an diesem ökonomischen Widersinn festhielten – hin zu ganz leicht positivem Leitzins im Angesicht steigender Inflationszahlen, einer nicht punktgenau wie prognostizierten sondern leicht schlechter sich entwickelnden Lage auf dem US-Arbeitsmarkt (etwas weniger neue Jobs, etwas höhere – aber immer noch extrem niedrige – Arbeitslosenquote), sowie ein paar enttäuschenden Ergebnisse bei den großen erfolgsverwöhnten Playern von Meta über Alphabet bis Apple. Unter anderem kehrt inzwischen nach dem Ultrahype etwas Ernüchterung beim Thema “KI” ein, und das völlig zurecht. “Blockchain reloaded” würde ich sagen.

Ein unbekannter Teil der Korrektur war wohl der Auflösung an Positionen aus Carry-Trades mithilfe Yen-Verschuldung (zinsfrei) und nachfolgender Anlage in renditeträchtigeren Positionen. Jedem sollte klar sein, dass das eine hochspekulative Angelegenheit ist – trotzdem wurde kräftig gejammert, als man jetzt damit auf die Nase fiel. Weil die Börse gefälligst eine Einbahnstraße zu sein hat.

Die besonders Unverfrorenen unter den Jammerlappen forderten sogleich von der FED eine Notzinssenkung. Weil…ja warum eigentlich? Um Spekulationsgewinne zu generieren? Quasi das Börsianer-Äquivalent zum bedingungslosen Grundeinkommen? Mir fällt keine realwirtschaftliche Begründung für einen solchen Schritt ein. Immerhin tat die FED das einzig richtige: sie würdigte dieses Ansinnen nicht mal mit einer Antwort. Ja, es gibt sie noch, die unabhängigen Notenbanken. Hierzulande vergisst man das ja gerne im Angesicht der EZB und der ihr vorstehenden Totengräber der Euro-Stabilität. Trichet, Draghi, Lagarde – allesamt Weichwährungsfans südeuropäischen Finanzgebarens mit Hang zur exzessiven Ausweitung der Bilanzsumme und direkter politischer Abhängigkeit. Tja, die gute alte Bundesbank zu DM-Zeiten – da war auch nicht alles Gold, aber die Aussage von Kohl und Waigel zur Euro-Einführung, dass die EZB genauso unabhängig konstruiert wurde “nach dem Modell der Bundesbank”, ist in meiner Wahrnehmung eine der größten Politikerlügen aller Zeiten.

Überhaupt ist dieses ganze Zinssenkungsgefordere unerträglich. Die inflationären Tendenzen sind bei weitem nicht ausgestanden, und vor allem den europäischen Volkswirtschaften fehlt es eher an Deregulierung, Steuervereinfachung, preiswerter Energieversorgung und Digitalisierung als an billigem Geld. Unnötig zu sagen, dass UvdL ihr Bestes tut, um den wirtschaftlichen Erfolg der Eurozone zu verhindern. Verbrennerverbot, New Green Deal, Lieferkettengesetz, KI-Gesetz, Gebäuderichtlinie – die katastrophal wirkenden Vorgaben aus Brüssel nehmen kein Ende.

Und heute dann so: großer Jubel, die Börse atmet auf. Denn die US-Inflationsdaten sind viel viel besser als von den Ökonomie-Weissagern erwartet: gegenüber dem Vorjahr ist lediglich eine Preissteigerung von 2,9% statt wie vorhergesagt 3,0% zu verzeichnen. Na dann steht laut “den Märkten” wohl einer baldigen drastischen Zinssenkung der FED gar nichts mehr im Wege.