Warum 2G eine gute Idee ist – und eine schlechte Idee zugleich

Angesichts steigender Inzidenzen, aber auch steigender Krankenhausbelegungszahlen vor allem im intensivmedizinischen Bereich, ist wieder mal eine Diskussion entbrannt bezüglich der „richtigen“ Strategie in Anbetracht der Verschärfung der Lage.

Deutschland liegt bei der Quote der vollständig geimpften Personen ja inzwischen im europäischen Mittelfeld – Länder mit teilweise erheblich höherer Impfquote und/oder größeren Fortschritten bei der Booster-Impfung wie Spanien, Schweden oder Dänemark sehen sich derzeit in einer eher entspannten Lage, während in Deutschland und Österreich der Baum brennt. Österreich hat den Schritt zu einer national einheitlichen 2G-Regelung – sprich weitgehend ungehinderter Zugang zu diversen Aktivitäten nur noch für Geimpfte und Genesene – bereits verkündet, in Deutschland wird lebhaft diskutiert. In Österreich gilt das Impfzertifikat auch nur noch neun Monate nach der Zweitimpfung, für einen Großteil der Risikogruppe erscheint das fast etwas optimistisch lange. Jedenfalls scheint beides einen Run auf die Impfzentren ausgelöst zu haben, sowohl für die Erstimpfung als auch die Drittimpfung. Da nach meiner Meinung die einzige realistische Chance, halbwegs normales Leben mit akzeptabler Belastung des Gesundheitssystem zu verknüpfen in einer möglichst hohen Impfquote besteht, bin ich tendenziell auch ein Befürworter der 2G-Regelung – jedenfalls wird sie wirksamer sein als die bisher bei uns gängige 3G-Regelung, die in punkto Impfmotivation nicht so furchtbar erfolgreich ist.

Allerdings muss man konstatieren, dass inzwischen klar ist, dass relativ große Teile der Bevölkerung nicht in ausreichendem Maße durch die Impfung dahingehend geschützt werden, dass sie eine mögliche Infektion nicht weitergeben können. Zwar sind die Wahrscheinlichkeiten für eine Infektion reduziert, und die Wahrscheinlichkeiten einer Weitergabe bei Infektion ebenfalls, aber eben nicht in der wünschenswerten Größenordnung, um im Angesicht der zu niedrigen Impfquote den R-Wert zuverlässig unter 1 zu halten. Für Genesene gilt dasselbe – noch ist unklar, für welche Gruppe von Genesenen der Schutz besser, schlechter oder ähnlich einer Impfung ist – und wie lange er anhält. Im Angesicht dieser Unsicherheit plädiere ich dafür, zu den einzigen bisher bewährten Mitteln zur Einhegung der Pandemie zurückzukehren: intensives Testen quer durch alle Bevölkerungsgruppen, kostenlose Testangebote allüberall, rigorose und vor allem schnelle Kontaktnachverfolgung, konsequenter Schutz der Risikogruppe. Dazu ein knallhartes Grenzregime – Einreise nur nach Test mit ggf. anschließender Quarantäne. Vermutlich war es die letztere Maßnahme, die den Erfolg der Corona-Musterländer Norwegen, Finnland, Südkorea, Australien und Neuseeland ermöglichten.

Alles andere ist halbgar. Besonders in den bekannten Problemzonen „Pflegeheim“ und „Altersheim“ kann es gar nichts anderes geben als tägliches Testen von Bewohnern, Personal und Besuchern. Diese „zweimal-die-Woche-wird-getestet“-Geschichten können doch nicht ernsthaft als ausreichend betrachtet werden. Eine Sonderbehandlung von Geimpften und/oder Genesenen ergibt hier gar keinen Sinn. Man würde damit auch elegant die Gefahr ausgehend von Fake-Impfungen und Impfzertifikatsfälschungen reduzieren. Logischerweise bietet ein negativer Antigentest auch keine 100%ige Sicherheit, aber eine verdammt viel höhere Sicherheit als „kein Test“.

Gleichzeitig verstehe ich nicht, wie im Angesicht der sehr überzeugenden Zahlen aus Israel die Stiko immer noch eine sehr abwartende Haltung bezüglich der dritten Auffrischimpfung einnimmt. Würde man der verfügbaren Evidenz folgen, wären zwingend ab sofort priorisiert alle Erwachsenen mit AstraZeneca- oder Johnson&Johnson-Impfung zur mRNA-Auffrischimpfung an der Reihe. Dazu alle Menschen ab 60. Wenn das durch ist, dürfen alle ab 18. Man sollte sich da keine Illusionen machen: SARS-CoV-2 bleibt vermutlich endemisch, und das für eine lange Zeit. Regelmäßige Auffrischimpfungen werden Routine werden wie die Grippeschutzimpfung. Im Herbst die Impfung abholen, das hält mindestens bis zum Frühjahr, und der Sommer geht auch so. Die Impfgegner werden nach und nach durch das Virus entweder wegen Durchseuchung oder Tod aus der Pandemiegleichung entfernt. Das ist mein Blick in die Glaskugel.