Als schon früh – bevor der Lockdown beschlossen wurde – in den Supermärkten diverse Dinge knapp wurden, waren viele Menschen überrascht und zutiefst betroffen, dass solche Warenengpässe in einer hochentwickelten Industrienation überhaupt möglich sind. Andere Menschen (ich z.B.) hatten sich schon sehr viel früher mit der Möglichkeit beschäftigt, dass im Krisenfalle (wie auch immer der aussehen mag) auch Waren des täglichen Bedarfs möglicherweise nicht zu jedem Zeitpunkt ausreichend zur Verfügung stehen werden. Die Extremform dieser Menschen nennt sich „Prepper“, und die Skala des Vorbereitetseins ist nach oben offen. Zwischen „ich kaufe täglich im Supermarkt ein“ und „ich habe einen Bunker mit autarker Strom- und Wasserversorgung sowie Vorräte für mindestens 5 Jahre“ ist logischerweise ein weites Feld.
Wie kam es überhaupt zu den Engpässen bei so unterschiedlichen Produkten wie Toilettenpapier, Reis und Hefe? Die einfache Antwort der Volkswirte lautet „Verschiebung der Zeitpräferenz“. Logischerweise ist unser marktwirtschaftliches System auf die monetäre Optimierung des Normalfalls ausgelegt. Von der Produktion über die Lieferung bis zum Verkauf ist die moderne Logistik heute bestrebt, „just-in-time“ zu arbeiten – keine Überproduktion, keine Ineffizienzen, kein Wegwerfen von unverkäuflichen Überschüssen, keine teure Vorhaltung von freien Kapazitäten. Ein solches System ist natürlich in jedem einzelnen Schritt anfällig für plötzliche Nachfragespitzen, die nicht kurzfristig zu „normalen“ Preisen abgedeckt werden können. Zumal aufgrund der Regulierungsdichte hierzulande die Produktion vor allem von Lebensmitteln eine komplizierte Sache ist und deshalb Großunternehmen stark begünstigt, die dann aber in punkto Flexibilität typischerweise eher schlecht aufgestellt sind. Die Elastizität des Angebots ist eben begrenzt. Und ich meine festgestellt zu haben, dass der Supermarktkunde trotz Krise preissensibel blieb – das Regal mit dem Discount-Reis war leer, das mit dem Premium-Reis blieb voll.
Nun ist hierzulande ja nicht die Gesamtversorgung zusammengebrochen oder haben die Regale DDR-artig gewirkt. Supermärkte haben mit Rationierung gearbeitet (nur eine Packung Toilettenpapier pro Einkauf, nur drei Packungen Nudeln pro Person etc.), weit schärfer der sonst üblichen „haushaltsüblichen Mengen“ bei Sonderangeboten. Und wenn die erste Hysterie erst mal abgeklungen ist, normalisiert sich die Lage schnell wieder – bei unbegrenzt haltbaren Produkten wie Toilettenpapier, Nudeln oder Trockenhefe müssen ja die Notfallhorter nicht immer weiter horten, sondern sind erst mal für ein paar Jahre Nichtnachfrager für diese Produkte. So regelt sich das relativ kurzfristig aus, und wer auf größeren Lagerbeständen saß, hatte eine gute Gelegenheit, diese möglicherweise zu einem höheren Preis endlich loszuschlagen.
Und welche Krisenvorsorge habe ich persönlich nun realisiert, also wo auf der Skala des Vorbereitetseins befinde ich mich? Irgendwo in der Mitte würde ich sagen. Meine Vorratshaltung ist recht ausgefuchst und orientiert sich am Mindesthaltbarkeitsdatum und einem rollenden System des Austauschs (FIFO-Prinzip) sowie des langjährig ermittelten durchschnittlichen Bedarfs unter Berücksichtigung des zur Verfügung stehenden Stauraums. Das bedeutet reichlich Vorräte von gängigen Nahrungsmitteln wie Nudeln, Reis oder Kartoffeln, dazu Konserven und ein gut gefüllter Gefrierschrank mit quasi-frischen Dingen wie Gemüse von Spinat über Bohnen bis Blumenkohl. Dazu TK-Fisch vom pazifischen Pollack bis zum Lachs. Ebenfalls gut ausgestattet ist der Bereich „Getränke“ mit einem reichlichen Vorrat an Mineralwasser. Ebenfalls im Keller: Vorratsbrot aus der Dose, jahrelang haltbar. Weniger als Krisenvorsorge, sondern weil es wirklich lecker ist und Abwechslung ins Frühstück bringt. Mit entsprechender Rationierung würde ich vermutlich gut zwei bis drei Monate autark über die Runden kommen, ohne das Haus verlassen zu müssen. Klar, keine Luxusversorgung oder gesunde und vollwertige, abwechslungsreiche Ernährung, aber wir reden hier von lebensbedrohlicher Krise und nicht von Luxus. Meine Methode hat zudem den Vorteil, dass sie praktisch kostenneutral ist und keinen Zusatzaufwand bedeutet, wenn man das System mal verinnerlicht hat. Man opfert eben ein wenig Stauraum. Nach den Erfahrungen jetzt würde ich grob „1 Monat“ als Mindestvorratsziel empfehlen.
Wo ist der Schwachpunkt bei meiner Krisenvorsorge? Ganz klar: Stromversorgung (und das ist insofern ernstzunehmen, dass unsere Regierung ja mit der schlecht organisierten Energiewende soeben dabei ist, die Sicherheit unserer Stromversorgung aktiv zu sabotieren). Zwar habe ich Holzkohlegrill und Campinggaskocher am Start, aber die Heizung im Haus läuft nur mit Strom, und die Mengen an Kühl- und Gefriergut wären im Falle eines Falles nicht „in time“ verarbeitbar, was den Schwaben in mir schmerzen würde. Da herrscht also „Prinzip Hoffnung“, dass ein Stromausfall im Falle eines Falles doch nur eine Woche dauern würde, im Winter gerne etwas kürzer, sonst wird es unschön. Natürlich habe ich recht ausführlich recherchiert zu diesem Thema, aber ein eigener Notdiesel mit ausreichender Leistung ist sehr teuer, die Treibstoffbevorratung genehmigungstechnisch ein Alptraum und die dauernd anfallenden laufenden Wartungsaufgaben ebenfalls nicht zu unterschätzen und dementsprechend teuer. Und wenn man sich schon auf so einen extremen Krisenfall vorbereiten will, sollte man nicht außer Acht lassen, auch eine entsprechende Verteidigungsstrategie für sein krisensicheres Heim zu installieren. Im Falle eines Falles wird man wohl auf Schusswaffen nicht verzichten können – fällt der Strom wirklich länger und flächendeckend aus, wird die öffentliche Ordnung voraussichtlich zusammenbrechen. Recht des Stärkeren und so. Wenn man da in der Straße das einzige Haus mit Licht ist, will ich mir nicht ausmalen, was passieren wird.
Jedenfalls habe ich festgestellt, dass Menschen, die sich vor dieser Krise bereits mit Krisenvorsorge auseinandergesetzt haben und entsprechende Vorkehrungen getroffen hatten, bedeutend ruhiger schlafen konnten. Die anderen können heute nochmal drüber nachdenken, nachdem die Krise nun Gott sei Dank so groß nicht war.
Und jetzt, nachdem eindrucksvoll im Real-Life-Experiment namens Pandemie bewiesen wurde, dass selbst meine Schmalspurkrisenvorsorge offenbar deutlich professioneller war als sie unser Staat betrieben hat, schlafe ich wieder etwas unruhiger. Man stelle sich vor, wir hätten mal eine wirklich große Krise – keine seriöse Vorbereitung, kein professionelles Krisenmanagement, man mag sich die Folgen gar nicht ausmalen.