Nachdem die letzten Jahre vor allem von “Europa rückt nach rechts” in den Mainstreammedien zu lesen, zu hören und zu sehen war, fand ich es an der Zeit, mal die beiden medialen Lieblingsfloskeln “Rutsch” und “Ruck” in einer einzigen Überschrift zu vereinigen.
Anlass sind die Wahlen in Großbritannien (ja, immer noch Teil von Europa) und Frankreich. In GB dürfte es sich mehr um eine marginale Verschiebung handeln – zum einen, weil die Tories schon lange nicht mehr rechts-konservativ agieren, sondern eher so beliebig-grün-mittig, und zum anderen, weil Labour dank des neuen Chefs Keir Starmer eher einen Blair-artigen Kurs ankündigt, ganz im Gegensatz zu seinem Vorgänger Jeremy Corbyn (mehrfacher Wahlverlierer mit Labour, trotz damals schon CDU-artiger Zustände bei den Tories), der eher der sozialistisch-gewerkschaftsnahen sehr-weit-links-stehenden Labour-Fraktion angehörte. Ein Rütschchen sozusagen, ein kleiner Ruck nur, aber vermutlich größer als das, was damals bedauerlicherweise nach Roman Herzogs großartiger Ruck-Rede letztlich doch nur durch Deutschland ging.
Aber Frankreich. Nun weine ich den Truppen um Marine Le Pen keine Träne nach, aber gegenüber dem jetzigen Wahlsieger, einer interessanten Koalition von gemäßigten Linken, extremen Linken und radikalen Linken (Grüne, Sozialisten, Kommunisten), mit Jean-Luc Mélenchon an der Spitze, eine echte Katastrophe. Eine unappetitliche Ansammlung an Hardcore-Freiheitsgegnern, Antisemiten, Nationalisten, Deutschenhassern, Schuldenfans und Marktwirtschaftsfeinden. Nun weine ich auch Macron und seinem selbstherrlichen Politikstil mit seinem Markenzeichen “große Worte, nix dahinter” keine Träne nach, aber der jetzige Wahlsieger ist unter den drei großen zur Wahl stehenden Vereinigungen wirklich mit Abstand die schlimmste Wahl.
Wäre Frankreich nicht in der EU, und gäbe es nicht die Gewissheit, dass auf lange sicht auf jeden Fall Länder wie Deutschland die französische Rechnung bezahlen werden – Stichwort: Euro-Bonds und Vergemeinschaftung der Schulden – man würde den Franzosen kaltlächelnd “geliefert wie bestellt” zurufen und geduldig das absehbare Scheitern der linksüblichen Schuldenexplosion und Subventionitis abwarten. Da lobe ich mir die Briten. Rechtzeitig den Brexit durchgezogen, nie beim Euro dabeigewesen – Britannien, Du hast es besser.
Jetzt muss ich mich nur noch entscheiden, ob die nächste Amtszeit von UvdL als EU-Kommissionspräsidentin schlimmer für Deutschland und die EU ist oder der Linksrutsch in Frankreich.