Heiko Maas war bis dato der größte Reinfall auf dem Posten des Justizministers, Gott sei Dank ist er nun Außenminister, da kann er deutlich weniger Schaden anrichten, weil die Welt sich maximal für deutsches Geld interessiert, aber sicher nicht für darüber hinausgehende Außenpolitik. Um es plakativ zu formulieren: die Welt zittert nicht gerade ob der Mittel zur Durchsetzung deutscher Ideen.
Das Netzwerkdurchsetzungsgesetz, unter Maas’ Ägide entstanden und von diesem stets vehement verteidigt, halte ich für den jüngsten und bis dato größten Sündenfall des Deutschen Staates wider der Meinungsfreiheit seiner Bürger und deren Chance, diese auch tatsächlich öffentlich äußern zu können. Eine besonders perfide Regulierung, nicht “nur” klassische Nanny-Staat-Anwandlungen und der Versuch der Steuerung der armen unmündigen Schäfchen, in Sonntagsreden gerne “mündige Bürger” genannt. Nein, man führt Zensur durch die Hintertür ein, weit über bisherige gesetzliche Regelungen wie Volksverhetzung und Beleidigung hinaus. Dazu beauftragt man auch noch dubiose Vereine wie die Amadeu-Antonio-Stiftung mit der Überwachung der Medien bezüglich unscharf definierter Begriffe wie “Hassrede” und gestaltet das Gesetz so aus, dass der private Anbieter der Kommunikationsplattform, über die fragliche Inhalte verbreitet werden, de fakto gar keine andere Chance hat als im vorauseilenden Gehorsam, ohne Chance auf Rechtsmittel oder wenigstens Überprüfung des Sachverhalts durch rechtsstaatliche Stellen, die Zensur zu vollziehen. Und der so Zensierte hat ebenfalls keine Chance auf Rechtsmittel, weil er ja nie Rechtsanspruch auf die Veröffentlichung hatte. Ist ja alles privatwirtschaftlich. Also keine staatliche Zensur. Aber de fakto genauso wirksam wie staatliche Zensur. Wie gesagt, perfide.
Aber das NetzDG soll hier nicht das Thema sein, dazu haben andere schon ausführlich Stellung genommen. Es soll um die phantastische, innovative, ja ich will sagen brilliante Idee der Frau Barley gehen, jüngst laut Tagesspiegel auf einer Diskussionsveranstaltung der “Deutschen Public Relations Gesellschaft” (was es nicht alles gibt…) und des Tagesspiegels.
Frau Barley schlägt vor (oder denkt laut darüber nach), ein Gesetz zu erlassen, um Anbieter wie Facebook und Google zu zwingen, ihre Algorithmen zur Gewichtung von Dingen, die dem Nutzer vorzugsweise als weiterführende Links nahegelegt werden, dahingehend anzupassen, dass diese Dinge “pluralistischer” werden. Um Filterblasen aufzubrechen, um die Nutzer breiter zu informieren. Um Barley zu zitieren: “Eine Verpflichtung, dass Algorithmen pluralistischer ausgestaltet werden, halte ich für machbar und nicht schwierig”.
Oh ja, machbar und nicht schwierig. Wenn das die einzigen Kriterien heutzutage sind, um über Freiheitseinschränkungen, Regulierungen und staatliche Eingriffe zu entscheiden, dann gute Nacht. Weiter aus dem Tagesspiegel: “Als Beispiel nannte sie Berichte über Flüchtlinge oder Themen aus der Geschlechterdiskussion. Vorstellbar sei hier ein „Pluralismusgebot“. Als Vorbild nannte Barley die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die zur Einrichtung von Fernsehräten geführt habe.” Gerade den öffentlich-rechtlichen Rundfunk als Hort des Pluralismus zu benennen zeugt seinerseits von einer Filterblase ungeahnten Ausmaßes, in der sich die Politik befindet. Und will man wirklich in einem Gesetz Themen nennen, wo dieses “Pluralismusgebot” gelten soll, oder sollte es universell sein? Persönlich vermisse ich zum Beispiel dringend Pluralismus (oder noch besser: einfach Wahrheit und Fakten) bei den Themen Klimawandel, Umweltschutz und Dieselabgase. Und Meinungsfreiheit.
Ich hätte da noch einen Gegenvorschlag. Politiker könnten z.B. mit gutem Beispiel vorangehen und ihre Filterblase verlassen. Ein Spaziergang in einer der No-Go-Areas einer beliebigen deutschen Großstadt ohne Sicherheitsbeamte wäre eine gute Maßnahme, da lernt man viel. Einfach mal mit dem Drogendealer oder Zuhälter von nebenan über dessen Probleme reden.
Und für noch mehr Pluralismus würde ich vorschlagen, dass der Staat endlich mal wieder im Medienbereich aktiv wird. Also über die Pressebeteiligungen der SPD hinaus. Und über den ÖR-Rundfunk hinaus. Wie wäre es mit einer wirklich pluralistischen Zeitung? Ich könnte mir als angemessenen Namen “Neues Deutschland” vorstellen. Frau Barley, übernehmen sie!